OGH 12Os25/87

OGH12Os25/877.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon Prof. Dr. Steininger, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lindner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinrich H*** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 16.Oktober 1986, GZ 27 a Vr 964/86-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Knob, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Grass zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und der Angeklagte unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 11.Jänner 1985, GZ U 917/84-8, unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 300 (dreihundert) Tagessätzen als Zusatzstrafe verurteilt. Der Tagessatz wird mit S 200 (zweihundert) bestimmt und für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe mit 150 Tagen festgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heinrich H*** des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt, weil er im Lauf des Jahres 1984 in Bregenz ein Gut das ihm anvertraut worden war und dessen Wert 5.000 S (aber nicht 100.000 S) übersteigt, nämlich den Erlös in der Höhe von 93.000 S aus ihm seitens der Firma B*** zum kommissionsweisen Verkauf überlassenen Teppichen, dadurch, daß er diesen Geldbetrag nicht ablieferte, sondern für sich verbrauchte, sich mit dem Vorsatz zugeeignet hatte, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Sache nach in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO behauptet der Beschwerdeführer zunächst, es liege der Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue vor; das Erstgericht habe sich nicht mit der zwischen dem Angeklagten und (dem geschädigten) Atesch B*** (vor Anzeigeerstattung) getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung auseinandergesetzt, sei insbesondere nicht auf die sich daraus ergebende "rechtliche Problematik" eingegangen und habe versäumt, hiezu ausreichende Feststellungen zu treffen. Dies jedoch nicht mit Recht.

Die im angefochtenen Urteil zur Frage einer allfälligen tätigen Reue (ohnedies) getroffene Feststellung, wonach es zur Anzeigeerstattung kam, "nachdem der Angeklagte mit B*** eine Ratenzahlung vereinbart hatte und auch diese nicht einhielt" (vgl S 77) reicht nach Lage des Falles vollkommen aus. Da der Angeklagte den Schaden vor Anzeigeerstattung unbestrittenermaßen nicht vollständig gutgemacht hat (§ 167 Abs. 2 Z 1 StGB), könnte ihm tätige Reue nur im Falle einer - in der Folge auch eingehaltenen - vertraglichen Verpflichtung im Sinne des § 167 Abs. 2 Z 2 StGB zustatten kommen. Zwar könnte auch ein Ratenvergleich eine solche vertragliche Verpflichtung darstellen, jedoch nur dann, wenn dabei die Verpflichtung des Täters zum Ersatz des gesamten Schadens in ziffernmäßig bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines kalendermäßig festgelegten Zeitraumes festgelegt worden wäre (vgl SSt 46/2 ua). Eine derartige Verpflichtung hat der Angeklagte, der lediglich angab, mit B*** (allgemein) vereinbart zu haben, daß er monatlich sfr 500 an ihn bezahlen werde, und der darüber hinaus einräumte, daß er dieses Versprechen in der Folge nicht einhalten konnte (vgl S 59), nie behauptet. Da auch anderen Beweisergebnissen, insbesondere den Angaben des Zeugen Atesch B*** (vgl S 65, 66) keine Hinweise auf das Vorliegen (geschweige denn die Einhaltung) einer den Erfordernissen des § 167 Abs. 2 Z 2 StGB entsprechenden vertraglichen Verpflichtung entnommen werden können, bestand für das Erstgericht kein Anlaß, auf diesen Umstand näher einzugehen (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , § 281 Z 9 b, ENr. 27).

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Beschwerdeführer in weiterer Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde die Urteilsannahme bekämpft, daß er mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat, erschöpft sich das bezügliche Beschwerdevorbringen - ohne daß damit die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht würden - seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach im wesentlichen in dem im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die freie Beweiswürdigung der in erster Instanz erkennenden Richter zu bekämpfen. Das Erstgericht hat seine Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz - durchaus schlüssig - darauf gestützt, daß der Angeklagte - wie er selbst zugab (vgl S 55, 56, 60, 61) - die (ihm anvertrauten) Erlöse aus den Teppichverkäufen zur Abdeckung seiner Schulden und zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verwendete. Den in der Beschwerde zitierten Angaben des Zeugen B*** (S 64 ff) kann demgegenüber nur entnommen werden, daß bei Übergabe der Kommissionsware an den Angeklagten großzügig vorgegangen wurde und daß der Zeuge den Angeklagten - ersichtlich nach bereits geschehener Veruntreuung - durch die Gewährung von Ratenzahlungen helfen wollte, nicht aber daß der Zeuge mit der (auch nur zeitweiligen) Überführung der erzielten Verkaufserlöse in das Vermögen des Angeklagten einverstanden gewesen wäre.

Auch mit dem Hinweis auf die - wie der Beschwerdeführer meint - "lockeren Sitten des persischen Teppichhandels" vermag er weder einen Begründungsmangel noch einen Rechtsirrtum des angefochtenen Urteils aufzuzeigen. Ob aber "eine deutliche Vereinbarung hinsichtlich des Zeitpunktes der Zurückzahlung der anvertrauten Beträge (Erlöse)" getroffen wurde, ist deshalb ohne Bedeutung, weil der Angeklagte nach den (mängelfreien) Urteilsannahmen keinesfalls berechtigt war, die erzielten Erlöse (auch nur vorübergehend) für eigene Zwecke zu verwenden. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 133 Abs. 2 StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung waren erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und der nahe der 100.000 S Grenze liegende Schadensbetrag, mildernd hingegen das Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Anwendung des § 37 StGB an. Die Berufung ist berechtigt.

Bei der Strafbemessung war auf das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 11.Jänner 1985, GZ U 917/84-8, gemäß § 31 StGB Bedacht zu nehmen. Bei einer gemeinsamen Aburteilung der gegenständlichen strafbaren Handlung mit dem (in der Zeit vom 23.September 1982 bis zum 11.Jänner 1985 begangenen) Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB, dessentwegen der Angeklagte mit dem oben angeführten Urteil zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt wurde, wäre unter Zugrundelegung der vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollständig festgestellten Strafzumessungsgründe eine Freiheitsstrafe von insgesamt neun Monaten der Schuld des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Taten gerecht geworden.

Beträgt die verwirkte Freiheitsstrafe nicht mehr als sechs Monate, so ist gemäß § 37 Abs. 1 StGB auf eine Geldstrafe zu erkennen, es sei denn, daß die Freiheitsstrafe aus Gründen der Spezial- oder Generalprävention unerläßlich ("geboten") ist. Nach Lage des vorliegenden Falles kann vor allem im Hinblick auf die soziale Integration des Angeklagten, der nachgewiesenen völligen Schadensgutmachung sowie des Umstandes, daß die letzte auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilung doch mehrere Jahre zurückliegt, beim Berufungswerber die Geldstrafe als die zweckmäßigere Strafe angesehen werden; es besteht kein Grund zur Annahme, daß ihn nur eine kurzfristige Freiheitsstrafe von weiteren strafbaren Handlungen abhalten könnte. Generalpräventive Erwägungen fallen im Hinblick auf die Art und die Begehung der Tat nicht ins Gewicht.

Entsprechend dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat war die über den Angeklagten zu verhängende Geldstrafe mit 300 (dreihundert) Tagessätzen (demgemäß für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 150 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) als Zusatzstrafe zu dem oben zitierten Urteil auszumessen. Der Tagessatz war im Hinblick auf die Auslagen des Angeklagten als Pendler und auf die nach dem Akteninhalt bestehenden Unterhaltsrückstände hinsichtlich der Unterhaltspflichtigen Sabine P*** mit 200 S - als den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers entsprechend - festzusetzen.

Dem erst im Gerichtstag gestellten Antrag auf Anwendung des § 43 StGB war nicht näher zu treten, weil dies weder bei der Anmeldung noch bei der schriftlichen Ausführung der Berufung begehrt wurde.

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