OGH 1Ob639/87

OGH1Ob639/8715.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Franz S***, geboren am 9. April 1981, infolge Revisionsrekurses der Mutter Monika S***, Angestellte, Scheiblingkirchen-Thernberg, Bundesstraße 130, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 29. April 1987, GZ. R 161/87-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 25. März 1987, GZ. P 116/86-15, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Franz S***, geboren am 9. April 1981, entstammt der Ehe der Monika S*** und des Josef S***. Die Mutter verließ am 19. Juli 1986 unter Mitnahme des Sohnes den gemeinsamen Haushalt. Das Erstgericht sprach mit Beschluß vom 5. August 1986 (ON 4) aus, daß die elterlichen Rechte und Pflichten in Ansehung des mj. Franz der Mutter zustehen. Dem Vater wurde ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat von 9 bis 18 Uhr eingeräumt. Mit Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 15. Oktober 1986, 1 Cg 464/84, wurde die Ehe aus dem Verschulden der Monika S*** geschieden. In einem im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleich räumte die Mutter dem Vater ein weiteres Besuchsrecht am 26. Dezember und am Ostermontag eines jeden Jahres in der Zeit von 9 Uhr bis 18 Uhr sowie in der Dauer einer Woche während der schulfreien Zeit ein.

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters, das Besuchsrecht dahin zu erweitern, daß ihm ein solches an jedem ersten und dritten Wochenende eines jeden Monats in der Zeit von Samstag 14 Uhr bis Sonntag 18 Uhr eingeräumt werde, ab. Ein Kind im vorschulpflichtigen Alter bedürfe einer konstanten Betreuung durch eine Bezugsperson. Übernachtungen beim Vater, die eine regelmäßige Unterbrechung der Betreuung mit sich bringen, seien im Interesse des Kindes abzulehnen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und änderte ihn dahin ab, daß dem Vater an jedem dritten Sonntag im Monat, am 26. Dezember und am Ostermontag jeweils in der Zeit von 9 Uhr bis 18 Uhr sowie in einer Woche der schulfreien Zeit und weiters an jedem ersten Wochenende eines jeden Monats von Samstag 14 Uhr bis Sonntag 18 Uhr ein Besuchsrecht zusteht. Es sei aus kinderpsychologischer Sicht unbestritten, daß ein möglichst intensiver Kontakt des Kindes aus einer geschiedenen Ehe zu beiden Elternteilen zur gedeihlichen seelischen und psychologischen Entwicklung erforderlich sei. Wenn auch gegen die Übernachtung eines etwa sechs Jahre alten Kindes beim besuchsberechtigten Vater grundsätzlich keine Bedenken bestünden, sei im vorliegenden Fall vorerst nur eine einmalige Übernachtung im Monat zuzulassen, weil dies dem Alter des Minderjährigen am ehesten gemäß sei und dabei keine Gefahr für die Kontinuität der Betreuung bestehe. Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Mutter ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Zweck des Besuchsrechtes ist es, die auf der Blutsverwandtschaft beruhende Beziehung zwischen einem Elternteil und dem Kind aufrecht zu erhalten und eine gegenseitige Entfremdung zu verhindern (EFSlg. 48.278, 45.718, 43.217 u.a.). Oberster Grundsatz jeder Besuchsrechtsregelung ist das Wohl des Kindes (EFSlg. 45.720, 43.222 u. a.). Eine Beeinträchtigung des Kindeswohles erblickt die Rekurswerberin darin, daß die Übernachtung des Kindes beim Vater einen schweren Eingriff in dessen Lebensgewohnheiten darstelle. Während es noch akzeptiert werden könne, daß das Kind eine Woche beim Vater verbringe, weil es sich dann nach ein oder zwei Tagen der geänderten Situation angepaßt habe, treffe dies für eine Übernachtung im Monat nicht zu. Zu berücksichtigen sei auch, daß das Kind im Herbst in die Schule komme und damit zusätzlichen Belastungen ausgesetzt werde.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung nicht zu. Der Besuchskontakt des Kindes mit dem Vater bringt naturgemäß immer eine gewisse Beunruhigung des Kindes mit sich, weil damit eine Unterbrechung des normalen Lebensrhythmus verbunden ist. Solche Beeinträchtigungen können aber vom Kind erfahrungsgemäß verkraftet werden. Im Regelfall kann angenommen werden, daß eine Nächtigung des Kindes beim Vater pro Monat keinen nachhaltigen schädigenden Einfluß auf das Kind ausüben wird. Eine Änderung dieser Situation könnte sich nur mit dem Schuleintritt des Kindes ergeben, wenn es angezeigt wäre, das Kind auch während des Wochenendes durch die Mutter schulisch zu betreuen. Derzeit kann aber noch nicht gesagt werden, daß das Wohl des Kindes durch das Ausmaß des vom Rekursgericht eingeräumten Besuchsrechtes gefährdet wäre, sodaß spruchgemäß zu entscheiden ist.

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