OGH 4Ob506/87

OGH4Ob506/8716.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Walter H***, Kaufmann, Mönchhof, Bahngasse 1 b, vertreten durch Dr. Walter Boss, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, wider den Antragsgegner Johannes H***, Kaufmann, Mönchhof, Neubaugasse 22, vertreten durch Dr. Rudolf Tobler, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, wegen Genehmigung einer Änderung infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 5. Dezember 1986, GZ. R 436/86-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 7. November 1986, GZ. Nc 43/86-5, bestätigt, nach seiner Begründung jedoch im Sinne einer Zurückweisung des Antrages abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Antragstellers unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Die Parteien sind Brüder. Sie führen in Mönchhof, Bahngasse 1 b, eine Gemischtwarenhandlung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an welcher der Antragsteller mit 60 % und der Antragsgegner mit 40 % beteiligt ist. Zu den Geschäftsräumlichkeiten besteht ein einziger Zugang von der Straße her. Die Eingangstüre war ursprünglich mit einem Schloß versehen, zu dem jede der Parteien einen Schlüssel hatte. Auf Betreiben des Antragsgegners wurden im Jahr 1982 zwei Schlösser angebracht, wobei jede der Parteien nur einen Schlüssel zu jeweils einem Schloß erhielt. Zu den feststehenden Geschäftszeiten wurde gemeinsam auf- und zugesperrt; außerhalb der Geschäftszeiten war jede Partei auf die andere angewiesen, wenn sie ins Geschäft wollte. In der ordnungsgemäß einberufenen und durchgeführten Gesellschafterversammlung vom 25. Juli 1985 faßte der Antragsteller mit seiner Stimme gegen die Stimme des Antragsgegners den Beschluß, daß ein einziges Schloß für die Eingangstüre des Geschäftes angefertigt und der (einzige) Schlüssel hiezu ihm ausgefolgt werde, so daß dem Antragsgegner der Zugang zum Geschäft zu den festen Geschäftszeiten jederzeit, außerhalb dieser aber nur gemeinsam mit ihm zustehe. Der Antragsteller setzte diesen Beschluß sofort in Vollzug. Der Antragsgegner klagte hierauf auf Wiederherstellung des früheren Zustandes. Mit rechtskräftigem Urteil vom 7. März 1986, C 516/85 -6, erkannte das Bezirksgericht Neusiedl am See den Antragsteller schuldig, den vor der Gesellschafterversammlung vom 25. Juli 1985 bestandenen Zustand wiederherzustellen. Der Antragsgegner führt gegen den Antragsteller zur Durchsetzung des Wiederherstellungsurteils Exekution, die noch nicht beendet ist. Nunmehr stellte der Antragsteller im außerstreitigen Verfahren den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag, wobei er von der vom Gericht im Prozeß vertretenen Ansicht ausging, die beschlossene Maßnahme sei als wichtige Veränderung im Sinne des § 835 ABGB anzusehen.

Der Antragsgegner beantragt, die Maßnahme nicht zu genehmigen. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es vertrat die Ansicht, die Maßnahme diene im wesentlichen den Interessen des Antragstellers und beschneide die Kontrollrechte des Antragsgegners. Da die Parteien verfeindet seien, komme aber dieser Kontrolle besondere Bedeutung zu. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Die Anrufung des Richters zur Entscheidung darüber, ob die Veränderung unbedingt oder gegen Sicherstellung stattfinden solle oder nicht, könne sich naturgemäß nur auf die Zukunft beziehen, weil § 834 ABGB von wichtigen Veränderungen spreche, welche "vorgeschlagen" werden. Da der Antragsteller den Gesellschafterbeschluß vom 25. Juli 1985 gegen die Minderheit bereits eigenmächtig in Vollzug gesetzt habe, sei es unzulässig, die bereits durchgeführte Veränderung nachträglich durch den Außerstreitrichter zu genehmigen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit den Anträgen, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Antrag mangels des Erfordernisses einer Genehmigung des Gesellschafterbeschlusses vom 25. Juli 1985 als unzulässig zurückgewiesen, hilfsweise der Antrag genehmigt werde, allenfalls den Beschluß des Rekursgerichtes oder die Beschlüsse beider Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Erstgericht den Antrag sachlich erledigt hat, während das Rekursgericht die Auffassung vertrat, der Außerstreitrichter sei nicht zuständig, was folgerichtig zu einer Zurückweisung des Antrages hätte führen müssen, wenn dies auch im Spruch der Entscheidung nicht zum Ausdruck gekommen ist. Obgleich das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes formell "bestätigt" hat, liegen daher keine übereinstimmenden Beschlüsse der Vorinstanzen vor.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Es ist zwar richtig, daß in Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, die nachträgliche Anrufung des Außerstreitrichters sei nicht zulässig, wenn die wichtige Veränderung im Sinn des § 834 ABGB ohne Genehmigung des Außerstreitrichters bereits vorgenommen wurde (Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 835; EvBl 1965/268; SZ 43/91; MietSlg. 27.079; MietSlg. 30.087; MietSlg. 34.103 ua.). Ob dieser von der Rechtsprechung in den Fällen der Gemeinschaft des Eigentums entwickelte Grundsatz auch auf Beschlüsse der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 1188 ABGB in Verbindung mit den §§ 833 ff. ABGB uneingeschränkt anzuwenden ist, muß nicht geprüft werden. Im vorliegenden Fall ist nämlich der Antragsteller bereits rechtskräftig verurteilt worden, den vor dem Gesellschafterbeschluß vom 25. Juli 1985 bestandenen Zustand wiederherzustellen; zur Durchsetzung dieses Urteils wird auch bereits Exekution geführt. Unter diesen Umständen käme es aber einem überflüssigen Formalismus gleich, würde man den Antragsteller zwingen, erst nach Wiederherstellung des früheren Zustandes den Antrag auf Genehmigung des Gesellschafterbeschlusses vom 25. Juli 1985 neuerlich zu stellen, allenfalls einen gleichartigen Gesellschafterbeschluß zu erwirken und dessen Genehmigung zu beantragen.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher der Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und diesem eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

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