OGH 5Ob53/87

OGH5Ob53/8723.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*** W***-, B***- UND S*** FÜR G***,

Gesellschaft mbH, Wien 9., Maria Theresienstraße 111, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Gabriele V***, Angestellte, 2.) Ulrike W***, Angestellte, 3.) Ernst N***, Angestellter, 4.) Richard N***, Angestellter, 5.) Heinrich S***, Angestellter, 6.) Helga T***, Angestellte, 7.) Silvia M***, Angestellte, 8.) Reinhard C***, Angestellter, 9.) Irma K***, Angestellte, 10.) Heinz H***, Angestellter, 11.) Dr. Thomas N***, 12.) Arthur G***, Ingenieur, 13.) Dr. Alfhit H***, 14.) Dipl.Ing. Hermann P***, sämtliche wohnhaft in Wien 14., Alois Behrstraße 22, die

1.) bis 7.) und 9.) bis 14.) beklagten Parteien vertreten durch Dr. Alfred Fürst, Rechtsanwalt in Wien, wegen ad 1) 63.435,-- S, ad 2) 73.832,-- S, ad 3) 96.813,-- S, ad 4) 96.703,-- S, ad 5) 70.193,-- S, ad 6) 71.520,-- S, ad 7) 91.066,-- S, ad 8) 107.187,-- S, ad 9) 82.904,-- S, ad 10) 91.067,-- S, ad 11) 107.189,-- S, ad 12) 82.809,-- S, ad 13) 111.898,--S und ad 14) 102.197,68 S, infolge Revision der 1.) bis 7.) und 9.) bis

14.) beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 18. Februar 1987, GZ 48 R 17/87-15, womit infolge Berufung der 1.) bis 7.) und 9.) bis

14.) beklagten Parteien das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 17. Oktober 1986, GZ 4 C 1568/85-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen; im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Alleineigentümerin der Liegenschaft Wien 14., Alois Behrstraße 22, auf der sie von Mai 1981 bis Dezember 1982 unter anderem mit Mitteln der Wohnbauförderung ein Wohnhaus mit 21 Wohnungen, einer Ordination und einem Geschäftslokal errichtet hat. Die Beklagten sind Mieter von Objekten im Haus Wien 14., Alois Behrstraße 22. Zwischen der klagenden Partei und dem Achtbeklagten wurde Ruhen des Verfahrens vereinbart (AS 23). Im Juli 1981 erging an die präsumptiven Mieter, darunter auch an die Erst- bis Siebent- und Neunt- bis Vierzehntbeklagten, eine "Mitteilung" der klagenden Partei, die unter anderem folgende Punkte enthält:

"Nach einer persönlichen Aussprache haben wir Sie für die Wohnhausanlage in Wien 14., Alois Behrstraße 22, Objekt ... vorgemerkt.

....

  1. a) Für das Objekt ist kein Grundkostenanteil zu bezahlen.
  2. b) Der Baukostenanteil unter Zugrundelegung des Finanzierungsplanes der Zusicherung setzt sich aus der Wohnbauförderung 1968 und einem Hypothekardarlehen zusammen und beträgt insgesamt: ....

    Für die sehr gute Ausstattung sind Eigenmittel von derzeit .... vorgesehen.

    c) Die monatliche Wohnungsaufwandbelastung (ohne Bewirtschaftungskosten) unter Berücksichtigung eines allfälligen Annuitätenzuschusses beträgt ....

    d) Sollte sich bei der Endabrechnung durch Mehrkosten eine Aufstockung der Darlehen ergeben, werden sich die Kosten in Punkt b) und c) erhöhen, bei Einsparungen die Eigenmittel verringern.

    ...."

    Die Mietinteressenten unterfertigten diese Mitteilung der klagenden Partei und nachstehende Erklärung:

"Aufgrund der zwischen Ihnen und mir bestehenden Absicht, einen

Vertrag betreffend die Wohnung ... im Hause Wien 14., Alois

Behrstraße 22, laut mir zur Einsicht vorgelegtem Entwurf

abzuschließen, habe ich einen Betrag von .... unter nachstehenden

Bedingungen als Finanzierungsbeitrag zu erlegen.

....

Der Finanzierungsbeitrag für die Wohnung ist von Ihnen auf der Grundlage der derzeitigen Materialpreise und Löhne berechnet. Sollte sich sohin eine Erhöhung der Baukosten ergeben, verpflichte ich mich, eine entsprechende Erhöhung des Finanzierungsbeitrages vorzunehmen und diesen Betrag über Ihre Aufforderung nachzuzahlen.

....

Mit dem Erlag der Finanzierungsbeihilfe (offenbar gemeint: des Finanzierungsbeitrages) erwerbe ich das Anwartschaftsrecht auf diese oben bezeichnete Wohnung. Das Nutzungsrecht selbst erwerbe ich erst durch Unterfertigung des mit der Wohnbaugesellschaft gemäß dem beiliegenden Entwurf abzuschließenden Vertrages."

Die für die einzelnen Wohnungen errechneten Finanzierungsbeiträge waren in den Urkunden jeweils mit einem bestimmten Betrag angeführt.

Im Oktober 1982 schloß die klagende Partei mit den Erst- bis Siebent- und Neuntbis Vierzehntbeklagten Mietverträge über Mietobjekte im Haus Wien 14., Alois Behrstraße 22, ab. Diese Mietverträge enthalten über den Baukostenbeitrag lediglich im § 2 Abs. 2 die Feststellung, daß für die Wohnungen ein Baukostenbeitrag von ... entrichtet wurde, der laut § 17 WGG vom 30. März 1979 p.a. mit 2 % ab- und nach dem Verbraucherpreisindex aufgewertet wird. Der von den Mietern entrichtete Baukostenbeitrag ist dabei jeweils mit dem in den Vereinbarungen vom Juli 1981 genannten Betrag angeführt.

Die Parteien haben zu den Vereinbarungen vom Juli 1981 und zu den Mietverträgen vom Oktober 1982 keine zusätzlichen Vereinbarungen geschlossen.

Laut Schlußprüfungsbericht der G*** S***- UND

B*** mbH als gemäß § 33 Abs. 4 WFG 1968 amtlich

bestellten Prüforgans vom 29. Februar 1984 betragen die Gesamtbaukosten 20,524.040,-- S, während der Darlehenszusicherung Gesamtbaukosten von 15,603.000,-- S zugrunde gelegt worden waren. Das Ergebnis der Endabrechnung und die unter Bedachtnahme auf eine Nachförderung aus Mitteln der Wohnbauförderung 1968 noch offenen Baukosten wurden den Mietern mit einem Schreiben der klagenden Partei vom 9. März 1984 zur Kenntnis gebracht. In der Folge wurde den Mietern die Höhe der auf jeden einzelnen von ihnen entfallenden Baukostennachzahlung bekanntgegeben.

Mit der am 24. Dezember 1985 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die klagende Partei die Verurteilung der Beklagten zur anteiligen Baukostennachzahlung. Sie brachte vor, es sei allen Beteiligten klar gewesen, daß es sich bei den in den Vorvereinbarungen vom Juli 1981 und in den Mietverträgen vom Oktober 1982 genannten und von den Beklagten dann auch tatsächlich bezahlten Baukostenbeiträgen nur um vorläufige, nach dem seinerzeitigen Finanzierungsplan berechnete Beiträge handle, deren endgültige Höhe sich erst nach Baufertigstellung, Endabrechnung und deren Überprüfung ergeben werde; die Mietverträge seien im Sinne der Vorvereinbarungen, ohne daß diese dadurch abgeändert worden wären, geschlossen worden.

Die Erst- bis Siebent- und Neunt- bis Vierzehntbeklagten beantragen Klageabweisung. Sie bestritten die Klageforderungen dem Grunde und der Höhe nach und wendeten ein: Durch den Abschluß der Mietverträge seien die Vorvereinbarungen aufgehoben und die Rechtsverhältnisse zwischen der klagenden Partei und den Beklagten neu gestaltet worden. Die von der klagenden Partei geforderte Baukostennachzahlung finde weder im Gesetz noch in den Mietverträgen eine Grundlage. Im Hinblick auf § 17 Abs. 6 WGG sei es unzulässig und rechtswidrig, von den Mietern mehr als 2 Jahre nach Mietvertragsabschluß so exorbitante Baukostennachzahlungen zu verlangen, ohne daß den Mietern hiefür eine Gegenleistung zukäme. Die Beklagten, denen von der klagenden Partei zugesichert worden sei, daß es sich bei der Erhöhung der vorläufigen Baukostenbeiträge nur um relativ geringfügige Beträge handeln könne, hätten die Wohnungen niemals erworben, wenn ihnen von Anfang an Baukostennachzahlungen von nahezu 75 % zugemutet worden wären. Nachdem die Erst- bis Siebent- und Neuntbis Vierzehntbeklagten die Klageforderungen der Höhe nach mit je einem Schilling außer Streit gestellt hatten, fällte das Erstgericht nach Einschränkung der Verhandlung auf den Grund des Anspruches ein die Klageforderungen dem Grunde nach bejahendes Zwischenurteil. Es führte, ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen außer Streit stehenden Sachverhalt, in rechtlicher Beziehung aus:

Die Beklagten hätten sich im Jahre 1981 vertraglich verpflichtet, bei einer Erhöhung der Baukosten der Wohnhausanlage über Aufforderung der klagenden Partei den anteiligen Betrag als weiteren Finanzierungsbeitrag nachzuzahlen. Der Umstand, daß die nachträgliche Erhöhung von Finanzierungsbeiträgen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz nicht ausdrücklich geregelt sei, schließe rechtswirksame Vereinbarungen darüber nicht aus. Diese Möglichkeit entspreche vielmehr dem im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz bestimmenden Kostendeckungsprinzip. Allfällige Zusicherungen an die Beklagten, daß sich aus der Endabrechnung nur relativ geringfügige Mehrkosten ergeben könnten, seien als Wissenserklärungen zu qualifizieren. Selbst wenn die Beklagten dadurch in Irrtum geführt worden sein sollten, sei dies unbeachtlich, weil eine Irrtumsanfechtung nicht erfolgt sei. Durch den Abschluß der Mietverträge seien die im Jahr 1981 getroffenen Vorvereinbarungen nicht aufgehoben worden. Die Mietverträge führten lediglich an, welcher Baukostenbeitrag von jedem Mieter entrichtet worden sei, und entsprächen damit der Bestimmung des § 18 WGG. Diese Feststellung habe von redlichen Parteien keineswegs dahin verstanden werden können, daß die klagende Partei auf das vereinbarte Recht zur Nachforderung von Baukostenbeiträgen verzichte. Auch aus § 17 Abs. 6 WGG sei für die Beklagten nichts zu gewinnen. Danach hätten Finanzierungsbeiträge auf einer Berechnungsgrundlage zu beruhen, die nicht länger als ein Jahr, gerechnet vom Vertragsabschluß, zurückliege. § 17 Abs. 6 WGG befriste somit nicht das Recht zur Forderung von Nachzahlungen. Daß die bei Abschluß der Anwartschaftsverträge im Jahr 1981 angeführte Preisbasis unrichtig gewesen sei, sei aber von den Beklagten nicht behauptet worden. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Erst- bis Siebentund Neunt- bis Vierzehntbeklagten, soweit sie Nichtigkeit wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges geltend machte, und gab ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei, und führte aus:

Da mit dem Zwischenurteil des Erstgerichtes nur das Zurechtbestehen der Klageforderungen dem Grunde nach ausgesprochen worden sei, könne auf die Auswirkungen eines Irrtums der Beklagten über die Höhe einer allfälligen Nachforderung vorläufig nicht eingegangen werden. Die grundsätzliche Berechtigung einer Nachforderung lasse sich jedenfalls mit dem Argument des Irrtums über deren allfällige Höhe nicht ausschließen. Es sei zwar richtig, daß durch den Abschluß der Mietverträge das Rechtsverhältnis zwischen den Beklagten und der klagenden Partei auf eine neue Basis gestellt worden sei. Während die Beklagten nach Unterfertigung der Mitteilung und der Erklärung vom Juli 1981 und nach Erlag des ihnen zunächst bekanntgegebenen Finanzierungsbeitrages nur das Anwartschaftsrecht auf eine bestimmte Wohnung erworben gehabt hätten, seien sie nach Unterfertigung des Mietvertrages im Oktober 1982 Mieter dieser Wohnungen geworden. Durch den Abschluß der Mietverträge sei es aber nicht zu einer gänzlichen Novation der bisherigen Vereinbarungen gekommen, sondern nur zu einer Novation in dem Umfang, in dem die Mietverträge vom Inhalt der vorangegangenen Vereinbarungen abwichen. Enthalte aber der Mietvertrag keinen Punkt, in welchem die Parteien den Inhalt früher getroffener Vereinbarungen einvernehmlich aufheben, und sei auch der Baukostenbeitrag im Mietvertrag nicht endgültig festgesetzt worden, so gälten nach wie vor die zwischen der klagenden Partei und den Beklagten im Jahre 1981 getroffenen Vereinbarungen, in welchen sich die Beklagten bei Erhöhung der Baukosten auch zu einer Nachzahlung von Finanzierungsbeiträgen verpflichtet hätten. Die Bestimmung des § 2 Abs. 4 des Mietvertrages beziehe sich lediglich auf die Möglichkeit einer Erhöhung des laufenden monatlichen Mietzinses, nicht aber der Baukostenbeiträge. Ebenso beziehe sich auch die Berechnung des angemessenen Engelts für die Überlassung des Gebrauches eines Bestandgegenstandes gemäß § 14 WGG ausschließlich auf das laufende, regelmäßig von den Mietern zu leistende Entgelt, nicht aber auf den hier verfahrensgegenständlichen Finanzierungsbeitrag zu den Baukosten. § 17 WGG handle von der Rückzahlung von Beiträgen des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten im Falle der Auflösung eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages. Diese Bestimmung könne daher auf die Nachforderung von Finanzierungsbeiträgen keine Anwendung finden. Wenn im § 17 Abs. 6 WGG ausgesprochen werde, daß sämtliche vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten neben dem Entgelt zu erbringenden Beträge auf einer Berechnungsgrundlage zu beruhen hätten, die nicht länger als ein Jahr, gerechnet vom Vertragsabschluß, zurückliege, so besage dies nur, daß keine länger zurückliegende Berechnungsgrundlage herangezogen werden könne, nicht aber, daß eine abschließende Berechnung und Vorschreibung von Finanzierungsbeiträgen nicht auch erst zu einem Zeitpunkt nach Abschluß des Mietvertrages erfolgen könnte. Es sei zwar richtig, daß gemäß § 18 Satz 2 WGG in den Miet- oder sonstigen Nutzungsverträgen unter anderem jene Beträge anzuführen seien, die im Zusammenhang mit dem erstmaligen Bezug des Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstandes als Grund- oder Baukostenbeiträge zu leisten waren oder sind. Diese Bestimmung schließe aber nicht die Zulässigkeit einer Vereinbarung aus, wonach die endgültige Festsetzung des Baukostenbeitrages erst nach Vorliegen der Endabrechnung erfolgen solle. Die Vereinbarung einer allfälligen nachträglichen Erhöhung des Finanzierungsbeitrages sei demnach nicht rechtsunwirksam im Sinne des § 21 WGG. Da - soweit überblickbar - zur Frage der Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Nachforderung von Grund- und Baukostenbeiträgen insbesondere unter Bedachtnahme auf § 18 Satz 2 WGG noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei die Revision gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO für zulässig zu erklären gewesen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf § 503 Abs. 1 Z 1 und 4 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO gestützte Revision der Erst- bis Siebent- und Neunt- bis Vierzehntbeklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges zurückzuweisen, in eventu das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird noch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO ist im Hinblick auf die Verwerfung der wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges erhobenen Nichtigkeitsberufung nicht gegeben (Fasching, Lehrbuch, Rz 1905; Fasching, Kommentar IV Anm. 4 zu § 503 ZPO; MGA ZPO13 Entscheidungen unter Nr. 3 zu § 503 Z 1 ZPO). Die Revision war daher, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zu verwerfen.

In der Rechtsrüge wiederholen die Revisionswerber zunächst unter

Berufung auf die §§ 1376, 1377 ABGB ihren Standpunkt, daß ihre im

Juli 1981 übernommenen Verpflichtungen durch den Abschluß der ins

Detail gehenden, keinen Raum für das Weiterbestehen früher

zustandegekommener Vereinbarungen lassenden Mietverträge im

Oktober 1982 zur Gänze aufgehört hätten. Es enthielten denn auch

weder die Vereinbarungen vom Juli 1981 noch die Mietverträge vom

Oktober 1982 irgendeinen Hinweis auf eine Weitergeltung ersterer

Vereinbarungen neben den Mietverträgen; alle finanziellen Leistungen

und übernommenen Verpflichtungen der Mieter seien in den

Mietverträgen im einzelnen geregelt, sodaß eine Ergänzung aufgrund

eines nirgends festgehaltenen Vorbehaltes weder sinnvoll noch

möglich sei. Dazu komme, meinen die Revisionswerber ferner, daß

Verträge gemäß § 914 ABGB so zu verstehen seien, wie es der Übung

des redlichen Verkehrs entspreche. Da § 2 der Mietverträge den zu

entrichtenden Mietzins festsetze, den bereits entrichteten

Baukostenbeitrag nenne, auf den daneben noch zu bezahlenden Gas- und

Stromverbrauch verweise und in Abs. 4 für bestimmte Fälle die

Möglichkeit der Erhöhung des Mietzinses vorsehe, aber mit keinem

Wort erwähne, daß nach Abschluß des Mietvertrages noch andere

Forderungen gestellt werden könnten und insbesondere in irgendeiner

Weise auf die Zeit vor Mietvertragsabschluß zurückgegriffen werden

könne, widerspreche die Auslegung, daß durch den Abschluß der

Mietverträge eine Änderung der bisherigen Vereinbarungen nur in

jenem Umfang erfolgt sei, in dem die Mietverträge vom Inhalt der

vorangegangenen Vereinbarungen abwichen, dem Grundsatz von Treu und

Glauben. Der Vorbehalt einer allfälligen nachträglichen Erhöhung des

Finanzierungsbeitrages verstoße überdies gegen die zwingenden

Konsumentenschutzbestimmungen des § 18 WGG und sei daher im Sinne

des § 21 WGG rechtsunwirksam. Es könne auch nicht angenommen werden, daß die Revisionswerber bei Abschluß der Mietverträge, in denen die von ihnen geleisteten bzw. zu leistenden Finanzierungsbeiträge angeführt seien, einem Vorbehalt zugestimmt hätten, daß Jahre nach Festsetzung dieser Verpflichtungen eine Nachforderung von Baukostenbeiträgen von mehr als 72 % der ursprünglichen Höhe erfolgen könne. Die klagende Partei sei mehr als 2 Jahre nach Übergabe der Wohnungen und Abschluß der Mietverträge sowie lange nach der im § 17 Abs. 6 WGG angeführten Frist an die Mieter mit einer Nachforderung von mehr als 72 % der ursprünglichen Baukostenbeiträge herangetreten, ohne hiefür eine Begründung zu geben oder eine Rechtfertigung in § 13 WGG (Deckung der Aufwendungen für die Bewirtschaftung der Baulichkeit, der Kosten der Wirtschaftsführung der klagenden Partei und der ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung zur Bildung von Rücklagen) zu haben. Die Revisionswerber seien nur Mieter; von ihnen könnten daher Aufwendungen in bedeutender Höhe auf eine Substanz, die der klagenden Partei gehöre, also auf fremdem Grund, ohne jedwede Gegenleistung - sie seien aufgrund von ihnen bereits erbrachter Leistungen vertragsgemäß in den Besitz fertiggestellter Wohnungen gekommen - nicht verlangt werden.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Unrichtigkeit der rechtlichen Darlegungen der Vorinstanzen zu erweisen. Gemeinnützige Bauvereinigungen haben gemäß § 13 Abs. 1 WGG unter anderem für die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes aus dem Titel eines Mietvertrages ein angemessenes Entgelt zu vereinbaren, das nicht höher, aber auch nicht niedriger angesetzt werden darf, als es zur Deckung der Aufwendungen für die Bewirtschaftung der Baulichkeit und unter Berücksichtigung eines im Sinne der Grundsätze des § 23 WGG gerechtfertigten Betrages zur Deckung der Kosten der Wirtschaftsführung der Bauvereinigung sowie nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung zur Bildung von Rücklagen erforderlich ist. Der Berechnung des Entgelts gemäß § 13 Abs. 1 WGG sind nach § 13 Abs. 2 WGG unter anderem die für die widmungsgemäße Benützung der Baulichkeit aufgewendeten Baukosten einschließlich .... (vgl. dazu § 2 Entgeltsrichtlinienverordnung) zugrundezulegen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 WGG sind bei der Berechnung des angemessenen Entgelts für die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung oder eines Geschäftsraums die vom Mieter vor Abschluß des Vertrages oder zu diesem Anlaß zusätzlich erbrachten Beiträge zur Finanzierung des Bauvorhabens betragsmindernd zu berücksichtigen. Im Falle der Auflösung eines Mietvertrages hat der ausscheidende Mieter gemäß § 17 WGG einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm zur Finanzierung des Bauvorhabens neben dem Entgelt geleisteten Beträge, vermindert um die ordnungsmäßige Absetzung für Abschreibung im gemäß § 17 Abs. 4 WGG festgesetzten Ausmaß. Sämtliche vom Mieter neben dem Entgelt zu erbringenden Beträge haben nach § 17 Abs. 6 Satz 1 WGG auf einer Berechnungsgrundlage (Preisbasis) zu beruhen, die nicht länger als ein Jahr, gerechnet vom Vertragsabschluß, zurückliegt.

§ 18 WGG bestimmt: In Verträgen im Sinne des § 13 Abs. 1 WGG sind die zu erbringenden Grund- und Baukosten getrennt anzuführen und Berechnungsgrundlagen (Preisbasis) aufzunehmen, die nicht länger als ein Jahr, gerechnet vom Vertragsabschluß, zurückliegen und die, sofern mit der Bauführung nicht innerhalb eines Jahres begonnen wird, mit Baubeginn entsprechend berichtigt werden. Ferner sind in den Miet- und sonstigen Nutzungsverträgen der im § 17 Abs. 4 Satz 1 WGG angeführte Zeitpunkt sowie jene Beträge anzuführen, die im Zusammenhang mit dem erstmaligen Bezug des Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstandes als Grund- und Baukostenbeiträge zu leisten waren oder sind. Nach § 21 Abs. 1 Z 1 WGG sind Vereinbarungen einer gemeinnützigen Bauvereinigung mit einem Mieter insoweit rechtsunwirksam, als sie zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von den Bestimmungen der §§ 14 bis 20 und 22 WGG abweichen. Aus dieser Rechtslage (siehe insbesondere § 14 Abs. 1 Satz 3, §§ 17, 18 WGG) ergibt sich, daß die gemeinnützigen Bauvereinigungen zur Finanzierung der Errichtung von Wohnungen und Geschäftsräumen auch Baukostenbeiträge der Mieter heranziehen dürfen, die bei Berechnung des angemessenen Mietentgelts betragsmindernd zu berücksichtigen sind (vgl. Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, Kommentar und Handbuch zum WGG, Anm. 1 zu § 17; Popper, WGG 160 sowie Anm. 1 zu § 17 Abs. 1; Würth in Rummel, ABGB, Rz 13 letzter Absatz zu § 16 MRG Anh WGG). Vorschriften, die es den gemeinnützigen Bauvereinigungen verwehren würden, mit den (künftigen) Mietern zu vereinbaren, von diesen entsprechend den aufgewendeten höheren Baukosten eine Erhöhung des auf der Berechnungsgrundlage (Preisbasis) nach § 17 Abs. 6 Satz 1, § 18 WGG festgesetzten Finanzierungsbeitrages verlangen zu können, bestehen nicht. Die gemeinnützigen Bauvereinigungen können durch Abschluß derartiger Vereinbarungen auf das Kostendeckungsprinzip (siehe insbesondere § 13 Abs. 1 WGG), das für die Berechnung des gesamten für die mietweise Gebrauchsüberlassung einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes zu entrichtenden Engelts gilt, auch bei Festsetzung des Finanzierungsbeitrages Bedacht nehmen. Die Interessen der Mieter bleiben dadurch gewahrt, daß der Leistung eines höheren Finanzierungsbeitrages die entsprechende Minderung des laufend zu entrichtenden Mietzinses gegenübersteht und ein Rückzahlungsanspruch nach § 17 WGG auch in Ansehung der Baukostennachzahlungen gegeben ist. Die Bestimmungen der §§ 17 Abs. 6 Satz 1 und 18 Satz 1 WGG stellen sich als Maßnahme des Konsumentenschutzes gegen Lockpreise dar und sollen kostensteigerungsbedingte Nachzahlungen in einem erträglichen Rahmen halten (vgl. Korinek u.a., WGG, Anm. 19 zu § 17; Popper, WGG, Anm. 1 zu § 17 Abs. 6; siehe auch Korinek u.a., WGG, Anm. 2 zu § 18, wonach unter den Verträgen im Sinne des § 13 Abs. 1 WGG Miet-, Nutzungs-, Kauf- und Wohnungseigentumsverträge, aber auch Vor- und Anwartschaftsverträge zu verstehen sind). Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber selbst die Vereinbarung derartiger Nachzahlungen nicht für grundsätzlich unzulässig ansieht. Durch die erstgenannte Vorschrift wird eine vereinbarte Baukostennachforderung nicht befristet. Die Bestimmung des § 18 Satz 2 WGG über die unter anderem in Mietverträgen anzuführenden Beträge, die im Zusammenhang mit dem erstmaligen Bezug des Mietgegenstandes als Baukostenbeiträge zu leisten waren oder sind, macht die hier in Rede stehende Vereinbarung gleichfalls nicht rechtsunwirksam; eine zahlenmäßig bestimmte Angabe der Beträge wird - im Unterschied etwa zu

§ 23 Abs. 2 WEG - nicht verlangt. Die im § 14 Abs. 2 WGG vorgesehene Antragstellung der gemeinnützigen Bauvereinigung auf Erhöhung des Betrages nach § 14 Abs. 1 Z 5 WGG und die im § 14 d WGG vorgesehene Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages haben mit der Erhöhung des Finanzierungsbeitrages zur Abdeckung der Baukosten nichts zu tun.

Beurteilt man nun die von der klagenden Partei mit den einzelnen Revisionswerbern geschlossenen Vereinbarungen (Vorvereinbarungen vom Juli 1981 und Mietverträge vom Oktober 1982) unter Berücksichtigung der vorstehenden rechtlichen Überlegungen, der Auslegungsregeln, des § 914 ABGB sowie des Umstandes, daß auch den Revisionswerbern bekannt war, daß die Errichtung der gegenständlichen Wohnhausanlage unter Zuhilfenahme von Mitteln der Wohnbauförderung 1968 erfolgt, so gelangt man in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen zu der Auffassung, daß die von den Revisionswerbern im Juli 1981 im Hinblick auf den in Aussicht genommenen Mietvertragsabschluß über die im Bau befindlichen Wohnungen eingegangene Verpflichtung zur Leistung allfälliger Baukostennachzahlungen durch den im Oktober 1982 noch vor der Endabrechnung und Überprüfung der Baukosten stattgefundenen Mietvertragsabschluß nicht aufgehört hat. Wenn es aus Gründen der Klarstellung auch zweckmäßig gewesen wäre, bereits in den Vereinbarungen vom Juli 1981 oder doch wenigstens in den Mietverträgen vom Oktober 1982 ausdrücklich festzuhalten, daß eine allfällige Baukostennachzahlungspflicht durch den Mietvertragsabschluß nicht berührt wird, so führt eine Auslegung der Vorvereinbarungen und der Mietverträge in ihrem Zusammenhang gleichwohl zu demselben Ergebnis (siehe auch § 1379 letzter Satz ABGB und dazu Ertl in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1376 sowie RZ 1978/88, SZ 55/132). In Anbetracht dessen, daß der klagenden Partei die endgültigen Gesamtbaukosten bei Mietvertragsabschluß noch nicht bekannt sein konnten, durften die Revisionswerber nicht davon ausgehen, daß ihre im Juli 1981 übernommene Baukostennachzahlungspflicht deshalb nicht mehr gelten sollte, weil § 2 der Mietverträge (dessen Abs. 1 den laufend zu entrichtenden Mietzins einschließlich Betriebskosten und Steuern und dessen Abs. 4 die Berechtigung der klagenden Partei enthält, diesen Mietzins zu erhöhen, wenn durch Neuordnung der Gebühren für Müllabfuhr, Straßenreinigung, Be- und Entwässerung usw., durch steuerliche Maßnahmen oder aus sonst irgendeinem Grund eine Mehrbelastung der klagenden Partei gegenüber dem jetzigen Zustand eintritt oder wenn eine Erhöhung zur Sicherung ausreichender Wirtschaftlichkeit im Sinne des WGG und seiner Durchführungsverordnung erforderlich ist) in seinem Absatz 2 nur den bereits geleisteten Baukostenbeitrag festhält, ohne auf dessen Vorläufigkeit hinzuweisen. Über die Höhe der von den Revisionswerbern aufgrund der Vereinbarungen vom Juli 1981 zu leistenden Baukostennachzahlungen ist unter Berücksichtigung des in § 17 Abs. 6 Satz 1 und § 18 WGG zum Ausdruck kommenden Schutzgedankens im Endurteil zu entscheiden.

Es war daher der Revision im übrigen ein Erfolg zu versagen. Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 393 Abs. 4, § 52 Abs. 2 ZPO.

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