Spruch:
Der Revision wird stattgegeben und das angefochtene Urteil derart abgeändert, daß es in der Hauptsache lautet:
Der in der außerordentlichen Vollversammlung des beklagten Vereines vom 8. September 1982 gefaßte Beschluß auf Ausschluß des Klägers aus dem beklagten Verein für die laufende Jagdperiode und auf Aufforderung an den Kläger, innerhalb von drei Tagen seinen Jagderlaubnisschein beim Obmann der beklagten Partei abzugeben, ist rechtsunwirksam. Der Kläger hat auf Grund dieses Beschlusses seine Mitgliedschaft beim beklagten Verein nicht verloren. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 30.477,50 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin enthalten an Barauslagen S 2.950,-- und an Umsatzsteuer S 2.502,50) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist ein Verein. Sein satzungsgemäßer Zweck liegt in der Pachtung von Jagden, um seinen Mitgliedern die Ausübung der Jagd zu ermöglichen. Organe des Vereines sind nach der Satzung vom 1. Mai 1960 die Vollversammlung, der Vereinsvorstand, der Obmann (Jagdleiter), die Rechnungsprüfer und das Schiedsgericht. Die Vollversammlung besteht aus allen Vereinsmitgliedern. Ihre Einberufung obliegt dem Vorstand; sie hat schriftlich zu erfolgen. Bei der Einberufung der Vollversammlung ist eine Einberufungsfrist von mindestens zwei Wochen einzuhalten. Gleichzeitig mit der Einladung sind Zeitpunkt, Versammlungsort, Beginn der Versammlung und die Tagesordnung bekanntzugeben. Gültige Beschlüsse können, ausgenommen solche über einen Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Vollversammlung, nur über Gegenstände gefaßt werden, die auf der Tagesordnung stehen. Über andere Gegenstände kann nur auf Beschluß der Vollversammlung verhandelt und beschlossen werden. Die Vollversammlung ist bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder beschlußfähig. Für Beschlüsse auf Satzungsänderung oder Vereinsauflösung ist Zweidrittelmehrheit, für sonstige Beschlüsse die einfache Mehrheit erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. Über die Verhandlungen der Vollversammlung ist ein Protokoll zu führen, aus welchem die Zahl der anwesenden Mitglieder, die Beschlußfähigkeit und das Stimmenverhältnis sowie alle Angaben ersichtlich sein müssen, welche eine Überprüfung der satzungsgemäßen Gültigkeit der gefaßten Beschlüsse ermöglichen. Der Vorstand besteht aus dem Obmann, dem Kassenführer und dem Schriftführer. Über Beschlüsse des Vorstandes ist ein Protokoll in sinngemäßer Anwendung der für das Vollversammlungsprotokoll aufgestellten Satzungsregeln zu führen. Diese Niederschrift ist vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterschreiben, zu Beginn der nächstfolgenden Vorstandssitzung zu verlesen und gilt mangels Einspruches als genehmigt. In allen aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten entscheidet nach dem § 17 der Satzung ein fünfköpfiges Schiedsgericht. Die Zuständigkeit des Vorstandes oder der Vollversammlung wird durch das Schiedsgericht nicht berührt. Das Schiedsgericht wird in jedem einzelnen Streitfall durch die Namhaftmachung von Vereinsmitgliedern seitens der Streitteile besetzt. Es entscheidet mit einfacher Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind endgültig. Über die Aufnahme von Mitgliedern entscheidet der Vorstand. Er kann die Aufnahme ohne Angabe von Gründen verweigern. Die Mitgliedschaft endet außer durch den Tod oder durch freiwilligen Austritt durch die Ausschließung. Nach der Satzung des Jahres 1960 erfolgt der Ausschluß eines Mitgliedes durch den Vorstand. Der beschlossene Ausschluß ist dem ausgeschlossenen Mitglied schriftlich mitzuteilen. Gegen den Ausschluß steht dem Betroffenen der Einspruch an die Vollversammlung zu. Dieser Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Bis zur Beschlußfassung durch die Vollversammlung ruhen die Mitgliederrechte des Betroffenen. Dem Vorstand obliegt nach der Satzung unter anderem die Ahndung von Verstößen der Mitglieder gegen die Satzungen des Vereines oder gegen die anerkannten Regeln der Weidgerechtigkeit, gegen die Interessen des Vereines oder gegen Anordnungen, die der Vorstand im Rahmen seiner Zuständigkeit trifft. Die vom Vorstand je nach Schwere des Vergehens zu verhängenden Strafen sind: Die Verwarnung, Geldbußen bis zur Höhe des Jahresmitgliedsbeitrages und der Ausschluß aus dem Verein. Ein solcher Ausschluß ist nach der Satzung aus folgenden Gründen zulässig:
a) wegen unehrenhafter oder anderer schuldhafter Handlungen, die gegen die Interessen des Vereines gerichtet sind,
- b) wegen grober Verletzung der Mitgliedspflichten,
- c) wegen Überschreitung des dem Mitglied zustehenden Wildabschusses nach Zahl und Qualität,
d) wegen grober Verletzung der allgemein gültigen Regeln der Weidgerechtigkeit und wegen schwerer Verstöße gegen Anordnungen des Vorstandes oder Obmannes (Jagdleiters),
- e) wegen Entziehung der Jagdkarte,
- f) wegen Übertretung jagdrechtlicher Vorschriften,
- g) wegen eines Verhaltens nach § 17 Abs. 4 (der Satzung, nach welcher Bestimmung Mitglieder ausgeschlossen werden können, die sich in einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis nicht dem Schiedsgericht unterwerfen oder die Entscheidung des Schiedsgerichtes nicht anerkennen).
Zu den Aufgaben der Vollversammlung zählt nach der Satzung aus dem Jahre 1960 unter anderem die Beschlußfassung über Einsprüche gegen den Ausschluß von der Mitgliedschaft sowie über Einsprüche gegen Straferkenntnisse des Vorstandes.
Die Satzung vom 1. Mai 1960 wurde vereinsbehördlich genehmigt. Im Januar 1981 beschloß der Verein, daß über den Ausschluß eines Mitgliedes nicht mehr der Ausschuß (= Vorstand), sondern nur noch die Vollversammlung Beschluß zu fassen habe. (Ob diese Statutenänderung der Vereinsbehörde schriftlich angezeigt und bejahendenfalls von dieser nicht untersagt worden ist, wurde weder erörtert noch festgestellt.)
Der Kläger war am 8. September 1982 unbestritten Vereinsmitglied. Für diesen Tag wurde eine außerordentliche Vollversammlung des Vereines in einem Gasthaus am Vereinssitz (= Wohnort des Obmannes) zu einer Tagesordnung einberufen, deren zweiter Punkt mit den Worten umschrieben war: "Beratung und Beschlußfassung wegen des Jagdvergehens von Herrn ......" (Kläger). Weder der Kläger selbst noch sein Vater und ein weiteres Vereinsmitglied, welches sich damals in stationärer Krankenhauspflege befand, wurden zu der außerordentlichen Vollversammlung formell eingeladen. Die beklagte Partei (ihr Vorstand) sah von der Einladung des Klägers und seines Vaters zur außerordentlichen Vollversammlung deshalb ab, weil dem Kläger und seinem Vater eine Unruhestiftung ("ein Wirbel") in der vorangegangenen Vollversammlung zum Vorwurf gemacht wurde und eine Wiederholung von derartigen Vorfällen vermieden werden sollte. Nach der damals im Vereinsleben herrschenden Übung erfolgte die Einladung der Mitglieder zu einer Vollversammlung durch mündliche in einer Unterschriftenliste bestätigte Mitteilung. Zur Zeit der Vorbereitung der Vollversammlung vom 8. September 1982 hatten die Mitglieder des Vereines vor dem Kläger Angst und wollten dessen Liegenschaft nicht betreten. Auch deshalb unterblieb eine Einladung des Klägers und seines Vaters zu der für 8. September 1982 angesetzten außerordentlichen Vollversammlung.
Nach der Niederschrift über die am 8. September 1982 abgehaltene außerordentliche Vollversammlung begrüßte der Obmann "alle Jagdkameraden, außer ..." (es folgen die Namen der drei nicht eingeladenen Mitglieder). Die Niederschrift trägt insgesamt elf Unterschriften. Zum zweiten Tagesordnungspunkt ist in der Niederschrift folgender einstimmig gefaßter Beschluß beurkundet:
"1.) Herr ..." (Kläger) " wird für diese Periode aus der Jagdgesellschaft ... ausgeschlossen.
2.) Herr ..." (Kläger) " wird aufgefordert, innerhalb von drei Tagen ab Zustellung des Schreibens vom 13. September 1982 seinen Jagderlaubnisschein beim Obmann der Jagdgesellschaft abzugeben."
Dieser Vollversammlungsbeschluß vom 8. September 1982 wurde dem Kläger in einem mit 14. September 1982 datierten Schriftstück (ohne weitere Begründung) zur Kenntnis gebracht.
Daraufhin richtete der Kläger an den beklagten Verein zu Handen seines Obmannes einen anwaltlich verfaßten schriftlichen Einspruch. Darin bemängelte er unter anderem, zur Vollversammlung nicht geladen worden zu sein, bestritt ein strafwürdiges Verhalten und bekämpfte auch die Angemessenheit der verhängten Vereinsstrafe. Er begehrte die Einberufung einer neuerlichen außerordentlichen Vollversammlung, seine Ladung zu dieser Versammlung und die Aufhebung seiner (befristeten) Ausschließung. Der Obmann des beklagten Vereines beantwortete diesen Einspruch im Schreiben vom 21. Oktober 1982 mit dem Hinweis, daß der Ausschluß des Klägers von der Vollversammlung einstimmig beschlossen worden und daher endgültig sei. Die Bezirksverwaltungsbehörde forderte den Kläger am 24. September 1982 mit Rücksicht auf den ihr mitgeteilten (zeitweiligen) Ausschluß aus der Jagdgesellschaft auf, seinen Jagderlaubnisschein für das vom beklagten Verein gepachtete Gemeindejagdgebiet binnen einer Woche bei der Behörde oder beim Obmann des Vereines abzugeben. Dieser Aufforderung fügte die Bezirksverwaltungsbehörde den Hinweis bei, daß der Kläger nicht mehr berechtigt sei, die Jagd im genannten Gemeindejagdgebiet auszuüben. Nach dem Protokoll über eine Sitzung vom 12. Juli 1983 beschloß der Ausschuß (Vorstand) des beklagten Vereines einstimmig, daß der Kläger "wegen der ihm bekanntgegebenen und bekannten jagdrechtlichen Vergehen, die auch Gegenstand einer Anzeige an den Disziplinarrat der Kärntner Jägerschaft und an die Bezirkshauptmannschaft ... sind, für die laufende Jagdperiode ausgeschlossen wird".
Die Bezirksverwaltungsbehörde verhängte mit dem Straferkenntnis vom 16. August 1983 über den Kläger eine Geldstrafe von S 2.000,--, weil er am 24. August 1982 einen Hirsch der Klasse II A (einseitiger Kronenzwölfer) erlegt hat, obwohl ein derartiger Hirsch nach dem Abschußplan nicht zum Abschuß freigegeben war. Dieses Straferkenntnis wurde von der Berufungsbehörde bestätigt. Der Disziplinarrat der Kärntner Jägerschaft erteilte dem Kläger am 11. Januar 1985 im Zusammenhang mit dem jagdwidrigen Verhalten vom 24. August 1982 einen Verweis.
Mit der am 3. März 1983 angebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung der Ungültigkeit der in der Vollversammlung vom 8. September 1982 gefaßten, den Kläger betreffenden Beschlüsse sowie die weitere Feststellung der aufrechten Mitgliedschaft des Klägers beim beklagten Verein.
Der Kläger erachtete den ihm mit Schreiben vom 14. September 1982 mitgeteilten Beschluß der Vollversammlung über seinen (befristeten) Ausschluß in formeller Hinsicht als unwirksam, weil entgegen der Satzung nicht vorerst der Vorstand sondern sogleich die Vollversammlung entschieden habe, er aber zu dieser, wie auch sein Vater nicht geladen worden sei und ihm auf diese Weise jede Möglichkeit entzogen gewesen sei, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen. In materieller Hinsicht wendete der Kläger ein, daß er keinen Ausschlußgrund verwirklicht habe. Außerdem machte er geltend, daß er noch im Februar 1983 die Entscheidung des Vereinsschiedsgerichtes begehrt, die beklagte Partei aber mit dem Schreiben vom 28. Februar 1983 entgegnet habe, keinen Grund für ein Schiedsgerichtsverfahren zu sehen. Zu dem während des Rechtsstreites vom Ausschuß gefaßten Beschluß auf (zeitweiligen) Ausschluß des Klägers bemängelte dieser, daß der "Ausschuß" kein satzungsgemäß vorgesehenes Vereinsorgan und der Beschluß nicht niederschriftlich beurkundet worden sei.
Der beklage Verein bestritt das Vorliegen der gerügten Beschlußverfahrensmängel und vertrat den Rechtsstandpunkt, die Vollversammlung sei (schon nach der Stammfassung der Satzung) zur Entscheidung über den Vereinsausschluß zuständig gewesen, im übrigen sei der einstimmig gefaßte Beschluß der Vollversammlung, an der alle drei Mitglieder des Vorstandes teilgenommen hätten, auch als ein Beschluß des Vorstandes aufzufassen. Der Kläger habe von Zeit und Ort der außerordentlichen Vollversammlung jedenfalls Kenntnis gehabt. Zur inhaltlichen Anfechtung des Ausschlußbeschlusses vertrat der beklagte Verein die Ansicht, die Maßnahme sei durch die Satzung gedeckt und dem satzungswidrigen Verhalten des Klägers angemessen gewesen. Zum nachträglichen Beschluß vom 12. Juli 1983 erläuterte der beklagte Verein, daß es sich um einen vorsichtshalber gefaßten einstimmig ergangenen Beharrungsbeschluß des dreiköpfigen Vorstandes gehandelt und der Kläger dagegen keinen Einspruch erhoben habe. Das Erstgericht wies das zweigliederige Feststellungsbegehren ab. Zu den formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Entscheidung der Vollversammlung auf (zeitlichen) Ausschluß des Klägers führte das Erstgericht aus, die Vorstandsmitglieder hätten den einstimmig gefaßten Beschluß der Vollversammlung vom 8. September 1982 "mitgetragen". Daß die ortsübliche Einladung des Klägers und seines Vaters zu der erwähnten Vollversammlung unterblieben sei, sei nach den Vorfällen bei der vorangegangenen Vollversammlung und nach den vom Kläger gegen einzelne Vereinsmitglieder ausgestoßenen Drohungen "verständlich". Formale Fehler seien durch den Beschluß vom 12. Juli 1983, gegen den der Kläger keinen Einspruch erhoben habe, geheilt; die Benennung des satzungsgemäß vorgesehenen Vereinsorganes Vorstand als Ausschuß sei eine unschädliche Abweichung in der Bezeichnung.
Im übrigen erachtete das Erstgericht die vom Kläger auch inhaltlich bekämpfte Strafmaßnahme als gerechtfertigt, wobei es als erwiesen annahm, daß der Kläger einen Fehlabschuß getätigt und das erlegte Wild durch fremdes Jagdgebiet befördert, dem Hegeringleiter eine unrichtige Abschußmeldung erstattet und dieses Jagdorgan beschimpft und bedroht habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt. Dabei faßte das Berufungsgericht offenbar das zweigeteilte Feststellungsbegehren als Einheit auf. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO vorliege.
Das Berufungsgericht legte seiner Überprüfung des angefochtenen Vereinsbeschlusses in formeller Hinsicht folgende Beurteilung zu Grunde:
Der beklagte Verein habe die im September 1982 getroffene Entscheidung über den (zeitlichen) Ausschluß des Klägers im Sinne einer im Januar 1981 beschlossenen Satzungsänderung ohne Vorstandsbeschluß, gegen den das betroffene Mitglied einen Einspruch hätte erheben können, über den dann die Vollversammlung zu erkennen gehabt hätte, unmittelbar durch die Vollversammlung beschlossen. Daß dabei offenbar die Bestimmungen des Vereinsgesetzes über die Statutenänderung nicht beachtet worden seien, sei für die Entscheidung des Rechtsstreites unerheblich, weil durch die sofortige Entscheidung des obersten Vereinsorganes kein subjektives Recht des Klägers als eines Vereinsmitgliedes habe verletzt oder auch nur gefährdet werden können. Die Beschlußfähigkeit der Vollversammlung sei nach der Satzung nicht von der vorangegangenen Einladung aller Vereinsmitglieder abhängig. Zur Beschlußfähigkeit der Vollversammlung reiche die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder hin, bei der außerordentlichen Vollversammlung des beklagten Vereines vom 8. September 1982 seien außer dem Kläger und seinem Vater alle Mitglieder anwesend gewesen. In dieser Vollversammlung habe auch der Ausschluß eines Mitgliedes wirksam beschlossen werden können, das zur Versammlung nicht eingeladen worden sei. Der in der Satzung vorgesehene Einspruch gegen Entscheidungen des Vorstandes stehe gegen Beschlüsse der Vollversammlung nicht zu Gebote, um diese zur Überprüfung eines von ihr selbst gefaßten Beschlusses zu nötigen. Die satzungsgemäß vorgesehene Anrufung des Vereinsschiedsgerichtes diene nicht der Überprüfung eines - von der Vollversammlung
beschlossenen - Ausschlusses eines Vereinsmitgliedes. Dem von der außerordentlichen Vollversammlung gefaßten Beschluß vom 8. September 1982 über den (zeitlichen) Ausschluß des Klägers hafte kein formeller Mangel an. Im gegenteiligen Fall hätten allerdings Mängel, die die Unwirksamkeit des Beschlusses der Vollversammlung nach sich gezogen hätten, entgegen der erstrichterlichen Ansicht durch den nachfolgenden Beschluß des Vorstandes nicht geheilt werden können, weil die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Vereinsausschluß nach der festgestellten Satzungsänderung auf die Vollversammlung übertragen gewesen sei. Zur inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Vereinsausschlusses teilte das Berufungsgericht die erstrichterliche Beurteilung einer satzungsgemäßen Deckung und einer dem als erwiesen angenommenen Verhalten des Klägers entsprechenden Angemessenheit der verhängten Vereinsstrafe. Der Kläger ficht das bestätigende Berufungsurteil wegen einer nach § 503 Abs.2 ZPO qualifizierten unrichtigen rechtlichen Sachbeurteilung mit einem auf Klagsstattgebung zielenden Abänderungsantrag an.
Der beklagte Verein erachtet die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 503 Abs.4 Z 1 ZPO entgegen der berufungsgerichtlichen Ansicht als nicht gegeben und strebt im übrigen die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt von der Beurteilung der zur Wirksamkeit von Vereinsbeschlüssen erforderlichen Formalvoraussetzungen ab. Die Lösung dieser Rechtsfrage reicht in ihrer allgemeinen Bedeutung über den zur Entscheidung vorliegenden Rechtsfall hinaus, dem Berufungsgericht unterlief in diesem Punkt ein grundlegender Beurteilungsfehler, den der Revisionswerber auch zum zentralen Inhalt seiner Anfechtung macht. Die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO liegt entgegen der von der beklagten Partei vertretenen Ansicht vor, der Revisionswerber führt einen nach § 503 Abs.2 ZPO qualifizierten Anfechtungsgrund aus. Die Revision ist daher zulässig. Sie ist auch berechtigt.
Der satzungsgemäße Zweck des beklagten Vereines ist die Pachtung von Jagdausübungsrechten, die Mitgliedschaft am Verein eröffnet dem Vereinsmitglied die Möglichkeit, an der dem Verein als Jagdpächter zustehenden Jagdausübung teilzunehmen. Eine Beschränkung dieses aus der Vereinsmitgliedschaft fließenden Teilnahmeanspruches infolge Ausschlusses greift in die Privatrechtssphäre des betroffenen Mitgliedes ein. Der Streit über die Wirksamkeit einer dem Verein zurechenbaren einseitigen Erklärung auf Beschränkung oder Aufhebung der Rechte des Vereinsmitgliedes - sei es unter Aufrechterhaltung oder Beendigung der Mitgliedschaft - unterliegt als bürgerliche Rechtssache der Entscheidung der ordentlichen Gerichte im streitigen Verfahren.
Die Satzung des beklagten Vereines sieht im Sinne des § 4 Abs.2 lit.g VereinsG 1951 als Streitschlichtungsmechanismus ein Vereinsschiedsgericht vor, dessen Funktion aber im einzelnen Streitfall, wie aus § 17 Abs.4 der Satzung geschlossen werden muß, von einer Unterwerfung der betroffenen Mitglieder abhängt, wobei lediglich die Weigerung zur Unterwerfung mit dem drohenden Vereinsausschluß sanktioniert ist. Dieses Vereinsschiedsgericht tritt nach der Satzung neben Vollversammlung, Vereinsvorstand, Obmann und Rechnungsprüfern als Organ des Vereines auf. Die Verteilung der den einzelnen Vereinsorganen zugewiesenen Aufgaben ist Gegenstand der Satzung. Diese sieht zwar in bestimmten Fällen eine Überprüfung von Beschlüssen des Vorstandes durch die Vollversammlung vor, nicht aber die Überprüfung eines Vollversammlungsbeschlusses durch das Vereinsschiedsgericht. Im Gegenteil, nach § 17 Abs.1 Satz 2 der Satzung soll die Zuständigkeit des Vorstandes oder der Vollversammlung durch das Schiedsgericht nicht berührt werden. Nach der Stammfassung der Satzung fällt die Verhängung von Vereinsstrafen über ein Vereinsmitglied auf Verwarnung, Geldbuße oder Vereinsausschluß in den Wirkungskreis des Vorstandes (§ 14 lit.n), wobei gegen die Entscheidung des Vorstandes ein Einspruch an die Vollversammlung vorgesehen ist (§ 12 lit.j und d); der Einspruch gegen einen vom Vorstand beschlossenen Vereinsausschluß hat keine aufschiebende Wirkung, die Mitgliedsrechte ruhen bis zur Beschlußfassung durch die Vollversammlung (§ 6 Abs.4 Satz 3 und 4). Aus diesen Regelungen folgt, daß die Wirksamkeit eines durch den Vorstand oder durch die Vollversammlung beschlossenen Vereinsausschlusses nicht etwa bis zur Entscheidung des Vereinsschiedsgerichtes aufgeschoben sein sollte. Der Feststellungsanspruch des Klägers konnte daher keinesfalls in seiner "Fälligkeit" von einer Anrufung und Entscheidung des Vereinsschiedsgerichtes abhängig sein. Davon abgesehen stützt der Kläger als Vereinsmitglied sein Begehren in erster Linie darauf, daß Mängel im vereinsinternen Beschlußverfahren das Zustandekommen eines wirksamen Beschlusses auf Vereinsausschluß verhindert hätten, der beklagte Verein dem Kläger daher ohne satzungsgemäße Grundlage die Ausübung der Mitgliedsschaftsrechte abspreche. Besteht daher nicht nur kein Prozeßhindernis, sondern auch kein materiellrechtlicher Hemmungsgrund gegen die Verfolgung des vom Kläger klageweise geltend gemachten Anspruches und ist auch das Feststellungsinteresse des Klägers mit Rücksicht auf die ihm vom beklagten Verein streitig gemachten Befugnisse eines Vereinsmitgliedes (und damit von subjektiven Rechten) anzuerkennen, ist zunächst das Vorliegen der vom Kläger geltend gemachten Mängel des vereinsinternen Beschlußverfahrens zu prüfen, weil es im Falle der Unwirksamkeit des Beschlusses auf Vereinsausschluß aus formellen Gründen keiner inhaltlichen Überprüfung der Vereinsstrafe mehr bedürfte. Die Zahl der Vereinsmitglieder ist jagdgesetzlich beschränkt (§ 18 Abs.4 lit.d und § 19 Kärntner JagdG 1978, LGBl. Nr. 76). Sie betrug zur Zeit des strittigen Vollversammlungsbeschlusses vierzehn. Durch die festgestellte Vorgangsweise bei der Einberufung zur Vollversammlung vom 8. September 1982 wurde dem Kläger und seinem Vater wie auch einem weiteren Vereinsmitglied die Gelegenheit genommen, vor der Stimmabgabe durch die Mitglieder in der Vollversammlung die eigenen Argumente zu der auf die Tagesordnung gesetzten Strafmaßnahme zu Gehör zu bringen. Dadurch wurde aber - und das fällt, je kleiner der Mitgliederkreis ist, umso schwerer ins Gewicht - der Meinungsbildungsvorgang im entscheidenden Vereinsorgan empfindlich gestört. Gerade weil es um einen Interessengegensatz zwischen dem Verein und einem Mitglied ging, war zur Vermeidung einer Einseitigkeit der Entscheidungsgrundlagen dem betroffenen Vereinsmitglied die Gelegenheit zur Darlegung seiner Ansicht zu gewähren.
Für eine wirksame Beschlußfassung einer Personenmehrheit wird ganz allgemein der Grundsatz anerkannt, daß selbst mangels diesbezüglicher positiver gesetzlicher Vorschriften oder organisatorischer Regelungen über die zu beachtenden Förmlichkeiten bei sonstiger Unwirksamkeit der Beschlußfassung allen an der Mitwirkung bei der Willensbildung berufenen Personen die Tatsache der beabsichtigten Beschlußfassung rechtzeitig mitgeteilt und ihnen auch Gelegenheit zur sachlichen Stellungnahme gegeben werden müsse (vgl. EvBl. 1965/441, 1973/218; MietSlg. 27.077, 33.069/9 uva; Rummel in Rummel, ABGB, § 876 Rz 4). Das gilt umso mehr, wenn Organisationsvorschriften (z.B. eine Vereinssatzung wie im vorliegenden Fall § 11 Abs.2) ausdrücklich eine Einladung aller Gremiumsmitglieder vorsehen (in dem zu JBl. 1967, 524 entschiedenen Fall wurde nach den veröffentlichten Entscheidungsgründen aus den Statuten das Gegenteil gefolgert).
Auch der weitere Gesichtspunkt, daß dem einer mit Vereinsstrafe bedrohten Verhaltensweise bezichtigten Mitglied vor der Entscheidung des nach den Statuten zur Verhängung der Strafmaßnahme berufenen Organes Gelegenheit zur Darlegung seines Standpunktes gewährt werden müsse, wurde durch die festgestellte Vorgangsweise des beklagten Vereines in nachhaltiger Weise verletzt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger dadurch, daß anstelle des satzungsgemäß hiezu berufenen Vorstandes, gegen dessen Beschluß über Einspruch die Vollversammlung zu entscheiden gehabt hätte, sogleich die Vollversammlung Beschluß gefaßt hat, beschwert werden konnte, und ob die Satzungsänderung im Sinne der §§ 10, 4 Abs.1 und 7 Abs.1 VereinsG 1951 wirksam geworden ist. Verfehlt erschiene die Deutung des einstimmig gefaßten Beschlusses der Vollversammlung, an der auch alle drei Vorstandsmitglieder teilgenommen haben, als Beschluß des Vorstandes, weil die Mitglieder des Vorstandes im Rahmen der Vollversammlung nur als Mitglieder dieses Organes und nicht gleichzeitig auch als Mitglied eines anderen Vereinsorganes formell tätig werden konnten. Keinesfalls durfte dem Kläger aber die nach der Stammfassung der Satzung jedenfalls in Form des Einspruches offengehaltene Möglichkeit zur Darlegung seines Standpunktes durch Unterlassung der Einladung zur Vollversammlung faktisch entzogen werden.
Die Satzungsbestimmung über die Beschlußfähigkeit der Vollversammlung (Anwesenheitsquorum) setzt eine ordnungsgemäße Einladung zur Vollversammlung voraus. Das verkennt der Revisionsgegner bei seinen Ausführungen in der Revisionsbeantwortung. Nach Streitanhängigkeit der vorliegenden Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des von der Vollversammlung gefaßten Beschlusses auf Vereinsausschluß hat der Vorstand einen gleichlautenden Beschluß als Strafmaßnahme wegen des bereits durch den Vollversammlungsbeschluß geahndeten Verhaltens des Klägers nachgetragen. Damit wurde keine Verpflichtung des Klägers zur Erhebung eines Einspruches an die Vollversammlung ausgelöst, weil diese bereits in derselben Sache, wenn auch in einem mangelhaften Beschlußverfahren erkannt hatte.
Der dargelegte Mangel im vereinsinternen Beschlußverfahren wurde keinesfalls dadurch gegenstandslos, daß der Vereinsstrafbeschluß ohnedies auch einer vollen inhaltlichen Kontrolle durch das Gericht unterläge. Eine sachliche Nachprüfung durch das Gericht könnte sich immer nur auf die Gesetz- und Satzungsmäßigkeit der verhängten Vereinsstrafe erstrecken, niemals aber die vereinsinterne Willensbildung in der Richtung ersetzen, ob nicht etwa aus Zweckmäßigkeitserwägungen von einer Strafmaßnahme abgesehen oder anstelle einer verwirkten schwereren nur eine geringere Strafe verhängt werden sollte.
Die festgestellten Fehler im vereinsinternen Beschlußverfahren machen den Vereinsausschlußbeschluß unwirksam.
In Stattgebung der Revision war daher das angefochtene Berufungsurteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Dabei war der Wortlaut des Spruches dem Verfahrensgegenstand anzupassen. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Zur Eingabengebühr für die Rechtsmittelschriften siehe Art. VI Z 8 GGG (BGBl. Nr. 501/1984).
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