Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurden der am 20.April 1962 geborene Herbert M***-R*** und der am 26. November 1964 geborene Johannes M*** des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143, erster Fall, StGB. schuldig erkannt.
Darnach haben sie in Hollabrunn am 12.September 1986 in Gesellschaft als Raubgenossen dadurch, daß nach vorheriger Verabredung zunächst Johannes M*** von Josef S*** mit den Worten: "Gib das Geld her !" Geld forderte und auf dessen Anbot, ihnen 100 S zu geben, ihn durch einen Faustschlag zu Boden streckte, den auf dem Boden Liegenden mit Füßen trat, sowohl er als auch Herbert M***-R*** mit den Worten: "Gib das Geld ausse !" bzw. "Gib alles ausse !" weiterhin dessen gesamtes Bargeld forderten, diese Forderung auch nach Herausgabe von Zigaretten und eines Feuerzeugs sowie schließlich eines Teils seiner Barschaft wiederholten, wobei Johannes M*** ihm neuerlich Faustschläge in das Gesicht versetzte, wodurch er Verletzungen an den Lippen und eine Nasenprellung mit Nasenbluten erlitt, bis er schließlich den Rest seines Bargelds herausgab, mit Gewalt gegen eine Person Josef S*** fremde bewegliche Sachen, nämlich rund 1.300 S, mehrere Zigaretten und ein Feuerzeug der Marke Bic mit dem Vorsatz abgenötigt, durch deren Zueignung sich unrechtmäßig zu bereichern.
Die Geschwornen hatten die für jeden Angeklagten gesondert an sie gerichteten Hauptfragen 1 und 2 (wegen des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143, erster Fall, StGB) im Stimmenverhältnis von 6 : 2 bejaht; weitere Fragen wurden nicht gestellt.
Beide Angeklagten bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde. Die Strafaussprüche werden von der Staatsanwaltschaft und beiden Angeklagten mit Berufung angefochten. Die dem Sinngehalt nach gleichlautenden Nichtigkeitsbeschwerden werden auf § 345 Abs. 1 Z. 4 und 8 StPO. gestützt.
Einen nichtigkeitsbegründenden Verfahrensmangel (Z. 4) erblicken die Beschwerdeführer in dem (angeblichen) Umstand, daß dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen sei, weshalb sie während der Einvernahme des Zeugen Josef S*** aus dem Gerichtssaal entfernt wurden und daß sie nach ihrer Rückkehr in den Verhandlungsaal von der inzwischen abgelegten Aussage des Zeugen nicht voll in Kenntnis gesetzt worden seien; insbesonders habe es der Vorsitzende unterlassen, ihnen die Widersprüche in der Aussage mitzuteilen.
Rechtliche Beurteilung
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß mit Nichtigkeitssanktion lediglich das Unterbleiben der Mitteilung bedroht ist (§ 250 Abs. 2 StPO.). Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (Seite 194) wurde beiden Angeklagten nach ihrer Wiedervorführung das in ihrer Abwesenheit Vorgefallene bekanntgegeben. Indem die Beschwerdeführer diese allein nichtigkeitserhebliche Tatsache übergehen und sich in davon Abweichendem verlieren, halten sie nicht am protokollierten Verlauf der Hauptverhandlung fest und bringen solcherart den geltendgemachten Nichtigkeitsgrund nicht zu gesetzmäßiger Darstellung.
Auf die übrigen Einwände in der Verfahrensrüge erübrigt es sich, einzugehen, weil damit keine Verletzung einer der im § 345 Abs. 1 Z. 4 StPO. aufgezählten Vorschriften behauptet wird. Eine den Geschwornen unrichtig erteilte Rechtsbelehrung gemäß § 321 StPO. erblicken die Nichtigkeitswerber darin, daß Widersprüche in den Aussagen der vernommenen Zeugen vorgekommen seien und die Geschwornen deshalb auf den Grundsatz "in dubio pro reo" hingewiesen hätten werden müssen.
Dabei verkennen sie jedoch, daß die schriftliche Rechtsbelehrung für jede Frage gesondert eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes enthalten und das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander sowie die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage klarlegen muß. Die Rechtsbelehrung hat sich daher stets nur auf den Inhalt und die Bedeutung der Fragen zu beziehen, nicht aber Beweisgrundsätze zu erörtern. Insbesonders hat sie eine Anleitung in dem Sinn, daß im Zweifelsfall mit einem Freispruch vorzugehen sei, nicht zu enthalten (EvBl. 1963/240; LSK. 1982/48). Die Rechtsmittelwerber machen daher eine unrichtige Rechtsbelehrung in der Bedeutung des § 321 StPO. in Wahrheit gar nicht geltend.
Da die Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt ist, war sie gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. i. V.m. §§ 285 a Z. 2, 344 StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Zur Entscheidung über die von der Staatsanwaltschaft und beiden Angeklagten ergriffenen Berufungen werden die Akten mangels einer die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung dieser Rechtsmittel begründenden Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden dem zuständigen Oberlandesgericht zugeleitet (RZ. 1970 S. 17 f., 1973 S. 70, JBl. 1985 S. 565 u.v.a.).
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