OGH 4Ob319/87

OGH4Ob319/8710.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Kuderna, Dr.Wurz und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M & F H*** I*** Gesellschaft mbH & Co KG, Hallein, Rifer Hauptstraße 39, vertreten durch Dr.Stefan Vargha und Dr.Herbert Waltl, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei H*** Handelsgesellschaft mbH, Steyr, Taschelried 20, vertreten durch Dr.Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 50.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 11.Dezember 1986, GZ 3 R 335/86-12, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Steyr vom 27.Oktober 1986, GZ 2 Cg 297/86-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die beklagte Partei hatte Ende Juni 1986 erstmals 30 Stück Videorecorder der Type Fisher P 910 K bestellt, die prompt geliefert wurden. Sie bot dieses Gerät um 13.990 S an und bestellte Anfang Juli 1986 weitere 200 Stück, weil sie eine Werbeaktion plante, die ab 4. August 1986 beginnen sollte. Von diesem Zeitpunkt an wollte sie die Videorecorder um je 9.990 S verkaufen. Da die nachbestellten 200 Geräte bis 30. Juli 1986 nicht bei der beklagten Partei eingetroffen waren, entschloß sie sich, die Werbeaktion nicht durchzuführen. Trotzdem wurde im ORF am 4.August 1986 folgender Werbespot gesendet:

"Schon wieder ein H***-Löwenpreis. Der Fisher P 910 K VHS Videorecorder kostet jetzt inklusive Infrarot-Fernbedienung statt zuletzt S 13.990,-- nur S 9.990,--. Wahrlich ein Löwenpreis für diesen Videorecorder. Keine Frage, so macht's der H***."

Um den 10. August 1986 wurden die nachbestellten 200 Stück Videorecorder geliefert und umgehend an die fünfzig Filialen der beklagten Partei verteilt, die den Verkaufspreis (wie bisher) mit 13.990 S festsetzte. Ab 9.September 1986 führte die beklagte Partei die bereits für August 1986 geplante Werbeaktion durch und warb hiefür wieder im Ö*** R*** mit dem oben zitierten

Werbespot. Vorher hatte sie ihre Filialen mit der Weisung verständigt, das Gerät ab 9.September 1986, aber nicht früher, um 9.990 S zu verkaufen.

Bis 4. August 1986 hatte die beklagte Partei zwei Videorecorder Fisher P 910 K und bis 9.September 1986 weitere 10 Stück dieser Type um 13.990 S verkauft. Ein Gerät wurde in der Filiale Urfahr schon am 2. September 1986 aus nicht feststellbaren Gründen um 9.990 S verkauft.

Die klagende Partei, die Generalimporteur sämtlicher Fisher-Geräte für Österreich ist, begehrte zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, für den Fisher P 910 K VHS Videorecorder mit "statt zuletzt S 13.990,-- nur S 9.990,--" zu werben und insbesondere den oben genannten Werbespot im Rundfunk ausstrahlen zu lassen. Die klagende Partei brachte vor, die beklagte Partei habe nur deshalb einige Tage hindurch in einigen Filialen das Gerät um 13.990 S verkauft, um eine "Statt"-Preiswerbung durchführen zu können.

Die beklagte Partei sprach sich gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aus und brachte vor, daß sie bis zum Vorhandensein einer ausreichenden Zahl der bestellten Videorecorder den höheren Preis verlangt habe. Die Ausstrahlung des Werbespots am 4.August 1986 sei ohne ihren Auftrag erfolgt. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es nahm den eingangs geschilderten Sachverhalt als bescheinigt an und sah in der Werbemaßnahme der beklagten Partei keinen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 UWG, weil sie den Fisher Videorecorder seit der Aufnahme in ihr Verkaufsprogramm generell um den höheren "statt"-Preis verkauft habe; dieser sei somit als ernstlich verlangter Preis anzusehen. Daß einmal ein Gerät, aus welchem Grund immer, schon vorher (nämlich vor der Preisherabsetzung am 9.September 1986) um den späteren Aktionspreis verkauft worden sei, könne an dieser Beurteilung nichts ändern.

Das Rekursgericht gab dem durch den Zusatz "sofern sie (die beklagte Partei) nicht vorher eine angemessene Zeit lang ernsthaft den "statt"-Preis von 13.990 S verlangt hat" eingeschränkten Sicherungsbegehren der klagenden Partei Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es war der Ansicht, daß die Werbung mit einer Senkung der eigenen Preise grundsätzlich zulässig sei; zur Vermeidung von Irreführungen müsse aber der Werbende den höheren Preis für die Ware eine angemessene Zeit ernsthaft verlangt haben. Ob dies der Fall sei, richte sich nach der Art der Ware und des Betriebes, dem Umfang der Preissenkung, der Wettbewerbslage und dem Zeitraum, in dem der alte Preis gegolten habe. Die Länge des Zeitraumes allein sei kein ausreichendes Indiz, um die Ernsthaftigkeit der Preisforderung zu beweisen. Die Marktsituation könne unter Umständen schon nach kurzer Frist einen gerechtfertigten Anlaß zur Preisänderung geben, während auch eine durch längere Zeit aufrechterhaltene Preisforderung im Einzelfall einer irreführenden Preispolitik dienen könne.

Bei der von der beklagten Partei angebotenen Ware handle es sich eher um langlebige Gebrauchsgüter. Eine bereits nach zwei Monaten vorgenommene Preisherabsetzung um fast 30 % spreche gegen die Ernsthaftigkeit der alten Preisforderung. Daß die Preissenkung eine gerechtfertigte Reaktion auf die Marktverhältnisse gewesen sei, habe die hiefür beweispflichtige beklagte Partei nicht behauptet. Vergleiche man die von der beklagten Partei zunächst in Verkehr gesetzte Stückzahl der Videorecorder mit der später gelieferten Anzahl, so sei unter Berücksichtigung der geringen Zahl der bis zur Preisherabsetzung verkauften Geräte der Schluß zu ziehen, daß der Anfangspreis bewußt hinaufgesetzt, aber nicht ernstlich gewollt gewesen sei. Dafür, daß die beklagte Partei dem höheren Preis keine reale Bedeutung beigemessen habe, spreche auch, daß sie die Werbung mit der Preissenkung schon zu einem Zeitpunkt geplant habe, als sie die Geräte erst kurze Zeit in ihr Verkaufsprogramm aufgenommen hatte und daher in den absatzschwachen Sommermonaten noch keinen nennenswerten Absatz zum höheren Preis erzielt haben konnte. Die beklagte Partei habe daher den höheren Preis nicht ernsthaft über einen längeren Zeitraum hinweg als Vergleichspreis verlangt, so daß ihre "statt"-Preiswerbung zur Irreführung geeignet gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

§ 2 Abs. 1 UWG verbietet insbesondere Irreführungen über die Preisbemessung einzelner Waren und Leistungen. Eine Werbung mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere mit sogenannten "statt"-Preisen, ist grundsätzlich zulässig, wenn sich aus dem Wortlaut und dem Gesamteindruck der Ankündigung deutlich ergibt, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl. 1986, 66 uva). Macht der Werbende dies deutlich, dann darf er auch den von ihm bisher verlangten Preis und den herabgesetzten neuen Preis gegenüberstellen; er muß aber vorher den höheren Preis für die Ware eine angemessene Zeit lang ernsthaft verlangt haben (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 , 1136 ff, Rz 280, 281, 284 zu § 3 dUWG). Manipulierte Preisgegenüberstellungen, bei denen der Werbende den Anfangspreis zuvor bewußt überhöht angesetzt hat, um ein attraktives Werbemittel zu haben, verstoßen gegen § 2 UWG (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 281, 284 zu § 3 dUWG). Interne (hausgemachte) "Mondpreise" sind ebenso wettbewerbswidrig wie externe, die auf einer unverbindlichen Empfehlung des Herstellers beruhen (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 284 zu § 3 dUWG) und gegen die sich in Österreich insbesondere § 100 KartG richtet. Wer die Preise zunächst so festsetzt, daß ihm die generelle Gewährung und werbewirksame Ankündigung von Preisnachlässen möglich ist, verstößt gegen § 2 UWG (Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 336 mwN FN 186). Das Anstößige an der Werbung mit externen "Mondpreisen" liegt darin, daß den Abnehmern durch signifikante Nachlässe auf die empfohlenen, nicht marktgerechten Listenpreise ein in Wahrheit gar nicht vorhandenes günstiges Angebot vorgespiegelt wird (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht 231, auch 61, 235 und 321; derselbe in Recht der Werbung 275; Aicher, in Recht der Werbung 222 f; Schuhmacher aaO 269 mwN FN 118). Dieselbe Täuschung tritt ein, wenn der Werbende in seiner Preisgegenüberstellung auf einen früheren eigenen Preis hinweist, den er gar nicht ernsthaft auf Grund einer marktgerechten Kalkulation eine angemessene Zeit hindurch verlangt hat.

Auf die vom Berufungsgericht zutreffend dargestellten Voraussetzungen, die darauf schließen lassen, daß der frühere Preis eine angemessene Zeit lang ernsthaft verlangt worden ist, braucht im vorliegenden Fall nicht weiter eingegangen zu werden, weil die zweite Instanz aus den Umständen, unter denen die beklagte Partei die Preisherabsetzung vornahm und ankündigte, den tatsächlichen Schluß gezogen hat, daß die beklagte Partei den Anfangspreis bewußt hinaufgesetzt und nicht ernstlich (im Sinne einer marktgerechten Kalkulation) gewollt hat und daß sie diesem Preis (von Anfang an) keine reale Bedeutung beigemessen hat. Damit kommt aber eine rechtliche Überprüfung der Frage, ob die beklagte Partei den alten Preis hinreichend lang ernsthaft verlangte, nicht mehr in Betracht; auf die Ausführungen der Revisionswerberin, die dazu insbesondere vorbringt, daß Videorecorder äußerst kurzlebige Wirtschaftsgüter seien, so daß eine Preisherabsetzung nach zwei Monaten keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit des bisherigen Verkaufspreises erwecke, ist nicht einzugehen, weil damit die Würdigung der Bescheinigungsergebnisse durch die zweite Instanz bekämpft wird, was in dritter Instanz unzulässig ist. Auch die Frage, welche Partei die Beweis(Bescheinigungs)last dafür trifft, daß eine bereits nach kurzer Zeit vorgenommene Preissenkung wirtschaftlich gerechtfertigt war, kann infolge der vom Rekursgericht festgestellten Täuschungsabsicht der beklagten Partei auf sich beruhen. Belanglos ist auch, welche Schlüsse das Publikum aus der - nach den Behauptungen der beklagten Partei irrtümlich

erfolgten - Werbeankündigung im Rundfunk am 4.August 1986 ziehen konnte, weil die beklagte Partei den Preis für die Videorecorder schon vom Beginn des Vertriebes an im Hinblick auf die geplante Werbeaktion bewußt hinaufgesetzt hatte. Die Vorgangsweise der beklagten Partei war daher geeignet, das Publikum durch Vorspiegelung eines in Wahrheit gar nicht vorhandenen, besonders günstigen Angebots zu täuschen.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 393 Abs. 1, 78, 402 EO und §§ 40, 50 ZPO.

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