OGH 13Os76/87

OGH13Os76/879.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann (Berichterstatter), Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter L*** wegen des Finanzvergehens nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 28.März 1987, GZ 8 Vr 2834/86-41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, des Vertreters der Finanzstrafbehörde, Rat Dr. Friz, und des Verteidigers Dr. Waneck, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, die Geldstrafe auf 10.000 (zehntausend) Schilling und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 (vier) Wochen herabgesetzt.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 11.Juli 1958 geborene Hotelkaufmann Peter L*** wurde des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, im Frühjahr 1980 in Klagenfurt einen vom abgesondert verfolgten Hubert S*** unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogenen Brillanten 1,35 ct Crystal im Wert von 87.900 S, mithin eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, vorsätzlich gekauft zu haben, wobei der Verkürzungsbetrag mit 26.634 S festgestellt wurde. Der sichergestellte Brillant wurde gemäß § 17 Abs 2 lit a FinStrG für verfallen erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde angefochten. Als Verfahrensmangel (Z. 4) rügt der Beschwerdeführer, daß der Zeuge Theodor Ü*** in der am 25.März 1987 wegen veränderter Senatszusammensetzung neu durchgeführten Hauptverhandlung nicht neuerlich vernommen und dessen in der Hauptverhandlung vom 18. März 1987 abgelegte Zeugenaussage auch nicht verlesen, gleichwohl aber im Urteil verwertet worden sei. Laut Inhalt des Hauptverhandlungs-Protokolls wurde jedoch diese Zeugenaussage in der der Urteilsfällung unmittelbar vorangegangenen Hauptverhandlung ohnehin gemäß § 252 Abs 1 Z. 4 StPO einverständlich verlesen (S. 126/II); eine neuerliche Vernehmung des Zeugen wurde vom Angeklagten nicht begehrt (S. 127/II).

Einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung entbehren aber auch die Beschwerdeausführungen zur Mängelrüge (Z. 5). Indem der Angeklagte darzulegen sucht, das Erstgericht hätte bei richtiger bzw. vollständiger Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangen müssen, er habe bei seiner Vernehmung durch die Zollbeamten ausschließlich deshalb ein (sachlich unzutreffendes) Geständnis abgelegt, weil er Angst um seinen Arbeitsplatz gehabt habe, wendet er sich nämlich bloß in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichts, das mit ausführlicher Begründung die einschlägige Verantwortung des Angeklagten auch unter Berücksichtigung der angedrohten Durchsuchung des Hotels (S. 133/II) abgelehnt und sein Geständnis vor der Zollbehörde als tatsachengerecht beurteilt hat. Der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 11 bekämpft der Beschwerdeführer auch den Verfallsausspruch und macht geltend, es seien keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden, auf Grund deren überprüft werden könnte, ob der verfahrensgegenständliche Brillant nach dem Verhältnis zwischen strafbestimmendem Wertbetrag und für dessen Ermittlung maßgebender Bemessungsgrundlage dem Verfall unterliegt. Auch dieser Beschwerdeeinwand versagt. Nach § 17 Abs 2 lit a FinStrG in der (gemäß § 4 Abs 2 FinStrG hier anzuwendenden) Fassung des Bundesgesetzes vom 18.Oktober 1984, BGBl. Nr. 532, unterliegen Sachen, hinsichtlich derer ein Finanzvergehen begangen wurde, samt Umschließungen dem Verfall, es sei denn, der auf die Sache entfallende strafbestimmende Wertbetrag (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG) beträgt weniger als ein Zehntel der für seine Ermittlung maßgebenden Bemessungsgrundlage (§ 5 UStG 1972) oder in Ermangelung einer solchen des gemeinen Werts der Sache. Die dem strafbestimmenden Wertbetrag gegenüberzustellende Bemessungsgrundlage nach § 5 UStG 1972 entspricht bei wertzollpflichtigen Waren dem Zollwert (§ 2 WertzollG 1980) unter Hinzurechnung der im § 5 Abs 5 UStG genannten Beträge, insbesondere des auf die Ware entfallenden Zolls (13 Os 78/86 u.a.). Indes erübrigt sich hier eine Berechnung: Aus der Tatsache, daß der niedrigste Einfuhrumsatzsteuersatz 10 % der Bemessungsgrundlage ausmacht, ergibt sich, daß bei jedem Schmuggel, demgemäß auch bei einer in bezug auf eine geschmuggelte Sache begangenen Abgabenhehlerei der strafbestimmende Verkürzungsbetrag (§ 37 Abs 2 FinStrG) stets wenigstens 1/10 der Bemessungsgrundlage erreicht und deshalb immer auf Verfall der Schmuggelware erkannt werden muß. Die durch die Neufassung des § 17 Abs 2 lit a FinStrG geschaffene Ausnahmebestimmung kann folglich nur bei der Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben (§ 35 Abs 2 FinStrG) bzw. bei der entsprechenden Tatbestandsvariante der Abgabenhehlerei zum Tragen kommen

(vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, Erläuterung 6 a, Abschnitt b zu § 17 FinStrG n.F.).

Der Beschwerdeführer vermag sich aber auch nicht mit Erfolg darauf zu berufen, gemäß § 17 Abs 5 FinStrG hätte nicht auf Verfall erkannt werden dürfen, weil auf dem für verfallen erklärten Schmuggelgut ein Pfandrecht zugunsten der K***

L*** laste. Die Nichtberücksichtigung von

Pfand- oder Zurückbehaltungsrechten Dritter kann nämlich von dem durch den Verfall betroffenen Angeklagten zu seinen Gunsten nicht angefochten werden, weil die Anerkennung solcher Rechte zur Auferlegung eines Wertersatzes gemäß § 19 Abs 2 FinStrG führen müßte (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, ENr. 29 zu § 17 FinStrG). Außerdem schließt § 17 Abs 5 FinStrG den Verfall gar nicht aus, sondern hat die dort vorgesehene Anerkennung von Pfand- oder Zurückbehaltungsrechten nur einen zusätzlichen Wertersatzausspruch gemäß § 19 Abs 2 und Abs 3, dritter Satz, FinStrG (in der Höhe der anerkannten Forderung) zur Folge (siehe § 17 Abs 5 Einleitung FinStrG: "Wird auf Verfall erkannt, so sind ..." und § 19 Abs 2 FinStrG: "Neben dem Verfall ..."). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 37 Abs 2 FinStrG (das Zweifache des Verkürzungsbetrags entspricht hier 53.268 S) eine Geldstrafe von zwanzigtausend Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und fand weder einen Erschwerungs- noch einen Milderungsgrund.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte sowohl die Herabsetzung der "Strafe auf ein angemessenes Ausmaß" als auch die ersatzlose Aufhebung des Verfallserkenntnisses an.

Soweit der Berufungswerber meint, die Verfallsvoraussetzungen lägen deshalb nicht vor, weil ihn am Erwerb des Brillanten keine auffallende Sorglosigkeit träfe, ist er auf die Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen: Sachen, hinsichtlich derer ein Finanzvergehen begangen wurde, sind für verfallen zu erklären, wenn sie zur Zeit der Entscheidung im Eigentum oder Miteigentum des Täters stehen (§ 17 Abs 3, erster Satz, FinStrG). Die der Berufung vorschwebende Prüfung auffallender Sorglosigkeit bezieht sich nur auf Sacheigentümer, die weder Täter noch Beteiligte des Finanzvergehens sind. Da dem Gericht bei Vorliegen der Verfallsvoraussetzungen kein Ermessensspielraum eingeräumt ist, der allein im Rahmen der Berufung bekämpfbar wäre, entbehrt das Rechtsmittel insoweit einer gesetzmäßigen Ausführung. Im übrigen ist dem Berufungswerber aber zuzugeben, daß er in finanzstrafrechtlicher Hinsicht nicht vorbelastet ist. Des weiteren ist ihm zugutezuhalten, daß er durch sein - der Beweiswürdigung zugrundegelegtes - Geständnis vor den Zollbeamten wesentlich zur Aufklärung des nunmehr bereits sieben Jahre zurückliegenden Delikts und damit zur Wahrheitsfindung in subjektiver Richtung beigetragen hat, sodaß der Überprüfung des Strafausspruchs diese korrigierten Strafzumessungsumstände zugrundezulegen sind (§ 23 Abs 2 FinStrG in Verbindung mit § 34 Z 17 und 18 StGB). Der Hinweis des Gerichts auf die (günstigen) Einkommensverhältnisse des Angeklagten rechtfertigt jedenfalls keinen höheren, den Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat übersteigenden Strafausspruch (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch E 12 zu § 23 FinStrG). Der Oberste Gerichtshof sah sich daher unter Beachtung der Grundsätze für die Strafzumessung nach § 23 Abs 1 bis 3 FinStrG veranlaßt, die Geldstrafe und damit korrespondierend die Ersatzfreiheitsstrafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen.

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