OGH 14ObA35/87

OGH14ObA35/8724.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die sachkundigen Laienrichter Herbert Bauer und Dr. Gerald Mezriczky, als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. Klaus B***, Kaufmann, kaufmännischer Angestellter, Innsbruck, Burgenlandstraße 24 a, auch: Ellbögen Nr. 90, vertreten durch Dr. Heinz Bauer und Dr. Harald E. Hummel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Gunther N***, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma S***- UND A*** Gesellschaft mbH, in Landeck, Uferstraße 6, wegen restlicher S 894.582,80 S und Feststellung (Gesamtstreitwert S 1,894.582,80), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 1. Juli 1986, GZ 3 a Cg 21/86-33, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 31. Jänner 1986, GZ 2 Cr 84/84-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.326,24 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.756,93 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bis zu seiner am 25. Jänner 1984 ausgesprochenen Entlassung als Geschäftsführer der S***- UND A***

Gesellschaft mbH angestellt. Der Beklagte ist Masseverwalter dieses Unternehmens, über dessen Vermögen am 13. Februar 1984 das Ausgleichsverfahren und am 27. Februar 1984 der Anschlußkonkurs eröffnet wurde. Die Parteien des Arbeitsvertrages hatten in ihrem ergänzenden Arbeitsvertrag vom 17. Februar 1982 vereinbart, daß die Arbeitgeberin auf ihr Kündigungsrecht auf die Dauer von sechs Jahren ab "30. April bzw. 1. Mai 1982" verzichte. Eine arbeitgeberseitige Kündigung des Klägers sei frühestens "mit 31. Dezember 1988 möglich". Mit der Behauptung, er sei ungerechtfertigt entlassen worden, begehrt der Kläger die Zahlung eines Bruttobetrages von S 1,050.000,-- sA sowie weiters die Feststellung, daß der Beklagte dem Kläger für alle künftig fällig werdenden Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag vom 25. März 1980 samt Ergänzung vom 17. Februar 1982 im Rahmen der vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen in vollem Umfang ersatzpflichtig sei. In einem Eventualbegehren verlangte er die Feststellung, daß die von ihm geltend gemachte Forderung in der Höhe von S 3,415.477,-- im Konkurs S 29/84 zu Recht bestehe. Zur Begründung führte er aus, infolge der vereinbarten Unkündbarkeit und der fehlenden Berechtigung der Entlassung bestehe das Arbeitsverhältnis weiterhin aufrecht. Dem Kläger stünden aus dem Arbeitsverhältnis die geltend gemachten Ansprüche auch dann zu, wenn man annehmen sollte, daß das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Ausspruches der Entlassung aufgelöst worden sein sollte. Er habe seine Forderungen im Gesamtbetrag von S 3,415.477,-- im Konkurs als Konkursforderung nach dem § 50 KO angemeldet. Der Beklagte habe diese Forderungen zur Gänze bestritten. Eine Kapitalisierung der dem Kläger aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden Entgeltansprüche bis einschließlich Jänner 1986 ergebe einen Betrag von S 1,050.000,--. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete eine Gegenforderung ein. Die Entlassung des Klägers sei aus näher angeführten Gründen gerechtfertigt.

Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren ab und stellte fest, daß die Forderung des Klägers in der Höhe von S 1,894.582,80 netto im Konkursverfahren der Gemeinschuldnerin als Konkursforderung zu Recht bestehe und der Beklagte dem Kläger für alle künftig fällig werdenden Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag im Rahmen der vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen im vollen Umfang ersatzpflichtig sei. Es erkannte ferner die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und wies das Feststellungsmehrbegehren im Umfang eines Betrages von S 1,520.894,20 netto ab.

Das Erstgericht traf folgende für das Revisionsverfahren noch wesentliche Feststellungen:

Der Kläger meldete im Konkursverfahren über die Gemeinschuldnerin am 9. März 1984 eine Forderung in der Höhe von S 3,415.477,-- an. Er schlüsselte diesen Betrag, der seine gesamten Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vom Feber 1984 bis einschließlich Dezember 1988 sowie die Abfertigung enthielt, betragsmäßig näher auf. Er führte in der Anmeldung aus, daß die Entlassung zwar ungerechtfertigt sei, daß aber im Sinne des § 29 AngG davon auszugehen sei, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitpunkt der Entlassung "erloschen" sei. Er beantragte ausdrücklich, die angemeldete Forderung als Konkursforderung gemäß dem § 50 KO festzustellen.

Der Kläger ist Alleinverdiener, verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig. Er war nach der Entlassung arbeitslos und konnte keine neue unselbständige Beschäftigung finden. Er arbeitet nunmehr selbständig als Managementberater. Ein anrechenbares Einkommen ist nicht festzustellen.

Das Erstgericht schlüsselte in seinen Feststellungen den Betrag von S 1,894.582,80 näher auf. Er umfaßt das Entgelt für die Zeit von der Entlassung des Klägers bis Dezember 1985 sowie die Abfertigung und Sonderabfertigung.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, die Entlassung sei aus den näher angeführten Gründen ungerechtfertigt. Infolge der vereinbarten Unkündbarkeit habe die Entlassung zwar an sich das Arbeitsverhältnis nicht beendet, doch habe der Kläger von seinem Wahlrecht, entweder auf der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu bestehen oder die Ersatzansprüche im Sinne des § 29 AngG geltend zu machen, in der Forderungsanmeldung durch sein Vorbringen über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Anmeldung seiner Forderungen als Konkursforderung und nicht als Masseforderung im Sinne des § 46 Abs 2 Z 2 lit a KO Gebrauch gemacht. Unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Fälligkeiten ergebe sich für die betragsmäßige Feststellung als Konkursforderung ein Betrag von S 1,894.582,80.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß künftig fällig werdende Forderungen aus dem Arbeitsvertrag Konkursforderungen im Sinne des § 50 KO und nicht Masseforderungen seien. Es sprach ferner aus, daß der Wert des Feststellungsbegehrens S 30.000,-- übersteige. Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch. Es legte seiner Entscheidung die Feststellungen des Erstgerichts (mit Ausnahme jener über die im Berufungsverfahren nicht mehr aufrechterhaltene Gegenforderung), welche im Berufungsverfahren von den Parteien außer Streit gestellt worden waren, zugrunde und billigte die Rechtsauffassungen des Erstgerichts.

Gegen den die Entscheidung über das Feststellungsbegehren betreffenden Teil des Berufungsurteils, soweit darin das Zurechtbestehen der Forderung als Konkursforderung (und nicht als Masseforderung) festgestellt wurde, richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Forderung von S 1,894.582,80 sowie die im Rahmen der Haftung künftig fällig werdenden Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag Masseforderungen seien.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Frage, ob der Kläger mit seiner Forderungsanmeldung im Konkursverfahren von der Fortsetzung seines infolge der vereinbarten Unkündbarkeit und der fehlenden Berechtigung der Entlassung zunächst nicht aufgelösten Arbeitsverhältnisses Abstand genommen und sich auf die Geltendmachung der Ersatzansprüche nach dem - eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzenden - § 29 AngG beschränkt hat (vgl. Arb. 9424, 9460, 9663, 10.212; Martinek-Schwarz, AngG 6 651 f; Schwarz - Löschnigg, Arbeitsrecht 2 345).

Der Kläger hat, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, von diesem Wahlrecht in seiner (in der Folge weder abgeänderten noch zurückgenommenen) Forderungsanmeldung im Konkursverfahren der Gemeinschuldnerin, seiner ehemaligen Arbeitgeberin, Gebrauch gemacht. Er hat darin ausdrücklich erklärt, gemäß dem § 29 AngG sei davon auszugehen, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitpunkt der Entlassung "erloschen" sei. Daß der Kläger das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortsetzen, sondern die Ersatzansprüche geltend machen wollte, ergibt sich ferner aus der Anmeldung aller Ansprüche gerade bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sein Arbeitsverhältnis frühestens durch arbeitgeberseitige Kündigung hätte beendet werden können (31. Dezember 1988), und der Abfertigung, sowie aus der Anmeldung als Konkursforderung im Sinne des § 50 KO. Eine Qualifikation dieser Ansprüche als Masseforderung im Sinne des § 46 Abs 2 Z 2 lit a KO war (und ist) im Hinblick darauf ausgeschlossen, daß das Arbeitsverhältnis infolge der Ausübung des Wahlrechts im Sinne eines Verzichtes auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend mit dem Ausspruch der Entlassung (25. Jänner 1984) aufgelöst war. Dieser Zeitpunkt liegt aber noch vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens, so daß die Voraussetzungen des § 46 Abs 2 Z 2 lit a KO auf die angemeldeten, den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Forderungen nicht zutreffen. Ob der Kläger seine bisherige Tätigkeit bei der Gemeinschuldnerin noch hätte fortsetzen können, ist für die Frage der Aufrechterhaltung oder Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die in der Forderungsanmeldung enthaltene Ausübung des Wahlrechts wurde in der Folge nicht zurückgenommen oder abgeändert, sodaß die später erhobene gegenständliche Klage, die mit der beim Konkursgericht vorgenommenen Ausübung des Wahlrechts inhaltlich in Widerspruch steht, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Masseverwalters von der in der Forderungsanmeldung abgegebenen Erklärung auf diese ohne Einfluß blieb. Das Arbeitsverhältnis ist daher am 25. Jänner 1984 rechtswirksam aufgelöst worden. Die angemeldeten Forderungen des Klägers sind somit Konkursforderungen im Sinne des § 50 KO. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

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