Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Willibald M*** wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB im Faktum A I b 2 sowie demgemäß in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Willibald M*** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Der am 17.Dezember 1954 geborene Willibald M*** wurde des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB. (A) sowie des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 3, 128 Abs. 1 Z. 4 und 129 Z. 2 StGB. (B) schuldig erkannt, weil er in Wien mit Erich A*** und Julius B*** als Mittäter mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, durch die Vorspiegelung, redliche Kunden zu sein, durch die Verwendung von Scheckformularen, die mit einer gefälschten Unterschrift versehen waren, nachstehend angeführte Personen zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von Zigaretten verleitete, wodurch diese oder andere am Vermögen geschädigt wurden und zwar am 7.Mai 1985 Egon G***, Schaden 5.000 S (A I b 6), am 15.Mai 1985 Brigitte B***, Ingrid G*** und Franz N***, Schaden je 5.000 S (A I b 1, 2, 5), am 17. Mai 1985 Anna B*** und Rudolf N***, Schaden je 5.000 S (A I b 3, 4); ferner, weil er am 30.April 1986 durch Einbruch und unter Ausnützung einer Gelegenheit, die ihm durch eine ihm aufgetragene Arbeit als Kellner geschaffen worden ist, seinem Auftraggeber 5.240 S stahl (B).
Nur den Schuldspruch wegen Betrugs in den Fakten A I b 1 und 2 bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. gestützt wird.
Nach den zu diesem Vergehen wesentlichen Urteilsfeststellungen hatte Erich A*** der Sonja S*** ca. fünfzehn unausgefüllte Scheckformulare entfremdet. Hievon informierte er Julius B*** und kündigte an, damit "etwas zu machen". Am 13. und 14.Mai 1985 "bezahlten" sie mit vier dieser Schecks, die A*** mit falschem Namen unterfertigt hatte, bei zwei Trafikanten Rauchwaren im Wert von 10.000 S.
Am 15.Mai 1985 traf A*** den Angeklagten M***, den er über die Herkunft der Schecks unterrichtete. Letzterer erzählte, daß er seiner früheren Arbeitgeberin Käthe M***, der Inhaberin des Heurigen "Z***", einen Firmenstempel gestohlen hätte und schlug vor, beim "Kauf" weiterer Zigaretten diese mit Schecks, die mit dem Aufdruck des erwähnten Stempels versehen waren, zu "bezahlen". Damit war A*** einverstanden.
A***, M*** und B*** gingen in der Folge so vor, daß A*** vor den jeweiligen Trafiken im Auto je zwei Schecks über je 2.500 S ausfüllte und mit "M***" unterzeichnete, M*** den "Z***"-Stempel auf die zwei Scheckformulare drückte und dann entweder A*** mit B*** oder M*** mit B*** oder M*** allein in die betreffende Trafik gingen (der dritte Täter wartete stets im Auto), dort Zigaretten im Wert von ca. 5.000 S verlangten und mit den jeweiligen zwei Schecks zahlten, wobei sie zum Teil noch Wechselgeld in bar zurückbekamen, und B*** allein oder mit seinem Begleiter die Zigaretten aus dem Geschäft trug, A*** sie verkaufte und den Erlös dann mit M*** und B*** teilte. Auf diese Art suchten A*** und B*** am 15.Mai 1985 die Trafiken der Brigitte B*** und der Ingrid G*** auf (A I b 1, 2). Zum erstgenannten Faktum wiederholt der Rechtsmittelwerber wörtlich die Aussage der Zeugin R*** in der Hauptverhandlung (S. 146 f.) und will daraus den Schluß ziehen, daß nur A*** und B*** diese Trafik betreten hätten. Gerade das hat aber das Erstgericht festgestellt (S. 173 unten). Die Mitwirkung des Beschwerdeführers bei diesem Faktum bestand nach den Urteilskonstatierungen ausschließlich im Aufdrücken des gestohlenen Stempels auf die Schecks. Da der Tatbeitrag M*** vor dem Betreten der Trafik durch A*** und B*** stattfand, konnte die Zeugin R***, die in der Trafik als Verkäuferin arbeitete, durch ihre Aussage zur Exkulpierung des Nichtigkeitswerbers nichts beitragen. Der behauptete Begründungsmangel liegt daher bei diesem Faktum nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Wohl aber ist die Nichtigkeitsbeschwerde berechtigt, sofern in bezug auf das Faktum A I b 2 bemängelt wird, das Erstgericht habe die Aussage der Zeugin Ingrid G*** übergangen.
Nach den Urteilsfeststellungen bestand auch in diesem Faktum der Tatbeitrag M*** im Aufdruck des Stempels der "Z***" auf den verfahrensgegenständlichen Schecks. Nach der Aussage dieser Zeugin befand(en) sich aber auf dem Scheck (richtig: den Schecks) kein(e) Stempel der "Z***" (S. 141). Entsprechen die Angaben der Zeugin G*** den Tatsachen, dann kann der Rechtsmittelwerber nicht den ihm urteilsmäßig vorgeworfenen Tatbeitrag geleistet haben. Indem das Schöffengericht die seinen Urteilsfeststellungen entgegenstehende Aussage der Zeugin G*** übergangen hat, liegt eine Unvollständigkeit im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. betreffend eine entscheidungswesentliche Tatsachenfeststellung vor, die eine Kassation des Urteils im Faktum A I b 2 und demgemäß auch im Strafausspruch unvermeidlich macht.
Demnach war der im Faktum A I b 2 berechtigten Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 e StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben. Die im Faktum A I b 1 hingegen unbegründete Beschwerde war gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. zurückzuweisen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht sowohl die Aussage der Zeugin Ingrid G*** als auch den Inhalt der beiden (vom Obersten Gerichtshof beigeschafften und den Vr-Akten beigelegten) Schecks zu würdigen und sodann neuerlich über die Schuld des Angeklagten M*** in diesem Anklagepunkt zu befinden haben. Die Aufhebung des Strafausspruchs erfaßt auch die Vorhaftanrechnung (§ 38 StGB.). Indes war dieser Ausspruch im kassierten Urteil keineswegs irrig, wie das Erstgericht vermeinte (S. 181). Dies deshalb, weil das gegenständliche Verfahren gegen Willibald M*** im Zeitpunkt der Urteilsfällung zu 7 b E Vr 8601/85 am 2.August 1985 schon anhängig war (siehe I. Band S. 1), folglich die beiden Verfahren gemäß § 56 StPO. hätten vereinigt werden können (LSK. 1976/43, 1976/122, 1978/42).
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