Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Jürgen H***, Christian S***, Rudolf S*** und Waldemar B*** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil sie am 20.Juni 1986 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) teils mit Gewalt gegen Personen, teils durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), nämlich durch Festhalten sowie durch Stöße, Schläge und Tritte, nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegnahmen oder abnötigten, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
- 1. dem Klaus S*** 200 S Bargeld,
- 2. dem Robert W*** 150 S Bargeld und eine Armbanduhr Marke Gander im Wert von 2.500 S,
3. dem Christian W*** 600 S Bargeld und eine goldene Halskette im Wert von 1.000 S,
4. dem Norbert R*** 700 S Bargeld und eine Armbanduhr Marke Swatch im Wert von 500 S sowie
5. der Andrea C*** 600 S Bargeld, drei Armreifen und eine Halskette in nicht mehr genau feststellbarem Wert.
Das Urteil gründet sich auf den Wahrspruch der Geschwornen, welche in bezug auf den Angeklagten Christian S*** die Hauptfrage 2 nach dem obgenannten Verbrechen stimmeneinhellig bejaht und die hiezu gestellte Zusatzfrage 1 nach Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB ebenso stimmeneinhellig verneint haben, sowie Eventualfragen (1) nach einer Tatbegehung im Zustand voller Berauschung gleichwie (2) nach Diebstahl und (4) nach Hehlerei, die ihrerseits mit Zusatzfragen (2, 3) in Richtung § 11 StGB und mit Eventualfragen (3, 5) in Richtung § 287 StGB verbunden waren, unbeantwortet ließen.
Den ihn betreffenden Schuldspruch bekämpft der Angeklagte S*** mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO. Unter Geltendmachung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer, daß in der den Geschwornen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung die Abgrenzung zwischen "psychischer Beihilfe" und "bloßem Untätigsein" zu wenig herausgearbeitet worden sei. In dieser Belehrung wurden aber ohnehin jedenfalls die Begriffe "Beitragstäterschaft" und "Raubgenossenschaft" vollständig und richtig dargetan; dies wird in der Rüge auch gar nicht angezweifelt. Demgemäß waren Erläuterungen über die Abgrenzung zwischen psychischer Beihilfe und bloßem Untätigsein durchaus entbehrlich, zumal auch eine Tatbegehung durch Unterlassung im Sinn des § 2 StGB vorliegend nicht aktuell ist und folgerichtig ebenfalls nicht Gegenstand der Rechtsbelehrung war.
Rechtliche Beurteilung
Auch der Vorwurf, die Rechtsbelehrung hätte angesichts der "Abgrenzungsproblematik" zwischen einem Diebstahl und einer Beteiligung an einem gleichzeitig von anderen begangenen Raub abstrakte Beispiele dazu enthalten sollen, geht fehl. Denn die Rechtsbelehrung hat nicht nur - wie der Beschwerdeführer selbst erkennt - auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens keine Rücksicht zu nehmen, sodaß dem Erstgericht die schriftliche Erläuterung des Sachverhaltes, der sich aus den an die Geschwornen gerichteten Fragen ergibt, verwehrt war (EvBl 1952/100, RZ 1972, 132), sondern tunlichst auch keine Bezugnahme auf kasuistische Beispielsfälle zu enthalten, da diese geeignet sein können, die Geschwornen zu Vergleichen mit dem in den Fragen konkretisierten Tatgeschehen anzuregen und insoweit mittelbar ihre Beweiswürdigung zu beeinflussen (ÖJZ-LSK 1979/356 zu § 321 StPO).
Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 323 Abs. 2 StPO verwiesen, wonach die Erörterung der Verantwortung der Angeklagten und der (konkreten) in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweismittel der mündlichen Besprechung des Vorsitzenden mit den Geschwornen vorbehalten ist. Mangels jeglicher Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung unzugänglich ist die Behauptung, die Geschwornen seien "über die Folgen, die sich aus dem Schema der Haupt- und Eventualfragen ergeben, nur unvollständig belehrt und damit bei der Kompliziertheit der hier gegenständlichen Problematik in die Irre geführt" worden. Sind doch die Folgen der Bejahung oder Verneinung der an die Geschwornen gerichteten Fragen in der schriftlichen Rechtsbelehrung (S 27-29) ohnedies zutreffend angeführt worden.
Der mit der Rechtsrüge (Z 12) geltend gemachte Nichtigkeitsgrund aber kann nur durch einen Vergleich des im Wahrspruch als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem im Urteil darauf angewendeten Gesetz - und nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, durch eine Gegenüberstellung von Verfahrensergebnissen mit dem (die verba legalia verwendenden) Verdikt - prozeßordnungsgemäß dargestellt werden (EvBl 1971/116). Indem er davon ausgeht, keinen Tatbeitrag zum Raub geleistet sowie keinen Raubvorsatz gehabt zu haben und hiezu auf seine Verantwortung verweist, nach der er sich nur in Richtung Diebstahl und Hehlerei schuldig bekannt hatte, wobei er behauptet, die Geschwornen seien offenbar der irrigen Ansicht gewesen, daß er durch seine bloße Anwesenheit am Tatort das Verbrechen des schweren Raubs erfüllt habe, setzt sich der Angeklagte über die im Wahrspruch festgestellten Tatsachen - auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite - hinweg und bringt solcherart den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zu einer gesetzmäßigen Ausführung (EvBl 1970/286; SSt 41/61; SSt 43/33).
Die zum Teil unbegründete und zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB Freiheitsstrafen, und zwar
- über Jürgen H*** unter Anwendung des § 41 Abs. 1 Z 3 StGB vier Jahre,
- über Rudolf S*** sieben Jahre und
- über Waldemar B*** unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. September 1986, AZ 5 c E Vr 835/86 fünfeinhalb Jahre als Zusatzstrafe.
Es wertete bei der Strafbemessung
bei Jürgen H*** als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die leichte Verletzung von drei Personen, als mildernd das Geständnis, die teilweise Zustandebringung der Raubbeute und das Alter von unter 21 Jahren;
bei Rudolf S*** als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, welche die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllen und sogar noch darüber hinausgehen, den überaus raschen Rückfall und die leichte Verletzung von drei Personen, als mildernd das Geständnis, die teilweise Zustandebringung der Raubbeute, das Alter von unter 21 Jahren und die ungünstigen Verhältnisse, unter denen er aufgewachsen war;
bei Waldemar B*** als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die leichte Verletzung von drei Personen, als mildernd die teilweise Zustandebringung der Raubbeute.
Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten H***, S*** und B*** jeweils die Herabsetzung der Freiheitsstrafen. Keiner Berufung kommt Berechtigung zu.
Es ist zwar dem Angeklagten H*** zuzugeben, daß nach der Aktenlage keiner der Angeklagten schon mit vorgefaßtem Raubvorsatz die Wohnung des Klaus S*** betreten hat. Nach Lage des Falles kann aber von Unbesonnenheit - die dann vorliegt, wenn die Tathandlung auf eine augenblickliche Eingebung zurückzuführen ist, auf einen Willensimpuls, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (vgl Leukauf-Steininger 2 , RN 13 zu § 34 StGB) -, bei der gegenständlichen Tatausführung nicht gesprochen werden. Jede Vorstrafe, die wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat ausgesprochen wurde, stellt einen Erschwerungsgrund dar (§ 33 Z 2 StGB). Dem Angeklagten H*** ist aber zuzugeben, daß das Gewicht seiner einschlägigen Vorstrafe (siehe den Akt 5 a Vr 1427/85 des Jugendgerichtshofes Wien) nicht allzu schwer wiegt. Angesichts des keineswegs geringfügigen Unrechtsgehaltes der gegenständlichen Raubtat besteht aber zu einer Herabsetzung der vom Erstgericht bei H*** ohnedies unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung ausgemessenen Freiheitsstrafe kein Anlaß, selbst wenn gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20.Jänner 1987, rechtskräftig seit 23. Jänner 1987, AZ 8 E Vr 832/86 Bedacht genommen wird. Auch die Berufung des Angeklagten S*** ist nicht begründet. Daß die Tat nicht reiflich überlegt und sorgfältig vorbereitet, sondern erst am Tatort spontan ausgeführt wurde, stellt keinen Milderungsumstand dar; Gegenteiliges würde sich vielmehr straferschwerend auswirken (vgl § 32 Abs. 3 StGB). Von einem relativ geringen Wert der Raubbeute kann angesichts der zusammengerechneten, vom Erstgericht festgestellten Werte von mehr als 6.000 S mit Fug nicht gesprochen werden. Geständnis und teilweise Zustandebringung der Raubbeute wurden bereits vom Erstgericht als Milderungsgründe gewürdigt. Die sieben einschlägigen Vorstrafen, wovon zwei wegen schweren Raubes erfolgten, standen der begehrten Strafreduktion entgegen.
Letztlich erweist sich auch die Berufung des Angeklagten B*** als unberechtigt. Dieser hat die Tat weder unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes noch unter Umständen, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen, begangen, er ist auch nicht schwach an Verstand (§ 34 Z 1 und Z 11 StGB). Daß er leicht enthemmbar ist und reduzierte Brems-, Kontroll- und Hemmechanismen aufweist, stellt einen ins Gewicht fallenden Milderungsgrund ebensowenig dar wie die Tatsache, daß er an der Straftat nicht führend beteiligt gewesen ist; wäre dies der Fall gewesen, fiele diesem Berufungswerber ein weiterer gewichtiger Erschwerungsgrund zur Last. Der Rückstellung der Ringe an die Zeugin C*** wird durch den Milderungsgrund der teilweisen Zustandebringung der Raubbeute Rechnung getragen;
darüberhinausgehende mildernde Bedeutung kommt ihr aber nicht zu, weil sie nicht aus eigenem Anlaß, sondern über Aufforderung des Angeklagten S*** erfolgte (S 257/I, 191/III). Berücksichtigt man sein durch zahlreiche Vorverurteilungen wegen Gewalttätigkeits- und Vermögensdelikten getrübtes Vorleben, so kann sich B*** durch das Ausmaß der verhängten Zusatzstrafe nicht für beschwert erachten, zumal die Summe der Zusatzstrafe und jener Strafe, auf die gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht genommen wurde, 5 Jahre und 7 Monate beträgt und demnach nur geringfügig über der gesetzlichen Mindeststrafe liegt.
So gesehen erweisen sich die vom Geschwornengericht verhängten Freiheitsstrafen als nicht überhöht, weshalb eine Strafermäßigung nicht in Betracht gezogen werden konnte.
Den Berufungen war daher der Erfolg zu versagen.
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