OGH 2Ob730/86

OGH2Ob730/8626.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Arthur F***, Postmeister, 6780 Schruns, Batloggstraße 31, 2. Manfred S***, Techniker, 407 N 63 DN Seattle 98103, USA, 3. Maria T*** geb. N***, Hausfrau, 6780 Schruns, Batloggstraße 21, alle vertreten durch Dr. Fritz Miller, Rechtsanwalt in Schruns, wider die beklagte Partei Walter O***, Angestellter, 6700 Bludenz, Hermann Sanderstraße 4, vertreten durch Dr. Wolfried Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen Räumung und Wiederherstellung des vorigen Zustandes (Streitwert S 30.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 17. Oktober 1986, GZ 1 a R 410/86-18, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Montafon vom 5. August 1986, GZ C 35/86 -14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit S 3.254,22 (darin keine Barauslagen und S 295,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Parteien sind Miteigentümer der EZ 672 KG Schruns, GStNr. 1046/1, Acker, wobei weder die Kläger zusammen noch der Beklagte die Mehrheit der Miteigentumsanteile besitzt. Der Erstkläger ist außerdem Eigentümer der EZ 1021 KG Schruns mit GStNr. 1046/4, der Zweitkläger Eigentümer der EZ 1020 KG Schruns mit GStNr. 1046/3 und 1046/10, während die Drittklägerin Eigentümerin der EZ 1019 KG Schruns mit der GStNr. 1046/2 ist. Der Beklagte ist aufgrund des Kaufvertrages vom 29. Dezember 1982 Eigentümer der EZ 1023 KG Schruns mit der GStNr. 1046/6. In diesem Kaufvertrag ist festgehalten, daß die Übergabe und Übernahme der Kaufliegenschaft mit allen alten Marken, Rechten und Zielen, wie die Verkäuferin sie besessen und benützt hat bzw. zu besitzen und zu benützen berechtigt war, erfolgt. Im Jahre 1984 hat der Beklagte mit der Errichtung eines Einfamilienhauses (mit Gästezimmern) auf diesem Grundstück begonnen und im strittigen Teilstück der GStNr. 1046/1 (es handelt sich um jenen Teil des Grundstückes 1046/1, der an die Südgrenze der GStNr. 1046/9 und 1046/6 angrenzt), das vorhandene Material auf eine Tiefe von ca. 20 cm abgetragen und Schotter aufgebracht. Dadurch wurde auch das Befahren mit Lastkraftwagen möglich. Nach Abschluß der Bauarbeiten wurde das Weg-Material (Schotter) mittels einer Rüttelplatte verdichtet.

Die Kläger begehrten die Verpflichtung des Beklagten, den Weg auf dem Grundstück 1046/1 in dem Bereich, in dem dieses Grundstück an das Grundstück 1046/9 und 1046/6 angrenzt, zu entfernen und diesen Bereich zu humusieren und anzusäen, sohin den vorigen Zustand, nämlich Wiese wieder zu errichten. Zur Begründung führten sie aus, daß der Beklagte diese Wegerstellung nur mit ihrer Zustimmung hätte durchführen dürfen. Da eine solche Zustimmung fehle, liege ein unzulässiger Eingriff in die Miteigentumsrechte vor. Das Grundstück 1046/1 sei zwar als Zufahrtsstraße zur Erschließung der dort angeführten Grundparzellen (ua. auch der GStNr. 1046/6) geschaffen worden. Man sei jedoch damals davon ausgegangen, daß der Teil des Grundstückes 1046/1, der in Ost-West-Richtung verlaufe, in eine Gemeindestraße (sogenannte B-Trasse) einbezogen wurde. Diese Gemeindestraße sei bis heute nicht gebaut worden. Den Klägern stünde nicht das Recht zu, unter Mitbenützung des Grundstückes 1046/1 über die Grundstücke 1036/3, 1039 und 1054 zur Flurstraße (GStNr. 3263) zu gelangen. Der im Süden an ihre Liegenschaften angrenzende Teil des Grundstückes 1046/1 sei für sie daher als Zufahrtsweg uninteressant, weshalb diese Fläche auch einvernehmlich als Wiese genutzt worden sei.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung; sämtliche Miteigentümer des vor der Teilung vorhandenen Grundstücks 1046 seien einverstanden gewesen, daß die neugebildete Grundparzelle 1046/1 als Zufahrtsmöglichkeit zur Erschließung der neugeschaffenen Grundparzellen diene. Das Grundstück 1046/1 habe eine Breite von ca. 3 m. Bereits im Zeitpunkt der Errichtung des Teilungsplanes sei auf dieser Liegenschaft entlang der nunmehrigen Grundstücke 1046/9 - 1046/2 ein mit Gras bewachsener Schotterweg, das sogenannte "Walserwegle" vorhanden gewesen. Der Beklagte benötige keine Zustimmung der übrigen Miteigentümer zur Herstellung der Zufahrtsstraße; er habe lediglich von seinem Recht, die GStNr. 1046/1 als "Zufahrtsstraße" zu benützen, Gebrauch gemacht. Dadurch würde der Gebrauch der übrigen Miteigentümer in keiner Weise gestört, sondern im Gegenteil nur erleichtert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es außer dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt im wesentlichen noch folgende Feststellungen traf:

Mit Teilungsvertrag vom 6. April 1962 erfolgte eine Realteilung zwischen den damaligen Miteigentümern der Liegenschaft in EZ 672 KG Schruns, GStNr. 1046. Dieses Grundstück wurde in die Grundstücke 1046/1 - 1046/10, je Acker, unterteilt. Im Teilungsvertrag heißt es u.a.: Das Grundstück Nr. 1046/1 soll als Zufahrtsstraße zur Erschließung aller dieser Grundstücke im bisherigen Eigentum sämtlicher Sachgenossen mit dem bisher angeschriebenen Eigentumsstand verbleiben (Punkt 3.). Unter Punkt 5. (Nachbarrechtliche Bestimmung) ist im wesentlichen festgehalten, daß die Grundstücke 1046/5 und 1046/3 durch Einräumung eines Dienstbarkeitsrechtes "vom gemeinsamen Weg Gp 1046/1 gegen Norden erschlossen werden" sollen. Zum damaligen Zeitpunkt war seitens der Marktgemeinde Schruns geplant, die sogenannte "B-Trasse" als Straßenverbindung zwischen der Batloggstraße und dem Wagenweg, später bis zur Silvrettastraße, zu errichten. Weiters war eine Verbindung in nord-südlicher Richtung zwischen Batloggstraße und Flurstraße in einer Breite von 5 m vorgesehen. Dabei wären auch Teile des Grundstückes 1046, nämlich das Grundstück Nr. 1046/1, in das Projekt einbezogen worden. Um eine spätere Benachteiligung eines Miteigentümers zu vermeiden, wurde das Grundstück 1046/1 geschaffen, welches im Miteigentum wie bisher verblieb. Auf den neugebildeten Grundparzellen wurden Häuser errichtet. Der Kläger stellte sein auf dem Grundstück 1046/4 erbautes Haus im Jahre 1962 fertig. Die Zufahrt erfolgte von der Batloggstraße (GStNr. 3147/2) aufgrund eines Dienstbarkeitsvertrages über die Grundstücke 1046/1, 1046/2 und 1046/3. In diesem Vertrag wird festgehalten, daß ausdrücklich vereinbart wird, daß die Dienstbarkeitsrechte des Geh- und Fahrweges nur solange zugunsten der GStNr.1046/4 und des darauf neu zur Errichtung gelangenden Wohnhauses eingeräumt werden, bis zu diesem Grundstück ein öffentlicher Weg führt. Die Mutter des Zweitklägers hat auf dem GStNr. 1046/5 ein Wohnhaus im Jahre 1962 errichtet und ebenfalls eine Zufahrt über die Grundstücke 1046/1 und 1046/3 aufgrund einer Dienstbarkeitsrechtseinräumung erhalten. Die Drittklägerin hat eine Zufahrtsmöglichkeit von der Batloggstraße über ihren eigenen Grund. Zumindest seit dem Jahre 1962 benutzten Dritte u.a. das Grundstück 1046/1 als nord-südlich (richtig west-östlich) verlaufenden Fußweg, insbesondere um von der Flurstraße zur Batloggstraße zu gelangen. Dieser Weg war in der Natur auch sichtbar. Um ein Begehen des Grundstückes 1046/1 in der Folge zu verhindern, errichtete der Erstkläger im Jahre 1973 auf diesem Grundstück ca. auf Höhe der Grenze zum Grundstück 1046/4 zur GStNr. 1046/4 zur GStNr 1046/6 einen quer verlaufenden Holzzaun. Der Plan zur Errichtung der sogenannten "B-Trasse" wurde seitens der Gemeinde nicht realisiert. Das Grundstück 1046/1 stellte sich als Wiese dar, welche von dritten Personen, insbesondere auch dem Pächter des Grundstückes 1046/6 im streitgegenständlichen Bereich landwirtschaftlich genutzt wurde. Eine Nutzung des Grundstückes 1046/1 im gegenständlichen Bereich als Zufahrtstraße erfolgte nicht. In den Jahren 1968/1969 hatte Albert T*** auf den Grundstücken 1046/7 und 1046/8 ein Hotel errichtet, wobei im Zuge der Bauarbeiten auch das Grundstück 1046/1 im südlichen Teil aufgefüllt und geschottert wurde. In diesem Bereich wurde das Grundstück 1046/1 als Zufahrtstraße und teilweise auch als Parkplatz verwendet. Der Erst- und der Zweitkläger waren mit diesem Vorgehen nicht einverstanden, unternahmen jedoch keine gerichtlichen Schritte. Im Jahre 1978 errichtete Oskar O*** auf dem Grundstück 1046/11 eine "Hotel-Pension". Die Zufahrt zu diesem Gebäude erfolgte u.a. über die von Albert T*** im südlichen Teil des Grundstückes 1046/1 geschaffene Zufahrt. Nachdem der Beklagte Eigentümer des Grundstückes 1046/6 wurde und er von diesem über keine direkte Verbindung zum öffentlichen Wegenetz verfügte, wurde ihm ein Notwegerecht zwischen der Flurstraße und dem Grundstück Nr. 1046/1 über die Grundstücke 1054/2, 1036/3 und 1055/2 eingeräumt. Im Baubewilligungsbescheid des Marktgemeindeamtes Schruns vom 10. September 1984 ist festgehalten, daß die Zufahrt von der Flurstraße über das Grundstück 1054/2 und im weiteren über die Grundstücke 1036/3 und 1046/1 sowie 1046/11 auf die eigene Bauparzelle erfolgen soll. Im Zuge von Kanalisierungsarbeiten im Jahre 1983 wurde teilweise auch im Bereich des Grundstückes 1046/1 Humus abgetragen und es wurden Grabungsarbeiten durchgeführt. Nach Abschluß der Arbeiten wurde aufgefüllt, Humus aufgebracht und angesät. Ob und in welchem Ausmaß damals der früher auf dem Grundstück 1046/1 verlaufende Weg in der Natur noch sichtbar war, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Derzeit gelangt man von der Flurstraße über eine in nord-östlicher Richtung verlaufende, zunächst asphaltierte und in der Folge lediglich geschotterte Zufahrt zum Grundstück 1046/1. Richtung Nordwesten zweigt das Grundstück 1046/1 in Form eines geschotterten Platzes (ursprünglich B-Trasse) ab, welcher zum Grundstück 1042/4 bzw. 1040/1 hindurch einen teils lebenden, teils aus Brettern und Pfählen gebildeten Zaun abgegrenzt ist. Auf dem Grundstück 1046/11 befindet sich die Hotel-Pension O***. Das Grundstück 1046/1 dient in diesem Bereich offensichtlich als Zufahrt zu dem vor dem Hotel in südlicher Richtung gelegenen Vorplatz. Das Grundstück 1046/9 ist ein unbebautes Gelände. Die Abschrägung an diesem Grundstück zum Grundstück 1046/1 ist als geschotterte Fläche sichtbar. Im Anschluß an diesen geschotterten Platz verläuft das Grundstück 1046/1 in nord-östlicher Richtung als geschotterte Fläche von ca. 3 m Breite, welche rechtsseitig durch einen Holzzaun begrenzt ist. An der Grundgrenze des Grundstückes 1046/9 zum Grundstück 1046/6 befindet sich eine Mauer. Auch entlang der Grundgrenze des Grundstücks 1046/6 hat das Grundstück 1046/1 eine Breite von ca. 3 m und ist geschottert. Die Zufahrt zum Wohnhaus des Beklagten auf dem Grundstück 1046/6 erfolgt über das Grundstück 1046/11 (Vorplatz des Hotels), in der Folge entlang desselben zur westlichen Eingangstür des Hauses. Das Garagentor befindet scih in gerader Verlängerung der Zufahrt auf dem Grundstück 1046/11 entlang der Grundgrenze zum Grundstück 1046/9. Der Abgang zum Keller des Hauses, in dem sich das Getränkelager des Beklagten befindet, erfolgt vom geschotterten Vorplatz, der unmittelbar an das Grundstück 1046/1 (im strittigen Bereich) angrenzt. Der Beklagte benützt das Grundstück 1046/1 im strittigen Bereich ausschließlich als Zufahrt zum angeführten Getränkelager. Seit dem Abschluß des Teilungsvertrages im Jahre 1962 erfolgte keine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den jeweiligen Miteigentümern über die Form der Nutzung des Grundstückes 1046/1. Der Beklagte ist trotz Mahnung der Aufforderung der Kläger zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes nicht nachgekommen. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß die Miteigentümer im Teilungsvertrag aus dem Jahre 1962 das Grundstück 1046/1 als Zufahrtsstraße zur Erschließung der neugeschaffenen Grundparzellen gewidmet haben. Eine solche Zufahrtstraße sei bis heute nur teilweise geschaffen worden. Eine ausdrückliche Benützungsvereinbarung hinsichtlich der Nutzung der gemeinschaftlichen Sache sei nicht getroffen worden. Es liege auch keine schlüssige Benützungsvereinbarung dahingehend vor, daß das Grundstück 1046/1 ausschließlich landwirtschaftlich genutzt werden solle. Eine eigenmächtige Änderung in der Benützungsart des einen Teilhabers sei nur insoweit zulässig, als jene der anderen dadurch keine Störung erleide. Die vom Beklagten herbeigeführte Änderung in der Benützungsart, nämlich Benützung des Grundstückes 1046/1 als Fahrweg auch im gegenständlichen Bereich, sei zulässig, da dadurch die Kläger als Teilhaber weder behindert noch beeinträchtigt würden und somit keine Störung ihres Anteilrechtes erfolge. Durch die bauliche Veränderung sei der widmungsgemäße Gebrauch der gemeinschaftlichen Sache laut Teilungsvertrag erleichtert worden. Die Kläger hätten bisher das Grundstück 1046/1 im gegenständlichen Bereich in keiner Weise genutzt, sodaß auch eine Störung ihrer Anteilsrechte hieraus nicht resultiere. Die Maßnahme des Beklagten stelle keine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB dar. Infolge Berufung der Kläger änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß der Beklagte verpflichtet wurde, binnen einem Monat den Weg auf der Gp 1046/1 (Schotter) in dem Bereich, in dem dieses Grundstück an die Gp 1046/9 und an die Gp 1046/6 angrenzt, zu entfernen und in diesem Bereich den vorigen Zustand (Wiese) durch Aufbringen von Humus und Säen von Gras wieder herzustellen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision zulässig sei. Es führte aus, im Jahre 1962 hätten die damaligen Miteigentümer auch für die Streitteile verbindlich vereinbart, daß das Grundstück Nr. 1046/1 als Zufahrtsstraße zur Erschließung aller damals neugebildeten Grundstücke, darunter auch des Grundstückes Nr. 1046/6 (nunmehr im Eigentum des Beklagten), dienen solle. Entgegen der Ansicht der Kläger sei damals nicht nur eine Absichtserklärung vorgelegen, sondern das im gemeinsamen Eigentum verbleibende Grundstück 1046/1 sei als Zufahrtsstraße gewidmet worden. Das Grundstück 1046/1 habe aber nur dann zur "Erschließung" der damals neu gebildeten Grundstücke dienen können, wenn eine Verbindung zum öffentlichen Wegenetz vorhanden war. Die Parteien des Teilungsvertrages seien offenbar auch davon ausgegangen, daß die damals von der Marktgemeinde Schruns geplanten Gemeindestraßen, insbesondere die "B-Trasse" gebaut würden. Die Errichtung einer Verbindung des Grundstückes 1046/1 zum öffentlichen Wegenetz sei daher stillschweigend Grundlage des Teilungsvertrages, insbesondere hinsichtlich der Widmung des Grundstückes 1046/1 gewesen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Dienstbarkeitsvertrag vom 24. April 1962, wonach das Dienstbarkeitsrecht lediglich bis zur Erstellung eines öffentlichen Weges eingeräumt werde, als auch aus der Tatsache, daß im Zeitpunkt der Errichtung des Teilungsvertrages seitens der Marktgemeinde Schruns geplant war, die sogenannte "B-Trasse" zu errichten. Im Zusammenhang mit der Errichtung dieser Straße wäre das Grundstück 1046/1 teilweise benötigt worden. Nur dann, wenn auch der strittige Teil des Grundstückes 1046/1 mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden worden wäre, hätten die Grundstücke der Kläger über die Liegenschaft 1046/1 erschlossen werden können. Der Vertragswille (bei Abschluß des Teilungsvertrages) im angeführten Sinn (§ 914 ABGB) ergebe sich aus den vorliegenden Urkunden im Zusammenhang mit der Feststellung über die Planung der Gemeindestraßen. Die Kläger hätten bereits in ihrer Klage darauf hingewiesen, daß man bei Abschluß des Teilungsvertrages davon ausgegangen sei, daß der Teil des Grundstückes 1046/1, der in Ost-West-Richtung verlaufe, in die geplante Gemeindestraße einbezogen werde und daß diese Straße bis heute nicht gebaut worden sei. Sie hätten damit geltend gemacht, daß die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Die Tatsache, daß der Beklagte aufgrund der Einräumung des Notwegerechtes nunmehr eine Verbindung des Grundstückes 1046/6 über das Grundstück 1046/1 zum öffentlichen Wegenetz habe, genüge nicht für den Eintritt der vertraglich vorgesehenen Bedingung für die Errichtung der Zufahrtsstraße, daß diese der Erschließung aller "dieser Grundstücke" dienen solle. Da somit die Geschäftsgrundlage für die Widmung des Grundstückes 1046/1 als Zufahrtsstraße weggefallen bzw. noch nicht eingetreten sei, könne sich der Beklagte nicht auf eine allfällige einverständliche Verwaltungshandlung im Sinne der Errichtung einer Zufahrtsstraße stützen. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes handelt es sich im gegenständlichen Fall um eine Verwaltungshandlung im Sinne des § 834 ABGB und nicht um die Frage des Gebrauchs im Sinne des § 828 ABGB. Eine schlüssige Benützungsregelung, daß die Liegenschaft 1046/1 (unabhängig von der Möglichkeit der Erschließung der Liegenschaften der Kläger) landwirtschaftlich genutzt werden solle, sei nicht zustandegekommen. Das Aufbringen von Schotter und das Verdichten des Materials auf dem Grundstück 1046/1 stelle eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme dar, da der Kulturzustand geändert worden sei, wobei diese Änderung über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehe. Im gegenständlichen Fall liege ein sogenannter beschränkter Gebrauch der Liegenschaft vor. Durch einen solchen dürfe der andere Miteigentümer nicht gestört werden. Der Gebrauch des einen finde im tatsächlichen Gebrauch des anderen seine Schranke. Hiebei sei der konkrete Gebrauch des anderen Teilhabers maßgebend. Der konkrete Gebrauch der Kläger habe aber in der landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstückes 1046/1 bestanden. Es bestehe kein Zweifel, daß durch Entfernen des Humus und Aufbringen von Schotter dieser Gebrauch nicht nur gestört, sondern gehindert werde. Insofern liege ein Eingriff in die Anteilsrechte der Kläger vor. Der Beklagte habe keine Zustimmung der Kläger zu dieser Maßnahme eingeholt. Er habe daher eigenmächtig und somit unzulässig in die Rechte der Kläger eingegriffen. Es wäre Sache des Beklagten gewesen, vor Durchführung der Maßnahme den Außerstreitrichter anzurufen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles.

Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs. 4 Z 1 ZPO), aber nicht berechtigt. Der Beklagte führte in seinem Rechtsmittel aus, die Miteigentümer der Grundparzelle 1046/1 hätten im Jahre 1962 verbindlich vereinbart, daß diese Grundparzelle als Zufahrtsstraße zur Erschließung der neu gebildeten Grundparzellen dienen solle. Der Beklagte habe daher als Miteigentümer ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer die Grundparzelle 1046/1 befahren dürfen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die "B-Trasse" errichtet würde oder nicht. Die Schotterung des Teilstückes der Gp 1046/1 habe keine Verwaltungshandlung im Sinne der §§ 833, 834 ABGB dargestellt, sondern nur eine Verbesserung der vereinbarten Gebrauchsmöglichkeit, wodurch alle Miteigentümer in dem vereinbarten Gebrauch in keiner Weise behindert werden. Nach der Feststellung des Berufungsgerichtes liege seit dem Abschluß des Teilungsvertrages keine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den jeweiligen Miteigentümern über die Form der Nutzung der Gp 1046/1, sohin auch nicht über eine landwirtschaftliche Nutzung, vor. Es stehe sohin jedem Miteigentümer der Gebrauch der gemeinsamen Sache frei, soweit er damit nicht die vereinbarte Nutzung als Zufahrtsweg störe. Die Klage stelle eine mißbräuchliche Rechtsausübung dar und verstoße gegen die guten Sitten. Durch die Schotterung des Teilstückes der Gp 1046/1 erleiden weder der Grund und Boden noch die Miteigentümer der Gp 1046/1 einen Schaden oder Nachteil. Die Rechte der Miteigentümer blieben unangetastet.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Der Beklagte leitet seine Berechtigung als Miteigentümer der Grundparzelle 1046/1 zur Nutzung als Zufahrtsstraße aus dem Teilungsvertrag vom 6. April 1962 ab, mit welchem eine Realteilung zwischen den damaligen Miteigentümern der Liegenschaft EZ 672 KG Schruns, Grundstück Nr. 1046, vorgenommen wurde. In diesem Vertrag ist festgelegt, daß das Grundstück Nr. 1046/1 als Zufahrtsstraße zur Erschließung aller dieser Grundstücke im bisherigen Eigentum sämtlicher Sachgenossen mit dem bisher angeschriebenen Eigentumsstand verbleiben soll (Punkt 3.). Unter Punkt 5. (Nachbarrechtliche Bestimmung) ist im wesentlichen festgehalten, daß die Grundstücke 1046/5 und 1046/3 durch Einräumung eines Dienstbarkeitsrechtes "vom gemeinsamen Weg Gp 1046/1 gegen Norden erschlossen werden" sollen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß nach dem Vertragswillen der Parteien bei Abschluß des Teilungsvertrages die Errichtung einer Verbindung des Grundstückes Nr. 1046/1 zum öffentlichen Wegenetz Geschäftsgrundlage des Teilungsvertrages, insbesondere hinsichtlich der Widmung des Grundstückes Nr. 1046/1 als Zufahrtsstraße zur Erschließung der damals neu gebildeten Grundstücke gewesen ist, weil die Parteien des Teilungsvertrages davon ausgegangen waren, daß die damals von der Gemeinde Schruns geplanten Gemeindestraßen, insbesondere die "B-Trasse" errichtet würden. Da die Feststellung des Vertragswillens eine in dritter Instanz nicht mehr bekämpfbare Tatsachenfeststellung ist (ZVR 1968/103 ua.), ist das Revisionsgericht an diese Feststellungen gebunden. Daraus folgt aber, daß die von den Parteien des Teilungsvertrages zur Bedingung (§ 901 ABGB) der Widmung des Grundstückes als Zufahrtsstraße erhobene Verbindung des Grundstückes Nr. 1046/1 mit dem öffentlichen Wegenetz nicht eingetreten ist und sich der Beklagte daher, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, auf eine einvernehmliche Verwaltungshandlung der Miteigentümer im Sinne der Widmung des genannten Grundstückes als Zufahrtsstraße nicht berufen kann. Entgegen der Auffassung der Revision ist dem Berufungsgericht aber auch darin zu folgen, daß das Aufbringen von Schotter und die Verdichtung des Materials auf dem Grundstück 1046/1 durch den Beklagten im Jahre 1984, nachdem laut den Feststellungen nach Abschluß von Kanalisierungsarbeiten im Jahre 1983 der abgetragene Humus auf diesem Grundstück wieder aufgebracht und angesät worden war, eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme im Sinn des § 834 ABGB darstellt, weil eine über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehende Änderung des Kulturzustandes vorgenommen wurde. Der Beklagte hat diese Maßnahme aber ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer und ohne Herbeiführung einer Entscheidung des Außerstreitrichters vorgenommen und damit eigenmächtig in unzulässiger Weise in die Anteilsrechte der anderen Miteigentümer eingegriffen. In einem solchen Falle kann aber jeder Miteigentümer im Rechtsweg die Beseitigung des eigenmächtigen Eingriffs in sein Anteilsrecht und die Wiederherstellung des früheren Zustandes fordern (vgl. SZ 56/51, MietSlg. 30.085/30 ua.). Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Nach den dargelegten Erwägungen kann auch keine Rede davon sein, daß die Klagsführung gegen das Schikaneverbot (§ 1295 Abs. 2 ABGB) oder gegen die guten Sitten verstoßen hätte.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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