Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Eltern leben seit 23. Februar 1981 getrennt, ihre Ehe ist rechtskräftig geschieden, der Vater hat sich wieder verehelicht. Eine Entscheidung nach § 177 Abs 2 ABGB wurde bis jetzt noch nicht getroffen. Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 17. August 1982, 1 P 25/81-75, wurde dem Vater ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat von 9 bis 18 Uhr eingeräumt; der Vater ist berechtigt, das Kind vom Wohnort der Mutter abzuholen, und verpflichtet, es am Ende der Besuchszeit dort zurückzustellen.
Am 1. Juni 1984 beantragte die Mutter, das Besuchsrecht neu zu regeln. Der Vater sei jähzornig, unbeherrscht und habe sadistische Veranlagungen, das Kind wäre bei ihm sittlich gefährdet. Sie befürchte, daß der Vater das Kind nach Ausübung des Besuchsrechtes nicht zurückbringen werde. Das Besuchsrecht solle daher nur mehr in ihrer Wohnung ausgeübt werden dürfen. Sie wäre aber einverstanden, dem Vater ein häufigeres Besuchsrecht zuzugestehen. Der Vater wiederum beantragte eine Ausweitung seines Besuchsrechtes. Er solle berechtigt sein, das Kind an jedem zweiten und vierten Samstag um 9 Uhr abzuholen und es am Sonntag um 18 Uhr zurückzubringen. Die Mutter vereitle die Ausübung des ihm zustehenden Besuchsrechtes, es sei im Interesse des Kindes, wenn der Kontakt zum Vater wieder aufgefrischt werde.
Das Erstgericht wies den Antrag der Mutter, dem Vater das Besuchsrecht nur in ihrer Wohnung zu gestatten, ab und räumte dem Vater in Abänderung des Beschlusses des Bezirksgerichtes Mödling vom 17. August 1982 ein Besuchsrecht an jedem zweiten Samstag oder Sonntag für jeweils sechs Stunden ein; sollten die Eltern über den jeweiligen Termin keine Einigung erzielen, werde das Besuchsrecht des Vaters an jedem zweiten Sonntag in der Zeit von 12 bis 18 Uhr eingeräumt. Der Vater sei berechtigt, das Kind aus der Wohnung der Mutter abzuholen, er habe es dorthin wieder zurückzubringen. Aufgrund eines von Univ.Doz. Dr. Max H. F*** eingeholten Gutachtens stellte das Erstgericht fest, das Kind sei somatisch altersgemäß entwickelt, es zeige keine Anzeichen einer intellektuellen Einschränkung. Emotional sei das Kind grob auffällig, weise massive Trennungsängste auf und sei in der emotionalen Reifeentwicklung verzögert. Das Angstpotential sei erhöht und entspreche in seiner Ausgestaltung frühkindlichen Ängsten. Das Kind flüchte in ein infantiles Trotzalter mit extremen Bindungs- und Machtwünschen an die Mutter. Das in früheren Befunden erhobene ausgeglichene Nähe-Distanz-Verhalten zu Vater und Mutter sei ganz eindeutig auf die Seite der Mutter verschoben. Der Erziehungsstil der Mutter sei bei oberflächlicher Betrachtung unauffällig, ja ein kognitiv fördernder, emotional allerdings extrem bindender. Aus dieser Situation entstehe eine Symbiose, die beiderseits zur Umklammerung führe. Die nach außen hin sehr offen wirkende Mutter habe einen Erziehungsstil und wahrscheinlich auch einen Lebensstil entwickelt, der andauernd zu Verhinderungen führe, die wie zufällig aussehen. Die derzeitige Situation zwischen Kind und Mutter bestehe in einer sich gegenseitig bindenden Kommunikation, in der vom jeweils anderen Partner erwartet werde, daß er Gefühle, Empfindungen und Reaktionen vorhersehe. Damit entstehe eine unrichtige und unrealistische Weltsicht des Kindes, die in immer noch stärker werdender Abhängigkeit des Kindes ende. Für die Zukunft, vor allem für die in wenigen Jahren eintretende Pubertät bedeute das, daß das Kind mit extremen Ängsten reagieren werde, die auch zu Leistungsversagen bzw. Leistungsverweigerung führen könnten. Es könnten auch über das normale Maß hinausgehende Ängste im Sinne neurothischer Phobien nicht ausgeschlossen werden. Der Vater könne als durchaus erziehungssuffizient eingestuft werden. Er stelle für das Wohl des Kindes keine Gefahr dar, er sei vielmehr ein Garant für das Kennen- und Erlebenlernen eines anderen Lebensstiles. Das Kind könne vom Alter her als ausreichend reif angesehen werden, mit dem Vater auch außerhalb seines gewohnten Lebensraumes die Zeit zu verbringen.
Rechtlich gelangte das Erstgericht zum Schluß, daß das Kind dringend des Korrektivs durch Besuchskontakte zum Vater bedürfe, um sich ein wenig aus der mütterlichen Umklammerung zu lösen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge. Das Verfahren sei mängelfrei geblieben, gegen den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt bestünden keine Bedenken. Die Tatsache, daß die Ehe zwar geschieden, aber über das Sorgerecht jedoch noch nicht entschieden sei, stehe einer Besuchsrechtsentscheidung nicht entgegen. Nur eine konkrete Gefährdung der physischen oder psychischen Intergrität des Kindes könne Beachtung finden; aus den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen könne, selbst wenn der von der Rekurswerberin behauptete Lebenswandel des Vaters vorliegen sollte, eine solche aber nicht abgeleitet werden. Negative Auswirkungen durch die Ausübung des Besuchsrechtes auf die Erziehung des Kindes seien dem Sachverständigengutachten folgend nicht anzunehmen. Das Verhältnis des Vaters zum Kind sei ungeachtet der unregelmäßigen Kontakte im gesamten als gut zu bezeichnen. Das Vorbringen der Mutter über die behaupteten Charaktereigenschaften des Vaters zeige lediglich das gespannte Verhältnis der Eltern, das nicht geeignet sei, zu einer Einschränkung des Kontaktes zwischen Vater und Kind wegen dessen sittlicher Gefährdung zu führen. Die Mutter treffe vielmehr die Verpflichtung, alles zu tun, um die störungsfreie Ausübung des Besuchsrechtes zu sichern und alles zu unterlassen, was die Aufnahme einer Aufrechterhaltung des zum Wohl des Kindes notwendigen Kontaktes auch zum anderen Elternteil beeinträchtigen könnte. Dazu gehöre es auch, das Kind in geeigneter Weise auf das Beisammensein mit dem anderen Elternteil vorzubereiten und positiv zu beeinflussen sowie eigene Gefühle dem früheren Partner gegenüber zurückzustellen und sie als natürliche Folge der Zerreißung des Familienbandes durch die Trennung der Eltern unvermeidbar nachteiligen Auswirkungen auf das Kind möglichst gering zu halten. Es bestünden keine Anhaltspunkte, daß der Vater seinem Kind gegenüber Handlungen setzen würde, die es gefährdeten. Die Regelung des Besuchsrechtes sei eine nach den Umständen des Einzelfalles unter besonderer Berücksichtigung des allen Erwägungen vorangehenden Kindeswohles zu treffende Ermessensentscheidung. Nach herrschender Auffassung sei dem Besuchsberechtigten im allgemeinen der Kontakt zu dem Kind unbeschränkt, d.h. ohne Beeinträchtigungen durch Zuziehung weiterer Personen oder Bindungen an bestimmte Örtlichkeiten zu gestatten, um ihm die Möglichkeit einer individuellen Gestaltung des Besuchsrechtes zu bieten. Dabei sei es nicht erforderlich, den Umgang des besuchsberechtigten Elternteiles mit dem Kind zu überwachen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Mutter, der den Rekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend macht, ist unzulässig. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur in jenen Fällen unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor, in denen entweder ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde oder in denen das Gericht gegen ein Grundprinzip des Rechts wie etwa gegen das Wohl des Kindes verstoßen hat (EFSlg 49.930, 49.931, 47.208, 44.648 uva). Ob bei nicht bloß vorübergehender Trennung der Eltern oder nach Scheidung der Ehe der Eltern bereits während des Verfahrens nach § 177 Abs 2 ABGB bereits eine Besuchsrechtsregelung erfolgen kann, ist im Gesetz nicht geregelt, sodaß schon aus diesem Grund eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht vorliegen kann. Der Oberste Gerichtshof sprach aber bereits mehrmals aus, daß auch vor der Beschlußfassung nach § 177 Abs 2 ABGB die Anordnung vorläufiger Maßnahmen und damit auch die Gestaltung des vorläufigen Besuchsrechtes zulässig ist (EFSlg 40.785; 5 Ob 752/81; 5 Ob 592/78). Im übrigen ist dem Vater rechtskräftig ein Besuchsrecht eingeräumt, die Rekurswerberin will dieses auch gar nicht zur Gänze beseitigen, sondern nur anders gestaltet wissen. Wurden im Falle einer Entscheidung über die Besuchsrechtsregelung alle nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Kriterien, insbesondere das Wohl des Kindes, in die Ermessenserwägungen einbezogen, liegt eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht vor (EFSlg 49.966, 44.656, 44.657 uva). Die Vorinstanzen prüften, ob selbst unter Annahme der von der Mutter zwar behaupteten, aber nicht festgestellten Charaktermängel des Vaters das Wohl des Kindes bei Ausübung des Besuchsrechtes gefährdet wäre. Sie verneinten aber insbesondere aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens, das eine Ausdehnung und Intensivierung des persönlichen Verkehrs zwischen Vater und Kind befürwortete, eine solche Gefahr. Eine Bekämpfung der Beweiswürdigung ist im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG ebenso ausgeschlossen (EFSlg 49.923, 49.926 uva) wie die Bekämpfung von Verfahrensmängeln, wenn ihnen nicht das Gewicht einer Nichtigkeit zukommt (EFSlg 49.992, 49.980 uva).
Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.
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