OGH 8Ob25/87

OGH8Ob25/8726.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erika M***, Näherin, Henndorf 165, 8380 Jennersdorf, vertreten durch Dr. Hans Miksch, Rechtsanwalt in Jennersdorf, wider die beklagten Parteien 1.) Josef K***, Hilfsarbeiter, Nelkengasse 2. 2301 Groß Enzersdorf, und

2.) W*** S*** W*** V***,

Schottenring 30, 1010 Wien, beide vertreten durch Dr. Gertrud Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 130.000,--, Zahlung einer monatlichen Rente von S 1.750,-- s.A. und Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. November 1986, GZ 16 R 247/86-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13. Juni 1986, GZ 4 Cg 89/85-23, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich des Zuspruches eines Betrages von S 80.000,-- s.A. und der Abweisung des Mehrbegehrens auf Zuspruch weiterer S 50.000,-- sowie einer monatlichen Rente von s 450,-- s.A. und der Stattgebung des Feststellungsbegehrens als unangefochten unberührt bleiben, werden in Ansehung des Ausspruches über das weitere Rentenbegehren in der Höhe von monatlich S 1.300,-- s.A. sowie im Kostenpunkt aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die diesbezüglichen Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Am 24. Mai 1983 gegen 10,30 Uhr ereignete sich auf der Bundesstraße 57 im Gemeindegebiet von Rax ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin als Lenkerin des PKW Marke Datsun 140 Y (B 137.468) und der Erstbeklagte mit seinem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW Opel Rekord D (N 664.094) beteiligt waren. Dabei wurde die Klägerin schwer verletzt. Das Alleinverschulden an diesem Unfall trifft den Erstbeklagten. Mit der am 8. Mai 1985 erhobenen Klage begehrte Erika M*** (nach Klagseinschränkung) unter Berücksichtigung von Zahlungen der Zweitbeklagten im Betrag von insgesamt S 150.000,--, ein restliches Schmerzengeld von S 130.000,-- und für die Zeit ab Schluß der mündlichen Streitverhandlung den Zuspruch einer Rente von monatlich S 1.750,--; außerdem stellte sie ein entsprechendes Feststellungsbegehren. Zu dem im Revisionsverfahren allein strittig gebliebenen Rentenbegehren brachte die Klägerin im wesentlichen folgendes vor:

Aufgrund der bei ihre eingetretenen Unfallsfolgen ergebe sich eine bleibende Invalidität von 35 %. Sie sei Näherin in einer Fabrik und habe Akkordarbeit zu leisten. Da im südlichen Burgenland die Arbeitsplätze bekanntermaßen knapp und anderseits genug Arbeitskräfte vorhanden seien, müsse auch sie sich bemühen, die Akkordstückzahlen zu erreichen, ansonsten sie mit einer Kündigung rechnen müßte. Vor dem Unfall habe sie die Nähmaschine abwechselnd mit beiden Beinen bedienen können, was ihr seit dem Unfall aber nicht mehr möglich sei, weil sie beim Arbeiten nur mehr das rechte Bein verwenden könne; wegen dieser ständigen einseitigen Dauerbelastung werde das Bein über Gebühr beansprucht und abgenützt. Um ihren Arbeitsplatz halten zu können, müsse sie sich daher besonders anstrengen, mehr Arbeitskraft aufwenden, weshalb sie dadurch körperlich rascher verbraucht würde. Auch habe sich durch den Unfall ihre Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt gegenüber Gesunden zwangsläufig verschlechtert. Es stehe ihr daher eine Rente zu.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens; das Begehren auf Zuerkennung einer abstrakten Rente sei rechtlich verfehlt, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen, nämlich der Sicherungsfunktion und Ausgleichsfunktion fehle. Aus Gründen der Vorsicht behaupteten sie noch, daß die Klägerin einen konkreten Entgang erleide. Schließlich bestritten sie noch die Höhe der begehrten Rente, weil nicht erkennbar sei, wie dieser Betrag errechnet worden sei.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren zur Gänze Folge, sprach der Klägerin den Betrag von S 80.000,-- samt Anhang sowie eine monatliche Rente von S 1.300,-- zu und wies das Mehrbegehren von S 50.000,-- sowie einer weiteren monatlichen Rente von S 450,-- ab. Die vom Erstgericht über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen lassen sich - soweit sie für das Rentenbegehren bedeutsam sind - im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Die Klägerin erlitt bei dem Unfall eine Rißquetschwunde an der linken Schläfe, einen Bruch des Innen- und Außenknöchels links mit Abbruch des hinteren unteren Schienbeinkeiles und eine Verrenkung des Sprungbeines. Der Knöchelbruch wurde operativ versorgt. Am 19.3.1984 begann die Klägerin wieder mit ihrer Arbeit als Näherin. Vom 19.2. bis 19.3.1985 war sie (neuerlich) im Rehabilitationszentrum Bad Schallerbach. Als Folge des Unfalles kam es bei der Klägerin zu einer hochgradigen Arthrose des oberen Sprunggelenkes mit Fehlstellung des Fußes, zu einer erheblichen Gangbehinderung und zu Beschwerden. Infolge dieser Dauerfolgen ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Ausmaß von 25 % gegeben. Die Klägerin ist beim Gehen und Stehen wesentlich behindert und muß für alle Tätigkeiten, die mit Gehen und Stehen verbunden sind, eine erhöhte körperliche Leistung erbringen. Sie arbeitet als Näherin im Akkord bei der V***-F***-Gesellschaft mbH in Jennersdorf. Diese Arbeit übt sie überwiegend im Sitzen aus, sie muß nur fallweise aufstehen und gehen; fallweise ist auch Bücken notwendig. Die Klägerin verdient derzeit S 10.575,-- brutto und S 7.630,-- netto und hat wegen der Unfallsfolgen derzeit keinen Einkommensverlust.

Von diesem Sachverhalt ausgehend erkannte das Erstgericht das Rentenbegehren für berechtigt, weil die Unfallsdauerfolgen die Klägerin im Berufsleben einer erhöhten körperlichen Belastung aussetzten. Damit müsse eine Einkommensminderung der Klägerin in der Zukunft als wahrscheinlich angenommen werden. Im Hinblick auf die in der Textilindustrie im allgemeinen und im südlichen Burgenland im besonderen bestehende Arbeitsmarktsituation bestehe die Gefahr, daß die Klägerin ihren Arbeitsplatz verliere, weil sie die geforderte Akkordleistung auf Dauer nicht erreichen könne. Die Höhe der Rente sei nach der "Piegler'schen Formel" berechnet worden. Den von beiden Teilen gegen dieses Urteil (von der Klägerin hinsichtlich der Abweisung des Mehrbegehrens von S 50.000,--, von den Beklagten gegen den Zuspruch einer monatlichen Rente von S 1.300,--) erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge, wobei es aussprach, daß die Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht erachtete die von den Beklagten in ihrer Berufung erhobenen Beweis- und Tatsachenrügen als unbegründet und legte die Feststellungen des Erstgerichtes, die es für die rechtliche Beurteilung als ausreichend ansah, seiner Entscheidung zugrunde. Davon ausgehend sei auch die Rechtsrüge, in der die Beklagten wieder meinten, bereits aufgrund der getroffenen Feststellungen seien die wesentlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer abstrakten Rente, nämlich die Ausgleichs- und Sicherungsfunktion, zu verneinen, nicht berechtigt. In der Rechtsprechung werde eine abstrakte Rente in jenen Fällen zuerkannt, in denen der Verletzte, der einen Dauerschaden erlitten habe, trotz eingetretener - theoretischer - Minderung der Erwerbstätigkeit keinen tatsächlichen Verdienstentgang habe. Da der Zuspruch seine Grundlage in der Bestimmung des § 1325 ABGB habe - so führte das Berufungsgericht weiters aus - , wonach der Schädiger bei Eintritt eines Dauerschadens dem Geschädigten auch den künftig entgehenden Verdienst zu ersetzen habe, müsse ein innerer Zusammenhang mit einem tatsächlichen Verdienstentgang gewahrt bleiben. Es genüge daher für den Anspruch auf eine Rente nicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit schlechthin oder eine bloße Erschwernis der Arbeit. Es müsse vielmehr eine Einkommensminderung wegen der unfallbedingten Verletzung nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu erwarten oder doch wahrscheinlich sein. Ein Anspruch auf eine sogenannte abstrakte Rente sei erst dann begründet, wenn die Erschwernisse der Arbeit nicht nur größere Anstrengungen zur Erzielung desselben Arbeitserfolges, wie er ohne die Unfallfolgen erreichbar wäre, notwendig machten und damit die Möglichkeit einer früheren Erschöpfung der Arbeitskraft des Verletzten gegeben sei, sondern den Geschädigten auch der Gefahr einer Benachteiligung im Wettbewerb mit gesunden Menschen aussetzten. Die abstrakte Rente gebühre daher nur dann, wenn sie diese Ausgleichs- und Sicherungsfunktion erfülle. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die Rente erfülle die Ausgleichsfunktion, weil sich die Klägerin nach den Feststellungen in ihrem Beruf jetzt mehr anstrengen müsse als früher. Für diese erhöhten Anstrengungen solle die abstrakte Rente einen Ausgleich bieten. Im Hinblick auf die festgestellten Dauerfolgen bestehe jedoch die Gefahr, daß die Klägerin ihren Arbeitsplatz verliere und Einkommenseinbußen hinnehmen müsse, weil sie im Wettbewerb mit gesunden Menschen benachteiligt sei. Die von der Klägerin ausgeübte Berufstätigkeit sei nicht so beschaffen, daß die körperliche Leistungsfähigkeit völlig unbedeutend sei. Ihre doch erhebliche körperlilche Behinderung mache vor allem im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktsituation künftige Einkommensverluste wahrscheinlich. Eine akute Gefährdung des konkreten Arbeitsplatzes sei für die Annahme der Sicherungsfunktion einer abstrakten Rente nicht erforderlich. Die Einkommensverluste müßten vielmehr mittel- oder langfristig wahrscheinlich sein. Die abstrakte Rente erfülle somit im vorliegenden Fall sowohl eine Ausgleichs- als auch eine Sicherungsfunktion, sodaß ihr Zuspruch im Sinne der ständigen Rechtsprechung berechtigt sei. Auch die Ausführungen, mit welchen die Beklagten die Höhe der zugesprochenen Rente bekämpften, seien im Ergebnis nicht begründet. Zuzugeben sei den Beklagten allerdings, daß das Erstgericht zwar auf die Piegler'sche Formel verweise, die Berechnungsmethode jedoch nicht weiter darlege. Zunächst sei festzuhalten, daß sich allgemein gültige Maßstäbe für die Bemessung der abstrakten Rente nicht aufstellen ließen. Rein schematische Berechnungsmethoden seien abzulehnen. Die Höhe der abstrakten Rente hänge von den besonderen Umständen des Falles ab. In der Praxis würden - von außergewöhnlichen Fällen abgesehen - diese Renten etwa in der Hälfte der prozentuellen Erwerbsminderung zugesprochen. Diese Größenordnung könne daher auch im vorliegenden Fall als Richtwert angesehen werden. Die in der Berufung vorgenommene Berechnung, die den letzten Nettolohn der Klägerin zugrundelege, sei nicht richtig. Das Erstgericht habe offenbar den Bruttolohn herangezogen. Bei der Beurteilung des Verdienstentganges gehe die Rechtsprechung vom Nettoschaden aus. Steuern und Abgaben, die durch die Schadenersatzleistung selbst entstünden, seien erneut zu berücksichtigen und die Schadenersatzleistung so zu bemessen, daß sie unter Berücksichtigung der durch sie wieder entstandenen Abzüge dem Nettoschaden entspreche. Sozialversicherungsbeiträge seien nicht zu berücksichtigen. Berücksichtige man diese Gedanken auch bei der Bemessung der abstrakten Rente sowie die Tatsache, daß bei der Berechnung einer nur 12mal jährlich auszuzahlenden Rente auch auf das Weihnachts- und Urlaubsgeld Bedacht genommen werden müsse, so gelange man zu dem Ergebnis, daß die vom Erstgericht zugesprochene monatliche Rente von S 1.300,-- annähernd dem oben beschriebenen Richtwert entspräche. Das Ersturteil erweise sich daher frei von Rechtsirrtum.

Den auf § 500 Abs. 3 ZPO gestützten Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision stützte das Berufungsgericht in Ansehung der Beklagten darauf, daß bei der Behandlung deren Berufung Beweisfragen im Vordergrund gestanden seien.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß das Rentenbegehren zur Gänze abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die sie beim Erstgericht einbrachte, ohne eine entsprechende Mitteilung des Revisionsgerichtes gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO, daß ihr die Beantwortung der Revision freistehe, abzuwarten, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folgen zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Bei Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist vorerst davon auszugehen, daß die beiden bestätigenden Teile des Berufungsurteiles (Bestätigung der Abweisung des Schmerzengeldmehrbegehrens von S 50.000,-- infolge Berufung der Klägerin sowie im Umfang der Stattgebung des Rentenbegehrens von S 1.300,-- monatlich, was gemäß § 58 Abs. 1 JN einem Streitwert von S 46.800,-- entspricht), zusammenzurechnen sind (Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht; (ÖJZ 1983, 175), der von der Bestätigung betroffene Teil des Streitgegenstandes somit S 60.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteigt und die Revision daher entgegen der Ansicht der Klägerin in den Zulassungsbereich fällt. Die Revision ist aber entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz zulässig, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für den Zuspruch einer abstrakten Rente im Ergebnis von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist. Die Revision ist im Sinne des in dem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt. Insoweit die Beklagten in ihrer Revision sich gegen die Annahme der Erfüllung der Ausgleichsfunktion als eine der Voraussetzungen für die Zuerkennung einer abstrakten Rente wenden, versuchen sie einerseits in einer im Revisionsverfahren unzulässigen Weise die Beweiswürdigung und Feststellungen der Vorinstanzen zu bekämpfen, zum andern verkennen sie das Wesen der sogenannten Ausgleichsfunktion. Ob diese Funktion erfüllt ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes davon ab, ob der Verletzte sich wegen der Unfallsfolgen bei seiner nunmehr ausgeübten Tätigkeit mehr anstrengen muß als früher (ZVR 1975/167; RZ 1982/9; RZ 1984/16 ua). Von der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage ausgehend, besteht aber kein Zweifel, daß die Klägerin wegen der bleibenden Folgen ihrer Beinverletzungen (hochgradige Arthrose des rechten Sprunggelenkes mit Fehlstellung des Fußes, erhebliche Behinderung beim Gehen und Stehen verbunden mit Schmerzen) sich bei Erreichung des Arbeitsplatzes aber auch bei Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit mehr anstrengen muß als früher.

Mit Recht bekämpfen die Revisionswerber aber die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, im vorliegenden Fall sei auch die Sicherungsfunktion als Voraussetzung für die abstrakte Rente gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes muß neben einer Minderung der Erwerbsfähigkeit schlechthin oder einer bloßen Erschwernis der Arbeit auch eine Einkommensminderung wegen der unfallsbedingten Verletzungen nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu erwarten oder doch wahrscheinlich sein (SZ 40/173; EvBl. 1970/361; ZVR 1984/325; ZVR 1985/48 ua). Eine abstrakte Rente ist nur zuzusprechen, wenn der Arbeitsplatz wegen der Unfallsfolgen konkret gefährdet ist. In diesem Fall muß geprüft werden, ob die Behinderung den Verletzten bei der Suche oder Vemittlung eines neuen Arbeitsplatzes tatsächlich schlechter stellt oder ob sie von einem Dienstgeber im allgemeinen als unbedeutend gewertet wird (JBl. 1971, 42; RZ 1984/16 ua). Ob dies der Fall ist, kann aufgrund des bisher festgestellten Sachverhaltes aber nicht beurteilt werden. Das Erstgericht ist auf die wohl als konkrete Behauptung aufzufassenden Ausführungen in der Klage, die Klägerin müsse sich bemühen, die Akkordstückzahlen zu erreichen, um nicht mit einer Kündigung rechnen zu müssen, überhaupt nicht eingegangen und hat keine Feststellungen zur Frage getroffen, ob aufgrund der konkreten Umstände tatsächlich eine Gefährdung des Arbeitsplatzes der Klägerin und eine daraus sich ergebende Einkommensminderung zu erwarten oder zumindest doch wahrscheinlich ist. Den bloß im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angestellten Erörterungen des Erstgerichtes über die in der Textilwirtschaft im allgemeinen und im südlichen Burgenland im besondern gegebene Situation auf dem Arbeitsmarkt liegen keine konkreten Verfahrensergebnisse zugrunde, sie sind aber auch rechtlich unerheblich, weil sie nichts über eine konkrete Gefährdung des Arbeitsplatzes der Klägerin aussagen. Da das Berufungsgericht das Vorliegen der Sicherungsfunktion ebenfalls nur auf der Grundlage dieser allgemeinen Überlegungen des Erstgerichtes vorgenommen hat, die allgemeine Lage auf dem - wenngleich regional für die Klägerin bedeutsamen - Arbeitsmarkt - wie

dargestellt - keine ausreichende Beurteilungsgrundlage bildet, kann nicht gesagt werden, ob im vorliegenden Fall auch die zweite Voraussetzung für die Zuerkennung einer abstrakten Rente, nämlich die Sicherungsfunktion, erfüllt ist.

Die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen ist somit unvermeidlich.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren im Sinne der Behauptungen der Klägerin zu prüfen und festzustellen haben, ob der Arbeitsplatz der Klägerin bei der V***-F***-GesmbH in Jennersdorf wegen der bei ihr bestehenden Unfallsfolgen konkret gefährdet ist und bejahendenfalls, ob die unfallsbedingte Behinderung der Klägerin diese bei der Suche oder Vermittlung eines neuen Arbeitsplatzes tatsächlich schlechter stellen würde. Damit erweist sich aber die außerordentliche Revision der Beklagten als berechtigt, weshalb die Urteile der Vorinstanzen im Rahmen der Anfechtung aufzuhebn wären und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden mußte.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 52 ZPO.

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