Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit 5.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 514,35 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile lernten einander 1976 kennen, lebten ab dem Jahre 1977 gemeinsam und haben am 10.August 1979 die Ehe geschlossen. Der Mann stand damals im 32.Lebensjahr, die Frau hatte kurz zuvor ihr 28.Lebensjahr vollendet, ihre erste Ehe war durch Scheidung aufgelöst worden. Die Ehe der Streitteile blieb kinderlos. Beide Streitteile sind österreichische Staatsbürger. Seit Juli 1983 ist ihre häusliche Gemeinschaft aufgehoben.
Am 21.September 1983 brachte die Frau eine auf Ehebruch und andere schwere Eheverfehlungen des Mannes gestützte Scheidungsklage ein. Am 17.Januar 1984 überreichte der Ehemann eine ebenfalls auf Ehebruch und andere schwere Eheverfehlungen gestützte Widerklage. Das Erstgericht hat Klage und Widerklage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit dem unangefochten gebliebenen Teilurteil vom 17.Februar 1985 (ON 13) gab es dem Scheidungsbegehren des Mannes statt und schied die Ehe aus einem Verschulden der Frau wegen strafgerichtlich geahndeten Ehebruches mit dem Bruder des Mannes und Aufrechterhaltung dieser Beziehung jedenfalls über den Mai 1983 hinaus.
Bereits im Teilurteil vom 17.Februar 1985 stellte das Erstgericht fest:
Der Ehemann unterhielt vom Jahre 1979 an bis in das Jahr 1982 ein ehebrecherisches Verhältnis mit einer - in Süddeutschland wohnhaften - Frau. Die Ehefrau wurde - nachdem der Ehemann seine im Dezember 1980 gegen sie und seinen älteren Bruder wegen Ehebruches erhobene Privatanklage auf die Versicherung beider Beschuldigten, ihre ehewidrigen Beziehungen sofort abzubrechen, und die Erklärung der Ehefrau, zum Privatankläger zurückkehren zu wollen, Ende April 1981 zurückgezogen hatte - auf Grund einer im Juli 1981 erhobenen neuerlichen Privatanklage des Mannes mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 4.September 1981 wegen des Vergehens des Ehebruches nach dem § 194 StGB verurteilt. Die Ehefrau hat das von ihrem Mann als ehestörend empfundene Verhältnis zu seinem Bruder ungeachtet der Vorhaltungen des Mannes zugestandenermaßen jedenfalls bis Mai 1983 fortgesetzt und auch darüber hinaus in Form von Besuchskontakten mit Nächtigung ihres Schwagers in ihrer Wohnung und gemeinsam verbrachten Urlaub aufrechterhalten.
Mit den im Endurteil getroffenen Feststellungen ergänzte das Erstgericht diesen Sachverhalt in folgender Weise:
Die Ehefrau erlangte vom Verhältnis ihres Mannes zu der in Süddeutschland lebenden Frau dadurch beweiskräftige Kenntnis, daß sie im August 1982 in den Unterlagen des Mannes eine Serie von Lichtbildern fand, die die erwähnte Frau teils in sexuell aufreizender Pose und teils in geschlechtlicher Vereinigung mit dem Ehemann zeigen. Die Ehefrau nahm die Auffindung dieser Bilddokumente zum Anlaß, ihrem Rechtsfreund einen Auftrag zur Einbringung der Scheidungsklage zu erteilen, sah aber dann doch zunächst von diesem Schritt ab. Erst im Jahre darauf, nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, leitete die Ehefrau durch ihre Klage das Scheidungsverfahren ein.
Das Erstgericht erachtete es nach Fällung seines Teilurteiles über das Begehren des Widerklägers für entbehrlich, die Voraussetzungen für eine Stattgebung des Scheidungsbegehrens der Ehefrau zu klären. Es maß dem auf Verschulden gestützten Scheidungsbegehren der Frau - von dieser unbekämpft - nur noch im Sinne eines Mitschuldantrages gegenüber dem bereits im stattgebenden Sinne erledigten Scheidungsbegehren des Widerklägers verfahrensrechtliche Bedeutung bei. Dazu folgerte das Erstgericht, selbst im Falle, daß die Ehefrau einen auf das 1982 beendete ehebrecherische Verhältnis des Mannes zu stützenden Scheidungsanspruch, sei es wegen Verzeihung, sei es wegen Fristverstreichung, bereits verloren hätte, entspräche eine Berücksichtigung der nach gründlicher Vorbereitung im Bild festgehaltenen außerehelichen sexuellen Verhaltensweisen des Mannes jedenfalls der Billigkeit im Sinne des § 60 Abs 3 EheG. Sei aber das festgestellte ehebrecherische Verhältnis des Mannes zu veranschlagen, wiege das Verschulden keines der beiden Eheteile augenscheinlich schwerer als das des anderen.
Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von Feststellungsmängeln in Ansehung der bei der Herstellung der Fotoserie angewandten Aufnahmetechnik, der Einstellung der Ehefrau zu dem ihr vorerst nicht bekannten ehebrecherischen Verhältnis ihres Mannes und in Ansehung ihres Verhaltens nach der Auffindung der Fotoserie sowie über das Verhältnis zu ihrem früheren Schwager nach eingetretener Rechtskraft des die Ehe scheidenden Teilurteiles. Das Berufungsgericht billigte im übrigen die erstrichterliche Beurteilung nach dem § 60 EheG.
Der Ehemann ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit einem Abänderungsantrag im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens der Ehefrau und des darin enthaltenen Mitschuldantrages sowie mit einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Die Ehefrau strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Nach den der Entscheidung zugrundezulegenden Feststellungen unterhielt der Revisionswerber bereits in den ersten Monaten nach der Eheschließung das bis in das Jahr 1982 aufrechterhaltene und durch die von ihm aufbewahrte Fotoserie dokumentierte ehebrecherische Verhältnis. Die in der Revision ausgeführte Rechtsansicht, sowohl für die von den Vorinstanzen angestellten Billigkeitserwägungen im Sinne des § 60 Abs 3 EheG, als auch für die gegenseitige Abwägung der festgestellten Eheverfehlungen beider Teile sei es von entscheidendem Einfluß, wer mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe begonnen habe, trifft zu. Der Revisionswerber verläßt aber den Boden der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen, wenn er in seiner Argumentation die Aufnahme der ehebrecherischen Beziehungen seiner Frau zu seinem Bruder in einen Zeitraum verlegt, in dem er selbst sein ehebrecherisches Verhältnis mit der in der Lichtbildserie dargestellten Frau noch nicht begonnen gehabt habe. Sicherlich läßt sich aus dem festgestellten Verharren der Ehefrau in ihrem ehebrecherischen Umgang mit dem Bruder ihres Mannes auch nach den beiden Privatanklageverfahren folgern, daß sie sich nicht ernstlich bemühte, die Grundlagen einer auf wechselseitigem Vertrauen beruhenden Partnerschaft in ihrer Ehe wieder herzustellen und zu bewahren. Demgegenüber hat sich aber der Revisionswerber durch seine außerehelichen sexuellen Beziehungen bereits in den ersten Monaten nach der Eheschließung über seine Verpflichtung zur ehelichen Treue gröblichst hinweggesetzt und damit seinerseits wesentliche Grundlagen für die in der Folge unheilbar gewordene Zerrüttung der Ehe gesetzt, auch wenn die Ehefrau, als diese das ehebrecherische Verhältnis mit ihrem Schwager begann, die näheren Umstände der - nach ihrer Formulierung in der Parteienaussage von ihr geahnten - ehewidrigen Beziehung ihres Mannes noch nicht kannte. Bei diesen Zusammenhängen wäre es geradezu unbillig, über das ehebrecherische Verhältnis des Rechtsmittelwerbers, an welches er offensichtlich auch nach Beendigung durch die von ihm aufbewahrte Bildserie noch erinnert werden wollte, hinwegzusehen. Das festgestellte Verhalten des Mannes ist vielmehr als entscheidender Beitrag für die Ehezerrüttung zu werten. Ein Vergleich der Häufigkeit sexueller Kontakte mit dem jeweiligen Ehebruchspartner ist nicht anzustellen. Auch das nach Eintritt der Rechtskraft des Teilurteiles gesetzte Verhalten der Frau, nämlich ihre Eheschließung mit ihrem vormaligen Schwager und ihre Schwangerschaft, sind für den strittigen Verschuldensausspruch unbeachtlich. In der Berücksichtigung des vom Revisionswerber in den ersten Ehejahren aufrechterhaltenen ehebrecherischen Verhältnisses und in der Wertung dieses ehewidrigen Verhaltens gegenüber den Ehewidrigkeiten der Ehefrau als nicht augenscheinlich geringer ist der vom Revisionswerber gerügte Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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