OGH 2Ob68/86 (2Ob69/86)

OGH2Ob68/86 (2Ob69/86)26.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien

1. Dipl. Ing. Sabine H***, Angestellte, 2. Michael H***, Student, beide 1140 Wien, Hadikgasse 28, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Jeannee, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Franz L***, Angestellter, 9500 Villach, Freihausgasse 13,

2. I*** U***- UND S***

A***, Landesdirektion Klagenfurt, 9020 Klagenfurt,

Burggasse 14, beide vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 58.345,44 S und Rentenleistung, infolge Revision der erstklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 18. September 1986, GZ 3 R 100, 101/86-25, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25. März 1986, GZ 26 Cg 62/84-18, teilweise bestätigt, teils abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Erstklägerin hat den beklagten Parteien die mit 11.889,79 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 906,34 S Umsatzsteuer und 1.920 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Bei dem vom Erstbeklagten mit einem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Fahrzeug verschuldeten Verkehrsunfall vom 3. September 1977 erlitt der Ehegatte der Erstklägerin und Vater des Zweitklägers tödliche Verletzungen. Im Vorprozeß 23 Cg 114/81 = 23 Cg 344/78 des Landesgerichtes Klagenfurt (2 Ob 215, 216/79) wurde der Erstklägerin ab 1. April 1979 eine Unterhaltsrente von monatlich 249,14 S auf der Grundlage eines 35 %igen Anteiles am Familiengesamteinkommen zuerkannt und hinsichtlich des Zweitklägers von einem Anteil von 10 % am Familiengesamteinkommen ausgegangen, welches im übrigen zu 45 % auf den Ehemann und Vater und zu 10 % auf ein weiteres Kind entfiel.

In den vorliegenden, am 24. Februar 1984 eingebrachten und zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehrten die Kläger wegen geänderter Umstände und aus dem Titel der Aufwertung Rentenerhöhungen und zwar die Erstklägerin zuletzt einen Betrag von 183.442,60 S s.A. sowie eine ab 1. Jänner 1984 mit insgesamt monatlich 7.097 S festzusetzende Rente, der Zweitkläger die im einzelnen genannten Rentenbeträge, wobei er nunmehr einen Anteil am Gesamtfamilieneinkommen von 15 % beanspruchte. Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung aus den im einzelnen angeführten Gründen.

Im Revisionsverfahren sind nur noch einzelne Klagsforderungen der Erstklägerin umstritten.

Das Erstgericht sprach der Erstklägerin einen monatlichen Rentenbetrag von 1.985,74 S ab 24. Februar 1984 bis längstens 3. Februar 1997, bei der zweitbeklagten Partei eingeschränkt auf die Versicherungssumme, zu und wies das Leistungsbegehren sowie das Rentenmehrbegehren von monatlich 5.111,26 S ab 1. Jänner 1984 ab. Das von allen Streitteilen angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Erstklägerin teilweise Folge. Es sprach ihr einen Betrag von 23.828,88 S s.A. zu, hob das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich eines Klagsbetrages von 89.327,76 S s.A. unter Rückverweisung der Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht auf und bestätigte die erstgerichtliche Abweisung des restlichen Klagsbetrages von 70.285,96 S s.A. sowie des Rentenmehrbegehrens. Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die Erstklägerin eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung dahin, daß ihr ein weiterer Betrag von 58.345,44 S sowie ein weiterer Rentenbetrag von monatlich 5.111,26 S für die Zeit vom 1. Jänner 1984 bis 3. Februar 1997 zugesprochen werde.

Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Die Erstklägerin bekämpft das berufungsgerichtliche Urteil insoweit, als ihr lediglich ein Anteil von 34 % statt wie bisher 35 % am Familiengesamteinkommen zugesprochen und "die geltend gemachten Telefonsprechgebühren, Unfallversicherungsprämien sowie die Kosten zur Deckung des Wohnbedarfes gemäß dem § 7 MG - Verfahren keine Aufnahme in die fixen Haushaltskosten gefunden haben". Hinsichtlich der vorgenannten Anfechtungspunkte liegen dem unterinstanzlichen Urteil im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Der Zweitkläger besuchte zunächst das Lycee Francais in Wien und begann im Wintersemester 1983/84 an der Universität Wien das Studium der Rechtswissenschaften, später auch das der Volkswirtschaft. Seine Ausbildungskosten sind gegenüber früher nicht gestiegen, er nimmt jedoch nunmehr in größerem Umfang am gesellschaftlichen Leben teil und hat auch durch ein eigenes Fahrzeug höhere Ausgaben als während der Schulzeit. Die Erstklägerin bezieht aus eigener Arbeitstätigkeit sowie Witwenpension und Arbeitgeberpension des Dienstgebers ihres getöteten Ehegatten ein monatliches Einkommen von 30.327,60 S. Ihr Ehemann war Geschäftsführer der Firma P*** in Homburg. Im Jahre 1973 hätte das fiktive monatliche durchschnittliche Familiennettoeinkommen 74.638,99 S betragen. Die Erstklägerin zahlt nunmehr für sich und die Kinder Unfallversicherungsprämien von jährlich insgesamt 3.656 S ein. Die Telefongrundgebühr beträgt 1.399,20 S. Das Haus Wien 14., Hadikgasse 28, fiel im Erbweg nach dem Getöteten an die Erstklägerin und die beiden Kinder. Die eine der beiden in diesem Haus gelegenen Wohnungen wird weiterhin von den Hinterbliebenen benützt. Infolge eines Verfahrens nach § 7 MG fielen zusätzliche Kosten von 54.296,85 S an. Der Zweitkläger bezog im Jahre 1983 eine Waisenrente von 2.691,91 S und eine Pension des Arbeitgebers seines getöteten Vaters von monatlich 3,397,33 S netto, insgesamt somit monatlich ein Einkommen von 6.089,24 S.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht darauf, daß durch zwischenzeitige Lohnsteigerungen, welche dem Ehemann und Vater zugekommen wären, sowie die Geldentwertung wesentliche Änderungen eingetreten seien, welche die Neufestsetzung der Rentenbeträge rechtfertigten. Hinsichtlich des Zweitklägers sei auch eine alters- und studiumsbedingte Änderung eingetreten. Die von ihm begehrte Erhöhung seines Anteiles am Familiengesamteinkommen von bisher 10 % auf 15 % sei zwar nicht, wohl aber eine solche Erhöhung von 12 % gerechtfertigt. Diese Erhöhung um 2 % hätte sich erfahrungsgemäß, wie bei allen Belastungen, die von Kindern herrühren, auf beide Elternteile ausgewirkt, sodaß nunmehr von einer Aufteilung des Familiengesamteinkommens im Verhältnis von 44:34:12:10 auszugehen sei. Bei der Bemessung der Rente der Erstklägerin müßten die fiktiven Haushaltskosten berücksichtigt werden. Zu diesen zählten alle Kosten der Haushaltsführung, die sich durch den Wegfall des Verstorbenen in ihrer Höhe nicht wesentlich änderten und Unterhaltscharakter hätten. Insoweit seien die Telefongrundgebühren, nicht jedoch die weiteren Telefonkosten zu berücksichtigen. Auch die Unfallversicherungsprämien fielen hier nicht unter den Begriff der fixen Haushaltskosten, da sie auf einzelne Personen bezogen seien. Hinsichtlich der durch das Verfahren nach § 7 MG erfolgten Kostenerhöhung sei davon auszugehen, daß diese Ausgaben nicht nur dem Wohnbedürfnis, sondern auch der Erhaltung sowie Erhöhung des Vermögensstandes der Eigentümer des Hauses gedient und solcherart aber nicht nur Unterhaltscharakter hätten.

Das Berufungsgericht vertrat ebenfalls die Ansicht, daß die von beiden Klägern als Berufungswerber gewünschte Erhöhung des Anteiles des Zweitklägers am Familiengesamteinkommen von 15 % allein zu Lasten des Vaters nicht, sondern nur eine solche von 12 % und zwar zu Lasten beider Elternteile gerechtfertigt erscheine. Durch den erhöhten Bedarf eines Kindes ergebe sich zwangsläufig eine Verkürzung der für beide Elternteile verbleibenden Barmittel, welche zu Lasten beider Elternteile gehen müsse. Unter den hier gegebenen Umständen erscheine diese Aufteilung auch sachgerecht. In der Frage der beim Unterhaltsentgang der Erstklägerin zu berücksichtigenden Fixkosten könne im Sinne des von der Judikatur herausgebildeten diesbezüglichen Begriffsinhaltes eine Telefonsprechgebühr im Unterschied zur Telefongrundgebühr nur dann als fixe Haushaltskostenpost zählen, wenn vom Geschädigten konkret behauptet und unter Beweis gestellt werde, daß auch diese laufende Sprechgebühr schon zu Lebzeiten des Verstorbenen im wesentlichen die gleiche Höhe gehabt habe. Diesbezügliche Prozeßbehauptungen oder Verfahrensergebnisse lägen aber nicht vor. Somit müßten die Telefonsprechgebühren als variable Größen behandelt werden. Hinsichtlich der Unfallversicherungsprämien führte das Berufungsgericht aus, die Vorsorge für den Fall des Eintrittes von Unfallsfolgen falle nicht unter den Begriff des Unterhaltes, also der Deckung des Lebensbedarfes an Wohnung, Kleidung, Nahrung und der Befriedigung der nach den Lebensumständen gerechtfertigten kulturellen Bedürfnisse. Im übrigen fehle es an jedem erstinstanzlichen Vorbringen, warum sich diese Prämien durch den Wegfall des Ehemannes nicht wesentlich geändert hätten und der Erstklägerin anzurechnende fixe Haushaltskosten darstellten. Auch die durch das Verfahren nach § 7 MG eingetretenen Kostenerhöhungen seien keine zum Begriff der fixen Haushaltskosten zählende Auslagen. Von solchen Auslagen müsse zumindest mit Sicherheit feststehen, daß sie auch der Getötete, wenn er am Leben geblieben wäre, zur Deckung des angemessenen Wohnbedürfnisses der Familie erbracht hätte. Daß der zweite Hausbewohner ein Interesse an der Haussanierung gehabt und seinerseits das Verfahren beantragt hätte, wenn es nicht von den Klägern eingeleitet worden wäre, stehe nicht fest. Insgesamt fehle es hinsichtlich dieser Aufwendungen an jeglichem konkreten erstinstanzlichen Vorbringen.

In der Revision wird der Standpunkt vertreten, einer Ehefrau sei als der wirtschaftlich Schwächeren grundsätzlich ein Anteil am Familiengesamteinkommen von 40 % zuzubilligen. Somit habe hier die geringe Verschiebung um 2 % allein zu Lasten des Ehemannes zu erfolgen. Der Umstand, daß zu den als fixe Kosten begehrten Telefonsprechgebühren kein konkretes Vorbringen erstattet worden sei, könne nicht entscheidend sein, weil auch hinsichtlich der zugesprochenen Telefongrundgebühr kein Beweis ihrer früheren tatsächlichen Zahlung erbracht worden sei. Die Vorlage der Zahlungsbelege über die nunmehrigen Telefongebühren hätte daher als ausreichend angesehen werden müssen. Eine Aufgliederung, wieviel der Ehemann telefoniert habe, sei gar nicht möglich. Da er als sehr beschäftigter Manager viel unterwegs gewesen sei, sei sein Anteil "äußerst gering" gewesen und allenfalls nach § 273 ZPO festzusetzen. Die Unfallversicherungsprämien seien als Vorsorge für den Fall des Eintrittes von Unfallsfolgen dem Begriff des Unterhaltes zu unterstellen. Eine Behauptung über die Höhe der bereits zu Lebzeiten des Ehemannes und Vaters gezahlten Unfallversicherungsprämien sei entbehrlich gewesen. Hinsichtlich der Auslagen infolge des Verfahrens nach § 7 MG sei ein Beweis dafür, daß der Ehemann die Sanierung des Hauses mit den gleichen kostenmäßigen Folgen betrieben habe, nicht möglich. Durch diese Auslagen sei das Objekt wieder auf einen zeitgemäßen Stand gebracht worden und stelle eine standesgemäße Wohnung dar.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung hat die Berechnung der Anteile der einzelnen Familienmitglieder am Einkommen grundsätzlich immer von den Umständen des Einzelfalles auszugehen, wobei der Anteil des Ehemannes in der Regel höher zu veranschlagen ist als der Anteil der Ehefrau (ZVR 1969/88, ZVR 1972/68; 2 Ob 68/80, 2 Ob 215/83 ua). Insbesonders bei einer gehobeneren gesellschaftlichen und beruflichen Stellung des Ehemannes und häufiger auswärtiger Tätigkeit desselben widerspricht es nicht der Lebenserfahrung, seinen Anteil höher anzusetzen (2 Ob 215, 216/79; EFSlg 36.217). Mangels besonderer Anhaltspunkte für eine andere Aufteilung kann bei Vorhandensein von Kindern angenommen werden, daß die Ehefrau etwa ein Drittel des Einkommens ihres Mannes als Unterhalt beansprucht (ZVR 1963/270, ZVR 1969/88).

Im Hinblick auf die hier gegebenen Umstände, welche im Vorverfahren zur Aufteilung im Verhältnis von 45:35:10:10 führten, kann entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht davon ausgegangen werden, daß den unbestritten erhöhten Bedarf des Zweitklägers ausschließlich ihr Ehemann zu tragen gehabt hätte. Dafür wäre die Darlegung besonderer Gründe erforderlich gewesen, warum die Ehegatten vorliegendenfalls eine Belastung der Erstklägerin jedenfalls vermeiden hätten wollen. Daß einer Ehefrau ungeachtet der Verhältnisse des Einzelfalles grundsätzlich 40 % des Einkommens zustünden, kann nicht gesagt werden. Die Annahme der Unterinstanzen, der erhöhte Unterhaltsbedarf des Zweitbeklagten von 2 % des Familiengesamteinkommens wäre von beiden Elternteilen gleichermaßen getragen und ihre Anteile demgemäß jeweils um 1 % vermindert worden, begegnet somit keinen Bedenken.

Hinsichtlich der Fixkosten sind die Unterinstanzen zutreffend davon ausgegangen, daß hierunter alle Kosten der Haushaltsführung zu verstehen sind, die sich durch den Wegfall des Verstorbenen in ihrer Höhe nicht wesentlich ändern und Unterhaltscharakter haben. Es sind also Kosten, die im wesentlichen unabhängig von der Zahl der Familienmitglieder entstehen, wie solche für Miete, Heizung, Reinigung usw, die also durch den Tod des Unterhaltspflichtigen nicht wesentlich vermindert werden. Dies gilt typisch auch für alle Grundgebühren, so die Telefongrundgebühren, nicht jedoch ohne weiteres für Telefonsprechgebühren. Diesbezüglich müßte erwiesen werden, daß die Gebühren schon vor dem Tode des Unterhaltspflichtigen in der annähernd gleichen Höhe angefallen waren, zumal die Lebenserfahrung jedenfalls für das Gegenteil spricht. Eine Berücksichtigung dieser Kosten als Fixkosten allein bei der Berechnung des Unterhaltsentganges der Erstklägerin kommt auf der gegebenen Feststellungsgrundlage demnach nicht in Frage. Was die Unfallversicherungsprämien betrifft, so ist hier im Sinne der erstgerichtlichen Ansicht grundsätzlich eine jeweilige Zuordnung auf die einzelnen Familienmitglieder (siehe Beilage D, O, P) als Versicherte möglich, sodaß für eine Berücksichtigung als Fixkosten allein bei der Erstklägerin kein Anlaß besteht. Schließlich ist den Vorinstanzen auch darin zu folgen, daß mangels eines konkreten Vorbringens nicht beurteilt werden kann, inwieweit den Aufwendungen für das an die Hinterbliebenen gefallene Haus des Erblassers der Charakter von Unterhaltsleistungen und Fixkosten zukommt, welche der Erstklägerin zuzurechnen seien. Der behauptete Umstand, daß auch der Ehemann der Erstklägerin die Sanierung des teilweise vermieteten Hauses vorgenommen hätte, ist daher nicht entscheidend. Der Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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