OGH 1Ob565/87

OGH1Ob565/8725.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gabriel F***, Kaufmann, Wien 17., Andergasse 52, vertreten durch Dr. Harald Essenther, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Martin G***, Student, Wien 4., Argentinierstraße 2/8 a, vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 572.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1. Dezember 1986, GZ. 4 R 199/86-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 23. Juni 1986, GZ. 14 Cg 89/86-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.052,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.459,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile schlossen am 18. Dezember 1979 einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung der A*** Beteiligungs- und Handelsgesellschaft mbH, die am 9. Jänner 1980 zu HRB 25034 in das Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen wurde. Am 20. Dezember 1979 wurde zwischen der Gesellschaft und dem Kläger ein Geschäftsführervertrag abgeschlossen, der für die Gesellschaft von den Streitteilen als Geschäftsführern und vom Kläger als Vertragspartner der Gesellschaft gefertigt wurde. Der Beklagte war neben dem Kläger bis zum 8. Oktober 1980 Geschäftsführer der Gesellschaft.

Der Kläger begehrt den Betrag von S 572.000,-- s.A. als Geschäftsführergehalt. Sein vertragsmäßig zugesicherter Bezug sei ihm nur im Jänner und Februar 1980 sowie für März 1980 mit dem Teilbetrag von S 13.000,-- ausbezahlt worden. Der Beklagte hafte gemäß § 2 GmbHG, weil er als ehemaliger Geschäftsführer noch vor Registrierung der Gesellschaft in deren Namen den Geschäftsführervertrag abgeschlossen habe. Der Beklagte habe sich weiters verpflichtet, der Gesellschaft entsprechende Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, damit der Geschäftsbetrieb aufgenommen werden könne. Er habe dies auch teilweise getan, in der Folge jedoch vereinbarungswidrig S 100.000,-- dem Gesellschaftsvermögen entnommen und für private Zwecke verwendet. Das Klagebegehren werde daher auch auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Die A*** Beteiligungs- und Handelsgesellschaft mbH habe nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet. Eine Haftung sei nicht gegeben, weil dem Kläger als Mitgesellschafter und Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt gewesen sei, daß sich die Gesellschaft noch im Gründungsstadium befinde. Darüber hinaus habe die Genehmigung des Vertragsabschlusses durch die Gesellschaft die Haftung nach § 2 GmbHG beseitigt.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab und stellte fest, es sei nicht erwiesen, daß sich der Beklagte verpflichtet habe, der Gesellschaft über seinen Anteil am Stammkapital hinaus weitere Geldmittel zur Verfügung zu stellen; ebensowenig sei eine unbefugte Entnahme von Geldmitteln erweislich.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, eine Haftung nach § 2 GmbHG komme nicht in Betracht, weil der Kläger der Gesellschaft nicht als Dritter gegenübergestanden sei; als Mitgesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft sei er nicht schutzwürdig. Für einen Schadenersatzanspruch fehlten alle Voraussetzungen; insbesondere falle dem Beklagten ein Verschulden nicht zur Last.

Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, nach der Bestimmung des § 2 Abs. 2 GmbHG idF vor Inkrafttreten der GmbH-Novelle 1980, BGBl. 1980/320, hafte der für eine nicht eingetragene Gesellschaft mbH Handelnde nur dann, wenn seinem Vertragspartner die Nichteintragung der Gesellschaft weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Dem Kläger als Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft habe bekannt sein müssen, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsführervertrages die Gesellschaft noch nicht eingetragen war, was allein schon dem Begehren des Klägers die Grundlage entziehe.

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision kommt Berechtigung nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).

Der Beurteilung des erhobenen Anspruchs ist im Hinblick auf den Zeitpunkt des Abschlusses des in Rede stehenden Geschäftsführervertrages die Bestimmung des § 2 Abs. 2 GmbHG idF vor der am 1. Jänner 1981 in Kraft getretenen GmbH-Novelle 1980, BGBl. 1980/320, zugrundezulegen. Wie schon das Berufungsgericht hervorhob, war es einhellige Lehre und Rechtsprechung, daß die Bestimmung des § 2 Abs. 2 GmbHG nur für solche Fälle zur Anwendung gelangte, in denen der für eine nicht eingetragene Gesellschaft mbH Handelnde Rechtsgeschäfte mit einem Dritten, dem die Nichteintragung der Gesellschaft weder bekannt war noch bekannt sein mußte, abgeschlossen hatten. Es handelte sich vor allem um eine Schutzbestimmung zugunsten des Dritten, der im Vertrauen auf die Existenz der Gesellschaft kontrahiert hat und dem durch diese Bestimmung ein Vertragspartner geschaffen werden sollte (HS 11.341/18 mwN; SZ 48/141; SZ 31/11 ua.). Dem Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer mußte bei Anwendung gehöriger Sorgfalt bekannt sein, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsführervertrages die Gesellschaft noch nicht eingetragen war. Schon aus diesem Grunde ist der Anspruch des Klägers nicht gerechtfertigt. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob der erhobene Anspruch nicht auch daran scheitern muß, daß das abgeschlossene Rechtsgeschäft ein solches war, das mit dem Gründungsvorgang zusammenhing und damit ohnehin die in der Folge eingetragene Gesellschaft verpflichtete (vgl. SZ 48/141).

Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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