OGH 9Os37/87

OGH9Os37/8718.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Leopold H*** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1, erster Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 14.November 1986, GZ 26 Vr 1387/86-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 81-jährige Leopold H*** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1, erster Fall, StGB schuldig erkannt, weil er am 7. Mai 1986 in Linz dadurch, daß er der am 4.März 1979 geborenen unmündigen Eva Maria R*** unter die Unterhose griff und mit zwei Fingern an ihrem Geschlechtsteil rieb, eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbrauchte. Die von ihm dagegen auf den Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist zum Teil offenbar unbegründet, zum Teil entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Rechtliche Beurteilung

Seinen Antrag, ein psychologisches Gutachten "über den Aussagewert der Angaben des Kindes R***, insbesondere inwieweit Phantasievorstellungen des Kindes eine Rolle spielen, die den objektiven Wahrheitsgehalt der Aussage des Kindes beeinflussen können", einzuholen, hat der Beschwerdeführer durch keinerlei, in Richtung einer allfälligen Pseudologie deutende Umstände untermauert. Demzufolge läuft das Begehren auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus, der zu Recht der Ablehnung verfiel. Analoges gilt für den weiteren Antrag, ein medizinisches Sachverständigengutachten darüber einzuholen, "daß die Schilderung des Kindes über den behaupteten Tathergang nicht richtig sein kann, daß insbesondere im Hinblick auf die Größe des Angeklagten ein Betasten auf die vom Kind angegebene Weise nicht möglich ist". Denn angesichts dessen, daß es nach der Lebenserfahrung evident ist, daß eine erwachsene Person ein Kind auf die inkriminierte Weise betasten kann, wäre der Angeklagte gehalten gewesen, jene im Einzelfall bedeutsamen Umstände anzuführen, die seinen Antrag stützen. Da auch das dritte Begehren - einen Lokalaugenschein vorzunehmen, wobei das Kind nur zur Darlegung des Tatortes anwesend sein möge - mangels jedweder Substantiierung bzw. Konkretisierung nicht erkennen läßt, welcher für die Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz bedeutsame Umstand hiedurch bewiesen werden sollte, wurde der Angeklagte durch das abweisliche Zwischenerkenntnis insgesamt in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt und ist mithin der relevierte Nichtigkeitsgrund nicht gegeben. Auf die in der Beschwerde nachgetragene Begründung zu den einzelnen Punkten war nicht weiter einzugehen, weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Begehrens und den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen ist (SSt. 41/71).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider findet die tatrichterliche Konstatierung, der Angeklagte habe in die Unterhose des Kindes gegriffen und dort am Geschlechtsteil kreisende Bewegungen mit den Fingern vollführt (US 3), in den Bekundungen des Mädchens vor der Polizei und in der Hauptverhandlung (S 13, 17 f. und 70 ff.) im Zusammenhalt mit den Angaben von dessen Mutter vor der Polizei (vgl. S 11), volle Deckung. Daß das Kind in der Hauptverhandlung nur davon sprach, der Angeklagte habe ihm "ins Höschen" gegriffen und die Mutter bei der Wiedergabe des ihr von ihrer Tochter Erzählten von einem Greifen des Angeklagten "auf das Höschen" sprach, mußte nach der in § 270 Abs. 2 Z 5 StPO normierten gedrängten Begründungspflicht nicht besonders erörtert werden, zumal die Zeugin Christa R*** an keiner Stelle ihrer Vernehmung erkennen ließ, von ihren bei der Polizei unter dem frischen Eindruck des ihr Erzählten gemachten Angaben abweichen zu wollen.

Sanktionslos konnte nach der bezeichneten Norm auch ungewürdigt bleiben, daß die letztgenannte Zeugin in der Hauptverhandlung erklärt hatte, sie habe vom Angeklagten die Adresse erbeten und, als er und seine Frau fragten, worum es gehe, auf ihre Tochter gedeutet und gesagt: "Sie wissen genau worum es geht". Denn entscheidend ist - und war es für das Erstgericht auch für die Würdigung der Verantwortung des Angeklagten - daß dieser, ohne daß zuvor von einer Belästigung des Kindes durch ihn die Rede war, sofort sagte, es sei alles erlogen (US 11). Dieses Indiz wird aber ersichtlich durch das fragliche Zwischenspiel, in dem keinerlei Verdacht geäußert wurde, nicht berührt.

Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO sofort zurückzuweisen. Über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung abgesprochen werden.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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