Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.874,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.443,15 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Unterfertigung eines bestimmt angeführten Vertrages über die Abtretung eines Geschäftsanteiles der WTU W***-S*** mbH, mit dem Sitz in Wien
entsprechend einer zur Gänze bar einbezahlten Stammeinlage von 500.000 S an den Kläger um den vereinbarten Abtretungspreis von 1,-- S einzuwilligen. Die Rechtsnachfolger des am 6.4.1985 verstorbenen alleinigen Gesellschafters
WTU W***-S*** mbH, Kurt R***, hätten am 24.5.1985 ein notarielles Anbot auf Abtretung dieses Geschäftsanteiles an den Beklagten oder eine von ihm namhaft zu machende Person um den Abtretungspreis von 500.000 S gestellt, das abhandlungsbehördlich genehmigt worden sei. Der Beklagte habe das Abtretungsanbot im Namen von Treugebern erwirkt, deren Treuhänder der Kläger, der zu dieser Zeit auf Urlaub gewesen sei, habe sein sollen. Die Treugeber hätten den Abtretungspreis von 500.000 S beim Kläger erlegt, der ihn treuhändig an den Gerichtskommissär überwiesen habe. Am 13.6.1985 habe der Beklagte das Abtretungsanbot vereinbarungswidrig im eigenen Namen angenommen, jedoch mit Schreiben vom 21.6.1985 seine Verpflichtung zur Übertragung der Geschäftsanteile ausgesprochen. In der Folge habe der Beklagte den Geschäftsführer abberufen und sich selbst zum Geschäftsführer bestellt. Trotz mehrerer Zusagen, den Abtretungsvertrag zu fertigen, habe der Beklagte keine Unterschrift geleistet. Er führe die Geschäfte nach seinem Belieben, sodaß ein nicht gutzumachender Schade zu befürchten sei. Schließlich brachte der Kläger noch vor, daß der Anspruch gegenüber dem Beklagten ex delicto gestellt werde; der Beklagte hätte entsprechend der Vereinbarung das Abtretungsanbot gar nicht im eigenen Namen annehmen dürfen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei zunächst geplant gewesen, daß der Beklagte als Treuhänder des Alfred C***, eines Herrn G*** und eines Herrn S*** die Anteile an der obgenannten Gesellschaft mbH erwerben sollte. Danach habe auch der Kläger erklärt, in die Gesellschaft "einzusteigen", und sei vereinbart worden, daß der Beklagte als Treuhänder auch für den Kläger auftrete. Knapp vor Annahme des Kaufanbotes durch den Beklagten und dem damit verbundenen Notariatsakt habe der Kläger plötzlich erklärt, er wolle die Anteile an der Gesellschaft mbH im eigenen Namen sowie als Treuhänder der drei weiteren Beteiligten übernehmen, er habe einen Treuhandauftrag der Herren C***, G*** und S***. Da die Zeit für eine Rückfrage zu kurz gewesen sei, habe der Beklagte den Angaben des Klägers Glauben geschenkt, ihn vom Termin beim Notar verständigt und ihm mitgeteilt, daß er zu diesem Termin erscheinen und das vereinbarte Honorar für die Mühewaltung des Beklagten bezahlen solle. Der Kläger sei zum Termin beim Notar nicht erschienen. Zur Begleichung des Kaufschillings von 500.000 S sei der Kläger von den Herren C***, G*** und S*** ersucht worden, jeweils 125.000 S in Empfang zu nehmen und an Notar Dr. F*** als Treuhänder für die Veräußerer der Geschäftsanteile zu überweisen. Der Kläger habe tatsächlich einen Betrag von 500.000 S aus jeweils 125.000 S der Herren C***, G*** und S*** zuzüglich 125.000 S aus eigener Tasche mit der Widmung "Treuhandgeld an Herrn Notar Dr. F***" überwiesen. Der Beklagte habe dem Kläger in der Folge nochmals angeboten, ihm die Anteile an der WTU binnen einer Woche abzukaufen. Der Kläger habe darauf nicht reagiert. Danach habe der Beklagte erfahren, daß zwischen dem Kläger und den Herren G*** und C*** keinerlei Treuhandverhältnis bestehe. Der Beklagte habe daher die vom Kläger und von Herrn S*** ausgelegten Beträge von 125.000 S am 8.7.1985 an den Kläger zurücküberwiesen, die übrigen Beträge seien am 18.7.1985 an die Herren G*** und C*** ausbezahlt worden. Der Kläger und Herr S*** hätten diese Beträge angenommen. Durch die Verzögerung bei der Auszahlung hätten die Verkäufer der Anteile notwendige Papiere nicht herausgegeben, so daß der WTU ein Schade in der Größenordnung von etwa 150.000 S dadurch entstanden sei, daß ein zweiter LKW nicht habe angemeldet werden können. Die WTU habe diese Forderung an den Beklagten zediert und "bleibe eine diesbezügliche Geltendmachung gegenüber dem Kläger vorbehalten." Darüber hinaus wurde vom Beklagten noch "vorsichtshalber eingewendet", daß eine Abtretung nur Zug um Zug gegen Bezahlung eines Abtretungspreises von 500.000 S zuzüglich des ursprünglich besprochenen Aufwandersatzes von 60.000 S erfolgen könne. Schließlich führte der Beklagte noch aus, daß der Kläger mangels Errichtung eines Notariatsaktes keinen Anspruch auf Abtretung der Geschäftsanteile habe.
In der Tagsatzung vom 27.2.1986 (ON 7 d.A) wurde außer Streit gestellt, daß eine Verpflichtungserklärung, die Geschäftsanteile an den Kläger abzutreten, in Form eines Notariatsaktes nicht existiere. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab. Es ging bei der rechtlichen Beurteilung des aus dem Klagsvorbringen sich ergebenden und außer Streit gestellten Sachverhaltes davon aus, daß die Übertragung von Geschäftsanteilen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden gemäß § 76 Abs 2 GesmbHG einen sachenrechtlichen Übertragungsakt in Form des Notariatsaktes erfordere. Dieselbe Formvorschrift gelte für die Begründung einer schuldrechtlichen Verpflichtung zur künftigen Übertragung von Geschäftsanteilen (zB Anbot zur Abtretung, Vorvertrag), gleichgültig, ob die sich zur Übertragung verpflichtende Person im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Gesellschafter sei oder nicht (§ 76 Abs 2 Satz 2 GesmbHG). Werde diese Formvorschrift nicht eingehalten, entstehe nicht einmal eine Naturalobligation, die durch Bezahlung des Abtretungsentgeltes wirksam erfüllt werden könnte; es bestünden auch keine Erfüllungs- oder Schadenersatzansprüche. Der sich zur Übertragung verpflichtende Gesellschafter könne seine Gesellschaftsrechte weiterhin ausüben und die Heilung der unwirksamen Übertragung durch formgültige Errichtung des Notariatsaktes verweigern (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 626 samt Rechtsprechungsnachweis).
Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteigt.
Das Berufungsgericht vertrat ebenfalls die Ansicht, daß auch die schuldrechtliche Verpflichtung zur künftigen Abtretung von Geschäftsanteilen des Notariatsaktes bedürfe. Dies entspräche der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (RZ 1985/15 mit weiteren Nachweisen; NZ 1976, 37 sowie 1 Ob 518/86), und zwar - wie auch Reich-Rohrwig in Das Österreichische GmbH-Recht 643, einräume - auch für die im Rahmen einer Treuhandschaft übernommene Abtretungsverpflichtung. Ziehe man den Zweck der Formvorschrift in Betracht - sie diene nicht nur der Erschwerung der Verkehrsfähigkeit von Geschäftsanteilen sondern wie unter anderem in SZ 49/23 hervorgehoben werde, auch der Beweissicherung -, dann müsse auch die wirksame Begründung einer Abtretungsverpflichtung im Rahmen einer Treuhandvereinbarung an diese Form gebunden werden, weil die Regelung des § 76 Abs 2 GesmbHG ansonsten leicht zu umgehen wäre, wobei - wie der vorliegende Fall zeige - die vom Gesetzgeber nicht gewünschten Folgen einer formlosen Abtretung in keiner Weise gemildert würden. Soweit der deutsche Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 19, 69 Verträge, die nur mittelbar die Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteiles zum Inhalt haben, wie die Treuhandschaft bei Gründung einer Gesellschaft mbH, von der Formvorschrift ausnehme, könne ihm daher nicht gefolgt werden. Im vorliegenden Fall sei der Beklagte - folge man dem Klagsvorbringen - jedoch nicht im Rahmen der Gründung der Gesellschaft mbH eingeschaltet worden, sondern ausschließlich im Rahmen der Abtretung des Geschäftsanteiles, so daß selbst bei Zugrundelegung der vom Bundesgerichtshof ausgesprochenen Rechtsansicht die Verpflichtung, den Kläger als Gesellschafter namhaft zu machen, nur gültig mit Notariatsakt begründet werden könnte. Wäre diese Verpflichtung anders als mit Notariatsakt zu begründen, würde durch die in der Klage beschriebene Option die vom Gesetzgeber verpönte Verkehrsfähigkeit des Geschäftsanteiles im Wege formloser Vereinbarungen ermöglicht. Auch soweit der deutsche Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung sowie im BGHZ 75, 352 zwischen dem Wechsel des Treuhänders und dem des Treugebers unterscheide und für ersteren Fall das Formerfordernis verneine, könne ihm nicht gefolgt werden. In beiden Fällen sei es der Gesellschaft mbH gegenüber zu einem Gesellschafterwechsel gekommen; die unterschiedliche Gestaltung des der Gesellschaft mbH und insbesondere Dritten vielfach gar nicht bekannten bzw. nicht zugänglichen Innenverhältnisse zwischen den Treugebern und Treuhändern rechtfertige wohl kaum ein Abgehen von der auch aus dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und Publizität geschaffenen Formvorschrift. Dazu komme noch, daß dem Erwerber formell die Stellung eines Treuhänders eingeräumt, ihm aber durch nachträglichen oder durch in einer gesonderten, nur vom Treugeber unterfertigten Urkunde dokumentierten Verzicht auf die Treugeberrechte tatsächlich das Vollrecht übertragen werden könnte. Mangels Einhaltung der Formvorschrift des § 76 Abs 2 GesmbHG sei daher - wie das Erstgericht richtig erkannt habe - eine gültige Verpflichtung des Beklagten zur Abtretung des Geschäftsanteiles an den Kläger bzw. eine Verpflichtung des Beklagten zur Namhaftmachung des Klägers als Erwerber im Rahmen der dem Beklagten eingeräumten Option nicht zustande gekommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
In seiner Rechtsrüge wendet sich der Revisionswerber vorerst gegen die Ansicht der Vorinstanzen, mangels Einhaltung der Formvorschrift des § 76 Abs 2 GesmbHG sei eine gültige Verpflichtung des Beklagten zur Abtretung der Geschäftsanteile an der WTU W***-S*** mbH nicht entstanden. Daß
eine verpflichtende Vereinbarung über eine künftige Abtretung von Gesellschaftsanteilen - ganz allgemein betrachtet - zur Rechtswirksamkeit der Form des Notariatsaktes bedarf (vgl. Graschopf, Die GesmbH, 271; Gellis, Kommentar zum GmbHG, 230;
Kostner, die GmbH 2 , 94; Reich-Rohrwig, aaO, 626 samt Rechtsprechungsnachweis; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 936;
HS 2158 und 2247; SZ 53/60 ua), wird vom Revisionswerber nicht in Zweifel gezogen. Dem in Ausführung seiner Rechtsrüge vorerst gebrachten Hinweis auf die von Reich-Rohrwig, aaO, 643, vertretene Ansicht, wonach die Treuhandvereinbarung formfrei geschlossen werden könne und die Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteils an den Treuhänder sich aus dem Gesetz ergäbe, weshalb sie nicht der vertraglichen Festlegung unter Einhaltung der Form des Notariatsaktes gemäß § 76 Abs 2 Satz 2 bedürfe, und dem weiteren Hinweis, der deutsche Bundesgerichtshof entscheide ebenso, ist allerdings zu entnehmen, daß der Revisionswerber die Anwendung des § 76 Abs 2 GesmbHG auf die Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteiles vom Treuhänder an den Treugeber ablehnt. Auf die vom Berufungsgericht zur Stützung seiner mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes übereinstimmenden Rechtsmeinung und zur Ablehnung der von Reich-Rohrwig vertretenen Ansicht dargelegten Argumente geht der Revisionswerber ebensowenig ein wie zu den Ausführungen des Berufungsgerichtes über die mangelnde Anwendbarkeit der erwähnten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes auf den vorliegenden Fall. Es besteht kein Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abzugehen und Vereinbarungen über eine künftige Abtretung von Gesellschaftsanteilen einer GesmbH im Rahmen einer Treuhandvereinbarung von der Formvorschrift des § 76 Abs 2 GesmbHG auszunehmen, zumal die Formvorschrift dieser Gesetzesbestimmung auf keinen bestimmten Rechtsgrund der Übertragung oder Vereinbarung über die Pflicht zur künftigen Abtretung eines Gesellschaftsanteiles beschränkt ist und daher für jede Übertragung oder Vereinbarung über die künftige Abtretung eines Anteiles, aus welchem Rechtsgrund auch immer, gelten muß; außerdem liefe ein Abgehen von dem Formerfordernis des § 76 Abs 2 GesmbHG - wie das Berufungsgericht auch zutreffend erkannte - dem Zweck der Formvorschrift zuwider, die die Geschäftsanteile einer GesmbH dem Handels- und Börsenverkehr entziehen - also "immobilisieren" - und deshalb ihre Übertragung an die Einhaltung einer zeitraubenden, kostspieligen und reiflichen Überlegung fordernden Förmlichkeit binden will (vgl. SZ 53/60 ua). Der Revisionswerber versucht weiters die Unrichtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen aus deren Unterlassung abzuleiten, sich mit seiner Einwendung, den Anspruch ex delicto geltend zu machen, auseinanderzusetzen. Auch hier kann dem Revisionswerber nicht gefolgt werden. Er hat diese ergänzend vorgetragenen Ausführungen nämlich dahin konkretisiert, daß der Beklagte entsprechend der Vereinbarung das Abtretungsanbot gar nicht im eigenen Namen hätte annehmen dürfen; damit hat er aber gar keine Haftung aus einem Delikt geltend gemacht. Denn Deliktshaftung liegt nur dann vor, wenn sie sich aus der Verletzung einer Verhaltenspflicht ergibt, die gegenüber jedermann besteht (Koziol-Welser 7 I 406). In Wahrheit wurde somit das Klagebegehren aus der Verletzung vertraglicher Vereinbarungen abgeleitet und damit die Haftung des Beklagten ex contractu in Anspruch genommen. Da auch die weiteren Revisionsausführungen über die Gleichstellung gerichtlicher Vergleiche und Urteile mit einem Notariatsakt die Unrichtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen nicht erkennen lassen, erweist sich die Revision als unberechtigt, weshalb ihr kein Erfolg beschieden sein konnte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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