Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß §§ 290 Abs. 1, 344 StPO, 38 Abs. 1 StGB wird dem Angeklagten Harald Z*** (auch) die Vorhaft von 1,50 Uhr bis 13,30 Uhr des 14.Oktober 1986 auf die über ihn verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der 23-jährige Harald Z*** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (zweiter Fall) StGB (Punkt 1. des Urteilssatzes) und des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB (2.) schuldig erkannt. Darnach hat er in der Nacht zum 23.Oktober 1986 in Nassereith I. der Barbara W*** dadurch, daß er ein geöffnetes Taschenmesser mit einer Klingenlänge von 8 cm gegen ihren Oberkörper richtete und sie aufforderte, das Geld herauszugeben, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, Bargeld in der Höhe von 2.112 S mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte, und II. die Barbara W*** widerrechtlich dadurch gefangengehalten, daß er sie durch die Äußerung, ansonsten grob werden zu müssen, veranlaßte, in den Kofferraum ihres Kraftfahrzeuges zu steigen, den Kofferraum verschloß und sodann mit dem PKW nach Berwang fuhr. Die vom Angeklagten dagegen aus der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO erhobene, allein gegen die Tatqualifikation als schwerer Raub im Sinne des § 143, zweiter Fall, StGB gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Rechtliche Beurteilung
Denn der darin vertretenen Auffassung zuwider fallen unter den Waffenbegriff des § 143 StGB nicht nur Gegenstände, die wesensmäßig zum Gebrauch als Waffe bestimmt sind; vielmehr wird die fragliche Qualifikation durch jede Sache erfüllt, die als ein zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ad hoc geeignetes Werkzeug gebraucht wird. Der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes (vgl Mayerhofer-Rieder StGB 2 § 143 Nr 4, 6 ff) liegt mithin ein erweiterter Waffenbegriff zugrunde, der nicht nur Waffen im technischen Sinn, sondern auch andere Mittel erfaßt, die zur Verwendung als Waffe geeignet und bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf den Waffen im Sinne des Waffengesetzes gleichwertig sind.
Da ein Taschenmesser mit den im Wahrspruch festgestellten Eigenschaften den vorgenannten Anforderungen entspricht, haftet sonach der vom Beschwerdeführer behauptete Subsumtionsirrtum dem angefochtenen Urteil nicht an, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.
Aus Anlaß dieser Beschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß das Urteil mit einer dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden, ungerügt gebliebenen und von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit im Sinne der Z 13 des § 345 Abs. 1 StPO behaftet ist. Den Akten ist nämlich zu entnehmen, daß sich der Angeklagte in dem gemäß § 56 StPO in das gegenständliche Strafverfahren einbezogenen Akt 32 Vr 3627/86 des Landesgerichtes Innsbruck in der Zeit von 1,50 Uhr bis 13,30 Uhr des 14.Oktober 1986 in sicherheitsbehördlicher Verwahrungshaft befunden hatte, in der Folge aber eine Anrechnung dieser Haft unterblieb. Gemäß §§ 290 Abs. 1, 344 StPO war dieser Mangel spruchgemäß zu sanieren. Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend zwei auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen wegen Diebstahls, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und den hohen, an die Qualifikation der Begehung der Tat mit besonderen Qualen für das Opfer gemäß § 99 Abs. 2 StGB heranreichenden Schuld- und Unrechtsgehalt der Freiheitsentziehung. Als mildernd wurde demgegenüber das volle und reumütige Geständnis des Angeklagten in Betracht gezogen und über ihn gemäß §§ 28, 143 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Jahren verhängt. Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung anstrebt, ist nicht begründet.
Nach den Akten kann keine Rede davon sein, daß der vom Berufungswerber verwirklichte Sachverhalt "erheblich unter dem deliktstypischen sozialen Störwert" liege. Desgleichen kann der von ihm der Frau abgenötigte Betrag von rund 2.000 S keineswegs als so niedrig bezeichnet werden, daß von einer Atypizität des Raubes gesprochen werden könnte. Weshalb es bei der Natur der in Frage stehenden Tatbestände mildernd sein soll, daß Barbara W*** keine Todesangst empfand und sie nach der Tat nicht unter Alpträumen litt sowie daß vom Angeklagten kein bedeutender Sachschaden angerichtet wurde, bleibt unerfindlich. Der Berufung zuwider kann auch davon nicht gesprochen werden, daß dem Angeklagten nach dem eingeholten Fachgutachten eine verminderte Zurechnungsfähigkeit als mildernd zugutezuhalten wäre. Denn der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. P*** hat in seiner Expertise ausdrücklich betont, daß es sich bei Harald Z*** um eine normal intelligente, geistesgesunde und in forensisch-psychiatrischer Hinsicht zurechnungsfähige Persönlichkeit handle, die lediglich etwas dazu neige, die gegebenen Möglichkeiten zu überschätzen (vgl S 87). Nicht mit den Akten in Einklang zu bringen ist auch die Behauptung des Angeklagten, er müsse nach den ungünstigen Umständen seines Aufwachsens als milieugeschädigt bezeichnet werden; hat er doch seine Jugend im Familienverband verbracht und hatte er nach seinen eigenen Angaben sowohl mit der Mutter als auch mit seiner Großmutter eine sehr gute Beziehung und gestatteten es ihm die Verhältnisse, den Beruf eines Bäckers auszulernen (vgl S 57). Da nach den Akten endlich von einer nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführenden drückenden Notlage im Tatzeitpunkt (§ 34 Z 10 StGB) nicht die Rede sein kann, erheischen mithin die vom Geschwornengericht festgestellten Milderungsgründe keine Ergänzung. In Ansehung der Erschwerungsumstände bemüht sich die Berufung darzutun, daß die Freiheitsentziehung für Barbara W*** nicht mit besonderen Qualen verbunden war. Dem genügt es zu erwidern, daß das Erstgericht die Qualifikation nach § 99 Abs. 2 StGB ohnehin nicht als gegeben ansah, die Umstände der Tat es aber durchaus rechtfertigen, mit Bezug auf diesen Tatbestand von einem überdurchschnittlich hohen Schuld- und Unrechtsgehalt zu sprechen, weil das im Kofferraum des PKWs eingesperrte Opfer nach der vorausgegangenen Drohung mit dem Messer in höchstem Maß in Furcht und Angst versetzt worden und von der Befürchtung erfüllt war, irgendwo stehengelassen oder gar hinuntergestürzt zu werden bzw im Kofferraum zu ersticken oder zu erfrieren (S 123, 312). Nach dem Gesagten bedürfen mithin die tatrichterlichen, die Strafbemessung betreffenden Konstatierungen keiner nennenswerten Korrektur. Geht man aber davon aus und legt man namentlich den einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten die gebührende Bedeutung bei, dann erweist sich die geschöpfte Unrechtsfolge bei einem bis zu fünfzehn Jahren reichenden Strafsatz als keineswegs überhöht und sonach einer Ermäßigung unzugänglich.
Es mußte daher auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.
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