OGH 11Os84/87

OGH11Os84/8721.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Juli 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sailler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helmut P***, Wernfried P*** und Gudrun E*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 12 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wernfried P*** sowie über die Berufungen des Angeklagten Helmut P*** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich aller Angeklagten gegen das Landesgericht Innsbruck als Schöffengericht vom 3.April 1987, GZ 24 Vr 4.313/86-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Bassler, und der Verteidiger Dr. Prohaska und Dr. Buder-Steinhoff, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten Helmut P*** und Wernfried P*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Helmut P***, Wernfried P*** und Gudrun E*** (die beiden letzteren als Beteiligte nach dem dritten Fall des § 12 StGB) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt:

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs stahl Helmut P*** in der Nacht zum 27.November 1986 dem Erwin B*** nach Aufbrechen einer Eingangstüre und einer Schublade ca. 260.000 S Bargeld. Werner P*** und Gudrun E*** trugen zu dieser Tat dadurch bei, daß P*** am Vortag seinen Komplizen gegenüber die Idee äußerte, durch einen "Einbruch" zu Geld zu kommen, und zwischen ihnen vereinbart wurde, die Tat in der nächsten Nacht auszuführen. In der für den Diebstahl in Aussicht genommenen Nacht vom 26. auf den 27. November 1986 besprachen die drei Angeklagten Einzelheiten der Tatausführung, und P*** gab bekannt, daß es sich bei dem in Aussicht genommenen Objekt um ein Betriebsgebäude handle, in dem zum Monatsende möglicherweise (Lohn-) Geld in der Höhe von ca. 100.000 S oder mehr zu erbeuten wäre. Am Weg zum Einbruchsobjekt teilte P*** dem ortsunkundigen P***, wie schon zuvor der in ihrer Wohnung zurückgebliebenen Gudrun E***, mit, daß es sich um das Betriebsgebäude der Firma B*** handle. Da P*** im Lauf des Tages den Entschluß gefaßt hatte, selbst am Einbruch nicht teilzunehmen, es aber den Komplizen nicht kundtun wollte, trennte er sich nunmehr von P*** unter der Vorgabe, an einer bestimmten Stelle auf ihn zu warten, übergab ihm jedoch noch das von ihm vorbereitete Einbruchswerkzeug. In der Hoffnung, daß der ortsunkundige P*** ebenfalls vom diebischen Vorhaben abstehen werde, kam P*** nicht zum vereinbarten Treffpunkt, sondern ließ ihn dort vergeblich warten. P*** führte den Einbruchsdiebstahl noch am selben Tag allein aus, nachdem er Gudrun E*** in deren Wohnung aufgesucht und sich von ihr die Lage des Einbruchsobjektes hatte beschreiben lassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Wernfried P*** ficht das Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an. die sich in keinem Anfechtungspunkt als begründet erweist.

Der von der Mängelrüge betroffene Ausspruch im Urteil, es könne nicht festgestellt werden, ob P*** das Betriebsgebäude der Firma B*** allenfalls auch ohne den Hinweis der Angeklagten E*** über die Lage - dh also allein auf Grund der vorausgegangenen Mitteilung des Angeklagten P*** - gefunden hätte, ist nicht entscheidend. Für einen sonstigen Tatbeitrag im Sinn des dritten Falles des § 12 StGB genügt die geringste Hilfe, welche die Tat fördert und zur Zeit der Ausführung noch wirksam ist (Leukauf-Steininger2, RN 39 zu § 12 StGB ua). Das Vorliegen dieser Kriterien kann beim Verhalten des Angeklagten P***, das in umfangreichen Aktivitäten, sowohl in intellektueller als auch in physischer Beziehung (Übergeben von später tatsächlich verwendetem S 211 dA Tatwerkzeug), bestand, nicht ernsthaft bezweifelt werden. Im übrigen ist es - wie schon das Erstgericht zutreffend ausführt - nicht erforderlich, daß die dem (unmittelbaren) Täter geleistete Hilfe zur Vollbringung der Tat notwendig war und ohne diese Hilfe eine (Tat-) Ausführung unmöglich gewesen wäre; es genügt, daß die Tat ohne die Förderungshandlung jedenfalls nicht so geschehen wäre, wie sie sich tatsächlich ereignete. Lediglich unbenützte oder unwirksame Unterstützung bleibt straflos, es sei denn, daß sie eine intellektuelle Förderung des unmittelbaren Täters ist (Leukauf-Steininger, aaO).

Demnach entbehrt die keine entscheidende Tatsache berührende Mängelrüge des Angeklagten P*** einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung.

Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO werden Feststellungsmängel zur Frage geltend gemacht, ob zum Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer sich von P*** trennte, die Tatplanverwirklichung bereits aus dem Stadium strafloser Vorbereitung in jenes des ausführungsnahen Versuches (§ 15 Abs 2 StGB) getreten war.

Auch diese Rüge geht fehl.

Den Urteilsannahmen nach ließ P*** lediglich in der Hoffnung davon ab, selbst an der Tatausführung mitzuwirken (§ 12, 1. Fall, StGB), daß der Komplize ein gleiches tun würde. Damit wurden aber die vom Beschwerdeführer zuvor geleisteten (gegenüber der unmittelbaren Täterschaft subsidiären) Tatbeiträge und die uno actu mit der Trennung von seinem Komplizen noch zusätzlich in der Übergabe von Einbruchswerkzeug gelegene Tatförderung nicht rückgängig gemacht.

Ob die Tatausführung zu diesem Zeitpunkt objektiv schon das Stadium eines ausführungsnahen Versuches (§ 15 Abs 2 StGB) erreicht hatte und hiemit - isoliert betrachtet - der solcherart vollendete (beschränkt, nämlich quantitativ akzessorische) sonstige Tatbeitrag ebenfalls bereits strafbar war (Leukauf-Steininger, aaO, RN 41 f), kann unentschieden bleiben. Denn auch wenn dies nicht zuträfe, würde der Beitragstäter seine Haftung für Delikt und Deliktserfolg nur dann abgewendet haben, wenn er die Wirksamkeit der Förderungshandlungen verhindert hätte. Dies ergibt sich aus den dargelegten Kriterien der Beitragstäterschaft nach dem dritten Fall des § 12 StGB. Insofern gelten zufolge Gleichartigkeit der Problemstellung die gleichen Grundsätze, wie sie das Gesetz (§ 16 Abs 1, 2. Fall, und Abs 2 StGB) für

den strafbefreienden Rücktritt

vom Versuch bei Beteiligung mehrerer normiert (vgl. Kienapfel, Strafrecht Allg. Teil, E 6 RN 44 bzw. 27 ff).

Da P*** nicht verhinderte, daß seine Beitragshandlungen für die Tatausführung in einer Weise kausal wurden, die ihm objektiv zurechenbar ist, war die strafrechtliche Qualifikation des Verhaltens des Beschwerdeführers als Tatbeteiligung am schweren Einbruchsdiebstahl im Sinn des dritten Falles des § 12 StGB rechtsrichtig. Erwägungen darüber, ob nicht den tatrichterlichen Feststellungen zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer für die Begehung des Diebstahls durch die Komplizen überhaupt ursächlich war ("... äußerte die Idee ...") und deshalb als Bestimmungstäter nach dem zweiten Fall des § 12 StGB haftet, können entfallen, weil auch dann im Fall des Rücktritts eine Straflosigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 16 Abs 1 2. Fall bzw. Abs 2 StGB eingetreten wäre (vgl. Kienapfel aaO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wernfried P*** war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten nach dem § 128 Abs 2 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Helmut P*** in der Dauer von zweieinhalb Jahren, über Wernfried P*** in der Dauer von vierzehn Monaten und über Gudrun E*** in der Dauer von einem Jahr. Die letztgenannte Strafe sah das Erstgericht gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.

Die beiden Angeklagten P*** und P*** streben mit ihren Berufungen eine Herabsetzung der Strafen an, während die Anklagebehörde bei allen drei Angeklagten die Erhöhung des Strafausmaßes und bei Gudrun E*** überdies die Ausschaltung des Ausspruches nach dem § 43 Abs 1 StGB begehrt.

Was zunächst die Strafhöhen anlangt, so würdigte das Erstgericht die gegebenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen ihrem tatsächlichen Gewicht nach und fand nach Lage des Falles ein jeweils tatschuldadäquates Ausmaß, das in keiner Richtung hin zu einer Abänderung Anlaß bietet. Den bezüglichen Berufungen der Angeklagten P*** und P*** sowie der Staatsanwaltschaft war daher der Erfolg zu versagen.

Berechtigung kommt der Berufung der Anklagebehörde aber auch insofern nicht zu, als sie sich gegen die Gewährung der bedingten Strafnachsicht bei Gudrun E*** ausspricht. Auch diese Maßnahme des Erstgerichtes erweist sich bei der besonderen Fallgestaltung noch als vertretbar, insbesonders wenn man den positiven Erhebungsbericht des Vereines für Soziale Arbeit und Pflegefamilien in Tirol vom 15.Juli 1987 in Betracht zieht.

Sämtlichen Berufungen war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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