OGH 7Ob552/87

OGH7Ob552/8726.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Hule, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Berta G***, Pensionistin, Obere Hardt 21, D-5208 Eitorf, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Edgar Düngler, Rechtsanwalt in Schruns, wider die beklagten Parteien 1.) Helmut M***, Kaufmann, und 2.) Ursula M***-R***, Hausfrau, beide Glückstraße 13, D-7990 Friedrichshafen 1, vertreten durch Dr. Fritz Miller, Rechtsanwalt in Schruns, wegen Räumung (Streitwert S 30.000,--), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 9. Jänner 1987, GZ 1 c R 2/87-33, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Montafon vom 14. November 1986, GZ C 278/85 -28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.829,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 257,25 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend dem auf Räumung der EZ 879 KG St. Gallenkirch gerichteten Begehren stattgegeben, wobei sie von folgenden wesentlichen Feststellungen ausgingen:

Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 879 KG St. Gallenkirch. Der deutsche Staatsangehörige Gerhard F*** wollte die Liegenschaft erwerben, doch war dies im Hinblick auf die Bestimmungen des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes für ihn als deutschen Staatsangehörigen nicht ohne weiters möglich. Aus diesem Grunde schloß die Klägerin mit ihm am 6. April 1981 eine Vereinbarung, derzufolge sie ihn testamentarisch als Erben (richtig Vermächtnisnehmer) bezüglich der Liegenschaft einsetzte. Gerhard F*** sollte eine Reihe finanzieller Leistungen erbringen. Bis zum Zeitpunkt des Todes der Klägerin sollte Gerhard F*** das Haus auf der Liegenschaft bewohnen können.

Tatsächlich erhielt die Klägerin von Gerhard F***

DM 50.000,-- und DM 235.000,--.

Da Gerhard F*** infolge seiner Verhaftung im Jahre 1983 nicht mehr in der Lage war, seinen weiteren Zahlungsverpflichtungen aus der Vereinbarung mit der Klägerin nachzukommen, suchte seine Ehegattin Elisabeth F*** mit Hilfe des Erstbeklagten einen Käufer für die Liegenschaft. Schließlich unterbreitete der Erstbeklagte der Klägerin den Vorschlag, anstelle des Gerhard F*** in die Vereinbarung einzutreten. In der Folge gab der Erstbeklagte bekannt, daß er verschiedene Forderungen der Klägerin befriedigen werde, es jedoch im Hinblick auf seine Ausländereigenschaft nicht möglich sei, die Liegenschaft zu kaufen. Er wolle daher lediglich Erbe der Liegenschaft werden, weshalb er verlange, daß das Testament zu seinen Gunsten geändert werde.

Tatsächlich kam es dann zu einer Änderung des Testamentes der Klägerin zugunsten des Erstbeklagten, wobei ein allfälliger Eintritt der Zweitbeklagten, die im Zuge dieses Verfahrens den Erstbeklagten geheiratet hat, vorgesehen war. Ferner war vereinbart, daß bis zum Ableben der Klägerin der Erstbeklagte die Liegenschaft und das darauf befindliche Haus kostenlos benützen könne. Der Erstbeklagte übernahm eine Reihe von Zahlungsverpflichtungen, wobei im wesentlichen auf die Verpflichtungen und Zahlungen seines Vorgängers, Gerhard F***, Bedacht genommen wurde (bezüglich der Details der beiden Vereinbarungen mit Gerhard F*** und dem Erstbeklagten kann auf die Feststellungen des Erstgerichtes verwiesen werden).

Da es in der Folge zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten zu Differenzen wegen vom Erstbeklagten nicht geleisteter Zahlungen gekommen war, widerrief die Klägerin ihr Testament und fordert nunmehr die Räumung der Liegenschaft.

Die Vorinstanzen vertraten die Rechtsansicht, ein käuflicher Erwerb der Liegenschaft durch den Erstbeklagten wäre aufgrund der Bestimmungen des Vorarlberger Landesgrundverkehrsgesetzes nicht möglich. Die Vereinbarung zwischen dem Erstbeklagten und der Klägerin habe lediglich den Zweck verfolgt, die Bestimmungen des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes zu umgehen. Es handle sich daher um ein Umgehungsgeschäft, dessen Gültigkeit nach jenen Bestimmungen zu beurteilen sei, die das tatsächlich beabsichtigte Geschäft betreffen. Da tatsächlich ein Erwerb der Liegenschaft durch den Erstbeklagten angestrebt sei, ein derartiger Erwerb aber gegen die Bestimmungen des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes verstoßen würde, erweise sich die Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten als rechtsunwirksam. Der Erstbeklagte benütze daher die Liegenschaft ohne Rechtstitel, was das Räumungsbegehren rechtfertige. Bezüglich der Zweitbeklagten sei irgendein Rechtstitel überhaupt nicht behauptet worden.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt. Es hat die Revision für zulässig erklärt.

Die von den Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Unter einem Umgehungsgeschäft versteht man ein solches, das lediglich den Zweck verfolgt, gesetzliche Bestimmungen zu umgehen und jenes Ziel zu erreichen, das ein gesetzliches Verbot ausschließen will. Es ist eine Frage der Grenzen des Normzweckes, ob und inwieweit ein Gesetzesverbot auch gegenüber Rechtsgeschäften gilt, die gegen das Verbot zwar nicht "dem Buchstaben des Gesetzes nach" verstoßen, im Ergebnis aber dennoch den Zweck des Gesetzesverbotes vereiteln (SZ 46/124 u.a.). Ein Umgehungsgeschäft unterliegt der Rechtsnorm, die auf das gesetzlich verpönte Rechtsgeschäft anzuwenden ist, weil der Zweck der Rechtsnorm ansonsten vereitelt würde. Auch rechtsgeschäftliche Bemühungen, das Erfordernis der behördlichen Genehmigung des Grunderwerbes durch Ausländer zu umgehen, widersprechen den betroffenen Gesetzeszwecken. Unter Umständen kann auch ein Mietvertrag das Grunderwerbsverbot für Ausländer umgehen (Krejci in Rummel Rz 37 ff zu § 879, MietSlg. 31.096 u.a.).

Im vorliegenden Fall kann nach den getroffenen Feststellungen von einer Vermietung der Liegenschaft an die Beklagten keine Rede sein. Die Beklagten (ausdrücklich behauptet wurde dies überhaupt nur bezüglich des Erstbeklagten) hatten die Absicht, Eigentum an der Liegenschaft zu erwerben. Nach dem Vorarlberger Grundverkehrsgesetz (LGBlNr. 18/1977) ist dies für Ausländer bei Verhältnissen wie den vorliegenden, durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden nur in Ausnahmefällen möglich. Der Erstbeklagte hat daher einen Weg gewählt, der dem durch das Vorarlberger Grundverkehrsgesetz verfolgten Normzweck widersprochen hat. Nur diesem Ergebnis diente nach den getroffenen Feststellungen die gesamte Konzeption. Zutreffend haben daher die Vorinstanzen erkannt, daß die zwischen dem Erstbeklagten und der Klägerin getroffene Vereinbarung eine Einheit ausschließlich mit dem Ziel, dem Erstbeklagten Eigentum an der Liegenschaft zu verschaffen, bildet. Von einer selbständigen, nicht auf Eigentumserwerb durch den Erstbeklagten abzielenden Benützungsvereinbarung kann keine Rede sein. Der Erstbeklagte sollte vielmehr so gestellt werden, als hätte er die Liegenschaft unter Lebenden von der Klägerin erworben. Gerade dies will aber das Vorarlberger Grundverkehrsgesetz verhindern. Demnach stellt sich die zwischen den Streitteilen getroffene Regelung als eine versuchte Umgehung des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes dar. Da, wie die Vorinstanzen ebenfalls zutreffend ausführen, gegen das Vorarlberger Grundverkehrsgesetz verstoßende Vereinbarungen nichtig sind, muß dies auch für das Umgehungsgeschäft gelten.

Die Vorinstanzen haben daher richtig erkannt, daß der Erstbeklagte infolge Nichtigkeit der zwischen ihm und der Klägerin abgeschlossenen Vereinbarung über keinen Rechtstitel zur Benützung der Liegenschaft verfügt. Dies rechtfertigt das Räumungsbegehren. Selbstverständlich muß dies auch bezüglich der Zweitbeklagten gelten, die ihren Benützungsanspruch höchstens vom Erstbeklagten ableiten könnte. Da der Erstbeklagte keinen Benützungstitel hat, fehlt ein solcher naturgemäß auch für die Zweitbeklagte. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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