Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die erstbeklagte Partei erzeugt österreichischen Whisky und importiert u.a. schottischen Whisky. Der Zweitbeklagte ist persönlich haftender Gesellschafter der erstbeklagten Partei. Diese füllt den erzeugten österreichischen Whisky in Flaschen laut Abbildung Beilage B, auf denen goldfarbene Etiketten mit folgendem Text angebracht sind:
"40 %
VOL
W***
S***
(Darstellung einer Postkutsche)
golden & mild
B***
W***
Gaylord International (in Form eines Rundsiegels)
G***.S***
Österreichisches Erzeugnis 0,7 l"
Die mit Großbuchstaben geschriebenen Worte "Whisky" und "Saunders" sind ca. 1 cm, der Vermerk "Österreichisches Erzeugnis" 3 - 4 mm groß.
Das Wort "Gaylord International" ist für die erstbeklagte Partei, das Wort "Saunders" für die C*** C*** OHG (an die die erstbeklagte Partei nach ihren Behauptungen den von ihr hergestellten österreichischen Whisky ausschließlich liefert) eingetragen. "Saunders" ist ein in Schottland und insbesondere in Edinburgh häufiger Familienname.
Die klagenden Parteien behaupten, daß die erstklagende Partei eine Vereinigung sei, die sich mit der Förderung der wirtschaftlichen Interessen der schottischen Whiskyhersteller beschäftige und ausdrücklich die Aufgabe habe, rechtliche Schritte zur Wahrung der Interessen der schottischen Whiskyerzeuger zu unternehmen. Die zweit- und die drittklagende Partei beschäftigten sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Whisky der auch nach Österreich geliefert werde. Die erstbeklagte Partei erwecke mit den beanstandeten Flaschenetiketten ihres österreichischen Whiskys den Eindruck, daß es sich um ein "im Vereinigten Königreich (United Kingdom) oder in Schottland" hergestelltes Erzeugnis handle, weil die Etikette englische Aufschriften trage, "Saunders" ein häufiger schottischer Familienname sei und in Siegelform die Bezeichnung "Gaylord International" verwendet werde, obwohl ein Unternehmen dieses Namens nicht bestehe. Die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs durch diese Bezeichnung werde noch dadurch verstärkt, daß die erstbeklagte Partei ihr Markenwort "Gaylord International" auch für original schottische Whiskysorten, die sie importiere, verwende. Die klagenden Parteien stellen das Begehren, die beklagten Parteien schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit der Produktion und/oder dem Vertrieb österreichischer Whiskyprodukte die Verwendung der Marke "Saunders", der Bezeichnungen "Gaylord International" und "Gold Star" und englischsprachiger Beschreibungen auf Etiketten, Verpackungs- und Werbematerial, die geeignet sind, den Konsumenten über die Beschaffenheit, den Ursprung und die Herstellungsart dieser Whiskyprodukte irrezuführen, zu unterlassen. Mit diesem Unterlassungsbegehren verbinden die klagenden Parteien ein entsprechendes Veröffentlichungsbegehren.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und bestritten die Aktivlegitimationen der klagenden Parteien, der auch ihre eigene Passivlegitimation, weil sie den Whisky mit der beanstandeten Beschriftung ausschließlich im Auftrag der und für die C*** C*** OHG herstellten, und zwischen diesem Unternehmen und den klagenden Parteien bereits eine Einigung darüber erfolgt sei, daß die C*** C*** OHG auf verschiedene Bezeichnungen auf dem Etikett verzichte. Dieses sei nicht zur Irreführung geeignet, weil der Whisky ausdrücklich als "Österreichisches Erzeugnis" bezeichnet werde. "Golden & mild" seien deutsche Worte.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es war der Ansicht, daß die beanstandete Beschriftung der Whiskyflaschen zwar auf den englischen Sprachbereich hinweise, aber nicht den Eindruck erwecke, daß das Getränk in Schottland erzeugt worden sei, weil der Durchschnittskonsument mit dem Namen "Saunders" nichts anfangen könne. Die Aufschrift "Österreichisches Erzeugnis" sei so groß gehalten, daß sie auch von einem flüchtigen Leser nicht übersehen werden könne, so daß die Gefahr einer Irreführung über die Herkunft des Produktes nicht bestehe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, bei allen Berufungswerbern 60.000 S aber nicht 300.000 S übersteige und die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Die auf den Flaschenetiketten enthaltenen Worte "Saunders" "golden & mild", "Blended Whisky", "Gold Star" und "Gaylord International" erweckten zwar den Anschein der Herkunft der Ware aus einem Land, in dem englisch gesprochen werde, aber nicht den Anschein eines schottischen Erzeugnisses. Die Angaben in englischer Sprache seien mittelbare Herkunftsangaben in dem Sinn, daß sie zwar nicht ausdrücklich auf ein bestimmtes Land oder einen bestimmten Ort hinwiesen, vom Kaufinteressenten jedoch gedanklich auf einen bestimmten geographischen Raum - England, Schottland, USA - bezogen würden. Der flüchtige Durchschnittsinteressent könnte daher durch diese Angaben (allein) zu einer falschen Herkunftsvorstellung verleitet werden. Das Etikett enthalte aber einen ausdrücklichen und nicht zu übersehenden Hinweis auf die Erzeugung der Ware in Österreich, der falsche Herkunftsvorstellungen verhindere. Den Eindruck schottischer Herkunft könnte die Etikette auch ohne den Aufdruck "Österreichisches Erzeugnis" nicht erwecken. Ihr Erscheinungsbild sei nicht geeignet, Interessenten über den Ursprung der Ware zu täuschen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erheben die klagenden Parteien Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern.
Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
§ 2 Abs. 1 UWG erwähnt unter den zur Irreführung geeigneten Angaben über geschäftliche Verhältnisse insbesondere solche über den Ursprung einzelner Waren. Unter dem "Ursprung" sind dabei neben den im Bericht des JA (913 BlgNR 1. GP bei Schönherr-Iro, Wettbewerbsrecht4, 8 Anm. 4) erwähnten Angaben über den "züchterischen Ursprung auf dem Gebiete der Tier- und Pflanzenzucht" hauptsächlich geographische Herkunftsbezeichnungen zu verstehen. Der Ursprung einer Ware kann auch mittelbar vorgetäuscht werden (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 29). Derartige "mittelbare.."
Herkunftsangaben weisen nicht ausdrücklich auf ein bestimmtes Land oder einen bestimmten Ort hin, werden aber vom Verkehr gedanklich auf einen bestimmten geographischen Raum bezogen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht14 1081; ÖBl. 1982, 37 = SZ 54/97). Täuschende Bezugnahme kann in mannigfacher Weise geschehen, insbesondere durch fremdsprachige Bezeichnungen (Hohenecker-Friedl aaO; ÖBl. 1966, 65; ÖBl. 1968, 131) oder Herkunftssymbole verschiedenster Art, wie Landesfarben, Wappen, Bilder berühmter Bauten, Trachten usw. (Baumbach-Hefermehl aaO;
Hohenecker-Friedl aaO; ÖBl. 1954, 16 = SZ 27/31, ÖBl. 1972, 12
= SZ 44/128). Aus der Bezeichnung einer Ware in der Sprache eines
fremden Landes schließt der Verkehr gewöhnlich auf die Herkunft der Ware aus diesem Land; das gilt insbesondere dann, wenn das ausländische Erzeugnis im Verkehr besonders geschätzt wird und das Publikum daher Wert darauf legt, daß die Ware aus einem bestimmten Land stammt (Baumbach-Hefermehl aaO). Für die Relevanz der Irreführung reicht es aber schon aus, daß die Bezugnahme auf die geographische Herkunft geeignet ist, einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen (Baumbach-Hefermehl aaO 1090).
Grundsätzlich ist es zwar möglich, die Gefahr einer solchen Irreführung über die Herkunft durch sogenannte "entlokalisierende" Zusätze zu beseitigen. Bei der Beurteilung, ob klarstellende Zusätze eine Irreführung ausschließen, ist aber ein strenger Maßstab anzulegen, weil der flüchtige Durchschnittsinteressent solche Zusätze meist übersieht. An die Deutlichkeit und Unübersehbarkeit solcher Zusätze sind zum Schutz der Verbraucher strenge Anforderungen zu stellen (Baumbach-Hefermehl aaO 1096 f). Die inländischen Verkehrskreise bringen Whisky gedanklich mit angloamerikanischen Gebieten (vor allem Großbritannien und Irland, USA und Kanada) als typischen Herstellungsländern in Verbindung und werden daher bei einem Whisky, der mit den Worten "Saunders", "golden & mild", "Gaylord International", "Blended" und "Gold-Star" angeboten wird, auf die Herkunft des Erzeugnisses aus einem dieser Länder schließen. Der "entlokalisierende" Zusatz "Österreichisches Erzeugnis" wurde auf den Flaschenetiketten wesentlich kleiner als die ins Auge springenden Worte "Saunders", "Blended (Whisky)" und "Gold-Star" gedruckt; er ist zudem am äußersten unteren Rand der Flaschenetiketten angebracht, so daß er flüchtigen Konsumenten, die - gewöhnlich von oben beginnend - nur die größer gedruckten Worte lesen, leicht entgehen kann (vgl. etwa BGH GR 71, 29 - Deutscher Sekt). Der Zusatz "Österreichisches Erzeugnis" ist daher nicht so deutlich angebracht, daß er die Irreführung noch erheblicher Teile der angesprochenen Verkehrskreise verläßlich verhindern konnte. Der vorliegende Sachverhalt läßt sich mit jenem, der der Entscheidung JBl. 1964, 211 = ÖBl. 1963, 51 zugrunde lag nicht vergleichen; dort wiesen nämlich die Flaschenetiketten neben der beanstandeten Bezeichnung "Bayrisch Bier" deutlich, auf den ersten Blick erkennbar, den Aufdruck "Österreich. Erzeugnis" auf. Daß das Publikum nicht wissen wird, daß das englisch klingende Markenwort "Saunders" gerade ein in Schottland sehr häufiger Familienname ist, und die übrigen englischen Bezeichnungen auf den Flaschenetiketten keinen speziellen Bezug zu Schottland haben, so daß nur der Gesamteindruck entsteht, die Ware stamme aus einem Land, in dem englisch gesprochen wird, steht der Berechtigung des Klagebegehrens nicht entgegen, das nach seinem Wortlaut (Unterlassung bestimmter englischer Bezeichnungen, die geeignet sind, den Konsumenten über den Ursprung der Whiskyprodukte irrezuführen) auch derartige Täuschungen umfaßt. Das Klagebegehren beschränkt sich nicht auf das Verbot, den irreführenden Eindruck zu erwecken, der Whisky stamme aus Schottland. Auch die Klagebehauptungen gehen darüber hinaus, da die Kläger vorbrachten, es werde der Eindruck erweckt, daß das Produkt im United Kingdom (= Vereinigten Königreich) oder in Schottland destilliert worden sei. Auch wenn die erstklagende Partei eine Vereinigung sein sollte, die nur die Förderung wirtschaftlicher Interessen schottischer Whiskyhersteller bezweckt, wäre die Klagelegitimation (§§ 14, 40 UWG; Art. 2 Abs. 1 PVÜ) zu bejahen, weil durch den irreführenden Eindruck, ein Whisky komme aus dem Vereinigten Königreich (oder sonst aus angloamerikanischen Ländern), auch die zu diesem geographischen Bereich gehörenden schottischen Whiskyhersteller mitberührt sind.
Obwohl demnach das Verhalten der beklagten Parteien, wie ausgeführt, im Sinne des erhobenen Klagebegehrens gegen § 2 UWG verstößt, ist die Rechtssache noch nicht spruchreif, weil die Tatsacheninstanzen zu der von den beklagten Parteien bestrittenen Klagelegitimation des erstklagenden Verbandes (§ 14 UWG) und der übrigen Kläger, die behaupten, Mitbewerber der erstbeklagten Partei zu sein, keine Feststellungen getroffen haben. Insbesondere haben die beklagten Parteien auch die mit der Klage vorgelegte Beilage A (Übersetzung der Abschrift eines Gesellschaftsvertrages über die Gründung der erstklagenden Partei) durch Verweisung auf ihr Vorbringen bestritten.
Die weitere Behauptung der beklagten Parteien, die erstbeklagte Partei erzeuge den wegen irreführender Angaben beanstandeten Whisky nur im Auftrag der C*** C*** OHG, die sie mit diesem Produkt ausschließlich beliefere, so daß sie nur "Abfüller" sei, ändert an ihrer Verantwortlichkeit für den geltend gemachten Wettbewerbsverstoß nichts, weil es für die Unterlassungsklage nicht darauf ankommt, auf wessen maßgeblichem Willen die Beeinträchtigung beruht. Auch ein Beauftragter ist für die von ihm auf Veranlassung eines anderen vorgenommenen Wettbewerbshandlungen verantwortlich (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil 45). Die behauptete Einigung der klagenden Parteien mit der angeblichen Auftraggeberin der beklagten Parteien könnte aber auf den erhobenen Unterlassungsanspruch einwirken, so daß auch dieses Vorbringen mit den Parteien noch zu erörtern und gegebenenfalls die Streitverkündung an die C*** C*** OHG zuzustellen sein wird. Der Revision ist daher durch Aufhebung der angefochtenen Entscheidung Folge zu geben. Da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, ist auch das Urteil der ersten Instanz aufzuheben und die Streitsache an diese zurückzuverweisen (§ 510 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
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