OGH 1Ob7/87

OGH1Ob7/8710.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Dipl.Ing. Walter S***, Landesbeamter, 2.) Ingeborg S***, Lehrerin, beide Salzburg, Auerspergstraße 65, beide vertreten durch Dr. Othmar Taferner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei L*** S***, vertreten durch Dr. Benno Oberdanner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,633.700,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 16. Dezember 1986, GZ 3 R 89/86-33, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Jänner 1986, GZ 8 Cg 155/84-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erstklagende und die zweitklagende Partei sind schuldig, der beklagten Partei die mit je S 11.474,31 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 934,03 Umsatzsteuer und S 1.200,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke 3/4 und 396/5 KG Gschwand, die westlich des in den Wolfgangsee mündenden Zinkenbaches liegen. Die Kläger suchten mit Schreiben vom 7. August 1975 bei der Gemeinde St. Gilgen gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1968 um die Erteilung einer Ausnahme von der Wirkung des Flächenwidmungsplanes zur Errichtung eines Zweifamilienhauses mit zwei Garagen auf einer gemäß dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Gilgen im Grünland gelegenen Teilfläche des Grundstückes 3/4 KG Gschwand an.Die Gemeindevertretung der Gemeinde St. Gilgen bewilligte zwar mit Beschluß vom 15. Oktober 1975 die beantragte Ausnahme und suchte bei der Salzburger Landesregierung um die aufsichtsbehördliche Genehmigung an; diese wurde aber mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 11. Mai 1976, Zl. 7.13-2030/2-1976, versagt. Beschwerden der Gemeinde St. Gilgen gegen diesen Bescheid an den Verfassungs- und an den Verwaltungsgerichtshof blieben erfolglos. Die Gemeindevertretung St. Gilgen wies mit Bescheid vom 3. Juni 1976 das Ansuchen der Kläger vom 7. August 1975 ab. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger am 21. Juni 1976 Vorstellung. Im Verfahren über die von ihnen erhobene Vorstellung fand am 15. Jänner 1981 eine Verhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Raumordnungsfragen und eines weiteren für Naturschutz statt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde ein eingehender Lokalaugenschein vorgenommen und der Sachverhalt grundsätzlich erörtert. Die Amtssachverständigen erstatteten ihre schriftlichen Gutachten am 22. Jänner und 23. Jänner 1981. Diese Gutachten wurden den Klägern zur Äußerung übermittelt. Am 2. April 1981 fand eine weitere Verhandlung samt Lokalaugenschein statt, bei der die Amtssachverständigen den Einwendungen der Beschwerdeführer unter Hinweis auf ihre ausführlichen Gutachten entgegentraten. Dem folgten am 8. Mai, 15. Mai und 2. Juni 1981 weitere Verhandlungen, bei denen die Amtssachverständigen im wesentlichen ihre bisherigen Stellungnahmen beibehielten, ohne neue Gesichtspunkte aufzuzeigen. Die Vorstellung der Kläger wurde von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 8. März 1982, Zl. 7/13-2030/10-1982, als unbegründet abgewiesen. Die Abweisung erfolgte aufgrund von Feststellungen, denen die Gutachten der Amtssachverständigen zugrundelagen. Der Verwaltungsgerichtshof wies eine dagegen von den Klägern erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 20. Oktober 1983, Zl. 82/06/0050-11, als unbegründet zurück. Der Verwaltungsgerichtshof teilte dabei die von der Salzburger Landesregierung vertretene Ansicht, daß beide Gutachten schlüssig seien.

Die Kläger begehren mit der am 24. Mai 1984 eingebrachten Amtshaftungsklage den Zuspruch eines Betrages von je S 816.850,-- samt Anhang. Sie stützen ihr Begehren, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, darauf, daß die Amtssachverständigen gegen ihre Verpflichtung, den im Verwaltungsverfahren maßgeblichen Sachverhalt richtig festzustellen, verstoßen und damit rechtswidrig gehandelt hätten. Da die Unrichtigkeit dieser Gutachten an Ort und Stelle sofort ohne weiteres festgestellt werden könne, sei das den Amtssachverständigen, allenfalls auch dem Verhandlungsleiter anzulastende Verschulden entweder als Vorsatz oder zumindest als grobe Fahrlässigkeit zu qualifizieren. Die im Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Gilgen als Grünland ausgewiesene Teilfläche des Grundstückes der Kläger 3/4 KG Gschwand sei von seiner Struktur her als Bauland zu qualifizieren.

Die beklagte Partei wendete unter anderem ein, im Verwaltungsverfahren sei der Sachverhalt aufgrund der Gutachten der Amtssachverständigen richtig festgestellt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Sowohl der vom Amtssachverständigen für Naturschutzfragen als auch der vom Amtssachverständigen für Raumordnungsfragen festgestellte Sachverhalt habe den Gegebenheiten entsprochen, die Begutachtung sei in diesen Fragen fachgerecht erfolgt. Damit aber fehle jeder Anhaltspunkt dafür, daß die Amtssachverständigen durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten, auch wenn für ein solches leichte Fahrlässigkeit genügte, jene Entscheidung herbeigeführt hätten, aus der die Kläger ihren Anspruch herleiteten. Das Berufungsgericht, das eine teilweise Beweiswiederholung vornahm, gab der Berufung der Kläger nicht Folge. Die Mängelrüge der Kläger (Nichtdurchführung eines Augenscheins) sei nicht berechtigt. Die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen habe zu Recht unterbleiben können, da die aufgezeigten Widersprüche im wesentlichen nur zu den Behauptungen der Kläger bestünden. Der Beweiswürdigung des Erstgerichtes trat das Berufungsgericht bei. Es könne daher keine Rede davon sein, die Sachverständigen hätten ihre Gutachten vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch erstattet. Die nur auf den Revisionsgrund nach § 503 Abs. 1 Z 2 ZPO gestützte Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Amtssachverständige handeln bei Abgabe ihrer Gutachten in Vollziehung der Gesetze (SZ 58/42; SZ 54/19; EvBl. 1971/315; Loebenstein-Kaniak, AHG2 43). Die Tatsache, daß ein österreichisches Höchstgericht in einer Rechtssache entschied, schließt Amtshaftungsansprüche ungeachtet der Vorschrift des § 2 Abs. 3 AHG dann nicht aus, wenn dem Höchstgericht die Überprüfung der bekämpften Entscheidung nur in eingeschränktem Ausmaß möglich war (JBl. 1986, 583). Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Liegt keine Verletzung der Denkgesetze vor, kann im Bereich der Beweiswürdigung eine nach § 42 Abs. 2 lit. c VwGG wahrzunehmende Rechtswidrigkeit nicht vorliegen (VwSlg. 6509/A, 5050/A ua). Ungeachtet des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes wäre daher Amtshaftung zu bejahen, wenn den Feststellungen der Verwaltungsbehörde Gutachten von Amtssachverständigen zugrundelagen, die von diesen in rechtswidriger Weise schuldhaft unrichtig erstattet wurden (vgl. Loebenstein-Kaniak aaO 180).

Die Vorinstanzen stellten aber fest, daß die von den Amtssachverständigen abgegebenen Gutachten richtig sind. Die Revisionswerber fühlen sich vor allem dadurch beschwert, daß das Berufungsgericht in der Ablehnung eines Augenscheines durch das Erstgericht keinen Mangel erblickt und es keinen weiteren Sachverständigen beigezogen habe. Damit wird aber eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht aufgezeigt. Ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll oder ob den Bekundungen des im Verfahren vernommenen Sachverständigen gefolgt werden kann, ist ebenso eine Frage der Beweiswürdigung wie die Entscheidung darüber, ob zuverlässige Sachverhaltsfeststellungen aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse getroffen werden können oder hiezu ein Augenschein erforderlich ist (EvBl. 1958/94; 1 Ob 604/82 ua; Fasching, Kommentar IV 311). Im übrigen ist die Wiederholung der schon gegen das Urteil des Erstgerichtes erhobenen, vom Berufungsgericht aber nicht als berechtigt angesehenen Mängelrüge unzulässig (SZ 53/12; SZ 52/144 uva). Die Revisionswerber führen weiters aus, das Berufungsgericht habe eine Reihe von ihnen gestellte Fragen nicht zugelassen. Sie zeigen aber nicht auf, inwiefern darin ein Mangel des Berufungsverfahrens gelegen wäre. Mit ihren weiteren weitwendigen Darlegungen, was bei Aufnahme der von den Klägern beantragten Beweise hätte festgestellt werden können, bekämpfen sie in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 46 Abs. 1, 50 ZPO.

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