Spruch:
Der Antrag, es werde festgestellt, daß die im Dienstverhältnis zur R*** Ö*** stehenden Vertragsbediensteten, die gemäß dem § 18 Abs 4 VBG 1948 zur Bereitstellung eines Gehaltskontos verpflichtet sind und vom kontoführenden Geldinstitut für das Gehaltskonto an sich und für die Abhebung der vom Dienstgeber überwiesenen Geldleistungen mit Gebühren oder Spesenersätzen belastet werden, berechtigt seien, von der Antragsgegnerin als Dienstgeberin den Rückersatz dieser die Nettogeldleistungen des Dienstgebers schmälernden Beträge zu fordern, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die antragstellende Partei ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs 2 ArbVG. Die Kollektivvertragsfähigkeit wurde ihr, wie unbestritten ist, vom Obereinigungsamt im Jahr 1957 zuerkannt; Diese Zuerkennung galt gemäß dem § 165 ArbVG auch nach dem Inkrafttreten des Arbeitsverfassungsgesetzes weiter. Die Antragsgegnerin ist gemäß dem § 7 ArbVG eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitgeber. Beide Parteien sind daher im Sinne des § 54 Abs 2 erster Satz ASGG als Parteien des gegenständlichen besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.
Die antragstellende Partei führt zur Begründung ihres aus dem Spruch ersichtlichen Antrages aus, die österreichischen Geldinstitute verrechneten für die Führung von Gehaltskonten dem jeweiligen Kontoinhaber aufgrund ihrer Geschäftsbedingungen Gebühren oder Spesen in unterschiedlicher Höhe. Sie belasteten auf diese Weise den Inhaber des Gehaltskontos, auch wenn dieser keine Dienste des Geldinstitutes in Anspruch nehme, die über die Kontoführung an sich und die Abhebung der ihm vom Dienstgeber überwiesenen Geldbeträge hinausreichten. Durch diesen Auszahlungsvorgang werde die dem Vertragsbediensteten gebührende Nettogeldleistung des Dienstgebers ungebührlich geschmälert. Da die Geldleistungen im Hinblick auf die Überweisungsverpflichtung der Antragsgegnerin (§ 18 Abs 4 VBG 1948) eine Bringschuld seien, müsse die Antragsgegnerin gemäß dem § 905 Abs 2 ABGB die Kosten dieses Auszahlungsvorganges tragen, zumal der Dienstnehmer gesetzlich verpflichtet sei, sich diesem Auszahlungsmodus zu unterwerfen.
Die Antragsgegnerin beantragte, den Feststellungsantrag abzuweisen. Der Vertragsbedienstete sei gemäß dem § 18 Abs 4 VBG 1948 verpflichtet, für die Möglichkeit vorzusorgen, daß die ihm gebührenden Geldleistungen unbar auf ein Konto überwiesen werden können. In Erfüllung der Verpflichtung zur Entgeltzahlung überweise die Antragsgegnerin als Dienstgeberin im Wege der Österreichischen Postsparkasse die dem Dienstnehmer gebührenden Bezüge auf ein Konto eines Kreditinstitutes seiner Wahl. Die von der Österreichischen Postsparkasse geltend gemachten Überweisungskosten trage die Antragsgegnerin, so daß die Bezüge an den gesetzlich vorgesehenen Auszahlungstagen den Vertragsbediensteten ungeschmälert zur Verfügung stehe. Die mit der Eröffnung und Aufrechterhaltung eines Gehaltskontos verbundenen geringfügigen Spesen seien nicht mit der Überweisung der Bezüge, sondern mit der die Vertragsbediensteten treffenden gesetzlichen Verpflichtung zur Führung eines Gehaltskontos verbunden. Die Vertragsbediensteten könnten den Ersatz dieser Spesen von der Antragsgegnerin nur dann verlangen, wenn dies im Gesetz vorgesehen wäre. Da dies nicht der Fall sei, stehe den Vertragsbediensteten ein derartiger Ersatzanspruch nicht zu. Die Bestimmung des § 905 Abs 2 ABGB erstrecke sich nur auf die Kosten der Überweisung, nicht aber auf jene der Kontoführung; letztere fielen nicht unter den Begriff des für die Kostentragung nach dieser Gesetzesstelle maßgebenden "Übermachens" einer Geldzahlung. Im übrigen habe sich auch durch die Überweisung der Geldleistungen an deren Charakter einer Holschuld nichts geändert, so daß nicht einmal die Überweisungskosten zu tragen wären. Die Antragsgegnerin habe sie aber aus Gründen der Billigkeit übernommen. Schließlich sei die bargeldlose Überweisung auch für die Dienstnehmer mit erheblichen Vorteilen verbunden.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat auf der Grundlage des von der antragstellenden Partei behaupteten Sachverhalts (§ 54 Abs 4 erster Satz ASGG) über den Feststellungsantrag erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß für das besondere Feststellungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof (§ 54 Abs 2 ASGG) kein Anwaltszwang besteht. Die Bestimmung des § 40 ASGG regelt nur die Vertretung der Parteien vor den Gerichten erster und zweiter Instanz. Da für das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof im Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz keine Sonderregelung getroffen wurde, ist vor diesem gemäß den §§ 506 Abs 1 Z 4, 507 Abs 3 und 520 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO Anwaltszwang gegeben. Diese Bestimmungen gelten jedoch ausschließlich für das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof. Da aber das besondere Feststellungsverfahren kein Rechtsmittelverfahren sondern ein vor dem Obersten Gerichtshof zu führendes außerstreitiges Verfahren erster Instanz ist, kommen auf dieses die vorgenannte Bestimmungen über den Anwaltszwang nicht zur Anwendung (Kuderna, ASGG 201, 299). Die antragstellende Partei ist daher berechtigt, sich in diesem Verfahren durch die im Antrag näher bezeichneten Personen im Sinne des § 40 Abs 1 Z 2 ASGG vertreten zu lassen. Der gegenständliche Antrag hat eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach dem § 50 ASGG zum Gegenstand, die schon ihrem Wesen nach und aufgrund des behaupteten, von namentlich bestimmten Personen unabhängigen, Sachverhalts für mindestens drei Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Gegenstand des Antrages ist die Frage, ob die Antragsgegnerin die Spesen zu tragen hat, die den Vertragsbediensteten, infolge der gesetzlich vorgeschriebenen Führung der Gehaltskonten entstehen, auf welche die Antragsgegnerin die ihrem Dienstnehmern gebührenden Geldleistungen überweist. Diese Frage ist eine solche des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach dem § 50 ASGG; sie betrifft nämlich eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (§ 50 Abs 1 Z 1 ASGG). Die gesetzlichen Voraussetzungen eines Feststellungsantrages im Sinne des § 54 Abs 2 ASGG sind daher erfüllt.
Bei der Beurteilung der vorerwähnten Rechtsfrage ist davon auszugehen, daß der Vertragsbedienstete gemäß dem § 18 Abs 4 VBG 1948 verpflichtet ist, für die Möglichkeit vorzusorgen, daß die ihm gebührenden Geldleistungen unbar auf ein Konto überwiesen werden können. Die Überweisung hat so zu erfolgen, daß das Monatsentgelt, die Haushaltszulage und die Sonderzahlungen spätestens an den in den Absätzen 1 und 2 angeführten Auszahlungstagen zur Verfügung stehen. Die im ersten Satz des § 18 Abs 4 VBG 1948 angeführte Verpflichtung gilt nicht für Vertragsbedienstete, die für den vorübergehenden Bedarf aufgenommen werden.
Aus dieser Bestimmung ergibt sich die Verpflichtung jedes Vertragsbediensteten - soweit er nicht für den vorübergehenden Bedarf aufgenommen worden ist - ein Konto bei einem Kreditinstitut seiner Wahl zu eröffnen und aufrecht zu erhalten. (Daß ein Vertragsbediensteter diese Möglichkeit nicht hat, weil kein Kreditinstitut bereit ist, mit ihm einen Vertrag über die Eröffnung eines Kontos abzuschließen, wurde nicht behauptet, so daß auf diesen an sich kaum in Betracht zu ziehenden Fall hier nicht einzugehen ist.) Die Antragsgegnerin ist hingegen als Arbeitgeberin verpflichtet, auf das ihr bekanntgegebene Konto alle dem betreffenden Vertragsbediensteten gebührenden Geldleistungen zu überweisen. Während die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Arbeitsentgelts nach der Verkehrssitte eine Holschuld ist (Adler-Höller in Klang 2 I 273; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 24, 25 zu § 1154; Mayer-Maly, Österreichisches Arbeitsrecht 86; Martinek-Schwarz, Angestelltengesetz 6 319 f; Ribnitz, Arbeitsrechtliche Probleme der bargeldlosen Lohnzahlung, ÖJZ 1970, 477 ff; Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht 2 208; Spielbüchler in Arbeitsrecht 2 I 140; Arb 7081), ist die Schuld der Antragsgegnerin zur Erbringung der Geldleistungen an die Vertragsbediensteten im Hinblick auf die gesetzliche Überweisungsverpflichtung eine Schickschuld. Das Kreditinstitut des Vertragsbediensteten, das dessen Gehaltskonto führt, ist einer Zahlstelle des Vertragsbediensteten gleichzuhalten, an welche die Antragsgegnerin die Geldleistungen durch Überweisung zu erbringen hat. Das Gehaltskonto entspricht seinem Wesen nach einem traditionellen Bankkonto. Das Konto ist ein buchhalterisches Hilfsmittel, das die verschiedenen Zahlungsvorgänge in übersichtlicher Form wertmäßig erfaßt. Auf ein Gehaltskonto werden nicht nur Entgeltzahlungen durch den Arbeitsgeber im Giroweg überwiesen; über ein solches Konto können auch alle sonstigen Dienstleistungen einer Bank wie über ein Bankkonto im traditionellen Sinn abgewickelt werden. Auf der Haben-Seite können neben den Überweisungen des Arbeitsentgelts auch eigene Einzahlungen des Kontoinhabers und sonstige Zahlungen an ihn erfolgen; auf der Soll-Seite können vom Kontoinhaber Abhebungen vorgenommen, Überweisungs-, Dauer- und Einziehungsaufträge erteilt, Verfügungen mittels Scheck (eventuell iVm einer Scheckkarte) getroffen und (Überziehungs)kredite in Anspruch genommen werden (igls Fischer, Das Gehaltskonto in arbeitsrechtlicher Sicht, ZAS 1971, 123 ff). Die Gehaltskonten werden, wie allgemein bekannt ist, von ihren Inhabern in den meisten Fällen nicht bloß für die Überweisung und Abhebung des Arbeitsentgelts, sondern auch für darüber hinausreichende Zwecke der vorerwähnten Art verwendet. Die Einrichtung eines Gehaltskontos setzt den Abschluß eines Bankvertrages zwischen dem Arbeitnehmer und einer Bank voraus. Dieser Vertrag steht außerhalb der arbeitsvertragsrechtlichen Beziehungen des Arbeitnehmers zu seinem Arbeitgeber. Der Vertragsbedienstete ist zwar gemäß dem § 18 Abs 4 VBG 1948 zur Einrichtung eines Gehaltskontos verpflichtet, doch richten sich die Beziehungen des Vertragsbediensteten in seiner Eigenschaft als Kontoinhaber zu dem kontoführenden Kreditinstitut nach dem Inhalt des zwischen diesen beiden Personen darüber abgeschlossenen Vertrages. Dies gilt auch für die mit der Kontoführung verbundenen und dem Kontoinhaber vom Kreditinstiut verrechneten Spesen. Da diese Spesen bei den einzelnen Kreditinstituten unterschiedlich hoch sind, kann der Vertragsbedienstete durch eine entsprechende Auswahl des Kreditinstitutes auf die Höhe der ihm verrechneten Spesen Einfluß nehmen. Da nun die Schuld der Antragsgegnerin, wie bereits erwähnt, infolge der im § 18 Abs 4 VBG 1948 normierten Überweisungsverpflichtung eine Schickschuld ist, kommen auf diese Verpflichtung die Bestimmungen des § 905 Abs 2 ABGB zur Anwendung. Danach hat der Schuldner Geldschulden im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Dies bedeutet, daß die Antragsgegnerin als Schuldnerin der Schickschuld die mit dem "Übermachen", also mit der Überweisung, verbundenen Kosten zu tragen hat. In dem Zeitpunkt, in dem die überwiesene Geldleistung auf dem Konto des Vertragsbediensteten gutgebucht wird, ist die Schuld der Antragsgegnerin getilgt und die Überweisung der Geldleistung beendet (Martinek-Schwarz aaO 320; BAG 28, 260, 263). Die diesem Zeitpunkt nachfolgenden Vorgänge auf dem Konto, insbesondere die Auszahlung durch das Kreditinstitut, berühren das Arbeitsverhältnis nicht mehr (vgl Spielbüchler aaO). Das bedeutet, daß alle Spesen und Kosten, die außerhalb der Überweisung anfallen, also insbesondere jene Spesen und Kosten, die mit der Führung des Kontos und mit der Abhebung der Geldleistungen verbunden sind (Konto- und Buchungsgebühren), nicht zu den Kosten im Sinne des § 905 Abs 2 ABGB gehören und daher nicht von der überweisenden Antragsgegnerin, sondern von den Kontoinhabern, also von den Vertragsbediensteten zu tragen sind. Diese Kosten entstehen nicht durch die jeweilige Überweisung und berühren nicht mehr das Arbeitsverhältnis, sondern beruhen ausschließlich auf der bankvertragsrechtlichen Beziehung des Vertragsbediensteten zu seinem Kreditinstitut. Daß sie infolge der gesetzlichen Verpflichtung des Vertragsbediensteten zur Einrichtung eines Gehaltskontos und der gesetzlichen Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Überweisung der Geldleistungen auf ein solches Konto notwendig geworden sind, ändert nichts an der unterschiedlichen Rechtsnatur der beiden Arten von Kosten. Die durch die Überweisung anfallenden Kosten hat die Antragsgegnerin, die mit der Kontoführung verbundenen Kosten der Vertragsbedienstete zu tragen, der das Konto auch zu den oben erwähnten weiteren Zwecken verwenden kann und in der Regel auch tatsächlich verwendet (vgl BAG 28, 260; BAG 29, 40; BAG 39, 355). Soweit Lohnschulden Holschulden sind, können dem Arbeitnehmer ebenfalls Kosten zur Last fallen, die er aufwenden muß, um in den Besitz seines Arbeitsentgelts zu gelangen. Mangels entgegengesetzter Norm, Vereinbarung oder Verkehrssitte ist der Arbeitnehmer auch in einem solchen Fall verpflichtet, derartige Kosten selbst zu tragen. Da der Vertragsbedienstete zur Einrichtung eines Gehaltskontos gesetzlich verpflichtet ist, besorgt er mit dieser Einrichtung ein eigenes Geschäft und nicht etwa das Geschäft seines Dienstgebers. Er kann daher die damit verbundenen Kosten auch nicht etwa aus dem Rechtsgrund eines Geschäftsführers ohne Auftrag (§§ 1035 ff ABGB) von der Antragsgegnerin fordern. Da diese Verpflichtung den Vertragsbediensteten nach dem Gesetz unmittelbar trifft, wird er auch nicht etwa im Auftrag der Antragsgegnerin tätig, so daß der Rechtsgrund des § 1014 ABGB ebenfalls versagt.
Dem auf einer Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin beruhenden Feststellungsantrag fehlt somit die Berechtigung.
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