OGH 6Ob609/87

OGH6Ob609/8725.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermine G***, im Haushalt, Hitzendorf, Mayersdorf 3, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Dr. Hans-Peter Benischke und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Karl R***, technischer Angestellter, Graz, Jakob-Gschiel-Gasse 8/27, vertreten durch Dr. Peter Böhm, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung des Nichtbestehens einer Grunddienstbarkeit und Löschung dieser Dienstbarkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 23. März 1987, GZ. 2 R 36/87-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 14. November 1986, GZ. 16 Cg 432/84-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird stattgegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung des Beklagten, soweit sie nicht bereits beschlußmäßig erledigt wurde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Ein in der Natur auf mehreren hundert Metern ausgebildeter Weg (in der Folge Zufahrtsweg) mündet aus nordöstlicher Richtung etwa rechtwinkelig in die an der Kreuzungsstelle von Südost nach Nordwest verlaufende Landesstraße. Dieser Zufahrtsweg verläuft durchwegs über Privatgrund. Von der Landesstraße weg durchquert er zunächst auf einer Länge von etwa 60 m das Grundstück 211/2 und verläuft dann entlang der nordwestlichen Grundgrenze von 10 weiteren Grundstücken, und zwar der Reihe nach auf den Grundstücken 211/1, 213/1, 213/2 und 213/3. Das an der Landesstraße anliegende Grundstück 211/2 gehört zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ 150. Die Klägerin ist Eigentümerin eines 3/8-Anteiles dieser Liegenschaft. Die weiteren 5/8-Anteile stehen im Eigentum einer zweiten Miteigentümerin. Das Grundstück 213/3, das fünfte von der Landesstraße, bildet nunmehr den alleinigen Gutsbestand der Liegenschaft EZ 190. Der Beklagte ist Alleineigentümer dieser Liegenschaft.

Am 4. November 1961 hatten die damaligen Miteigentümer des Grundstückes 211/2 und die Miteigentümer des unmittelbar benachbarten Grundstückes 211/1, die Großmutter des nunmehrigen Beklagten als Eigentümer des nächstfolgenden Grundstückes, über den der Zufahrtsweg verläuft, 213/1 sowie die Miteigentümer des Grundstückes 213/2 einen Dienstbarkeitsvertrag geschlossen. Mit diesem Vertrag räumten einander die Grundeigentümer wechselseitig das Recht des Gehens, Fahrens und Viehtriebes "nach Maßgabe der Planzeichnung" eines namentlich bezeichneten Planverfassers ein. Dieser Plan wurde anläßlich der Einverleibung der Dienstbarkeiten auch in die Urkundensammlung des Grundbuches aufgenommen. Die Großmutter des Beklagten war nicht nur Eigentümerin des Grundstückes 213/1, sondern auch Eigentümerin sieben weiterer Grundstücke, über die nach der Plandarstellung der Zufahrtsweg verlief und die zum Gutsbestand derselben Liegenschaft gehörten wie das in die Vertragsbindungen einbezogene Grundstück 213/1. Auf diesen Umstand bezieht sich der dritte Punkt des Dienstbarkeitsvertrages. Er lautet:

"Rücksichtlich der übrigen Grundstücke der EZ 137 KG..., im Eigentum der Frau ..." (Großmutter des Beklagten) "wird in diesem Vertrag die Wegservitut nicht vereinbart, obwohl laut Planzeichnung dieser Weg auch für diese Grundstücke eingezeichnet ist. Sollte Frau..." (Großmutter des Beklagten) "für die noch nicht berücksichtigten Parzellen der EZ 137 KG... ein Wegrecht erlangen wollen, wird diesbezüglich gesondert für diese Grundstücke jeweils ein Servitutsvertrag errichtet."

Die Mutter des Beklagten erwarb im Jahre 1977 im Erbwege von ihrer Mutter das Grundstück 213/3. Sie schenkte es noch im selben Jahr dem Beklagten. Dieses Grundstück bildete zur Zeit dieser Rechtsübergänge den alleinigen Gutsbestand der EZ 190. In dieser Grundbuchseinlage war - nach dem ausdrücklichen Vorbehalt im Vertrag vom November 1961 materiell zu Unrecht - das Recht aus der (nur für das Grundstück 213/1 als herrschendes Gut bestellten) Grunddienstbarkeit übertragen worden.

Der Beklagte ist nach seinem Eigentumserwerb an dem Wiesengrundstück 213/3 gelegentlich mit seinem Personenkraftwagen (von der Landesstraße) über den Zufahrtsweg zu seinem Grundstück zugefahren. Im Jahre 1984 errichtete er auf seinem Grundstück eine Gartenhütte.

Die Klägerin begehrte als Minderheitseigentümerin des an der Landesstraße gelegenen Grundstückes 211/2 mit ihrer im November 1984 angebrachten Klage die Feststellung, daß die Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Viehtriebes über die in ihrem Miteigentum stehende Liegenschaft (nach der Klagserzählung über das Grundstück 211/2) zugunsten der im Alleineigentum des Beklagten stehenden Liegenschaft nicht bestehe. Mit diesem Feststellungsbegehren verband die Klägerin das Begehren auf Löschung der zugunsten der Liegenschaft des Beklagten einverleibten Dienstbarkeit. Dem Antrag der Klägerin entsprechend wurde ihre Klage auch als Löschungsklage grundbücherlich angemerkt. Im Verlaufe des Rechtsstreites ordnete die Klägerin ihrem Feststellungsbegehren das Eventualfeststellungsbegehren nach, daß die Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Viehtriebes nicht unbeschränkt, sondern lediglich für landwirtschaftliche Zwecke bestehe. Zur Stützung ihres Begehrens behauptete die Klägerin, daß der Beklagte den Zufahrtsweg seit dem Frühjahr 1984 sehr häufig benütze, sich dabei auf die grundbücherliche Einverleibung der Grunddienstbarkeit berufe und sich damit eine vertraglich nicht begründete Dienstbarkeit anmaße. Der Beklagte gestand zwar nach dem Inhalt des Vertrages vom November 1961 zu, daß damals zugunsten des nun in seinem Eigentum stehenden Grundes eine Dienstbarkeit vertraglich nicht begründet worden sei, er wendete aber neben einer Ersitzung der Dienstbarkeit, Gutglaubenserwerb im Vertrauen auf das Grundbuch und Schikane der Klägerin, in erster Linie den Mangel der Klagsbefugnis der Klägerin als einer bloßen Miteigentümerin des nach dem Grundbuchsstand mit der Dienstbarkeit belasteten Grundes ein.

Die Klägerin bestritt unter Hinweis auf die ausdrückliche Regelung im dritten Punkt des Dienstbarkeitsvertrages die Voraussetzungen einer Ersitzung und der Schikane, ferner insbesondere unter Berufung auf die Aufnahme einer Abschrift des Dienstbarkeitsvertrages in die Urkundensammlung des Grundbuches auch die Voraussetzungen eines Gutglaubenserwerbes des Beklagten. Der Bestreitung ihrer Anspruchsberechtigung hielt sie die in Lehre und Rechtsprechung vertretene Ansicht entgegen, daß jeder einzelne Anteilsberechtigte zur Abwehr unberechtigter Eingriffe in das ihm in Rechtsgemeinschaft mit anderen zustehende Recht klageberechtigt sei, der Liegenschaftsmiteigentümer daher auch zu jeder Art von Eigentumsfreiheitsklage.

Das Erstgericht gab - ohne spruchmäßige Erledigung des Hauptfeststellungsbegehrens - dem Eventualfeststellungsbegehren und dem Löschungsbegehren (uneingeschränkt) statt.

Das Berufungsgericht wies die wegen Übergehens des Hauptfeststellungsbegehrens erhobene Berufung der Klägerin mit der Begründung zurück, daß ihr im Hinblick auf die uneingeschränkte Stattgebung des Löschungsbegehrens die Beschwer mangle. In Stattgebung der Berufung des Beklagten änderte das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil im Sinne einer Abweisung des Haupt- und des Eventualfeststellungsbegehrens sowie des Löschungsbegehrens ab. Dazu sprach es aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des (als Einheit behandelten) Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt. Überdies sprach das Berufungsgericht aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorliege.

Das Erstgericht hatte die Anspruchsberechtigung der Klägerin mit der Begründung bejaht, daß nach ständiger Rechtsprechung jeder Miteigentümer für sich allein zur Erhebung der Eigentumsfreiheitsklage befugt sei. Im übrigen verneinte das Erstgericht eine vertragliche Begründung der Dienstbarkeit, aber auch deren Ersitzung und eine (bedingungslose) Verpflichtung der Vertragspartner des Dienstbarkeitsvertrages vom 4. November 1961 zum Abschluß eines Dienstbarkeitsvertrages in Ansehung des nun im Alleineigentum des Beklagten stehenden Grundes, es erkannte auch in der Geltendmachung der Eigentumsfreiheit keinen Rechtsmißbrauch. Es nahm aber einen Erwerb der Dienstbarkeit (im damals beschränkten Umfang) infolge Vertrauens des Beklagten auf den Grundbuchstand im Zeitpunkt seines Eigentumserwerbes im Jahre 1977 an. Im Gegensatz dazu verneinte das Berufungsgericht die Anspruchsberechtigung der Klägerin als einer bloßen Miteigentümerin. Es folgerte, bei dem die Klage bestimmenden Begehren auf Löschung der die im Miteigentum der Klägerin stehende Liegenschaft belastenden Dienstbarkeit handle es sich nicht bloß um die Bewahrung des gemeinschaftlichen Eigentumsrechtes vor unzulässigen Eingriffen, sondern um einen Streit um die nach den Eintragungsgrundlagen zu Unrecht in der vorliegenden Form verbücherte Dienstbarkeit. Zum Begehren auf Feststellung und Einverleibung (auch der Löschung) einer strittigen Dienstbarkeit seien nur alle Miteigentümer gemeinsam berechtigt.

Die Klägerin bekämpft die zweitinstanzliche Entscheidung wegen qualifiziert unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Stattgebung des Hauptfeststellungsbegehrens und des Löschungsbegehrens, hilfsweise auf Stattgebung des Eventualfeststellungsbegehrens gerichteten Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag.

Der Beklagte erachtet das angefochtene Urteil im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung, formell strebt er die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist vorauszuschicken:

Das Erstgericht hat das Hauptfeststellungsbegehren spruchmäßig nicht erledigt. Die Erwähnung des Eventualbegehrens in den Entscheidungsgründen (2. Absatz auf Seite 12 der Urteilsausfertigung) läßt keine eindeutige verfahrensrechtliche Beurteilung des Verhältnisses von Haupt- und Eventualfeststellungsbegehren durch das Erstgericht erkennen. Die Klägerin hat wegen der Nichterledigung ihres Hauptfeststellungsbegehrens Berufung erhoben. Das Berufungsgericht hat dieses Rechtsmittel wegen Fehlens der Beschwer zurückgewiesen. Nach der Rechtsmittelerklärung und den Ausführungen der Rechtsmittelgründe hat die Klägerin diese in Beschlußform ergangene berufungsgerichtliche Entscheidung unangefochten gelassen. Nach ihrem Rechtsmittelantrag strebt sie allerdings in erster Linie eine Abänderung des Berufungsurteiles im Sinne ihres Feststellungshauptbegehrens an. Im Zweifelsfall ist bei einer fehlenden Übereinstimmung zwischen Rechtsmittelerklärung und Rechtsmittelantrag für den Umfang der Anfechtung der Rechtsmittelantrag als maßgebend heranzuziehen. Im vorliegenden Fall liegt aber einerseits eine beschlußmäßige Formalentscheidung über die Berufung der Klägerin und, von der Erledigung der Nichtigkeitsberufung abgesehen, eine urteilsmäßige Sachentscheidung über die Berufung des Beklagten vor. Aus der Rechtsmittelerklärung, daß (nur) das Urteil angefochten werde, aus der Bezeichnung des Anfechtungsgrundes, als welcher (nur) unrichtige rechtliche Beurteilung angeführt wurde und aus der inhaltlichen Beschränkung der Rechtsmittelausführungen auf den genannten Rechtsmittelgrund ist aber zu folgern, daß die beschlußmäßige Formalentscheidung unangefochten blieb. Der Abänderungsantrag der Klägerin auf Stattgebung ihres Hauptfeststellungsbegehrens (Revisionsantrag zu I/1) erscheint daher durch den Inhalt der Anfechtung nicht gedeckt. Die spruchmäßige Abweisung dieses Begehrens durch das Berufungsgericht stellt ein Erkenntnis über ein nicht mehr aufrechtes Begehren dar. Ein solcher Ausspruch wird als gegenstandslos behandelt.

Die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO liegt vor, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zum Mangel der selbständigen Anspruchsberechtigung des bloßen Miteigentümers zur Beseitigung und Befreiung der gemeinschaftlichen Liegenschaft von rechtswidrigen Eingriffen oder Beschränkungen, und damit auch zum Begehren auf Feststellung der Freiheit von einer (unwirksamen Dienstbarkeit) oder zum Begehren auf Löschung einer als unwirksam zu erkennenden Dienstbarkeit mit der in Lehre und Rechtsprechung überwiegend vertretenen Ansicht nicht im Einklang steht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist auch berechtigt:

Nach § 1011 BGB kann jeder Miteigentümer die Ansprüche aus dem Eigentume Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432. Eine Regelung in diesem Sinne vertreten für das österreichische Recht Ehrenzweig System2 I/2, 302 zur Eigentumsfreiheitsklage, Klang in Komm2 III, 1093 f und II, 602 zur Eigentumsfreiheitsklage sowie Feil in Handkommentar, 742. Auch die Rechtsprechung bejaht die Anspruchsberechtigung jedes einzelnen Miteigentümers (SZ 15/48), soweit nicht die übrigen Teilnehmer übergangen werden (SZ 1/72) oder eine Rechtsbegründung zugunsten der Gemeinschaft angestrebt wird (EvBl. 1974/275). Die in der Rechtsprechung formulierte Einschränkung, "wenn es nicht um die Feststellung und Verbücherung von Dienstbarkeiten, sondern um die Abwehr von Eingriffen in ein bestehendes Recht geht" (EvBl. 1981/83), ist im Sinne der Entscheidung EvBl. 1974/275 auf den dort behandelten Fall einer Dienstbarkeitsbegründung zugunsten der im Miteigentum stehenden Liegenschaft zu verstehen. Nur in diesem Sinne ist die Kommentarstelle von Petrasch in Rummel ABGB

§ 523 Rz 4 durch die zitierte Entscheidung EvBl. 1974/275 gedeckt, nicht auch im beigefügten Klammerausdruck "(oder Löschung)".

§ 485 ABGB erklärt die Dienstbarkeit in bezug auf das belastete Grundstück als unteilbar. Der aus dem Eigentumsrecht abgeleitete Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Eingriffe, Löschung unwirksamer oder unwirksam gewordener Eigentumsbeschränkungen, wie beispielsweise Dienstbarkeiten, oder auf Anerkennung der Freiheit von solchen Beschränkungen durch einen sich rechtswidrig solche Rechte Anmaßenden ist aus der Natur der Sache auch im Falle einer Miteigentumsgemeinschaft an der nach dem Grundbuchstand oder dem Standpunkt des eingreifenden oder sich ein Recht anmaßenden Dritten belasteten Liegenschaft unteilbar. Unterlassungs-, Wiederherstellungs-, Löschungs- oder Feststellungsansprüche stehen den Miteigentümern der "belasteten Liegenschaft", wenn schon nicht zur gesamten Hand, so jedenfalls gemeinschaftlich zu. Aus den Regelungen über die Gläubigermehrheit bei gesetzlich oder vertraglich unteilbaren Ansprüchen auf Sachleistung nach den Grundsätzen der gemeinschaftlichen Berechtigung oder Korrealität (§§ 888 ff. ABGB) ist das grundsätzliche Forderungsrecht jedes einzelnen Mitberechtigten abzuleiten. Das muß auch für Unterlassungs-, Wiederherstellungs-, Löschungs- oder Feststellungsansprüche anerkannt werden. Das Gesetz räumt dem leistungswilligen Schuldner im Falle der schlichten Rechtsgemeinschaft auf Gläubigerseite das Recht auf Sicherung im Sinne des § 890 ABGB ein. In den Fällen, in denen wie bei Unterlassungen, Wiederherstellung des früheren Zustandes oder auch bei Abgabe von Erklärungen die Erfüllungshandlung zwangsläufig allen Mitgläubigern in gleicher Weise zustatten kommt, bedarf es keiner materiellrechtlichen Sicherungen des Schuldners nach Art des § 890 ABGB. Ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners ist lediglich in der Richtung anzuerkennen, daß er aus ein und derselben Rechtsbeziehung bei einer Vielzahl von Gläubigern nicht auch einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten ausgesetzt werde. Abhilfe dagegen muß mit den Mitteln des Prozeßrechtes gefunden werden. Wenn auch der Teilhaber das Recht der Gläubigergesamtheit geltend macht, bleibt doch nur er allein Prozeßpartei und die Wirkungen eines klagsabweisenden Urteiles binden nur ihn. Für eine Erstreckung der Rechtskraftwirkung auf seine am Rechtsstreit nicht beteiligten übrigen Teilhaber fehlt jede Grundlage. Sie wäre auch mit der materiellrechtlichen Lage schwer vereinbar, nach der dem einzelnen Teilhaber die Verfügungsberechtigung zur Beschränkung des Gesamtrechtes fehlt. Der Umstand, daß der Anteilsgläubiger das Gesamtrecht geltend macht, rechtfertigte etwa ein Feststellungsbegehren des Beklagten zur Klärung der Rechtslage gegenüber sämtlichen Teilhabern.

Unter den dargelegten Gesichtspunkten ist fraglich, ob der in der Entscheidung EvBl. 1974/275 ausgesprochene Leitsatz einer neuerlichen Nachprüfung standhielte. Der für den Erwerb einer Dienstbarkeit zugunsten einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft ausgesprochene Grundsatz ist aber nach dem in der zitierten Entscheidung ausgeführten Argument, daß niemandem ein Recht aufgedrängt werden dürfe, auf das Begehren um Löschung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Dienstbarkeit, die das gemeinsame Eigentum von Teilhabern belastet, oder auf das Begehren um Feststellung der Freiheit von einer solchen Dienstbarkeit nicht übertragbar.

Das Berufungsgericht hat daher die Anspruchsberechtigung der Klägerin als einer bloßen Anteilseigentümerin der grundbücherlich und nach der Rechtsberühmung des Beklagten belasteten Liegenschaft zu Unrecht verneint. Die Klagsführung der Klägerin ist keine Ausübung eines nur allen Teilhabern gemeinsam zustehenden Gestaltungsrechtes, sie ist nicht auf Erwerb eines neuen Rechtes, sondern auf Wiederherstellung und Sicherung der Unbeschränktheit des gemeinschaftlichen Eigentums gerichtet.

Das Berufungsgericht wird sich daher unter Bindung an die dargelegte Rechtsansicht über die Anspruchsberechtigung der Klägerin einer Entscheidung über die Verfahrens- und Beweisrüge sowie über die Rechtsrüge in der Berufung des Beklagten zu unterziehen haben. Soweit die Berufung auf die geltend gemachte Nichtigkeit gestützt war, ist über sie beschlußmäßig bereits rechtskräftig abgesprochen. Das Hauptfeststellungsbegehren ist, wie oben bereits dargelegt, aus dem Prozeßrechtsverhältnis ausgeschieden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Stichworte