Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Franz L*** und Johann L*** (neben anderen Straftaten), und zwar Franz L*** zu den Punkten A/I/1/ und 2/ sowie II/, Johann L*** zu den Punkten A/I/1/ und II/ des Urteilssatzes, des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB, Franz L*** überdies auch der gewerbsmäßigen Tatbegehung nach § 130 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Hingegen wurden Franz L*** von der Anklage weitere, teils vollendete, teils versuchte Diebstähle verübt zu haben und Johann L*** von der Anklage der Mittäterschaft am Vergehen der Urkundenunterdrückung gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Während Franz L*** die gegen den ihn betreffenden
Schuldspruch angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde zurückzog, bekämpft Johann L*** seinen Schuldspruch teilweise, nämlich in den Punkten zu A/I/1/ lit a/ bis c/ des Urteilssatzes mit einer auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Anklagebehörde wendet sich mit einer dem Grund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO geltend machenden Nichtigkeitsbeschwerde gegen mehrere Punkte des Freispruchs des Angeklagten Franz L***.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde:
Unter ausdrücklicher Rückziehung der Nichtigkeitsbeschwerde hinsichtlich der anderen Fälle, in denen der Angeklagte Franz L*** vom Vorwurf des Diebstahls losgezählt wurde, bekämpft die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel die Punkte 2/, 3/, 5/ und 6/ des Freispruchs von der Anklage des vollendeten Diebstahls sowie die Punkte 1/, 3/ und 5/ bis 9/ des Freispruchs von der Anklage des versuchten Diebstahls, und zwar unter den Gesichtspunkten einer Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit der Urteilsbegründung.
Erstere erblickt sie zunächst darin, daß das Schöffengericht den Umstand außer acht gelassen habe, daß in der selben Nacht, in der das Schuldspruchfaktum A/I/2/a/ vom Angeklagten L*** verübt wurde, auch der zu A/II/2/a/ der Anklageschrift inkriminierte Diebstahlsversuch (gleichfalls in der Tiefgarage des Hotels "M*** T***") vorfiel (Freispruchfaktum 1/ der versuchten Diebstähle) sowie ferner, daß ein Freispruch hinsichtlich der Anklagefakten A/I/2/1/ und m/, A/II/2/e/, f/, g/, h/ und i/ (Freisprüche Nr. 5 und 6 der vollendeten, 5 bis 9 der versuchten Diebstähle) erging, obwohl der Angeklagte L*** nach dem Schuldspruch laut den Punkten A/I/2/f/ und g/ des Urteilssatzes zur selben Zeit und am selben Ort (andere) Einbruchsdiebstähle beging. Da aber, wie die Beschwerdeführerin in der Rechtsmittelausführung selbst wiedergibt, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes dahinging, daß die sich aus Tatzeit, Tatort und modus operandi ("Spritzen", dh Aufbrechen des Schwenkfensters) ergebenden belastenden Indizien für sich allein ohne Sicherstellung eines Teils der Beute nicht für ausreichend zum vollen Schuldbeweis erachtet wurden (US 29), versagt der Vorwurf, sie habe sich mit den - gewiß in hohem Maß gegen den Angeklagten sprechenden - Indizien von Tatzeit und Tatort nicht ausreichend (siehe § 270 Abs 2 Z 5 StPO) auseinandergesetzt: andere als diese Indizien sprechen auch nach den Beschwerdeausführungen nicht gegen den Angeklagten, sodaß insoweit eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung nicht vorliegt. Ein Widerspruch des Urteils in sich aber wird in der Beschwerde überhaupt nicht substantiiert. Gegen die Punkte 2/ und 3/ der Freisprüche von den vollendeten und 3/ von den versuchten Diebstählen wendet die Beschwerdeführerin ein, daß aus dem Faktum "Lotti W***" ein Herrenschirm beim Angeklagten sichergestellt worden sei, sodaß in dieser Beziehung nach den sonstigen Kriterien der Beweiswürdigung ein Schuldspruch zu erwarten gewesen wäre; ein solcher hätte zufolge der Identität von Tatzeit, Tatort und modus operandi auch hinsichtlich der Fakten "H***" und "S***" ergehen müssen.
Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde die Unvollständigkeit der Begründung des Freispruchs zu den beiden letztgenannten Fakten in der fehlenden Erörterung der belastenden Wirkung dieser Indizien (Tatzeit, Tatort und modus operandi) erblickt, kann sie auf das Vorgesagte verwiesen werden. Soweit sie aber die Ausführungen des Erstgerichtes, daß angesichts der Häufigkeit fabriksmäßig hergestellter Herrenschirme nicht mit Sicherheit angenommen werden könne, daß der beim Angeklagten sichergestellte Schirm gerade der Frau Lotti W*** gestohlen worden sei (US 28), mit dem Argument bekämpft, das Gericht hätte sich auch damit auseinandersetzen müssen, daß dieser Schirm von der Polizei dem Faktum W*** zugeordnet und dieser über das schweizerische Konsulat ausgehändigt worden sei, wird auch hiermit eine Nichtigkeit begründende Unvollständigkeit der Urteilsgründe nicht dargetan. Angesichts des Umstandes, daß weder die Polizei noch das Konsulat mit dem Aussehen des der Lotti W*** gestohlenen Schirms vertraut waren, bedurfte es keiner ausdrücklichen Erörterung der Beurteilung dieser Dienststellen, deren Vorgangsweise das Erstgericht, wie sich aus der Aufzählung der Beweismittel ergibt, ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat. Mögen sich auch die Zweifel des Erstgerichtes an den Eigentumsverhältnissen hinsichtlich des Schirmes nachträglich als falsch erwiesen haben (S 399/I), so waren sie doch zum (allein maßgebenden) Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht denkunmöglich. Der Vorwurf der Anklagebehörde, das Erstgericht hätte, wenn es schon an den klaren Eigentumsverhältnissen hinsichtlich des Schirmes zweifelte, die Eigentümerin zeugenschaftlich vernehmen müssen, läuft auf eine Rüge der Vollständigkeit des Beweisverfahrens hinaus, zu der die Beschwerdeführerin mangels Stellung eines in diese Richtung weisenden Beweisantrages in der Hauptverhandlung aber nicht berechtigt ist (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist daher nach keiner Richtung hin zielführend.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Johann L***:
Dieser Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch laut den Punkten A/I/1/a/ bis c/ des Urteilssatzes - Diebstähle verschiedener Gebrauchsgegenstände im Gesamtwert von 4.310 S durch Einbruch in drei PKW am 23.Juni 1986 in der Tiefgarage Reichenauerstraße, Innsbruck - zunächst mit Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO). Den weiteren, die Unterstellung seiner Taten auch unter § 128 Abs 1 Z 4 StPO deckenden Schuldspruch wegen versuchten Diebstahls einer Fotoausrüstung im Wert von 1.000 S (A/II/) läßt er unbekämpft. In der Mängelrüge behauptet er ohne konkrete Bezeichnung eines den herangezogenen Nichtigkeitsgrund verwirklichenden Begründungsmangels schlechthin "Unrichtigkeit" der Urteilsfeststellungen, wonach er dieser Taten geständig gewesen und während der Tatbegehung durch seinen Komplizen einige Male (zu diesem) in die Tiefgarage gegangen ist und wonach er (ebenfalls) mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat. Damit werden jedoch keine Begründungsmängel aufgezeigt. Der Angeklagte L*** hat in seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung als richtig zugegeben, mit L*** in Kenntnis dessen (diebischen) Vorhabens zur Tiefgarage gegangen und in der Folge auch ein- oder zweimal in die Garage hinuntergegangen zu sein, wobei er L*** beim Aufbrechen der Schwenkfenster der Fahrzeuge beobachtete, und
schließlich - schon außerhalb der Garage - die von L*** gebrachten Sachen, von denen er wußte, daß sie gestohlen waren, zum Forttragen übernommen zu haben (S 316 f/I). Die Beurteilung dieser Darstellung als Geständnis, das eine weitere Erörterung der in Rede stehenden Vorgänge entbehrlich machte, stellt einen im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unanfechtbaren Akt freier Beweiswürdigung dar, welcher der in der Beschwerde vertretenen Ansicht zuwider durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens umsomehr gedeckt erscheint, als der Angeklagte auch vor dem Untersuchungsrichter (S 11 c/I) seine teilweise Anwesenheit bei der Ausführung dieser Taten zugab und vor der Polizei eingestand, daß die Diebstähle schon in seiner Wohnung besprochen worden waren und daß er teilweise auch als Aufpasser fungierte (S 71 ff/I), welche in der Hauptverhandlung verlesenen (S 320/I) Aussagen den Urteilsfeststellungen mit zugrundeliegen. Bei diesem eindeutigen Sachverhalt, aus dem der Vorsatz des Beschwerdeführers, sich oder einen anderen unrechtmäßig zu bereichern, klar hervorleuchtet, bedurfte es im Urteil aber auch keiner weiteren Begründung dieses subjektiven Tatbestandsmerkmales. Auf einen Verfahrensmangel hinwieder, nämlich auf das reklamierte Unterbleiben seiner Vernehmung zur subjektiven Tatseite, kann sich der Beschwerdeführer schon mangels einer darauf abzielenden Antragstellung in erster Instanz nicht berufen.
Den vom Beschwerdeführer weiter als wesentlich bezeichneten Umstand, daß ihm die Diebsbeute erst außerhalb der Tiefgarage ausgehändigt wurde, kommt angesichts der vom Erstgericht angenommenen Tatbegehung im einverständlichen Zusammenwirken schon bei der Sachwegnahme keine entscheidende Bedeutung zu. Die Mängelrüge versagt daher.
In der Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO führt der Beschwerdeführer aus, er habe lediglich von der Tatbegehung durch den Erstangeklagten gewußt, ohne sich daran aktiv zu beteiligen. Die Übernahme der Diebsbeute nach Vollendung des Diebstahls durch den Erstangeklagten stelle keine Tatbeteiligung im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB dar, weil eine solche vor der Vollendung der Tat geleistet werden müsse. Folgerichtig, welche Konsequenz der Beschwerdeführer aber nicht zieht, würde dies auf das Begehren einer Beurteilung der sachlichen Begünstigung des Vortäters als Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 1, Abs 3 letzter Fall StGB hinauslaufen (Z 10), also einer weiteren Straftat, die als Verbrechen nicht mit geringerer Strafe bedroht wäre als der Einbruchsdiebstahl. Der Beschwerdeführer verkennt jedoch die Sach- und Rechtslage. Nach den, wie dargetan, mängelfreien Urteilsannahmen und der zutreffenden rechtlichen Beurteilung durch das Erstgericht erfolgte seine Mitwirkung eben nicht erst nach Vollendung der in den Punkten A/I/1/a/ bis c/ des Urteilssatzes angeführten Diebstähle, sondern sein Verhalten entsprach der deliktsspezifischen Sondertäterschaftsform (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 , § 127 StGB RN 74, Kienapfel AT, E 3, RN 17) eines Gesellschaftsdiebes i.S. des § 127 Abs 2 Z 1 StGB; begab er sich doch im Einverständnis mit dem Erstangeklagten über die Verübung von PKW-Einbruchsdiebstählen zu der Tiefgarage, hielt sich teilweise während der Tatverübung beim Erstangeklagten dort auf, teilweise auf der Straße vor dem Eingang, und übernahm sodann den Abtransport der Diebsbeute. Mag auch der Beschwerdeführer nur bei diesem Abtransport Hand angelegt haben, so steht dies der Annahme einer Beteiligung am Diebstahl angesichts der schon zur Tatzeit gegebenen Willensübereinstimmung und des räumlichen Naheverhältnisses bei Begehung der Taten nicht entgegen (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 , § 127 StGB RN 77, Kienapfel, RN 236 ff). Im übrigen gehört der Abtransport der Beute zu den essentiellen Phasen der Tatbegehung des Diebstahls, der im materiellen Sinn erst nach Verbringung der Beute in sicheren Gewahrsam vollbracht ist.
Unter zusammenfassender Wiederholung der vorstehend erörterten Rechtsausführungen versucht der Beschwerdeführer (auch) den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO darzustellen, versäumt es jedoch, jenen Tatbestand zu bezeichnen, dem seiner Auffassung nach seine Tat richtigerweise zu unterstellen wäre, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden sowohl der Staatsanwaltschaft als auch des Angeklagten Johann L*** waren daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Franz L*** nach §§ 28, 130 zweiter Strafsatz StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe, den Angeklagten Johann L*** nach §§ 28, 129 StGB zu einer solchen von fünfzehn Monaten.
Bei der Strafbemessung war bei beiden Angeklagten erschwerend das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen des § 39 StGB und die mehrfache Qualifikation der Diebstähle, bei L*** überdies das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit drei Vergehen und der rasche Rückfall, bei L*** die Vorstrafen und das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit zwei Vergehen, mildernd hingegen bei beiden die teilweise objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Beute und der Umstand, daß die Tat in einem Falle beim Versuch geblieben ist, ferner bei L*** ein Teilgeständnis und bei L*** das umfassende Geständnis, weiters, daß er nur in untergeordneter Rolle tätig war und dem Mitangeklagten aus falsch verstandener Solidarität in seiner schwierigen finanziellen Lage helfen wollte.
Den Berufungen, mit welchen die Angeklagten jeweils eine Strafminderung anstreben, kommt keine Berechtigung zu. Daß beim Angeklagten L*** eine drückende Notlage im Sinn eines bestehenden und drohenden Mangels am notwendigen Unterhalt vorlag, ist nach dem Akteninhalt bei dem in seiner Arbeitsfähigkeit in keiner Weise eingeschränkten Berufungswerber nicht anzunehmen. Entgegen der in der Berufung des Angeklagten L*** vertretenen Auffassung kommt diesem Angeklagten auch nicht Unbesonnenheit (§ 34 Z 7 StGB) als mildernd zugute. Die Tathandlung mag zwar einer augenblicklichen Eingebung entsprungen sein, ist aber auf eine grundsätzliche Geringschätzung fremder Interessen zurückzuführen, sodaß dieser Milderungsgrund nicht vorliegt (Leukauf-Steininger, Komm. 2 , § 34 RN 13). Auch kann nicht davon die Rede sein, daß dieser Angeklagte die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefaßter Absicht begangen hat, weil diese Gelegenheit ihrer Art nach bei einem maßgerechten Menschen in keiner Weise einen Fehltritt nahelegen konnte.
Das Erstgericht hat somit die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt; die verhängten Strafen sind im Hinblick auf die Wertwidrigkeiten der schuldhaften Taten und die im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung in keiner Weise überhöht und nehmen auch auf das getrübte Vorleben der Angeklagten und die Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen gebührend Bedacht. Eine Strafherabsetzung war daher nicht angebracht.
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