Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Heinrich B*** wurde der Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB. und des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 1 und 4, 129 Z. 1 und 15 StGB. schuldig erkannt. Nach dem Wahrspruch der Geschwornen hat er am 15.Mai 1986 in Telfs
1. den Gendarmeriebeamten Kurt Z*** durch etwa zehn massive Schläge mit einem Geißfuß gegen Kopf und Körper vorsätzlich zu töten versucht;
2. in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Karl L*** fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert nachgenannten Personen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,
a) weggenommen, und zwar dem Kurt Z*** die Dienstwaffe, wobei er die Tat unter Ausnützung eines Zustands des Bestohlenen beging, der ihn hilflos machte;
b) wegzunehmen versucht, und zwar einem Verfügungsberechtigten des Kaufhauses "I***" Bargeld und Campingausrüstung nach Aufdrücken einer Tür.
Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 345 Abs 1 Z. 5, 6 und 8 StPO. geltend.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag der Verteidigung auf Einvernahme des Zeugen Karl L*** (Z. 5) wurde, ohne ein Beweisthema zu nennen, gestellt (S. 315, II. Bd.). Dennoch hat der Schwurgerichtshof den Antrag - entgegen der Beschwerdebehauptung - nicht übergangen. Der Zeuge konnte jedoch zur fortgesetzten Hauptverhandlung nicht geladen und trotz durchgeführter polizeilicher Erhebungen nicht ausgeforscht werden (ON. 73).
Als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z. 6) rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer Eventualfrage nach § 269 Abs 1 StGB. Dadurch kann sich der Angeklagte jedoch nicht beschwert erachten (§ 345 Abs 3 StPO.). Verfehlt ist nämlich die ihm offenbar vorschwebende Rechtsmeinung, ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 269 Abs 1 StGB. käme eventualiter statt eines solchen wegen versuchten Mordes in Betracht. Vielmehr wäre nur die Stellung einer weiteren Hauptfrage (§ 312 Abs 2 StPO.) wegen eines mit dem versuchten Mord eintätig konkurrierenden Widerstands gegen die Staatsgewalt möglich gewesen. Die Frage nach einem zusätzlichen, mit dem Mordversuch idealkonkurrierenden Tatbestand müßte sich aber im Fall der Bejahung zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirken (§§ 282, 344 StPO.).
Der Einwand (richtig: Z. 8), die Rechtsbelehrung hinsichtlich des (bedingten) Vorsatzes sei nicht "in genügender Breite" erstellt und so den Geschwornen die Unterscheidung zwischen Mord und schwerer Körperverletzung sowie zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unmöglich gemacht worden, versagt. Es genügt die Erwiderung, daß sich die Rechtsbelehrung zum Vorsatz und zur Fahrlässigkeit an die vom Gesetzgeber vorgegebenen Definitionen (§§ 5 Abs 1, 6 StGB.) hält. Die Belehrung ist damit nicht nur richtig, sondern infolge der deskriptiven Natur der im Gesetz ohnedies umschriebenen Begriffe auch ausreichend (13 Os 41/80, 10 Os 96/81).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Ihr Schicksal teilt die auf Strafreduktion gerichtete Berufung
des Angeklagten.
Das Geschwornengericht verhängte gemäß §§ 75, 28 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Jahren. Als erschwerend wurde der verhältnismäßig rasche Rückfall in ein Gewalt- und Eigentumsdelikt, die besonders schweren, mehrfache Dauerfolgen begründenden Verletzungen des Kurt Z***, die ungeheure Brutalität des Mordversuchs und schließlich das Zusammentreffen von zwei Verbrechen gewertet. Mildernd fielen das ursprüngliche Tatsachengeständnis des Angeklagten, von dem er sich allerdings im späteren Verfahren distanziert hat, und der Umstand, daß der Mord und der Diebstahl teilweise beim Versuch geblieben sind, ins Gewicht. Mehr als zehn Jahre liegt zwar die letzte Aburteilung des Angeklagten wegen eines Eigentums- und Gewaltdelikts (Raub) zurück. Doch seither wurde er (in Deutschland) mehrfach wegen Gewaltausübung gegen Beamte und vorsätzlicher sowie gefährlicher Körperverletzung abgeurteilt, zuletzt am 4.Dezember 1985 (Ls 401 Js 38940/85 des Schöffengerichts beim Amtsgericht Landsberg a. Lech). Einen gegen Verbrecher einschreitenden Gendarmeriebeamten ermorden zu wollen, ist auf keinen Fall allgemein begreiflich, auch dann nicht, wenn das Motiv des Verbrechers für seinen Tötungsvorsatz die Ermöglichung der eigenen Flucht ist. Auch eine allenfalls unglückliche Kindheit und eine ebensolche Ehe können nicht im mindesten zum Verständnis für das unmenschliche Vorgehen gegen einen bloß seine Pflicht tuenden Beamten beitragen.
Die Strafe erweist sich zusammenfassend als nicht überhöht.
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