OGH 14ObA27/87 (14ObA28/87)

OGH14ObA27/87 (14ObA28/87)10.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Dr. Friedrich Neuwirth als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Horst M***, Angestellter, Kematen/Krems, Brandstatt 4, vertreten durch Dr. Wolfgang Moringer und Dr. Heinrich Maderthaner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte und widerklagende Partei Firma K*** & K***, Linz, Lederergasse 78, vertreten durch Dr. Walter Haslinger, Dr. Norbert Nagele jun. und Dr. Klaus Haslinger, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 157.428,91 s.A. (Klage) und S 90.000,-- s.A. (Widerklage), infolge Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 23. Oktober 1986, GZ. 12 Cg 25, 26/86-10, womit infolge Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Linz vom 5. Februar 1986, GZ. 1 Cr 236/85-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

  1. 1.) Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.
  2. 2.) Der Revision wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es zu lauten hat:

    "Das Klagebegehren, die beklagte und widerklagende Partei sei schuldig, an die klagende und widerbeklagte Partei S 157.428,91 netto samt jeweils 4 % Zinsen aus S 66.933,68 netto seit 10.9.1985, aus S 107.890,92 netto seit 1.3.1986, aus S 124.403,58 netto seit 1.4.1986, aus S 140.916,24 netto seit 1.5.1986 und aus S 157.428,91 netto seit 1.6.1986 zu zahlen, wird abgewiesen.

    Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, an die beklagte und widerklagende Partei S 90.000 samt 9 % Zinsen und 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit 19.11.1985 zu zahlen. Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit S 28.654,18 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Die klagende und widerbeklagte Partei ist ferner schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit S 15.110,70 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin sind S 1.373,70 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

    Die klagende und widerbeklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und Widerbeklagte (in Hinkunft kurz Kläger genannt) begehrt von der beklagten und widerklagenden Partei "Fa. K*** & K***, 4020 Linz, Lederergasse 78" (in Hinkunft Beklagte genannt; die ursprüngliche Bezeichnung der beklagten Partei "Dr. Arpad K***, Kaufmann, 4020 Linz, Lederergasse 78" wurde von den Parteien einvernehmlich berichtigt; s. ON 3 S 20) die Zahlung eines Nettobetrages von S 157.428,91 s.A. an Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und Abfertigung. Diesem Begehren liegt eine Forderung des Klägers aus dem Rechtsgrund der ungerechtfertigten Entlassung (§ 29 AngG) in der Höhe von insgesamt S 247.428,91 zugrunde. Von diesem Betrag zog der Kläger in der Klage einen Betrag von S 90.000 ab, der nach seinem Vorbringen aus einem Schadenersatzanspruch der Beklagten für eine vom Kläger verschuldete Totalbeschädigung eines der Beklagten gehörigen, vom Kläger gelenkten PKWs resultiert. Zur Begründung führt der Kläger aus, er sei ungerechtfertigt entlassen worden. Er habe zwar am 27.8.1985 in alkoholisiertem Zustand anläßlich einer Dienstfahrt einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem der PKW der Beklagten total beschädigt worden und ein Schaden von S 90.000 entstanden sei. Die Beklagte habe zwar den Kläger am 30.8.1985 dienstfrei gestellt, ihn aber erst am 9.9.1985 entlassen, obwohl der Kläger über den Unfall unverzüglich und wahrheitsgemämß berichtet und auf seine Alkoholisierung hingewiesen habe. Die Entlassung sei nicht nur verspätet ausgesprochen worden, sondern auch nicht berechtigt. Im Hinblick auf seine zwanzigjährige Dienstzeit bei der Beklagten und die Einmaligkeit des Vorfalles sei der Beklagten die Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar gewesen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Entlassung des Klägers, der schon am 21.1.1985 aus ungeklärt gebliebenen Gründen einen Firmenwagen total beschädigt habe, sei unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Alkoholwertes und somit rechtzeitig ausgesprochen worden. Sie sei aber auch mangels Vertrauenswürdigkeit und im Hinblick darauf gerechtfertigt, daß dem Kläger für längere Zeit der Führerschein entzogen worden sei. Eine Weiterverwendung als Fahrverkäufer sei daher nicht mehr möglich gewesen.

In ihrer Widerklage begehrt die Beklagte vom Kläger die Zahlung des oben erwähnten Betrages von S 90.000 s.A. aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes. Der Kläger habe seine Pflicht zum Ersatz des bei dem Unfall beschädigten Firmenwagens anerkannt. Der Kläger erstattete vor dem Erstgericht zur Widerklage der Beklagten kein Vorbringen. Die Parteien stellten die Höhe der in der Widerklage geltend gemachten Schadenersatzforderung außer Streit. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und gab dem Widerklagebegehren statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger war vom 11.10.1965 bis 9.9.1985 im Unternehmen der Beklagten als Fahrverkäufer und Kundenbetreuer angestellt. Er verschuldete am 27.8.1985 während der Arbeitszeit in alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall, wobei der PKW der Beklagten total beschädigt wurde. Der Beklagten entstand dadurch ein Schaden in der Höhe von S 90.000. Der Kläger meldete den Unfall dem Sohn des Geschäftsführers der Beklagten, Mag. Karl K***, am 28.8.1985. Auf dessen Frage, ob er alkoholisiert gewesen sei, gab der Kläger zur Antwort, er habe zwar Alkohol getrunken, könne aber die genaue Menge nicht mehr angeben. Er teilte dem Sohn des Geschäftsführers ferner mit, daß ihm der Führerschein vorläufig abgenommen worden sei. Da er ohne Führerschein im Außendienst der Beklagten nicht mehr arbeiten konnte, erhielt er den Auftrag, die Arbeit vorläufig telefonisch zu verrichten.

Mag. Karl K*** erhielt von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft noch am selben Tag die telefonische Auskunft, daß dem Kläger der Führerschein vorläufig abgenommen worden sei. Da das Ergebnis der Blutuntersuchung noch nicht vorlag, erhielt er über den Grad der Alkoholisierung des Klägers keine Auskunft. Am 29.8.1985 - der Kläger hatte an diesem Tag Urlaub - informierte Mag. Karl K*** seinen Vater über den Sachverhalt. Die beiden kamen überein, daß der Kläger, falls sein Blutalkoholwert 0,8 %o überstiegen haben sollte, nicht mehr tragbar sei.

Am 30.8.1985 stelle der Geschäftsführer Dr. Arpad K*** den Kläger bis zur Klärung seiner Alkoholisierung dienstfrei; für den Fall einer Alkoholisierung habe er mit seiner Entlassung zu rechnen. Er forderte den Kläger ferner auf, vom Ergebnis der Blutuntersuchung die Beklagte zu informieren.

Am 5.9.1985 teilte der Kläger dem Mag. Karl K*** mit, daß ihm auf Grund der Alkoholisierung der Führerschein endgültig entzogen worden sei. Da der Geschäftsführer nicht anwesend war, verwies dessen Sohn den Kläger auf Montag, den 9.9.1985.

In der Zeit vom 29.8. bis 9.9.1985 erkundigte sich der Kläger mehrmals bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft, ob das Verwaltungsverfahren schon beendet sei. Am 9.9.1985 trat der Kläger nach einem Urlaub die Arbeit im Unternehmen der Beklagten wieder an. Er wurde an diesem Tag entlassen.

Der Kläger hatte schon im Jänner 1985 einen Verkehrsunfall verursacht; hiebei war am Fahrzeug der Beklagten ein Schaden von S 20.000 entstanden.

Das Erstgericht hielt in rechtlicher Hinsicht die Entlassung des Klägers aus den Gründen des § 27 Z 1, dritter Tatbestand, und Z 2 AngG für gerechtfertigt. Die Entlassung sei auch rechtzeitig ausgesprochen worden, weil der Kläger erst am 5.9.1985 vom endgültigen Entzug des Führerscheins berichtet hatte. Eine Mäßigung des Schadenersatzbetrages sei vom Kläger nicht begehrt worden; sie komme auch im Hinblick auf das grobe Verschulden nicht in Betracht. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und bestätigte das Ersturteil (u.a.) mit der Maßgabe, daß es als beklagte Partei im Hauptverfahren "Dr. Arpad K***" und als klagende Partei im Verfahren über die Widerklage "Fa. K*** & K***" bezeichnete. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht, jedoch mit der Einschränkung, daß der Kläger dem Mag. Karl K*** am 28.8.1985 mitgeteilt habe, er habe "etwa ein (oder zwei) Bier und 2/8 l Rotwein getrunken". Der Blutalkoholgehalt des Klägers betrug im Zeitpunkt des Unfalls 1,98 %o. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, eine amtswegige Richtigstellung der Parteibezeichnung auf "Firma K*** & K***" sei nicht in Betracht gekommen, weil der mit der Klage als beklagte Partei in Anspruch genommene Dr. Arpad K*** als Komplementär dieser Gesellschaft für deren Verbindlichkeiten hafte und daher passiv legitimiert sei. Da dem Kläger für die Dauer von sechs Monaten der Führerschein entzogen worden sei, sei er dauernd dienstunfähig im Sinne des § 27 Z 2 AngG gewesen. Eine "dauernde" Dienstunfähigkeit sei schon dann anzunehmen, wenn die Dienstunfähigkeit von so langer Dauer sei, daß dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Die Entlassung sei überdies aus dem Grunde des § 27 Z 1, dritter Tatbestand, AngG gerechtfertigt. Da die Dauer der Dienstunfähigkeit des Klägers erst nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse der Blutuntersuchung und des sodann erfolgten Entzuges des Führerscheines habe beurteilt werden können und der für die Entlassung zuständige Geschäftsführer erst am 9.9.1985 im Unternehmen wieder anwesend gewesen sei, sei die Entlassung nicht verspätet erfolgt. Dem auf der Annahme einer ungerechtfertigten oder zumindest verspäteten Entlassung beruhenden Klagebegehren fehle daher die Berechtigung.

Das Begehren der Widerklage sei hingegen berechtigt. Der Kläger habe das Bestehen der Schadenersatzforderung ausdrücklich nur im Hinblick auf die Verrechnung mit seinen eigenen Ansprüchen aus der Entlassung bestritten; darin sei kein Begehren auf Mäßigung zu erblicken.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben, das Begehren der Widerklage hingegen abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Revisionsbeantwortung der Beklagten ist verspätet. Die Revision wurde dem Rechtsvertreter der Beklagten am 18.12.1986 zugestellt, die Revisionsbeantwortung am 16.1.1987, das ist am 29.Tag nach der Zustellung der Revision, zur Post gegeben. Die Postaufgabe erfolgte daher erst nach Ablauf der vierwöchigen Frist des § 507 Abs 2 ZPO. Die Revisionsbeantwortung war somit als verspätet zurückzuweisen, ohne daß auf den Umstand, daß der Schriftsatz an das gemäß den §§ 99 Z 1, 101 Abs 1 Z 1 ASGG nicht mehr existierende Arbeitsgericht Linz gerichtet wurde und erst am 20.1.1987 bei dem nunmehr als Erstgericht zuständigen Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht einlangte, noch einzugehen ist.

II. Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der in der Rechtsrüge vertretenen Auffassung des Revisionswerbers, die Entlassung sei nicht gerechtfertigt, weil weder eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege noch der Kläger durch den Unfall das Vertrauen der Beklagten verwirkt habe, kann nicht zugestimmt werden. Eine dauernde Dienstunfähigkeit im Sinne des § 27 Z 2 AngG ist schon dann anzunehmen, wenn die Verhinderung des Angestellten nicht bloß für kurze Zeit und vorübergehend, sondern - wenngleich in ihrem zeitlichen Ausmaß vorhersehbar - von so langer Dauer ist, daß dem Arbeitgeber nach den Umständen des Falles eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (siehe dazu mit ausführlicher Begründung Arb.10.108 mwH). Da dem Kläger für die Dauer von sechs Monaten der Führerschein entzogen wurde, konnte er während dieser Zeit die im Arbeitsvertrag bedungenen Dienste eines Fahrverkäufers nicht ausüben. Diese Verhinderung erstreckte sich auf einen so langen Zeitraum, daß der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers nicht zugemutet werden konnte. Ob die Zuweisung einer anderen Arbeit möglich und der Beklagten zumutbar gewesen wäre, kann hier schon deshalb auf sich beruhen, weil eine solche Möglichkeit nicht behauptet worden ist. Da die Entlassung schon aus diesem Grund gerechtfertigt ist, erübrigte es sich, auf den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit einzugehen.

Entgegen der Meinung des Klägers ist die Entlassung rechtzeitig ausgesprochen worden. Richtig ist, daß die Entlassung unverzüglich, nämlich sofort, nachdem der Entlassungsgrund dem Arbeitgeber bekanntgeworden ist, ausgesprochen werden muß, widrigenfalls das Entlassungsrecht des Arbeitgebers erlischt. Der Grundsatz der Unverzüglichkeit beruht auf dem Gedanken, daß ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechtes im konkreten Fall verzichtet (Arb 9564 mwH). Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist eine wesentliche Voraussetzung der Entlassung. Bei der Prüfung der Rechtzeitigkeit einer Entlassung ist zu untersuchen, ob in dem Zuwarten mit der Entlassung ein Verzicht auf die Geltendmachung des Entlassungsgrundes zu erblicken ist oder ob dieses Zuwarten in Umständen begründet ist, welche die Annahme eines solchen Verzichts nicht rechtfertigen. Es muß daher die Ursache des zwischen der Kenntnis vom Entlassungsgrund und dem Ausspruch der Entlassung liegenden Zuwartens des Arbeitgebers im Einzelfall geklärt werden (Kuderna, Das Entlassungsrecht 16). Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß der Sachverhalt, insbesondere das Verschulden des Beklagten und der Grad seiner Alkoholisierung, von der Beklagten zunächst nicht so weit beurteilt werden konnte, daß sie eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses oder dessen sofortige Beendigung mit der erforderlichen Zuverlässigkeit treffen konnte. Entgegen der Meinung des Klägers kommt in diesem Zusammenhang der Frage, ob die Beklagte aus dem vom Kläger angegebenen Alkoholkonsum erkennen mußte, daß der Kläger fahruntüchtig war, hier keine entscheidende Bedeutung zu. Diese Frage ist von einem Sachverständigen auf Grund des von diesem zu ermittelnden Blutalkoholwertes zu beantworten, nicht aber vom Arbeitgeber auf der Grundlage des ihm vom Arbeitnehmer bekanntgegebenen Alkoholkonsums, es sei denn, der Arbeitnehmer gibt eine derart große Menge an konsumiertem Alkohol an, daß die Fahruntüchigkeit auch einem Laien sofort erkennbar ist. Diese Vorausetzung trifft hier aber nicht zu. Im vorliegenden Fall kann daher aus dem Abwarten der Beklagten bis zur Feststellung des Blutalkoholwertes durch die Verwaltungsbehörde nicht der Schluß gezogen werden, sie habe damit auf die Entlassung des Klägers verzichtet. Mit der am 30.8.1985 erfolgten Suspendierung des Klägers vom Dienst, ferner mit dem Auftrag, ihr das Ergebnis der Blutuntersuchung bekanntzugeben, und vor allem mit der Androhung der Entlassung für den Fall einer festgestellten Alkoholisierung gab die Beklagte dem Kläger mit aller Deutlichkeit zu verstehen, daß sie auf das Entlassungsrecht nicht verzichte. Am 5.9.1985 erhielt sie schließlich die Nachricht vom endgültigen Entzug des Führerscheins. Daß sie nicht sofort, sondern erst am 9.9.1985 die Entlassung aussprach, kann ihr schon deshalb nicht zum Nachteil gereichen, weil der Geschäftsführer, wie dem Kläger am 5.9.1985 mitgeteilt wurde, in der Zwischenzeit abwesend war. Die am 9.9.1985 ausgesprochene Entlassung ist daher rechtzeitig erfolgt.

Schließlich ist dem Berufungsgericht auch in seiner Auffassung zuzustimmen, eine Mäßigung des mit der Widerklage begehrten Schadenersatzbetrages komme hier nicht in Betracht. Der Kläger hat den Betrag von S 90.000 in seiner Klage von seiner auf den § 29 AngG gestützten Forderung abgezogen; die Parteien haben die Höhe dieses Betrages außer Streit gestellt. Der Kläger hat die Widerklage nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls nicht einmal bestritten und keinerlei Ausführungen dazu erstattet. Er hat sogar in der Berufung dazu nur ausgeführt, er habe den Schaden von S 90.000 bereits in der Klage berücksichtigt, so daß im Falle der Berechtigung seiner Klageforderung die Widerklage abzuweisen sei. Der Kläger selbst ist daher davon ausgegangen, daß er der Beklagten einen Betrag von S 90.000 aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes schulde, so daß sein Vorbringen einen - damit unvereinbaren - Antrag auf Mäßigung nicht einschließt.

Die Revision muß somit erfolglos bleiben. Das angefochtene Urteil war jedoch mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen. Das Berufungsgericht hat übersehen, daß das Erstgericht im Einvernehmen mit beiden Parteien die Prozeßbezeichnung der beklagten Partei richtigstellte; es war daher nicht berechtigt, von dieser rechtskräftigen Berichtigung, gegen die sich die Parteien im Rechtsmittelverfahren auch gar nicht gewendet hatten, abzugehen. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet.

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