OGH 7Ob592/87

OGH7Ob592/8725.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***-B*** Inc. Center-Street, River Grove, Illinois, USA, vertreten durch Dr. Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** D*** Gesellschaft mbH, Wien 15., Siebeneichengasse 2, vertreten durch Dr. Herwig Kubac und Dr. Harald Svoboda, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,341.253,86 s.A. infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 26.März 1987, GZ 1 R 58/87-16, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23. Februar 1987, GZ 12 Cg 32/86-13, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten S 5.000 Barauslagen und S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Auf Antrag der beklagten Partei trug das Erstgericht der klagenden Partei auf, binnen 6 Wochen eine Prozeßkostensicherheit von S 100.000 durch Erlag baren Geldes, einer Bankgarantie, mündelsicherer Wertpapiere oder Einlagebücher zu leisten. Die klagende Partei legte eine an die beklagte Partei adressierte Bankgarantie der C***-B*** mit folgendem Wortlaut vor: "Wir haben davon Kenntnis, daß der Firma W***-B*** Inc. als klagende Partei in dem vor dem Handelsgericht Wien ... gegen Sie als beklagte Partei angestrengten Verfahren mit Beschluß vom 7.7.1986

aufgetragen wurde, eine Prozeßkostensicherheit in Höhe von S 100.000 zu ihren Gunsten beizubringen. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir hiemit auftrags der Firma W***-B*** Inc. diese Garantie bis zu einem Betrage von höchstens und insgesamt S 100.000, indem wir uns unwiderruflich verpflichten, an Sie auf Ihre erste schriftliche Aufforderung und ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses jeden Betrag von höchstens und insgesamt S 100.000 zu bezahlen. Eine Zahlungsaufforderung unter dieser Garantie hat Ihre schriftliche Mitteilung zu enthalten, daß der unter dieser Garantie beanspruchte Betrag an sie von der Firma W***-B*** Inc. aufgrund einer rechtskräftigen und vollstreckbaren Gerichtsentscheidung zu obigem Verfahren an Prozeßkosten zu bezahlen ist und daß die Firma W***-B*** Inc. dieser Verpflichtung Ihnen gegenüber trotz Aufforderung nicht nachgekommen ist. Einer Zahlungsaufforderung unter dieser Garantie ist diese Garantie im Original sowie die oben erwähnte rechtskräftige und vollstreckbare Gerichtsentscheidung, aus der sich die Höhe der Ihnen im obigen Verfahren zugesprochenen Kosten ergibt, im Original oder in beglaubigter Abschrift beizufügen. Diese Garantie erlischt durch die Rückstellung dieses Schreibens an uns, spätestens jedoch am 31. Dezember 1991, bis zu diesem Tage uns eine allfällige Inanspruchnahme zuzugehen hat".

Bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 20.2.1987 beantragte die beklagte Partei, die Klage für zurückgenommen zu erklären. Die Bankgarantie sei keine ausreichende Sicherheitsleistung, weil sie nicht an das Prozeßgericht gerichtet und befristet sei und eine Bedingung enthalte.

Die klagende Partei bezeichnete die Bankgarantie als ausreichende Sicherheitsleistung.

Das Erstgericht schloß sich dem Standpunkt der beklagten Partei an, wies die Sicherheitsleistung zurück und erklärte die Klage für zurückgenommen.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es die Sicherheitsleistung durch die Bankgarantie zuließ und den Antrag der beklagten Partei, die Klage für zurückgenommen zu erklären, abwies. Der Umstand, daß die Bankgarantie an die beklagte Partei gerichtet sei, stelle keinen Nachteil dar, weil die beklagte Partei sich im Falle der Erlangung einer vollstreckbaren Kostenforderung direkt an den Garanten halten könne. Auch die Bedingung der erfolglosen schriftlichen Zahlungsaufforderung begünstige die beklagte Partei, weil sie bei freiwilliger Zahlung nicht auf die Garantie greifen müsse. Die Befristung der Garantieerklärung schade im vorliegenden Fall deshalb nicht, weil eine Befristung mit mehr als 5 Jahren den Erfordernissen einer vernünftigen und objektiven Prozeßprognose entspreche. Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der beklagten Partei ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Strittig ist lediglich, ob die von der klagenden Partei beigebrachte Bankgarantie als Sicherheitsleistung zuzulassen ist. Durch die Sicherheitsleistung für Prozeßkosten soll ein Deckungsfonds für einen allfälligen künftigen Prozeßkostenersatzanspruch der beklagten Partei geschaffen werden. Nach Vorliegen eines rechtskräftigen Kostenzuspruches an die beklagte Partei soll diese exekutive Befriedigung aus dem Deckungsfonds erlangen können (vgl. Fasching LB Rdz 472). Wie schon das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, ist eine Bankgarantie als geeignete Prozeßkostensicherheitsleistung grundsätzlich allgemein anerkannt (SZ 32/46 ua; Fasching II 386), einer befristeten Bankgarantie wurde diese Anerkennung aber in der Rechtsprechung wiederholt verweigert (RZ 1983/69; MietSlg. 33.726). Daran ist auch im vorliegenden Fall festzuhalten. Die Zulässigkeit einer befristeten Bankgarantie als Prozeßkostensicherheit von der Länge der Frist im Vergleich zur mutmaßlichen Prozeßdauer abhängig zu machen, ist problematisch, weil eine einigermaßen verläßliche Prognose über die Dauer eines Rechtsstreites kaum möglich ist. Die Dauer eines Rechtsstreites hängt sehr von den Umständen des Einzelfalles ab. Nicht nur die Dauer von allfälligen Zwischenstreitigkeiten - wie der vorliegende Fall zeigt, in dem das Rekursgericht bereits zum zweiten Male mit der Rechtssache im Rahmen des Zwischenstreites befaßt war - sondern auch die Dauer von allfälligen Rechtshilfeersuchen und von die Entscheidung in der Hauptsache betreffenden Rechtsmittelverfahren, auf deren Beschleunigung das Prozeßgericht kaum Einfluß nehmen kann, sind schwer abzuschätzen und lassen eine verläßliche Prognose über das voraussichtliche Ende eines Rechtsstreites nicht zu. Der beklagten Partei droht dann aber die Gefahr nach Ablauf der Garantiefrist vor rechtskräftigem Kostenzuspruch, keinen Deckungsfonds zur Befriedigung ihrer Kostenersatzforderung zur Verfügung zu haben. Das zu verhindern ist aber gerade der Zweck der Sicherheitsleistung für Prozeßkosten. Diese Gefahr ist nur dann nicht gegeben, wenn das Gericht die Möglichkeit hat, noch vor rechtskräftiger Kostenentscheidung die Garantiesumme vor dem drohenden Ablauf der Frist abzurufen. Eine wenn auch mit rund 5 Jahren befristete Bankgarantie, bei der die Zahlung der Garantiesumme vom Vorliegen einer rechtskräftigen und vollstreckbaren Gerichtsentscheidung über die Prozeßkosten abhängig gemacht wird, stellt daher keine geeignete Sicherheitsleistung für Prozeßkosten dar. Das Argument der zweiten Instanz, daß damit dem ausländischen Kläger die Rechtsverfolgung erschwert werde, ist deshalb nicht stichhältig, weil das Gesetz den Beklagten die Verweigerung der Streiteinlassung ermöglicht und es beim Kläger liegt, eine geeignete Sicherheitsleistung beizubringen oder seine Unfähigkeit hiezu eidlich zu bekräftigen. Im vorliegenden Fall wurde eine Unfähigkeit der klagenden Partei nicht einmal behauptet und eine Eidesleistung auch nicht angeboten. Dem Erstgericht ist daher darin beizupflichten, daß die vorgelegte Bankgarantie keine geeignete Sicherheitsleistung für Prozeßkosten ist.

Der im § 60 Abs. 3 erster Satz ZPO vorgeschriebene Hinweis auf die Folgen des fruchtlosen Fristablaufes in dem Beschluß, mit dem der Erlag einer Sicherheitsleistung angeordnet wird, dient nur der Belehrung der Partei (vgl. Neumann, Kommentar4 582). Sein Fehlen stellt daher dann keinen wesentlichen Mangel dar, wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Eine Anhörung der klagenden Partei zum Antrag der beklagten Partei, die Klage für zurückgenommen zu erklären, erfolgte bei der Tagsatzung am 20.2.1987. Da die klagende Partei weder innerhalb der ihr gesetzten Frist noch bis zur Entscheidung des Erstgerichtes über den Antrag der beklagten Partei eine geeignete Sicherheitsleistung beibrachte, hat das Erstgericht dem Antrag der beklagten Partei, die Klage für zurückgenommen zu erklären, zu Recht stattgegeben.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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