OGH 3Ob19/87

OGH3Ob19/8727.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Elisabeth P***, Geschäftsfrau, Wien 1, Spiegelgasse 21, vertreten durch Dr. Rudolf Gimborn ua, Rechtsanwälte in Mödling, wider die verpflichtete Partei Dr. Romeo N***, Rechtsanwalt, Wien 8, Lerchenfelderstraße 36, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der LEDER- UND M***-Vertriebsgesellschaft m.b.H. (4 S 63/86 des Handelsgerichtes Wien), wegen zwangsweiser Räumung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30. Oktober 1986, GZ 41 R 390/86-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 11.März 1986, GZ 6 E 5/86-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Notariatsakt vom 14.5.1980 schlossen die Streitteile einen Pachtvertrag über einen Gewerbebetrieb ab.

In P 4 des Notariatsaktes wurde die Höhe des Pachtzinses festgelegt und für rückständigen Pachtzins von der verpflichteten Partei die Zustimmung zur sofortigen Vollstreckbarkeit im Sinne des § 3 Notariatsordnung erteilt.

Gemäß P 5 des Notariatsaktes sollte die verpflichtete Partei

a) im Fall der Konkurseröffnung, b) falls die Pächterin das Ausgleichsverfahren beantragt... und c) wenn bei der Exekution in das in der Gewahrsame der Pächterin befindliche Vermögen wegen Mietzinsrückständen nicht Bargeld in einer Höhe vorgefunden werden sollte, das die betriebene Mietzinsforderung samt Nebengebühren deckt, zur sofortigen Räumung des Pachtobjekts verpflichtet sein. Auch hier stimmte die verpflichtete Partei zu, daß der Notariatsakt hinsichtlich dieser Räumungsverpflichtung sofort vollstreckbar sein solle.

Im P 12 des Notariatsaktes sind eine Reihe von Auflösungsgründen festgelegt. Eine Vollstreckungsklausel im Sinne des § 3 Notariatsordnung fehlt hier.

Mit der Behauptung, der Pachtvertrag sei im Sinne des P 12 des Notariatsaktes vorzeitig aufgelöst worden und es lägen überdies die Voraussetzungen nach P 5 lit c des Notariatsaktes vor, was sich ua. aus zwei Exekutionsakten des Exekutionsgerichtes Wien und einem Exekutionsakt des Erstgerichtes ergebe, beantragte die betreibende Partei auf Grund des Notariatsaktes die Bewilligung der Räumungsexekution und die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Exekutionskosten.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Das Gericht zweiter Instanz wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, es seien die für die Vollstreckbarkeit maßgebenden Bedingungen im Sinne des § 7 Abs 2 EO nicht konkret behauptet und bescheinigt. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt. Das Gericht zweiter Instanz ging zutreffend davon aus, daß die in P 5 des Notariatsaktes enthaltene Verpflichtung zur Räumung vom Eintritt bestimmter Tatsachen im Sinne des § 7 Abs 2 EO abhängig gemacht ist. Schon sprachlich ist dies die natürlichste und selbstverständliche Auslegung. Wenn die betreibende Partei in ihrem Revisionsrekurs dies als zu formalistisch darzustellen versucht, muß dem entgegengehalten werden, daß die schwerwiegende Verpflichtung, ein Geschäftslokal zu räumen, von Fällen einer Bittleihe abgesehen, nicht vom Gutdünken der betreibenden Partei abhängen kann; selbst wenn daher weniger deutlich formuliert worden wäre, würde sich schon aus der Natur der Sache ergeben, daß eine bestimmte Bedingung erfüllt sein müßte, ehe die verpflichtete Partei zur Räumung verpflichtet sei, dies noch dazu in sofort vollstreckbarer Weise. Es handelt sich gerade nicht um den Fall, wie er etwa bei Heller-Berger-Stix 197 besprochen wird, daß die Leistungspflicht (Wohnungsräumung) auf jeden Fall besteht und nur gewisse Vorleistungen oder Zug-um-Zug-Leistungen zu erbringen sind. Wenn ein neuer Pachtvertrag abgeschlossen wird, ist die Räumungsverpflichtung vor dem Ablauf der Pachtzeit doch eher nur als Ausnahme vorgesehen, wenn bestimmte, für den Verpächter bedeutsame Umstände vorliegen. Die betreibende Partei mußte demnach den Eintritt der für die Vollstreckbarkeit maßgeblichen Tatsachen mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden beweisen (§ 7 Abs 2 EO). Durch die von der betreibenden Partei im Exekutionsantrag angeführten Exekutionsakten wird ein solcher Beweis nicht erbracht. Dem Akt 5 E 4748/85 des Exekutionsgerichtes Wien kann nur entnommen werden, daß am 26.9.1985 zur Hereinbringung von S 21.000,-- sA (vermutlich Pachtzins für März 1985) an einer der drei von der betreibenden Partei angegebenen Anschriften der verpflichteten Partei, nicht aber im Pachtgeschäft, mehrere Gegenstände gepfändet wurden, die Deckung boten.

Der Akt 5 E 5590/85 des Exekutionsgerichtes Wien enthält nach der Exekutionsbewilligung nur einen Einstellungsbeschluß auf Antrag der verpflichteten Partei gemäß § 40 EO.

Im Akt 10 E 2252/86 des Bezirksgerichtes Floridsdorf wurde am 6.2.1986 die Fahrnisexekution wegen behaupteter Vollzahlung nicht vollzogen. Die verpflichtete Partei stellte den Antrag auf Einstellung der Exekution gemäß § 40 EO, gegen die sich dann die betreibende Partei aussprach. Zu einem neuerlichen Vollzug kam es wegen der zwischenzeitigen Konkurseröffnung nicht mehr. Aus diesen drei Akten ergibt sich damit nicht, daß einmal bei einer Exekution in das in der Gewahrsame der verpflichteten Partei befindliche Vermögen im Pachtgeschäft wegen Mietzinsrückständen nicht Bargeld in einer Höhe vorgefunden wurde, das die betriebene Mietzinsforderung samt Nebengebühren deckte. Da bei der Auslegung des Exekutionstitels jede Unklarheit zu Lasten der betreibenden Partei geht, wäre die in P 5 lit c des Notariatsaktes fetgelegte Bedingung nur erfüllt, wenn zumindest bei einem Vollzug im Pachtgeschäft kein Bargeld vorgefunden worden wäre. Die in P 5 lit c des Notariatsaktes festgelegte Tatsache ist damit nicht bewiesen.

Der P 12 des Notariatsaktes, auf den sich die betreibende Partei in ihrem Exekutionsantrag weiters stützt, legt wohl Auflösungsgründe fest; dort wurde aber weder eine sofortige Räumungsverpflichtung vereinbart und schon gar nicht die Zustimmung zur sofortigen Vollstreckbarkeit einer solchen Verpflichtung erteilt. Die zwischenzeitige Konkurseröffnung ist eine Neuerung, auf die in diesem Verfahren nicht Bedacht zu nehmen ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte