OGH 8Ob71/86

OGH8Ob71/869.4.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*** E***-,F***- UND

V*** Aktiengesellschaft, Museumstraße 6-8, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1) Karl P***, Angestellter, Hans Sachsstraße 1, 4600 Wels, und 2) I*** U***- UND S***-Aktiengesellschaft, Tegetthoffstraße 7, 1010

Wien, beide vertreten durch Dr. Manfred Traxlmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen 34.746 S sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. Mai 1986, GZ 3 R 78/86-25, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30. Dezember 1985, GZ 4 Cg 336/84-17, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere

Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Am 15. Mai 1984 wurde in Linz bei einem vom Erstbeklagten als Halter und Lenker eines bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW verschuldeten Verkehrsunfall der achtachsige Gelenktriebwagen Nr. 86 der Klägerin beschädigt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von 34.746 S sA mit der Begründung, während der Reparaturdauer des beschädigten Gelenktriebwagens von 6 Tagen sei von ihr zur Vermeidung eines weiteren Schadens, nämlich eines Verdienstentganges, ein Reservestraßenbahnzug gleicher Type eingesetzt worden. Dieser Gelenktriebwagen werde ausschließlich zu dem Zweck in Reserve gehalten, um bei Betriebsunfähigkeit von durch außenstehende Dritte beschädigten Straßenbahnzügen über ein Ersatzfahrzeug zu verfügen und durch dessen Einsatz den ansonsten eintretenden Verdienstausfall zu vermeiden. Die Vorsorgekosten, zusammengesetzt aus Kosten für Versicherung, Revisionsmaterial, Revisionslöhne, Absetzung für Abnützung, Zinsen, Instandhaltung und Verwaltung, hätten im Unfallszeitpunkt pro Tag 5.791 S betragen. Zum Ersatz dieser Kosten seien die Beklagten aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag verpflichtet.

Die Beklagten wendeten ein, die Reparaturdauer von 6 Tagen sei überhöht; wegen der Geringfügigkeit der Beschädigungen hätte die Reparatur innerhalb der betriebsnotwendigen Stehzeiten durchgeführt werden können. Es werde bestritten, daß die Klägerin einen Reservestraßenbahnzug gleicher Type ausschließlich für durch Dritte verursachte Betriebsausfälle eingesetzt habe. Vielmehr würden ständig einige Garnituren in Reserve gehalten, um betriebsbedingte Ausfälle - gewöhnliche Beschädigungen, laufende Revisionen, stets zu erneuernde Bemahlungen für Reklamezwecke - zu ersetzen. Durch fremdverschuldete Unfälle bedingte Stehzeiten seien nur ganz geringfügig. Die begehrten Vorhaltekosten seien überhöht. Die Klägerin bediene sich zur Überbrückung von Engpässen bei Fahrzeugausfällen regelmäßig älterer Straßenbahngarnituren, deren Kosten nur einen Bruchteil der behaupteten Aufwendungen ausmachten. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Reparaturdauer betrug 6 Tage. Eine Reparatur über einen kürzeren Zeitraum oder während der betriebsbedingten Stehzeiten wäre nicht durchführbar gewesen.

Für Unfälle und besondere Störfälle der Straßenbahnen stehen der Klägerin ständig zwei Straßenbahnzüge, und zwar ein achtachsiger und ein zehnachsiger Gelenktriebwagen, als Ersatz zur Verfügung. Diese können bei entsprechendem Bedarf jederzeit in Betrieb genommen werden, um eine ausgefallene Straßenbahngarnitur zu ersetzen. Als Ersatzfahrzeuge werden zu diesem Zweck von der Klägerin nicht immer dieselben Straßenbahnzüge in Bereitschaft gehalten, sondern werden nacheinander sämtliche vorhandenen Straßenbahngarnituren im Rotationsverfahren für diese Verwendung bestimmt. Über einen längeren Zeitraum gesehen stehen daher alle Straßenbahngarnituren der Klägerin ungefähr gleich lang in Reserve. Die jeweiligen Ersatzfahrzeuge können daher sowohl älterer als auch neuerer Bauart sein. Sämtliche Straßenbahnzüge werden deshalb von der Klägerin technisch vollkommen gleich betreut; in dieser Hinsicht wird kein Unterschied zwischen den als Ersatz dienenden und den im Einsatz befindlichen Straßenbahnen gemacht.

Im Jahresdurchschnitt ereignen sich etwa 80 bis 90 Verkehrsunfälle mit Blechschäden, bei denen Straßenbahngarnituren der Klägerin beteiligt sind; bei dieser Aufzählung bleibt das Verschulden an diesen Unfällen unberücksichtigt.

Bei allen Straßenbahngarnituren der Klägerin findet nach allen 50.000 km eine sogenannte Revision statt; nach jeweils 500.000 km oder spätestens nach einem Zeitablauf von 8 Jahren wird eine sogenannte Hauptreparatur durchgeführt. In der Werkstätte der Klägerin stehen ständig drei Straßenbahnzüge zur Revision bzw. zur Hauptreparatur. Für Straßenbahnzüge, die aus diesen Gründen aus dem Verkehr gezogen werden, stehen eigene Ersatzfahrzeuge zur Verfügung, die jedoch nicht bei Verkehrsunfällen oder anderen Störungen zum Einsatz kommen, sondern speziell anstelle der zur Überprüfung gestellten Fahrzeuge eingesetzt werden.

Zur Berechnung der Fahrzeugausfallskosten (Berechnungsstichtag 15. Mai 1984) eines achtachsigen Gelenktriebwagens einschließlich dem dazugehörigen Verwaltungskostenanteil wurde als Basis die Kostenrechnung und Rentabilität des Jahres 1982 herangezogen. In diesem Jahr hatte die Klägerin 15 achtachsige und 12 zehnachsige Gelenktriebwagen sowie 17 Motorwagen in Betrieb.

Die Fixkosten setzen sich aus den Posten Versicherung (750.348 S), Revisionsmaterial (127.716 S), Revisionslöhne (2,398.890 S), kalkulatorische AfA (8,126.940 S), kalkulatorische Zinsen (10,800.000 S) sowie Instandhaltung (1,315.000 S) zusammen. Die Fixkosten für alle 15 achtachsigen Gelenktriebwagen betragen somit 23,518.894 S. Für einen solchen Gelenktriebwagen ergibt sich somit ein Fixkostenanteil von 1,567.926 S.

Die Verwaltungskosten, die sich aus den Personalkosten (25,248.000 S), den Instandhaltungskosten (214.000 S), den Verwaltungs- und Betriebskosten (2,530.000 S), den Versicherungskosten (34.000 S), den Zinsen (1,750.000 S), den Steuern (361.000 S), den Abschreibungen (650.000 S) sowie den übrigen Aufwendungen (587.000 S) zusammensetzen, beziehen sich ausschließlich auf den Bereich Verkehr der Klägerin und wurden auf insgesamt 192 Fahrzeuge ohne Berücksichtigung der Anschaffungswerte umgelegt. Sie betragen insgesamt 31,374.000 S. Für einen achtachsigen Gelenktriebwagen ergibt sich daher ein jährlicher Verwaltungskostenanteil in der Höhe von 163.406 S.

Der Fix- und Verwaltungskostenanteil eines achtachsigen Gelenktriebwagens für ein Jahr beläuft sich somit zusammengerechnet auf 1,731.332 S.

Um die Ausfallskosten pro Tag zu errechnen, muß dieser Fix- und Verwaltungskostenanteil durch die Einsatztage der Fahrzeuge dividiert werden. Für das Jahr 1982 ergaben sich 299 Einsatztage. Die Fahrzeugausfallskosten bei einem achtachsigen Gelenktriebwagen pro Tag betragen daher 5.791 S, sodaß sich für 6 Tage ein Ausfall in der Höhe von 34.746 S ergibt.

Hätte die Klägerin keine Straßenbahngarnitur in Ersatz und würde dann ein achtachsiger Gelenktriebwagen ausfallen, würde sie einen Verdienstentgang in der Höhe von 10.000 S täglich erleiden. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Klagsanspruch zwar nicht aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes, aber aus dem der Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne des § 1037 ABGB dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die Klägerin habe durch Einsatz ihres Vermögens das Entstehen weiteren Schadens (Verdienstausfall von täglich 10.000 S) verhindert und somit im Interesse der Beklagten als Geschäftsführer gehandelt. Wegen der Höhe des sonst entstehenden Verdienstausfalles sei die Geschäftsführung zum klaren und überwiegenden Vorteil der Beklagten erfolgt. Die Reservehaltung sei auch wegen der Gefahr der Beschädigung durch Dritte erfolgt und daher in dieser Hinsicht im Interesse der Beklagten gelegen. Die Beklagten seien daher verpflichtet, der Klägerin die für die Zeit des unfallsbedingten Ausfalles des beschädigten achtachsigen Gelenktriebwagens anteilsmäßig gemachten Aufwendungen (fixe Kosten samt Verwaltungskosten) in Ansehung des eingesetzten, sonst in Reserve gehaltenen Ersatzfahrzeuges in der Höhe von insgesamt 34.746 S zu ersetzen.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es hob die Entscheidung des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht führte im wesentlichen aus, der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch sei nicht als Schadenersatzanspruch zu qualifizieren, weil die schon vorher getätigten Aufwendungen für die Reservehaltung nicht durch den Unfall verursacht worden seien. Ein Ersatzanspruch für diese Aufwendungen könne nur nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 1036, 1037 ABGB in Frage kommen. Die Geschäftsführung ohne Auftrag setze begrifflich die Absicht voraus, ein fremdes Geschäft zu führen. Entscheidend sei jedenfalls die Absicht, zumindest auch fremde Interessen zu verfolgen. Eine Feststellung, daß die Reservehaltung der Klägerin auch im Interesse allfälliger Schädiger erfolgt sei, fehle. Ein Indiz dafür, ob die Reservehaltung durch die Klägerin auch im Interesse fremder Schädiger erfolgt sei, werde Zahl und Dauer der durch Fremdverschulden verursachten Ausfälle in Relation zu den durch Betriebsstörungen und selbstverschuldete Unfälle verursachten Ausfällen sein. Sollte die Reservehaltung in gleichem Umfang für selbstverschuldete Unfälle und besondere Störfälle notwendig sein, werde die Absicht, in fremdem Interesse tätig zu sein, nicht angenommen werden können, da ein eigenes und ein fremdes Geschäft nicht in der Weise vermengt werden könne, daß die ganze Leistung auf Grund eines eigenen Geschäftes und zugleich in Geschäftsführungsabsicht für eine andere Person erbracht werde. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, welche Ausfälle die Klägerin im Jahresdurchschnitt durch aus fremdem Verschulden verursachte Unfälle habe, und davon ausgehend, ob sie die Reservestraßenbahnzüge auch in der Absicht halte, fremde Geschäfte zu führen.

Sollte diese Frage zu bejahen sein, seien zur Prüfung der Höhe des Anspruches der Klägerin folgende Erwägungen anzustellen:

Da die Klägerin in ihrem Unternehmen nicht bestimmte Fahrzeuge als Ersatzwagen eingesetzt habe, sondern alle Wagen gleichermaßen dazu verwendet würden, aber insgesamt zwei mehr als nötig vorhanden seien, um stets einen Reservewagen zu haben, sei zu fragen, welche Kosten gerade diese Reservehaltung verursache. Für die einzelnen von der Klägerin errechneten Positionen, die vom Sachverständigen und vom Erstgericht übernommen worden seien, ergebe sich dabei folgendes:

Unter den fixen Kosten schienen 750.348 S für Versicherung auf. Die Kostenumlage der Kaskoversicherung sei auf Basis Neuwert, der Haftpflichtversicherung nach dem Umsatz der einzelnen Fahrzeugtypen erfolgt. Daß eine Kaskoversicherung auch im Interesse künftiger Schädiger abgeschlossen worden wäre, könne nur dann angenommen werden, wenn diese auch aus der Kaskoversicherung begünstigt wären. Dies könne jedoch, da die Klägerin von den Beklagten die Reparaturkosten begehrt und deren Ersatz zugesagt erhalten habe, nicht angenommen werden. Die Kosten der Kaskoversicherung seien daher bei Berechnung der Fixkosten nicht zu berücksichtigen. Wenn die Prämie der Haftpflichtversicherung nach dem Umsatz der einzelnen Fahrzeugtypen berechnet werde, ergäben sich daraus für den Einsatz von Reservefahrzeugen keine Mehrkosten. Diese Kosten seien dann nicht durch die Reservehaltung verursacht und hätten ebenfalls außer Ansatz zu bleiben.

Für "kalkulatorische AfA" sei ein Betrag von 8,126.940 S angesetzt worden. Wie dieser Betrag errechnet wurde, sei nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich zähle die Absetzung für Abnützung zu den Kosten der Reservehaltung. Bei Berechnung der durch die Reservehaltung verursachten Kosten könne jedoch nicht von einem (runden) Wiederbeschaffungswert und einer angenommenen Nutzungsdauer ausgegangen werden. Der Anspruch des Geschäftsführers ohne Auftrag könne sich nicht an einer betriebswirtschaftlich ausgerichteten Gewinn- oder Verlustrechnung orientieren; es seien vielmehr der tatsächliche Aufwand bzw. die tatsächlichen Kosten zu ersetzen. Ausgangspunkt für die Berechnung der Absetzung für Abnützung hätten daher die tatsächlichen Anschaffungskosten und die tatsächliche Nutzungsdauer zu sein. Da von der Klägerin alle Wagen nach dem Rotationsverfahren als Reservefahrzeuge eingesetzt würden, werde für die Absetzung für Abnützung der entsprechende Durchschnittsbetrag zu errechnen sein.

Zu dem dem Geschäftsführer zu ersetzenden Aufwand gehöre auch die vermißte Nutzung des eigenen Kapitals, weshalb auch Verwendungszinsen verlangt werden könnten. Bei Berechnung dieser Zinsen könne aber nicht vom Wiederbeschaffungswert ausgegangen werden, sondern seien - wie bei der AfA - die tatsächlichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen.

Eine anteilige Berücksichtigung der Instandhaltungskosten des Straßenbahnbetriebshofes und der Verwaltungskosten werde nur dann möglich sein, wenn diese Kosten durch die Reservehaltung höher lägen als ohne Reservehaltung. Bei den einzelnen in Beilage B angeführten Positionen erscheine dies zumindest fraglich. Bei den Kosten Instandhaltung Straßenbahnbetriebshof in Beilage A falle auf, daß diese ohne Berücksichtigung der Anzahl der Fahrzeuge gleichmäßig auf Achtachser, Zehnachser und Motorwagen aufgeteilt worden seien. Eine Begründung hiefür sei nicht ersichtlich.

Endlich erscheine die Zugrundelegung der Kostenrechnung für das Jahr 1982 für die Berechnung der Vorsorgekosten im Jahr 1984 nur dann geeignet, wenn in der Zwischenzeit keine wesentlichen Veränderungen eingetreten seien.

Hingegen sei die Errechnung der zu ersetzenden Vorsorgekosten durch Division der Jahreskosten durch die Anzahl der Einsatztage und Multiplikation mit der Zahl der Ausfallstage bei Reservehaltung zur Förderung eigener und fremder Interessen sachlich gerechtfertigt. Es seien dies genau diejenigen Kosten, die auf den einzelnen Vorfall entfielen.

Da die Geschäftsführung nur dann für den Schädiger nützlich sei, wenn die Aufwendungen geringer seien als der sonst eingetretene Schaden, seien die anteiligen Kosten nur bis zu dieser Höhe zu ersetzen. Das Erstgericht habe festgestellt, daß die Klägerin, hätte sie keine Straßenbahngarnitur in Ersatz und würde dann ein achtachsiger Gelenktriebwagen ausfallen, einen Verdienstentgang von 10.000 S täglich erleiden würde. Bei der Berechnung des Verdienstentganges handle es sich teilweise um eine Rechtsfrage; bloß die für die Errechnung erforderlichen Zahlen fielen in den Bereich der Tatsachenfeststellungen. Vorliegendenfalls ergebe sich der Verdienstentgang aus der Differenz im Vermögen der Klägerin mit und ohne Einsatz eines Ersatzfahrzeuges. Sofern der Straßenbahnbetrieb defizitär sei, sei dies der Betrag, um den sich der Verlust bei Ausfall des Fahrzeuges während der Reparaturdauer erhöhen würde. Diesbezüglich stünden weder Vorbringen noch Feststellungsgrundlagen zur Verfügung.

Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren, sollte es einen Geschäftsführungsanspruch dem Grunde nach für gegeben erachten, auf ein den aufgezeigten Grundsätzen entsprechendes Vorbringen der Klägerin hinzuwirken und dieses, erforderlichenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Rechnungswesen, zu prüfen haben. Letztlich könnten die Vorsorgekosten und der bei Nichteinsatz des Ersatzfahrzeuges zu erwartende Verdienstentgang nur nach § 273 ZPO ausgemittelt werden. Die bisher vorliegenden Grundlagen reichten jedoch für eine auch nur annähernde Ausmittlung nicht aus, weshalb die Entscheidung des Erstgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen sei.

Den angeordneten Rechtskraftvorbehalt begründete das Berufungsgericht damit, daß Judikatur des OGH zur Berechnung der Höhe der Vorsorgekosten nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß "dahingehend abzuändern, daß der Berufung keine Folge gegeben werde"; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten haben eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs der Klägerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und im Ergebnis insoweit unberechtigt, als es bei der aufhebenden Entscheidung des Berufungsgerichtes zu verbleiben hat; allerdings kann den Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes nicht im vollen Umfang beigetreten werden. Der Oberste Gerichtshof hat in den in SZ 45/137 und JBl 1986, 581 veröffentlichten Entscheidungen, auf deren Begründung im einzelnen verwiesen werden kann, ausgeführt, daß der Schädiger bei Beschädigung eines Fahrzeuges nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1036, 1037 ABGB) für die auf die Zeit des unfallsbedingten Ausfalles des beschädigten Fahrzeuges entfallenden Kosten eines vom Geschädigten bereitgehaltenen und nun zum Einsatz gebrachten Reservefahrzeuges einzustehen hat. In beiden Fällen wurde es für die Anwendung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag als ausreichend erachtet, daß die zum Einsatz gebrachten Ersatzfahrzeuge auch wegen der Möglichkeit der Beschädigung von Fahrzeugen des Geschädigten durch Dritte gehalten wurden. Dem wurde in der Lehre zugestimmt (Koziol in JBl 1973, 477; derselbe, Haftpflichtrecht 2 I 63; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1035) und es besteht auch im vorliegenden Fall kein Anlaß, davon abzugehen. Es ist demnach entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes für die Anwendung dieser Grundsätze nicht erforderlich, daß das Ersatzfahrzeug vom Geschädigten allein oder überwiegend zu dem Zweck gehalten wurde, um im Fall der Beschädigung eines eigenen Fahrzeuges aus dem Verschulden eines anderen eingesetzt zu werden; es genügt vielmehr, daß der Geschädigte mit der Haltung des Ersatzfahrzeuges neben der Verfolgung eigener Interessen auch diesen Zweck verfolgte. Daß dies auch im vorliegenden Fall zutraf, wird von den Beklagten nicht bestritten. Darauf, in welchem Verhältnis die Verwendung von Ersatzfahrzeugen der Klägerin für eigene Zwecke der Klägerin zur Verwendung im Fall der Beschädigung eigener Fahrzeuge aus dem Verschulden Dritter stand, kommt es nicht an. Gewiß muß dieses Verhältnis bei Ermittlung der Höhe der dem Schädiger anlastbaren Vorsorgekosten berücksichtigt werden; für die Anwendung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 1036, 1037 ABGB genügt es aber, daß die Vorsorgehaltung auch zum Zweck des Einsatzes von Ersatzfahrzeugen im Fall der Schädigung durch Dritte erfolgte. Der Auftrag des Berufungsgerichtes, im fortgesetzten Verfahren zu klären, welche Ausfälle die Klägerin an ihrem Fuhrpark im Jahresdurchschnitt durch aus fremdem Verschulden verursachte Unfälle hatte, ist daher entbehrlich.

Die Frage, wie die Höhe derartiger vom Schädiger zu ersetzender Vorsorgekosten zu ermitteln ist, wurde bisher - soweit überschaubar - vom Obersten Gerichtshof nicht behandelt. In SZ 45/137 wurde dazu nicht Stellung genommen; in JBl 1986, 581 wurde nur ein Teilaspekt dieser Frage, ob nämlich zur Ermittlung eines Tagessatzes die jährlichen Fixkosten eines Ersatzfahrzeuges durch die Anzahl der Einsatztage oder durch die Anzahl der Tage des gesamten Jahres geteilt werden müssen, behandelt.

Grundsätzlich ist dazu auszuführen, daß bei Beurteilung dieser Frage in der Regel wohl weitgehend die Voraussetzungen des § 273 Abs 1 ZPO vorliegen werden, daß aber die Beobachtung folgender Grundsätze geboten erscheint:

Die fixen Kosten der Haltung eines Ersatzfahrzeuges (Vorsorgekosten) setzen sich zusammen aus den Kosten des Kapitaleinsatzes, nämlich dem Wertverlust des Ersatzfahrzeuges und der Verzinsung des jeweils eingesetzten Kapitals. Dabei bezieht sich der Kapitaleinsatz nicht nur auf das Reservefahrzeug selbst, sondern auch auf die für die Unterbringung und Wartung des Fahrzeuges erforderlichen Anlagen zu einem auf das Reservefahrzeug entfallenden Bruchteil. Hinzu kommen die laufenden Aufwendungen für Wartung und Instandhaltung des Fahrzeuges und der erforderlichen Anlagen sowie die laufenden Aufwendungen für Steuer und Versicherungen (vgl. VersR 1981, 860; Klimke in VersR 1977, 793 ff). Abweichend von der in der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen Art der Berechnung derartiger Kosten ist aber der erkennende Senat der Ansicht, daß in Fällen, in denen Ersatzfahrzeuge vom Geschädigten für eigene betriebliche Zwecke und zum Einsatz im Fall der Beschädigung von Fahrzeugen durch Dritte gehalten werden, diese fixen Kosten nicht noch weiter dahin differenziert werden können, ob und inwieweit sie durch die Verwendung des Fahrzeuges für den letztgenannten Zweck erhöht wurden oder nicht. Es kann vielmehr nur darauf ankommen, wie hoch diese fixen Kosten für die Haltung eines solchen Ersatzfahrzeuges an sich sind und es ist dann erst bei Beurteilung der Frage, inwieweit der außenstehende Schädiger solche Kosten zu ersetzen hat, darauf einzugehen, in welchem Verhältnis er zum Ersatz solcher Kosten beizutragen hat. Der von Koziol in JBl 1973, 477 vertretenen Meinung, in derartigen Fällen seien die anteilsmäßigen Kosten für den Einsatzzeitraum zwischen dem Unternehmer und dem Schädiger zu teilen, vermag der erkennende Senat gleich dem Berufungsgericht nicht zu folgen, weil damit die Frage der Höhe von Vorsorgekosten mit der Frage der Ersatzpflicht des Schädigers vermengt und dem Geschädigten die Tragung solcher Kosten auch für Zeiträume zugemutet wird, in denen das Ersatzfahrzeug dazu verwendet wurde, um zu Gunsten des Schädigers den Eintritt eines höheren Schadens zu vermeiden.

Im einzelnen ist zu den Ergänzungsaufträgen des Berufungsgerichtes folgendes auszuführen:

Entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes sind die von der Klägerin aufgewendeten Prämien für Haftpflicht- und Kaskoversicherung in die durch die Haltung eines Ersatzfahrzeuges auflaufenden fixen Kosten einzubeziehen (vgl. Klimke in VersR 1977, 794 und VersR 1981, 860). Es ist nicht entscheidend, ob derartige Kosten zur Entlastung künftiger Schädiger aufgewendet wurden; entscheidend ist, daß sie durch die Haltung eines Ersatzfahrzeuges unter den ansonsten für den Fahrzeugpark der Klägerin gebräuchlichen Bedingungen ohne Rücksicht auf dessen Betrieb entstehen. Gegen die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung der Kosten der Haftpflicht- und der Kaskoversicherung auf das einzelne Fahrzeug bestehen keine Bedenken.

Die sogenannte Absetzung für Abnützung, also wirtschaftlich gesehen die Abgeltung für den Wertverlust eines auch für Ersatzzwecke gehaltenen Fahrzeuges, ist, wie oben ausgeführt, im Rahmen der fixen Kosten zu berücksichtigen (siehe dazu Klimke in VersR 1977, 793). Dabei ist aber nach Meinung des erkennenden Senates auch dann, wenn ein Ersatzfahrzeug sowohl für eigene wirtschaftliche Belange des Geschädigten als auch für den Einsatz bei Beschädigung eines Fahrzeuges durch Fremdverschulden gehalten wird, entgegen der in der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen Berechnungsmethode (vgl. VersR 1981, 860) nicht zwischen alters- und betriebsbedingtem Wertverlust zu differenzieren und aus diesem Grund nur ein Teil des Wertverlustes in die Vorsorgekosten einzubeziehen, weil damit vernachlässigt wird, daß ein betriebsbedingter Wertverlust auch durch den Betrieb eines Ersatzfahrzeuges im Fall der schuldhaften Beschädigung eines Fahrzeuges durch einen Dritten eintritt und überdies die Nutzungsdauer öffentlicher Verkehrsmittel erfahrungsgemäß nicht vom Ausmaß ihres tatsächlichen Einsatzes abhängt. Es erscheint vielmehr wirtschaftlich gerechtfertigt, die gesamte Absetzung für Abnützung bei Berechnung der Vorsorgekosten zu berücksichtigen; dem Umstand, daß der Geschädigte das Ersatzfahrzeug auch für eigene Zwecke benützt, wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, daß der Schädiger ja nur den Teil der Vorsorgekosten zu ersetzen hat, der auf den Zeitraum entfällt, in dem das Ersatzfahrzeug zu seinen Gunsten eingesetzt wurde. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß bei der Ermittlung der Höhe der Absetzung für Abnützung von den tatsächlichen Anschaffungskosten des Ersatzfahrzeuges und der tatsächlichen Nutzungsdauer ausgegangen werden muß, weil anders die für den aus dem Gesichtspunkt der Ersatzpflicht des Schädigers maßgeblichen Wertverlust entscheidenden wirtschaftlichen Faktoren nicht erfaßt würden. Zu ergänzen ist hier lediglich, daß auch ein allfälliger bei Veräußerung des Fahrzeuges nach Ablauf der Gebrauchsdauer erzielbarer Erlös berücksichtigt werden und in diesem Sinne von einem berichtigten Anschaffungswert ausgegangen werden müßte (vgl. Klimke in VersR 1977, 793). Es ist auch der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes zuzustimmen, daß, weil von der Klägerin alle Wagen nach einem Rotationssystem als Reservefahrzeuge eingesetzt wurden, für die Ermittlung der Absetzung für Abnützung entsprechende Durchschnittswerte anzusetzen sein werden (vgl. VersR 1981, 860). Es wird daher von einem mittleren Anschaffungswert der zur Unfallszeit im Betrieb der Klägerin verwendeten achtachsigen Gelenktriebwagen, ihrer mittleren Nutzungsdauer und einem allenfalls nach Ablauf der Nutzungsdauer erzielbaren mittleren Erlös dieser Fahrzeuge auszugehen sein. In dieser Richtung ist das Verfahren ergänzungsbedürftig. Auch der Berechnung des Zinsendienstes sind, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, die tatsächlichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen. Auch hier wird wie bei der Ermittlung der Absetzung für Abnützung von einem durchschnittlichen um einen allfälligen bei Veräußerung nach Beendigung der Nutzungsdauer erzielbaren Erlös berichtigten Anschaffungswert ausgegangen werden müssen, wobei allerdings ein linear fortschreitender Wertverlust des Ersatzfahrzeuges in der Weise mit hinlänglicher Genauigkeit im Sinne des § 273 ZPO dadurch zu berücksichtigen ist, daß für die Ermittlung der Zinsenbelastung nur von der Hälfte des berichtigten Anschaffungswertes ausgegangen wird (vgl. Klimke in VersR 1977, 794). Auch in dieser Richtung ist das Verfahren ergänzungsbedürftig.

Was letztlich die anteilige Berücksichtigung der Instandhaltungskosten des Straßenbahnbetriebshofes und der Verwaltungskosten betrifft, wird eine solche im Rahmen der Vorsorgekosten nur insoweit in Frage kommen, als diese Kosten nicht dem Betrieb, sondern der bloßen Haltung der Fahrzeuge der Klägerin (Unterbringung, Wartung und Instandhaltung) zuzurechnen sind. Sollte eine genaue Zuordnung der einzelnen Kosten in diesem Sinne nicht möglich sein, wird ein den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechender Teil dieser Kosten (§ 273 ZPO) den Vorsorgekosten zuzuordnen sein.

Richtig ist, daß die Zugrundelegung der Kostenrechnung für das Jahr 1982 für die Berechnung der Vorsorgekosten im Jahr 1984 nur dann geeignet ist, wenn in der Zwischenzeit keine wesentlichen Änderungen in ihren Grundlagen eintraten. Derartiges wurde allerdings bisher nicht behauptet.

Zuzustimmen ist der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Ermittlung der zu ersetzenden Vorsorgekosten durch Division der Jahreskosten durch die Anzahl der Einsatztage und Multiplikation mit der Zahl der Ausfallstage bei Reservehaltung zur Förderung eigener und fremder Interessen sachlich gerechtfertigt ist (in diesem Sinne auch JBl 1986, 581). Denn damit wird einerseits vermieden, daß das Risiko der nicht völligen Auslastung seines Ersatzfuhrparkes allein auf den Geschädigten überwälzt wird und andererseits wird damit den Interessen des Schädigers ausreichend Rechnung getragen, weil dieser nur den auf die Zeit des Einsatzes der Ersatzfahrzeuge der Klägerin zu seinen Gunsten entfallenden Anteil an den Vorsorgekosten mit der im folgenden dargestellten Begrenzung zu tragen hat. Bereits in JBl 1986, 581 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Grenze der Ersatzpflicht hinsichtlich der sogenannten Vorsorgekosten der klare und überwiegende Vorteil des Schädigers ist. Übersteigen die Kosten der Vorsorgehaltung den sonst eintretenden Schaden - hier den Verdienstentgang der Klägerin, der ihr durch den Entfall der Möglichkeit des Einsatzes des beschädigten Gelenktriebwagens entstanden wäre -, dann sind sie vom Schädiger nicht mehr zu ersetzen. Voraussetzung eines Anspruches der Klägerin auf Ersatz ihrer Vorsorgekosten ist somit, daß diese unter dem ansonsten eingetretenen Verdienstentgang liegen. Der Beweis dieser Anspruchsvoraussetzung obliegt der Klägerin.

Wenn das Berufungsgericht die Frage, welcher Verdienstentgang der Klägerin entstanden wäre, wenn sie nicht anstelle des beschädigten Gelenktriebwagens ein Ersatzfahrzeug eingesetzt hätte, in tatsächlicher Hinsicht nicht für ausreichend geklärt erachtete, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.

Es hat daher bei der aufhebenden Entscheidung des Berufungsgerichtes zu verbleiben, wobei allerdings aus rechtlichen Gründen die Ergänzungsaufträge des Berufungsgerichtes wie dargestellt zu modifizieren waren.

Da der Rekurs der Klägerin zur Klärung der Rechtslage beigetragen hat, ist die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens im Sinne des § 52 ZPO dem weiteren Verfahren vorzubehalten (EvBl 1958/28 ua).

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