Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der am 26. Juli 1985 in Bad Ischl verstorbene und dort wohnhaft gewesene Franz E*** setzte in seinem Testament vom 14. Juni 1983 seine Adoptivtochter Ursula A*** zur Alleinerbin ein. Am 30. April 1985 vermachte er sein Sparguthaben zu gleichen Teilen den Kindern seines Neffen Barbara, Renate, Elisabeth und Christian (jun.) G***.
Ursula A*** gab im Verlassenschaftsverfahren auf Grund des Testaments die unbedingte Erbserklärung ab. Nach ihrem eidesstättigen Vermögensbekenntnis gehören neben Liegenschaften unter anderem Spar- und Giroguthaben des Verstorbenen zum Nachlaßvermögen. Das Sparbuch Nr. 163-1212.70 bei der Bank für Oberösterreich und Salzburg, Filiale Bad Ischl, wies am Todestag des Franz E*** ein Guthaben von S 77.327,53 auf. Nach Auffassung der Erbin sei dieses Sparbuch ausschließlich zur Bildung der Mietzinsreserve für das Haus Bad Ischl, Grazerstraße 21, angelegt worden, was vom Machthaber der Vermächtnisnehmer bestritten wird. Mit Beschluß vom 19. April 1986 (A 264-85-19) wurde der Nachlaß des Verstorbenen Ursula A*** zur Gänze eingeantwortet und die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt. Gleichzeitig wurde verfügt, daß auf den Liegenschaften EZ 523 KG Bad Ischl und EZ 652 KG Reitendorf die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Erbin zu erfolgen habe. Nach der Aktenlage wurde die Einantwortungsurkunde dem Vertreter der Vermächtnisnehmer nicht zugestellt.
Mit Beschluß vom 24. März 1986 stellte das Erstgericht fest:
1.) daß das Sparbuch Nr. 163-1212.70 der Oberbankfiliale Bad Ischl mit einem Einlagestand von S 77.327,53 in den Nachlaß gehört und verwies
2.) die Parteien zur Klärung der Eigentumsfrage an diesem Sparbuch auf den Rechtsweg.
Infolge Rekurses der Vermächtnisnehmer, mj. Barbara, Renate und Elisabeth G*** sowie des Christian G*** jun. hob das Gericht zweiter Instanz den allein angefochtenen Punkt 2.) des Beschlusses des Erstgerichtes ersatzlos auf. Das Rekursgericht führte aus, nach der Aktenlage sei Christian G*** jun. volljährig, während seine übrigen Geschwister minderjährig seien. Wenn volljährigen Personen ein Vermächtnis zufalle, genüge der Nachweis, daß sie vom Legat verständigt wurden (§ 161 Abs 1 AußStrG). Ob die Verständigung durch den Erben erfolgte, wie dies § 817 ABGB vorsehe, könne auf sich beruhen. Christian G*** jun. sei durch seinen Rechtsfreund Dr. Josef R*** bei der Tagsatzung am 24. Jänner 1986 zugegen gewesen und habe dort auf seinen Anspruch als Vermächtnisnehmer verwiesen. Demnach hatte er bereits damals von seinem ihm zugedachten Legat Kenntnis. Da Christian G*** jun. keine Sicherstellung seines Legates beantragte (§ 161 Abs 2 AußStrG), habe es also bei seiner Verständigung zu bleiben und es sei seine Angelegenheit, ob und in welchem Umfang er seine Ansprüche aus dem Vermächtnis durchsetzen wolle. Es sei daher entgegen der Meinung im Rekurs nicht möglich, ihm oder auch den anderen minderjährigen Vermächtnisnehmern die Verfügungsmacht über das Sparbuch einzuräumen. Nach der Judikatur habe im Abhandlungsverfahren bei Kollision zwischen den die Gültigkeit eines Kodizills bestreitenden Erben und den Vermächtnisnehmern weder eine Verweisung auf den Rechtsweg noch eine Verteilung der Parteirollen zu erfolgen. Hinsichtlich der minderjährigen Vermächtnisnehmer sei die Rechtslage insofern anders, als nach § 160 AußStrG ihre Legate grundsätzlich gerichtlich zu erlegen oder sonst gehörig zu
"versichern" = sicherzustellen, seien. Für die Sicherstellung von sogenannten begünstigten Vermächtnissen sei, auch wenn ihre Gültigkeit bestritten werde, nach der Rechtsprechung von Amts wegen zu sorgen. Vor ausgewiesener Leistung oder Sicherstellung des Legates dürfe sogar die Einantwortung bei sonstiger Nichtigkeit nicht erfolgen. Von der Frage der Sicherstellung von Amts wegen abgesehen, bleibe es daher den gesetzlichen Erben und auch den nach §§ 160, 161 AußStrG zu beurteilenden Vermächtnisnehmern unbenommen, die Gültigkeit des Kodizills im Rechtswege feststellen zu lassen. Die Erben aber könnten, falls sie die Frage des Bestandes der Legate (durch Bekämpfung der Gültigkeit des Kodizills) im Rechtsweg nicht austragen wollen, die Einantwortung nur erlangen, wenn sie die Bezahlung oder Sicherstellung der bevorzugten Legate ausgewiesen haben. Für die Sicherung der privilegierten Legate sei nämlich von Amts wegen so lange zu sorgen, als die Unwirksamkeit der Vermächtnisse nicht feststehe. Dies bedeute, daß das Erstgericht vor Erfüllung oder Sicherstellung der Vermächtnisse der minderjährigen Kinder Barbara, Renate und Elisabeth G***, der Erbin den Nachlaß nicht hätte einantworten dürfen. Im vorliegenden Fall sei der Beschluß über die Einantwortungsurkunde nach der Aktenlage dem Vertreter der Vermächtnisnehmer nicht zugestellt worden. Wenn auch grundsätzlich der Vermächtnisnehmer die Stellung eines Gläubigers habe und ihm deshalb die Einantwortungsurkunde nicht zuzustellen sei, so sei hier die Vorschrift des § 159 AußStrG nicht nur eine dem öffentlichen Recht angehörende Verfahrensvorschrift, sondern räume diese Norm auch einem begünstigten Vermächtnisnehmer ein subjektives Recht auf Sicherstellung vor Einantwortung des Nachlasses ein. Damit werde aber einem begünstigten Legatar auch das Recht zuerkannt, eine unter Verletzung dieses Rechts erfolgte Einantwortung anzufechten. Die minderjährigen Vermächtnisnehmer seien grundsätzlich berechtigt, die Einantwortungsurkunde zu bekämpfen, da der Nachlaß vor Erfüllung oder Sicherstellung ihrer Vermächtnisse nicht hätte eingeantwortet werden dürfen. Es stehe ihnen daher grundsätzlich ein Rekursrecht gegen die Einantwortungsurkunde zu. Um dieses ausüben zu können, müsse ihnen die betreffende Entscheidung zugestellt werden. Die Rechtsmittelfrist beginne grundsätzlich mit der Zustellung der betreffenden Entscheidung zu laufen. Da dem Vertreter der minderjährigen Vermächtnisnehmer die Einantwortungsurkunde nicht zugestellt worden sei, habe dieser Beschluß nicht in Rechtskraft erwachsen können. Das Erstgericht werde daher eine Ausfertigung der Einantwortungsurkunde dem ausgewiesenen Vertreter der minderjährigen Legatare zuzustellen, und außerdem von Amts wegen, soweit dies noch möglich sei, für eine Sicherstellung ihrer Vermächtnisse zu sorgen haben. Da die Gültigkeit von Kodizillen bestritten werde, habe aber weder eine Verweisung auf den Rechtsweg noch eine Verteilung der Parteirollen zu erfolgen. Die Sicherstellung der privilegierten Legate bleibe vielmehr solange aufrecht, als nicht ihre Unwirksamkeit feststehe, was allerdings im Rechtsweg zu klären sei. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Vermächtnisnehmer mj. Barbara, Renate und Elisabeth G*** sowie des Christian G*** jun. aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß das Verfügungsrecht am Sparbuch des verstorbenen Franz E*** bei der Oberbank Bad Ischl Nr. 163-1212.70 den Revisionsrekurswerbern als Vermächtnisnehmern eingeräumt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber führen aus, die Auffassung des Rekursgerichtes, daß die Testamentserbin Ursula A*** die Gültigkeit des Kodizills des Erblassers vom 30. April 1985 bestritten habe, sei unrichtig. Die Testamentserbin habe nicht die Gültigkeit dieses Kodizills bekämpft, sondern vielmehr dessen Gültigkeit dadurch zugestanden, daß sie die Rechte der Vermächtnisnehmer am Sparbuch des Verstorbenen bei der OÖ. Raiffeisenzentralkasse, Filiale Bad Ischl, ausdrücklich anerkannt habe. Seitens des Erstgerichtes sei auch eine entsprechende Verfügung getroffen worden. Ursula A*** habe dieses Kodizill hinsichtlich des Sparbuches des Verstorbenen bei der Oberbank Bad Ischl Nr. 163-1212.70 nur deshalb als gegenstandslos betrachtet, da es sich nach Ansicht der Testamentserbin bei dem auf diesem Sparbuch befindlichen Sparguthaben um die Mietzinsreserve des Hauses Grazer Straße 21 in Bad Ischl handle, zu deren Anlegung der Erblasser auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet gewesen sei. Nun bilde aber, entgegen der Ansicht der Testamentserbin, die Mietzinsreserve an einem Haus nur einen Rechnungsbetrag, also weder ein Sondervermögen noch ein Zubehör des Hauses, und es könne daher selbstverständlich darüber letztwillig freiwillig verfügt werden, ohne daß sie "an das Haus gebunden" wäre. Dies heiße jedoch im gegenständlichen Falle, daß die Gültigkeit und damit auch die Wirkung der im Kodizill letztwillig getroffenen Verfügung des Erblassers auch hinsichtlich dieses Sparbuches aufrecht sei und dieses Sparbuch daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung den Einschreitern als Vermächtnisnehmern zugesprochen, ihnen also das Verfügungsrecht über dieses Sparbuch eingeräumt hätte werden müssen.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Die Testamentserbin Ursula A*** vertrat, worauf auch die Revisionsrekurswerber hinweisen, vor dem Gerichtskommissär die Auffassung, daß das Kodizill des Erblassers vom 30. April 1985 hinsichtlich des darin angeordneten Legates des Sparbuches Nr. 163-1212.70 bei der Oberbank, Filiale Bad Ischl, mit einem Stand per Todestag von S 77.327,53 "gegenstandslos" sei, da dieses Sparbuch ausschießlich die Mietzinsreserve des Hauses Bad Ischl, Grazer Straße 21, zu deren Bildung der Erblasser gemäß § 18 MRG verpflichtet war, enthalte. Hingegen blieb unbestritten, daß das Sparbuch Nr. 32.426.215 des Erblassers bei der Raiffeisenzentralkasse, Zweigstelle Bad Ischl, mit einem Guthabenstand per Todestag von S 1.005,86, den Legataren zu gleichen Teilen zufallen sollten, da dieses Sparbuch keine "Mietzinsreserve enthalte". Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses enthält dieses Vorbringen der Testamentserbin eindeutig eine Bestreitung der Wirksamkeit des Kodizills des Erblassers hinsichtlich des Vermächtnisses des Sparbuches Nr. 163-1212.70 der Oberbank, Filiale Bad Ischl, an die Revisionsrekurswerber, während die Wirksamkeit des Kodizills hinsichtlich des Sparbuches Nr. 32.426.215 der Raiffeisenzentralkasse, Zweigstelle Bad Ischl, unbestritten blieb. Bei Bestreitung der Wirksamkeit und des Umfanges eines zugedachten Vermächtnisses hat die Entscheidung im streitigen Verfahren zu erfolgen (vgl. EFSlg 42.084, SZ 51/138, JBl 1967, 367 u.a.). Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, findet aber bei Zusammentreffen von der Wirksamkeit eines Kodizills bestreitenden Erben und Vermächtnisnehmern weder eine Verweisung auf den Rechtsweg noch eine Verteilung der Parteirollen statt (SZ 21/52 u. a.). Bei volljährigen Personen, die mit einem Vermächtnis bedacht wurden genügt gemäß § 161 Abs 1 AußStrG der Nachweis der Verständigung von dem Vermächtnis. Da Christian G*** jun. bei der Tagsatzung vom 24. Jänner 1986 auf seinen Anspruch als Vermächtnisnehmer hingewiesen hat, war er zu diesem Zeitpunkt bereits in Kenntnis von dem ihm zugedachten Vermächtnis. Er beantragte aber keine Sicherstellung seines Legates gemäß § 161 Abs 2 AußStrG, so daß es, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, seine Sache war, ob und in welchem Umfang er seine Ansprüche aus dem Legat geltend machte. Ist der Legatar jedoch minderjährig oder pflegebefohlen, so ist gemäß § 160 AußStrG das Legat gerichtlich zu erlegen oder gehörig zu "versichern". Für die Sicherstellung der privilegierten Vermächtnisse ist, solange die Unwirksamkeit eines Vermächtnisses nicht feststeht, von Amts wegen zu sorgen (SZ 21/52 u.a.). Vor ausgewiesener Leistung oder Sicherstellung des Legats darf die Einantwortung bei sonstiger Nichtigkeit nicht erfolgen (NZ 1974, 47; EvBl 1974/260; Welser in Rummel, ABGB, Rdz 4, 5 und 6 zu § 817). Von der Frage der Sicherstellung von Amts wegen abgesehen bleibt es aber den Erben sowie auch den nach den §§ 160, 161 AußStrG zu beurteilenden Vermächtnisnehmern überlassen, die Wirksamkeit des Kodizills hinsichtlich ihrer Ansprüche aus dem Vermächtnis im Rechtsweg feststellen zu lassen. Wollen die Erben jedoch die Frage des Bestandes der Legate durch Bekämpfung der Wirksamkeit des Kodizills nicht im Rechtsweg austragen, können sie die Einantwortung nur dann erreichen, wenn sie die Bezahlung oder Sicherstellung der privilegierten Legate nachgewiesen haben (SZ 21/52 u.a.). In der Auffassung des Rekursgerichtes, daß die Voraussetzungen für die Einräumung eines Verfügungsrechtes an dem Sparbuch des Erblassers bei der Oberbank Filiale Bad Ischl, Nr. 163-1212.70, im derzeitigen Verfahrensstand nicht vorliegen, kann daher, wie oben dargelegt, ebensowenig eine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden, wie in der Aufhebung der Verweisung der Parteien zur Klärung der Eigentumsfrage an diesem Sparbuch durch das Erstgericht. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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