Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Mai 1965 geborene Wolfgang Christian O*** des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 18.September 1986 in Spittal an der Drau dadurch, daß er Maritta F*** wiederholt zu Boden schlug, sich auf ihren Bauch setzte, ihr den Mund zuhielt, sie würgte, an den Armen und Haaren hochriß, über eine Böschung in den Wald zerrte und sie ausziehen sowie durch Ausholen mit der Hand zum Schlag gegen ihren Kopf gefügig machen wollte, versucht, die Genannte mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen, wobei die Tat neben Prellungen, Kratz- und Schürfwunden am ganzen Körper sowie Hautverletzungen am Hals eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Fraktur des kleinen Fingers der rechten Hand, zur Folge hatte.
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 9 lit a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Berechtigung kommt der Mängelrüge (Z 5) zu, soweit sie gegen den Schuldspruch - der Sache nach unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit der Urteilsgründe - ins Treffen führt, das Schöffengericht habe das Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes des (freiwilligen) Rücktrittes vom Versuch im Sinn des § 16 Abs. 1 StGB mit der Begründung negiert, daß die Verantwortung (S 43, 45, 49, 118) des Angeklagten, er habe von Maritta F*** deshalb abgelassen, weil sie ihm leid getan habe und ihm zum Bewußtsein gekommen sei, was er tue, durch die Aussage der Zeugin F*** "eindeutig widerlegt" sei, wonach sie sich ständig gewehrt habe und dem Angeklagten, wenn sie sich weniger gewehrt hätte, sein Vorhaben wahrscheinlich gelungen wäre (S 126 f.); diese Eindeutigkeit liege indes nach den - insoweit unerörtert gebliebenen - Aussagen der Zeugin Maritta F*** nicht vor.
Da das Erstgericht dem Angeklagten den Strafaufhebungsgrund des freiwilligen Rücktrittes vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) allein aus dem eingangs bezeichneten Grund nicht zugebilligt hat, wäre es zu einer gewissenhaften Erörterung auch jener Passagen der Aussage der Zeugin F*** (vgl S 33, 84, 119) verpflichtet gewesen, wonach ihre (flehentlichen) Bitten, sie in Ruhe zu lassen und ihr Zureden, daß es ein Blödsinn sei, wenn er sie vergewaltige und dann Sitzen gehen müsse, den Angeklagten dazu veranlaßten, von ihr abzulassen. Es ist sohin nach Lage des Falles - der Vorfall ereignete sich bei einem gemeinsamen Spaziergang in den vollkommen abgelegenen Drau-Auen (vgl S 173 iVm S 19) - nicht auszuschließen, daß das Schöffengericht dann, wenn es auch diese Verfahrensergebnisse in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezogen hätte, bei Prüfung der Frage, ob der in Rede stehende Strafaufhebungsgrund vorliegt, allenfalls zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Der vom Beschwerdeführer insoweit zutreffend aufgezeigte Begründungsmangel des Urteils (Z 5) betrifft demnach in der Tat "entscheidende Tatsachen" im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes. In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.
Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht für den Fall, daß es zur Überzeugung gelangen sollte, der Angeklagte habe freiwillig, dh nicht durch wirkliche oder angenommene Hinderungsgründe veranlaßt, sondern eben aus freien Stücken (vgl EvBl 1986/184 ua), seinen Tatplan, Maritta F*** durch Gewalt und gefährliche Drohung zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen, aufgegeben, zu prüfen haben, ob in dem vorliegenden Versuch eine bereits vollendete (andere) Straftat enthalten ist (qualifizierter Versuch), deren Strafbarkeit diesfalls bestehen bliebe (vgl Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 16 RN 13, § 201 RN 14, § 202 RN 11). Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang noch angemerkt, daß die gemäß § 38 StGB anzurechnende Vorhaft am 20.September 1986 offensichtlich nicht erst um 19,30 Uhr (S 23), sondern bereits um 17,45 Uhr (vgl S 53 iVm S 55) begonnen hat.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
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