Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern wurde am 18. April 1985 geschieden. Mit Beschluß vom 21. August 1985 übertrug das Erstgericht die elterlichen Rechte dem Vater Robert Franz K***; dieser Beschluß erwuchs erst nach Ausschöpfung des Instanzenzuges in Rechtskraft. Am 1. Juli 1986 beantragte die Mutter die Übertragung der elterlichen Rechte an sie. Sie verfüge nun über eine geräumige Wohnung, in der für das Kind ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehe. Hingegen lebe es jetz in beengten Verhältnissen bei seinen Großeltern väterlicherseits. Außerdem habe sie auch genügend Zeit, wogegen sich der berufstätige Vater um das Kind nur wenig kümmern könne. Dieses leide unter seiner gegenwärtigen Lage und habe schon vier Kilogramm abgenommen.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte fest, daß die Mutter in der Großfeldsiedlung in Wien-Floridsdorf eine 60 m2 große Gemeindewohnung gemietet habe; dort stehe dem Kind ein eigenes Zimmer zur Verfügung. Die Mutter sei halbtags beschäftigt und lebe in geregelten und gefestigten Verhältnissen. Das Kind wohne bei den Eltern des Vaters in einem Einfamilienhaus in Manhartsbrunn. Ein vom Vater erbautes Einfamilienhaus stehe vor der Erteilung der Benützungsbewilligung. Der Vater komme wöchentlich dreimal bereits zu Mittag nach Hause und habe so genügend Gelegenheit, sich mit dem Kind zu beschäftigen. Im übrigen werde es von den Großeltern betreut. Das Kind entspreche in Größe und Gewicht der Altersnorm, befinde sich in gutem Gesundheitszustand und weise keinerlei Mängel in seiner Pflege auf. Es zeige einer sehr positive Bindung zu beiden Elternteilen. Das Erstgericht schloß daraus, daß kein Umstand vorliege, der es rechtfertige, dem Vater die elterlichen Rechte zu entziehen. Durch den Verbleib beim Vater werde überdies die Kontinuität der Erziehung und Entwicklung des Kindes gewahrt. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Gleichviel, ob man jenem Teil der Rechtsprechung folge, nach dem die Zuteilung der Elternrechte schon bei einer wesentlichen Verbesserung der Verhältnisse beim antragstellenden Teil geändert werden könne, oder sich an der bisherigen ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes, welche hiefür einen Erziehungsnotstand voraussetze, orientiere, müsse jedenfalls ein strenger Maßstab angelegt werden, zumal die Erziehungskontinuität eines der wesentlichen Kriterien für die Entscheidungen gemäß § 144 bzw. § 176 ABGB sei. Verhältnismäßig geringfügige Vorteile beim anderen Teil rechtfertigten es deshalb noch nicht, das Kind aus seiner gewohnten Umgebung herauszureißen. Die Wohnverhältnisse und die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung seien einander gleichwertig. Der Hinweis der Mutter auf die bei ihr günstigeren Schulverhältnisse versage jedenfalls in bezug auf den bevorstehenden Volksschulbesuch. Ein wesentliches Moment, das eine Änderung der Pflegeverhältnisse geboten erscheinen lasse, sei somit nicht hervorgekommen. Das Erstgericht habe bei der Durchführung des Sachverständigenbeweises weder das Parteiengehör verletzt noch sei ihm dabei ein Verfahrensmangel unterlaufen, weil die Beteiligten im Verfahren außer Streitsachen nicht zu allen Beweisergebnissen gehört werden müßten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Mutter ist nicht zulässig.
Da das Gericht zweiter Instanz die erstgerichtliche Entscheidung bestätigt hat, ist das gegen den rekursgerichtlichen Beschluß gerichtete Rechtsmittel nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilen, somit nur zulässig, wenn es sich auf die dort genannten Anfechtungsgründe stützen kann, und zurückzuweisen, wenn aus dem Schriftsatz nicht erkennbar ist, worin eine offenbare Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nullität gelegen sein soll. Die Mutter macht zwar Nichtigkeit und offenbare Gesetzwidrigkeit geltend, zeigt in ihren Ausführungen jedoch solche Anfechtungsgründe nicht auf. Als Nichtigkeit rügt sie lediglich, das Erstgericht habe sich damit begnügt, daß das Kind dem Sachverständigen vom Vater und dessen Mutter vorgestellt worden sei. Ist vom Sachverständigen zu beurteilen, ob die Unterbringung beim Vater oder bei der Mutter eher dessen Wohl entspricht, ist es gewiß mehr als unangebracht, die Befragung des Kindes in Gegenwart des einen und in Abwesenheit des anderen Elternteiles durchzuführen. Im vorliegenden Fall darf aber nicht übersehen werden, daß es sich nicht um die erste Zuteilung der elterlichen Rechte und Pflichten handelt, sondern um eine Maßnahme nach § 176 ABGB; in solchen Fällen darf ein Wechsel in der Unterbringung des Kindes nur dann stattfinden, wenn das Wohl des Kindes bei dem Elternteil, dem es derzeit zugewiesen ist, gefährdet ist. Hiefür ergeben sich jedoch ohne Rücksicht darauf, welche Präferenz das Kind allenfalls haben könnte, keine Anhaltspunkte, so daß diesem an sich wesentlichen Verfahrensmangel keine für den Verfahrensausgang erhebliche Bedeutung zukommen kann. Zur Dartuung der offenbaren Gesetzwidrigkeit beruft sich die Mutter einerseits auf das Alter des Kindes, das eine Unterbringung bei der Mutter gebiete, und zum andern auf die weitaus günstigere Zunkunftsprognose bei Unterbringung in ihrem Haushalt. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 51/136 uva) dürfen die einem Elternteil zugewiesenen Elternrechte nur dann auf den anderen übertragen werden, wenn die Voraussetzungen des § 176 Abs 1 ABGB vorliegen, also das Wohl des Kindes gefährdet ist. Das Verfahren hat weder eine Vernachlässigung der elterlichen Pflichten seitens des Vaters noch auch nur ergeben, daß die Wohn- und Pflegeverhältnisse bei der Mutter deutlich besser wären. Eine Entscheidung nach § 176 Abs 1 ABGB beruht weitgehend auf Ermessensübung und könnte deshalb mit einem nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilenden Rechtsmittel nur dann mit Erfolg bekämpft werden, wenn die Vorinstanzen das Wohl des Kindes außer acht gelassen hätten und deshalb willkürlich vorgegangen wären (EFSlg 44.660 ua). Nach den Verfahrensergebnissen kann von einer solchen Vorgangsweise aber nicht die Rede sein.
Der Revisionsrekurs ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
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