OGH 8Ob27/87

OGH8Ob27/874.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Gerhard O***, Angestellter, 1190 Wien, Kaasgrabengasse 3a, vertreten durch Dr. Herbert Schaller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) I*** Versicherungs-AG, 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7, 2.) Christoph G***, Starkstrommonteur, 4020 Linz, Tegetthoffstraße 24, 3.) Harald L***, Starkstrommonteur, 4020 Linz, Spinnereistraße 3, sämtliche vertreten durch Dr. Norbert Schöner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 212.163,39 s.A. (Revisionsstreitwert S 130.513,39) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. November 1986, GZ 15 R 117/86-32, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28. Jänner 1986, GZ 27 Cg 729/83-22, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger den Betrag von S 143.043,39 samt 4 % Zinsen seit 1.3.1983, sowie die mit S 23.587,61 (darin S 4.989,20 Barauslagen und S 1.690,76 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger einen weiteren Betrag von S 69.120 samt 4 % Zinsen seit 1.3.1983 zu bezahlen, wird abgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben."

Text

Entscheidungsgründe:

Am 24.6.1982 kam es im Stadtgebiet von Linz zu einem Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fußgänger und der Zweitbeklagte als Lenker des vom Drittbeklagten gehaltenen PKWs VW-Buggy mit dem polizeilichen Kennzeichen L 47.446 beteiligt waren. Die Erstbeklagte ist der Haftpflichtversicherer des PKWs. Der Zweitbeklagte wurde mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Linz wegen des Vergehens der fahrlässigen schweren Körperverletzung gemäß § 88 Abs 1 und 4 erster Fall StGB verurteilt, weil er sein Fahrzeug auf der Landstraße zur Kreuzung mit der Langgasse gelenkt und nach dem Einbiegen nach links in die Fahrbahn der Langgasse den nunmehrigen Kläger als Fußgänger, welcher hinter dem beim Hause Linz, Langgasse 2 befindlichen Schutzweg die Fahrbahn von links nach rechts überqueren wollte, infolge mangelhafter Beobachtung der Fahrbahn angefahren und niedergestoßen habe.

Der Kläger begehrte aus diesem Schadensereignis den Betrag von S 165.000 an Schmerzengeld, S 8.995,39 an Verdienstentgang, S 3.038 an Kosten für Besuche der Gattin und der Söhne, S 1.000 für vermehrte Bedürfnisse, S 32.120 für nutzlos gewordene Aufwendungen für den Urlaub, den er nicht habe antreten können (Stornogebühr) und S 2.000 an Sommergarderobe, Sportausrüstung usw., insgesamt also S 212.163,39.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten Klagsabweisung und brachten vor, den Zweitbeklagten treffe trotz seiner strafgerichtlichen Verurteilung kein meßbares Verschulden, da er prompt reagiert, der Kläger aber den Schutzweg nicht benützt habe. Darüber hinaus wendeten sie hinsichtlich eines Teilbetrages von S 35.000, um welchen in der Tagsatzung vom 2.7.1985 der ursprüngliche Schmerzengeldanspruch von S 130.000 auf S 165.000 ausgedehnt wurde, Verjährung ein.

Das Erstgericht sprach dem Kläger S 197.013,39 s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 15.150 s.A. ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Am 24.6.1982 lenkte Christoph G*** den von Harald L*** gehaltenen, bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten PKW der Marke Buggy, polizeiliches Kennzeichen L 47.446, in Linz auf der Landstraße stadteinwärts und wollte nach links in die Langgasse einbiegen. Zur gleichen Zeit war der Kläger im Begriff, die Langgasse mit durchschnittlicher Gehgeschwindigkeit (aus der Fahrtrichtung des Zweitbeklagten aus gesehen von links nach rechts) zu überqueren. Als sich der Zweitbeklagte mit dem PKW näherte, hatte der Fußgänger die erste Straßenhälfte bereits überquert und wollte von der dort befindlichen Schutzinsel zur gegenüberliegenden Straßenseite gehen, wie dies auch mehrere andere Passanten knapp vor ihm getan haben. Der Kläger nahm den Buggy, dessen Geschwindigkeit vor dem "Zebrastreifen" fast bis zum Stillstand vermindert worden war, wahr. Der Zweitbeklagte beschleunigte das von ihm gelenkte Fahrzeug wieder, als sich der Kläger noch auf der Fahrbahn - und zwar am Schutzweg oder knapp dahinter - befand. Dkfm.Gerhard O*** hielt aus einer Gehgeschwindigkeit von 1,4 m/sec. an, als er hörte, daß der Lenker des Buggy Gas gab. Infolge Unaufmerksamkeit fuhr Christoph G*** mit einer Geschwindigkeit von ca. 17 km/h (aus seiner Fahrtrichtung aus gesehen) nicht rechts am Fußgänger vorbei, sondern erfaßte diesen unmittelbar nachdem er stehengeblieben war. Der Kläger wurde von dem Fahrzeug niedergestoßen und blieb schräg vor der Vorderseite des Buggy liegen. Bei diesem Unfall erlitt der Kläger einen Bruch des rechten Unterschenkels in Schaftmitte sowie eine Prellung am linken Unterschenkel. Im Krankenhaus Linz, in das der Kläger eingeliefert worden war, wurde zunächst am rechten Bein eine Extension angehängt, am 28.6.1982 wurde eine Marknagelung durchgeführt. Am 1.7.1982 wurde der Kläger nach Wien transferiert, wo er bis 11.7.1982 im Rudolfinerhaus stationär weiterbehandelt wurde. Am 7.7.1982 wurde am rechten Bein ein Gehgips angelegt, welcher am 8.8.1982 abgenommen wurde. Der Kläger, der nach seiner Spitalsentlassung mehrere Nachuntersuchungen vornehmen lassen mußte, befand sich bis 3.10.1982 im Krankenstand. Vom 11.4.1983 bis 22.4.1983 befand sich der Kläger neuerlich im Krankenstand, da der Marknagel wieder entfernt werden mußte. Der Kläger erlitt insgesamt 12 Tage starke, 23 Tage mittlere und 120 Tage leichte Schmerzen. Das Jahresnettoeinkommen des Klägers betrug 1982 unfallsbedingt S 463.796,21 statt 484.585,60. An Krankengeld hat er für diesen Zeitraum S 11.774 erhalten. Es ergibt sich daher ein durch den Unfall bedingter tatsächlicher Verdienstentgang von S 8.995,29. Während seines Krankenhausaufenthaltes haben den Kläger dessen Gattin und seine beiden Söhne zweimal besucht, wobei an Kosten für Fahrten und Restaurantbesuche S 3.048 entstanden sind. An Kosten für die Fahrten zu den diversen Untersuchungen sowie an Trinkgeldern für die Krankenschwestern im Rudolfinerhaus mußte der Kläger S 1.000 aufwenden. Der Kläger hatte einen Mietvertrag über ein Campingfahrzeug für den Sommerurlaub 1982 abgeschlossen. Da er den Urlaub unfallsbedingt nicht antreten konnte, mußte er diesen Vertrag stornieren, die Stornogebühr betrug insgesamt S 31.770. Eine Rücktrittsversicherung hatte der Kläger nicht abgeschlossen. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß nach § 268 ZPO das Zivilgericht an ein rechtskräftiges verurteilendes Erkenntnis eines Strafgerichtes gebunden sei, wonach nach ständiger Rechtsprechung auch die Strafverfügungen fielen. Damit stehe das Verschulden des Zweitbeklagten am Verkehrsunfall fest. Hingegen könne ein Mitverschulden des Klägers nicht angenommen werden. Dieser sei zur Vermeidung einer Kollision stehengeblieben, als er gehört habe, daß der Buggy beschleunigt worden sei. Es wäre daher nunmehr am Zweitbeklagten gelegen gewesen, einen Zusammenstoß durch Abbremsen oder Auslenken zu verhindern. Dieser habe aber offensichtlich infolge Unaufmerksamkeit den Fußgänger zu spät gesehen und daher auch zu spät reagiert, obwohl von einem Autofahrer im Bereich einer Schutzinsel und eines Schutzweges erhöhte Aufmerksamkeit zu erwarten sei. An Schmerzengeld sei ein Betrag von S 152.200 angemessen, wobei der Einwand der Verjährung ungerechtfertigt sei. Der Unfall habe sich am 24.6.1982 ereignet, die Klage, in welcher ein Anspruch von zunächst S 130.000 geltend gemacht worden sei, sei am 6.6.1983 bei Gericht eingelangt. Erst nach dem ihm Anfang Juli 1984 zugestellten medizinischen Sachverständigengutachten habe der Kläger die Schmerzperioden und damit auch die Höhe des Schmerzengeldanspruches genauer abschätzen können, so daß die Verjährungsfrist nicht abgelaufen sei. Was den Verdienstentgang betreffe, so habe der Kläger im Jahre 1982 unfallsbedingt um S 20.769,20 weniger verdient. Ziehe man hievon das von ihm bezogene Krankengeld in Höhe von insgesamt S 11.774 ab, so verbleibe ein tatsächlicher Schaden von S 8.995,39. Kosten für Krankenhausbesuche seien zu ersetzen, wenn sie den sorge- und beistandspflichtigen nächsten Verwandten entstünden, wozu jedenfalls die Ehegattin und die Kinder gehörten. Hiezu seien auch Fahrtkosten sowie Kosten der Restaurantbesuche bei Besuchen in einer anderen Stadt zu zählen. Für den zweimaligen Besuch der Gattin und der beiden Söhne des Klägers erscheine ein Betrag von S 3.048 angemessen (§ 273 ZPO). Dasselbe gelte für Reisekosten zwecks Untersuchungen sowie angemessene Trinkgelder für das Pflegepersonal, die in der beanspruchten Höhe von S 1.000 angemessen seien. Bei der Stornogebühr betreffend das Campingfahrzeug handle es sich um einen Schaden in Form von frustrierten Aufwendungen, da sie durch das schädigende Ereignis sinnlos geworden seien. Da der Urlaub unfallsbedingt nicht habe angetreten werden können, habe der Vertrag storniert werden müssen, wofür eine Stornogebühr von S 31.770 zu entrichten gewesen sei. Der darüber hinaus beanspruchte Betrag von S 350,- sei von der Vermieterfirma an den Kläger rückzuüberweisen und daher nicht von den Beklagten zu tragen. Die Aufwendungen von S 2.000 für Gasflaschen, Badeartikel und Impfungen, die der Kläger offenbar im Hinblick auf die geplante Urlaubsfahrt 1982 gemacht habe, seien durch den Unfall nicht sinnlos geworden, da sie in späteren Jahren sehr wohl noch benützt werden könnten, sodaß eine Ersatzpflicht nicht in Betracht komme.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig; es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Abweisung des den Betrag von S 66.500 übersteigenden Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO) und auch teilweise berechtigt.

Die Beklagten führen in ihrem Rechtsmittel aus, der den ursprünglich eingeklagten Schmerzengeldbetrag von S 130.000 übersteigende, nach Ablauf der Verjährungszeit durch Klagsänderung geltend gemachte weitere Schmerzengeldbetrag von S 35.000, von welchem das Erstgericht dem Kläger S 22.200 zugesprochen habe, sei verjährt, zumal der Kläger kein Feststellungsbegehren erhoben habe. Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu. Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst darauf verwiesen, daß eine Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens nach Ablauf der Verjährungszeit ohne weiteres zulässig sei, wenn der Geschädigte nur innerhalb der Verjährungszeit auf Feststellung der Haftung des Schädigers für künftige Schäden geklagt habe, was aber im vorliegenden Fall nicht geschehen sei.

Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 1489), wobei die Kenntnis der Schadenshöhe wegen der Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage nicht Voraussetzung des Beginnes des Laufes der Verjährungsfrist ist. Die Verjährung beginnt auch bezüglich der vom Ersatzpflichtigen zu vertretenden vorhersehbaren Folgeschäden in dem Zeitpunkt, in dem dem Ersatzberechtigten die Rechtsgutbeeinträchtigung, deren Folgen sie sind, bekannt wird; nur in Ansehung von nicht vorhersehbaren schädigenden Wirkungen eines Schadensfalles - etwa dann, wenn der neue Schaden sich vom früheren durch seine Beschaffenheit unterscheidet oder auf eine bisher nicht wahrgenommene Zwischenursache zurückzuführen ist - beginnt ab Kenntnis des Ersatzberechtigten hievon die Verjährungsfrist neu zu laufen (JBl 1986, 108; Schubert a.a.O.; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 317 f). Werden diese Grundsätze auf den vorliegend festgestellten Sachverhalt angewendet, kann dem Berufungsgericht nicht beigepflichtet werden, daß die Unterlassung der Erhebung eines Feststellungsbegehrens durch den Kläger nicht zur Verjährung führen müßte. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist die Folge des Laufes der Frist für die Verjährung künftiger Ansprüche an die Unterlassung eines Feststellungsbegehrens dann zu knüpfen, wenn mit künftigen Schäden (etwa Dauerfolgen eines Unfalls) mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist (SZ 48/27 = ZVR 1976/50; ZVR 1979/22; ZVR 1982/269 u.a.). Daß aber der Kläger mit dem Eintritt von Folgeschäden auf Grund der Unfallsverletzungen jedenfalls mit Wahrscheinlichkeit rechnen mußte, kann im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft sein. Daß erst auf Grund des ärztlichen Sachverständigengutachtens früher nicht vorhersehbare Folgeschäden bekannt geworden wären, die sich von den bereits bekannten Folgewirkungen durch ihre Beschaffenheit unterschieden oder auf eine bisher nicht wahrgenommene Zwischenursache zurückzuführen gewesen wären, kann den Feststellungen nicht entnommen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes hat daher mit der Kenntnis des Sachverständigengutachtens für den Kläger keine neue Verjährungszeit zu laufen begonnen. Durch das Sachverständigengutachten wurden vielmehr nur allenfalls ergänzende Anhaltspunkte für die genaue Ausmessung des Schmerzengeldes der Höhe nach gewonnen. Während aber früher die Ansicht vertreten wurde, daß die Verjährung erst mit Kenntnis der vollen Schadenshöhe zu laufen beginne, wird nunmehr die Kenntnis der Schadenshöhe nicht vorausgesetzt (Koziol in Haftpflichtrecht2, S. 317 mit weiteren Judikaturhinweisen und Literaturangaben). Begründet wird dies damit, daß zwar für die Geltendmachung eines Leistungsanspruches auch die Schadenshöhe bekannt sein müßte, die Verjährung jedoch auch durch eine Feststellungsklage unterbrochen werden könnte. Ist ein, wenn auch der Höhe nach nicht feststehender, Schaden eingetreten, so sind damit alle Voraussetzungen für den Ersatzanspruch gegeben und dieser dem Grunde nach entstanden. Wenn der Geschädigte hier zur Unterbrechung der Verjährung eine Feststellungsklage geltend machen muß, so steht dem daher nicht der Einwand entgegen, daß ein Zwang zur Klage bewirkt werde, obwohl möglicherweise mangels Schadens überhaupt kein Ersatzanspruch gegeben sei. Da ein Schaden eingetreten ist, besteht der Ersatzanspruch, und die Feststellungsklage oder das Begehren auf Abgabe eines Anerkenntnisses ist keinesfalls überflüssig. Die Verjährung beginnt daher auch bezüglich der vom Schädiger zu vertretenden Folgeschäden in jenem Zeitpunkt, in dem die Rechtsgutbeeinträchtigung, deren Folge sie sind, bekannt wird. Lehre und Rechtsprechung schränken die Anwendung dieser Regel allerdings auf vorhersehbare Folgewirkungen ein (Koziol a.a.O., S. 317 f). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes wurde daher mangels Erhebung einer Feststellungsklage durch den Kläger der Ablauf der mit der Kenntnis des Geschädigten von dem schädigenden Ereignis, das ist hier mit dem Zeitpunkt des Unfalles, beginnenden Verjährungsfrist des § 1489 ABGB nicht verhindert. Im übrigen ist das ärztliche Sachverständigengutachten bereits am 2.7.1984, also fast ein Jahr vor Ablauf der Verjährungsfrist beim Erstgericht eingelangt, wurde den Parteienvertretern mit Zustellverfügung vom 3.7.1984 übermittelt und in der mündlichen Streitverhandlung vom 23.10.1984 verlesen, ohne daß seitens des Klägers innerhalb der restlichen Verjährungsfrist eine Klagsausdehnung vorgenommen worden wäre. Der nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommenen Klagsausdehnung hat die Beklagte somit mit Recht die Einrede der Verjährung entgegengesetzt. Dies hat zur Folge, daß dem Kläger nur der ursprünglich in der Klage geltend gemachte Schmerzengeldbetrag von S 130.000 zugesprochen werden konnte.

Zum Ersatzanspruch des Klägers hinsichtlich der Stornogebühr für den Campingbus verweisen die Beklagten darauf, daß es sich hiebei um einen nicht ersatzfähigen immateriellen Schaden handle, der nicht vom Schädiger verursacht worden sei, sondern nur eine Gebrauchsvereitelung darstelle.

Zur Frage des Ersatzes nutzlos gewordener Aufwendungen, hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß bei Sachschäden ein Ersatz frustrierter Aufwendungen nur gefordert werden könnte, wenn der Gebrauchsgegenstand selbst, für den der Aufwand gemacht wurde, beschädigt wurde und deshalb nicht verwendet werden kann. Dies würde etwa für die während der Zeit der unfallsbedingten Nichtbenützung eines beschädigten Kraftfahrzeuges weiterlaufenden Generalunkosten zutreffen (vgl. hiezu ZVR 1965/114 u.a.). Die Schwierigkeit, eine befriedigende Lösung zu erreichen, besteht jedoch darin, daß der Schädiger die nutzlosen Aufwendungen und daher auch die Vermögensverminderung um diesen Betrag nicht verursacht hat; die Aufwendungen wären ohne das schädigende Ereignis gleichermaßen getätigt worden. Die etwa von Larenz in Festgabe Oftinger 161 ff befürwortete Gleichstellung von frustrierten Aufwendungen mit Schäden begegnet jedoch gewichtigen Bedenken. In Wahrheit stellt nämlich der Ersatz der nutzlos gewordenen Aufwendungen einen Ausgleich für die Beeinträchtigung ideller Interessen dar (vgl. auch ZVR 1978/264 u.a.). Verursacht hat der Schädiger nicht die Vermögensverminderung, weil die Aufwendungen unabhängig davon bereits getätigt wurden, sondern die Vereitlung des Gebrauches. Dieser Gebrauchsentgang stellt aber nur einen ideellen Nachteil dar. Das Abstellen auf die vom Schädiger nicht verursachten Aufwendungen statt auf den wirklich verursachten Nachteil verdeckt die Tatsache, daß hier ein Immaterialschaden in Geld ausgeglichen werden soll. Ein solcher Ersatz widerspricht dem Willen des Gesetzes, selbst bei Sachschäden nur in Ausnahmsfällen und nur bei außergewöhnlichen Gefühlsbeziehungen zu einer Sache einen Ausgleich ideeller Schäden zuzulassen (§ 1331 ABGB) (Koziol Haftpflichtrecht2 I, 48 f). Ein Ersatz frustrierter Aufwendungen muß daher auf bestimmte, eng umgrenzte Fälle eingeschränkt werden, um nicht die Wertungen des Gesetzes, nach denen ideelle Schäden nur in geringerem Maße zu ersetzen sind, als Vermögensschäden, zu hintergehen und zu einer untragbaren Ausweitung des Ersatzes zu gelangen. Der Umstand, daß die Gebrauchsmöglichkeit durch einen tatsächlichen, der Höhe nach meist unschwer feststellbaren Vermögensaufwand erzielt wurde und daher eine Schwierigkeit der Berechnung der ideellen Nachteile in Geld nicht zu erwarten ist, kann für sich allein nicht den Ersatz sämtlicher frustrierter Aufwendungen rechtfertigen. So würde es etwa zu einer untragbaren Ausuferung der Schadenersatzpflicht führen, wenn bei Verletzung einer Person dieser alle frustrierten Aufwendungen zu ersetzen wären. Der Schädiger hätte dann etwa auch für die auf diesen Zeitraum entfallenden Aufwendungen für Gebrauchsgegenstände, für ein Wochenendhaus, für die Konzert- und Theaterabonnements usw. des Verletzten zu haften. Es ist auch zu berücksichtigen, daß sämtliche ideellen Nachteile durch das Schmerzengeld abgegolten werden und daher eine gesonderte Berücksichtigung des ideellen Schadens durch Entgang der Gebrauchsmöglichkeit nicht in Betracht kommen kann (Koziol a.a.O., 50). Im vorliegenden Fall wurde durch den Unfall vom Schädiger nicht in den vom Kläger abgeschlossenen Mietvertrag über den Campingbus eingegriffen. Ebensowenig wurde durch den Unfall die gemietete Sache beschädigt, so daß keine typischerweise mit der Beschädigung des gemieteten Gegenstandes verbundenen Aufwendungen entstehen konnten. Es stellt daher die Unmöglichkeit des Gebrauches der gemieteten Sache keinen materiellen, sondern einen ideellen Schaden dar, der, wie dargelegt, vom Schädiger nicht gesondert zu ersetzen ist. Sind aber die Aufwendungen für die Miete des Campingfahrzeuges nicht zu ersetzen, muß dasselbe für die Stornogebühr gelten, die zur Vermeidung weiterer nutzloser Aufwendungen entrichtet wurde. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes mußte daher das diesbezügliche Klagebegehren im Betrage von S 31.770 abgewiesen werden.

Soweit die Revision hinsichtlich der Besuchskosten ausführt, das Erstgericht hätte eine Eigenersparnis der Familienmitglieder des Klägers dadurch, daß diese während der Spitalsbesuche sich im Gasthaus verköstigten und daher die entsprechenden Mahlzeiten im Rahmen des Haushaltes ersparten, berücksichtigen müssen und nur S 2.000 unter diesem Titel zusprechen dürfen, kann ihr nicht gefolgt werden. Eine Vorteilsausgleichung hat nämlich nur über Einwendung des Schädigers zu erfolgen, den für deren Voraussetzungen die Behauptungs- und Beweislast trifft (vgl. ZVR 1972/34, SZ 52/84 u.a.). Im Verfahren erster Instanz hat der Kläger jedoch in dieser Richtung keinerlei konkretes Vorbringen erstattet, so daß schon aus diesem Grunde auf das diesbezügliche Revisionsvorbringen nicht einzugehen war.

Entgegen der Auffassung der Revision reichen die Feststellungen des Erstgerichtes, nach welchen das Jahresnettoeinkommen des Klägers im Unfallsjahr 1982 unfallsbedingt S 463.796,21 statt S 484.585,60 betrug, der Kläger in diesem Zeitraum S 11.774 an Krankengeld bezog und daher einen tatsächlichen Verdienstentgang von S 8.995,29 erlitten hat, zum Zuspruch dieses Verdienstentgangsbetrages durchaus hin. In diesem Punkt ist die Revision daher nicht berechtigt. Die Beklagten vertreten schließlich die Auffassung, dem Kläger wäre ein 50 %iges Mitverschulden an dem Unfall anzulasten gewesen, weil er trotz der unklaren Verkehrslage keinen Blickkontakt mit dem Zweitbeklagten aufgenommen habe und den Schutzweg nur dann hätte betreten dürfen, wenn sich kein Fahrzeug innerhalb der "15 m-Zone" vor dem Schutzweg befunden hätte.

Auch diesen Ausführungen kommt keine Berechtigung zu. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes hat sich der Kläger noch auf der Fahrbahn, und zwar auf dem Schutzweg oder knapp dahinter befunden, als der Zweitbeklagte, nachdem er zunächst die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten PKWs fast bis zum Stillstand vermindert hatte, was der Kläger wahrgenommen hatte, das von ihm gelenkte Fahrzeug wieder beschleunigt und infolge mangelnder Beobachtung der Fahrbahn den Kläger, der stehengeblieben war, als er hörte, daß der Zweitbeklagte Gas gab, anfuhr und niederstieß. Da im Bereich der Verschuldenshaftung unaufgeklärte Umstände zu Lasten des Beweispflichtigen - hier der für ein allfälliges Mitverschulden des Klägers beweispflichtigen Beklagten - ausschlagen, ist zu Gunsten des Klägers davon auszugehen, daß er die Fahrbahn am Schutzweg überquerte. Aus diesen Feststellungen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum gefolgert, daß unter den festgestellten Verhältnissen der Kläger die Fahrbahn nicht für den Zweitbeklagten überraschend im Sinn des § 76 Abs 4 StVO betreten hat und während der weiteren überquerung der Fahrbahn auf dem Schutzweg das Fahrzeug des Zweitbeklagten, das vor dem Schutzweg fast bis zum Stillstand abgebremst worden war, nicht weiterhin ständig beobachten mußte, weil er mit einem plötzlichen Wiederanfahren des Fahrzeuges nicht rechnen mußte. Als der Kläger aber hörte, daß der Zweitbeklagte Gas gab und das Fahrzeug wieder beschleunigte, blieb er ohnehin unverzüglich stehen.

Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht ein Mitverschulden des Klägers verneint.

Der Revision war daher teilweise Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz beruht auf § 43 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf den §§ 43 und 50 ZPO. Mit seinem Kostenrekurs gegen die Entscheidung des Erstgerichtes wird der Kläger auf die vorliegende Entscheidung verwiesen.

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