Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.April 1954 geborene Michael M*** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG a.F. schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm liegt zur Last, im Februar 1983 in Thailand, Kopenhagen und Paris mit dem abgesondert verfolgten Harald M*** als Mitglied einer Bande den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich 2.100 g reinstes Heroin, in einer solchen Menge ein- und ausgeführt zu haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen konnte.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung. Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Abweisung (V. Band S 192 und 212 f.) folgender von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vernehmung
1. des (in Frankreich inhaftierten) Harald M*** als Zeugen vor dem erkennenden Gericht darüber, "ob insbesondere die heute (gemeint: in der Hauptverhandlung am 25.September 1986) neu von der Zeugin (Daniela) L*** vorgebrachten Behauptungen den Tatsachen entsprechen und vor allen Dingen zur Abklärung der Frage, wie es zu den widersprüchlichen Aussagen der Zeugen L*** und Harald M*** gekommen ist";
2. des in den Niederlanden lebenden und auszuforschenden Armin S*** als Zeugen darüber, "ob es den Tatsachen entspricht, daß der Angeklagte die ursprünglich für den 6.2.1983 geplante Rückreise von Pattaya nach Europa über Einflußnahme des Armin S*** verschoben hat, da dadurch unter Beweis gestellt ist, daß der Kontakt mit dem angeblich Mitbeteiligten M*** ein zufällliger war, insbesondere was den geplanten gemeinsamen Rückflug anbelangt";
3. des französischen Rechtsanwaltes Michel S*** als Zeugen im Rechtshilfeweg darüber, "ob es den Tatsachen entspricht, daß sämtliche vom Beschuldigten und seinen französischen Anwälten im Verfahren vor den Gerichten in Frankreich gestellten Beweisanträge im Gerichtsakt überhaupt nicht mehr aufscheinen und auch keine Behandlung fanden" (V. Band S 169) und
4. des Joachim B*** als Zeugen "zum Beweis dafür, daß entgegen seiner Aussage vor dem Gendarmerieposten Bludenz er den Angeklagten schon von früher kannte und er insbesondere gemeinsam mit seinem Freund Armin S*** den Angeklagten überredete, die ursprünglich für den 6.2.1983 geplante Rückreise um eine Woche zu verschieben, damit sie gemeinsam Urlaub verbringen können, woraus erhellt, daß die ursprünglich für den 6.2.1983 gemeinsam mit dem angeblich Mitbeteiligten Harald M*** geplante Rückreise nicht so abgesprochen und geplant war, daß der Angeklagte als Aufpaßperson des Harald M*** (und nur als solcher hätte er Sinn und Zweck gehabt) von wem immer in Aussicht genommen war" (V. Band S 190/191).
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge ist in keinem Punkt zielführend:
Bei Armin S***, der sich mit unbekanntem Aufenthalt in den Niederlanden niedergelassen haben soll, handelt es sich um ein aussichtsloses Beweismittel, dessen Ablehnung keine Nichtigkeit begründet (siehe u.a. Mayerhofer/Rieder, Nr. 102 und 104 zu § 281 Abs. 1 Z 4 StPO 2 ).
Im übrigen ist es aber unerheblich, das heißt für die Lösung der Schuldfrage bedeutungslos, ob der Angeklagte und Harald M*** zufällig oder geplant den Rückflug von Pattaya nach Europa gemeinsam durchführten. Denn die vom Schöffengericht angenommene "Eskortierung" M*** durch den Angeklagten, worunter das Interesse des Letztgenannten an den (in Beziehung mit dem Suchtgift gesetzten) Handlungen zu verstehen ist, kann auch bei nicht gemeinsamem Rückflug bestehen. Damit erweist sich aber auch die Vernehmung des Joachim B*** als unerheblich.
Der Antrag auf Vernehmung des Harald M*** zu den "neuen" Angaben der Zeugin L*** (in der Hauptverhandlung am 25. September 1986) ist infolge seiner allgemeinen Fassung unbestimmt und erfüllt mangels konkreter Bezeichnung des Beweisthemas und insbesondere der Angabe, welches für die Lösung der Schuldfrage bedeutende Ergebnis von der ergänzenden Vernehmung M*** vor dem erkennenden Gericht zu erwarten wäre, nicht die Formalvoraussetzungen eines (im Nichtigkeitsverfahren überprüfbaren) Beweisantrages (vgl. dazu u.a. Mayerhofer/Rieder aa0 Nr. 16 und 19). Die Ausführungen in dieser Richtung (erst) im Rechtsmittelverfahren sind verspätet, weil die Überprüfung von erfolglos gestellten Beweisanträgen auf der Grundlage der Antragstellung in erster Instanz zu erfolgen hat (SSt 41/71).
Wie es laut Beweisantrag "zu den widersprüchlichen Aussagen der Zeugen L*** und M*** gekommen ist", kann nicht Gegenstand einer Zeugenvernehmung sein, weil die Aufklärung von Widersprüchen (u.a. von Zeugenaussagen) dem Gericht (in Ausübung freier Beweiswürdigung) obliegt; die Grundlagen hiezu standen im vorliegenden Fall in ausreichendem Maß zur Verfügung.
Die - durch den Rechtsanwalt S*** zu klärende - Frage, ob in dem gegen den Beschwerdeführer in Frankreich durchgeführten Strafverfahren wegen der Einfuhr von 2.100 g Heroin, die nunmehr den Gegenstand des Inlandsverfahrens bilden, die gestellten Beweisanträge unerledigt blieben, ist - abgesehen davon, daß auch in diesem Fall bei der Antragstellung in erster Instanz nicht angeführt wurde, welches Ergebnis von der Beweisaufnahme zu erwarten sei, sodaß sich der Antrag schon formal als verfehlt erweist - (im vorliegenden Verfahren) unerheblich, wie das Erstgericht in seinem Zwischenerkenntnis zutreffend begründete.
Durch die von der Verfahrensrüge erfaßten, der Ablehnung verfallenen Beweisanträge, die zum Teil - wie vorstehend aufgezeigt - schon formal verfehlt waren, wurden mithin Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Die Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) erschöpft sich nach Art einer Schuldberufung in weitwendigen Ausführungen mit - im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher
unbeachtlichen - Angriffen auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, ohne einen formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen. Das Schöffengericht hat seiner im § 270 Abs. 2 Z 5 StPO normierten Begründungspflicht vollkommen entsprochen, insbesondere auch hinsichtlich jener Feststellungen, aus denen die bandenmäßige Tatbegehung abgeleitet wurde. Bei der auf der Basis der Verfahrensergebnisse sehr sorgfältig begründeten Beweiswürdigung unterlief kein Verstoß gegen die Denkgesetze. Insbesondere die vom Landesgericht angeführten, auch im vorliegenden Fall zutreffenden typischen Methoden und Manipulationen im internationalen Suchtgifthandel und -schmuggel entsprechen der forensischen Erfahrung.
Im einzelnen ist noch folgendes anzumerken:
Die Rüge, das Erstgericht habe "toleriert", daß die Zeugin L*** anläßlich ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung Namen von Informanten nicht nannte, was das Gericht mit - in der Rauschgiftszene dieses Ausmaßes verständlichen - Sicherheitsgründen motivierte, geht ins Leere. Denn die Nichtausschöpfung aller möglichen Beweismittel (hier: eine Befragung der Zeugin über ihre Informanten, allenfalls unter Androhung und Anwendung von Zwangsmitteln - §§ 160, 248 Abs. 1 StPO) vermag Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht zu bewirken. Nur im Fall einer - hier allerdings in dieser Richtung nicht erfolgten und auch gar nicht behaupteten - erfolglosen Antragstellung steht der Nichtigkeitsgrund der Z 4 leg. cit. zur Verfügung.
Daß sich das Schöffengericht auch mit dem Verhalten des abgesondert verfolgten Mittäters Harald M*** - übrigens auch mit der Person des als "R***" bezeichneten schweizerischen Bandenmitgliedes - befaßte, begründet der Meinung des Beschwerdeführers zuwider keine Nichtigkeit im geltend gemachten Sinn. Diese Befassung mit M*** (und auch "R***") war nach Lage des Falles sogar notwendig, weil - wie schon erwähnt - die Qualifikation der Bandenmäßigkeit angenommen wurde und überdies die Festnahme des Beschwerdeführers in Gesellschaft M*** erfolgte, als sie am 13.Februar 1983 in Paris das Hotel "H*** I***" verließen und je zwei Koffer mit den verfahrensgegenständlichen
2.100 g am Vortag (aus Bangkok über Kopenhagen) nach Paris transportierten Heroin trugen, die ihnen bei der Rezeption unmittelbar zuvor übergeben worden waren (s. u.a. V. Band S 201). Letzterer, neben den Angaben der Zeugin Daniela L*** und den Ermittlungsergebnissen der in- und ausländischen Gerichts- und Sicherheitsbehörden für die Lösung der Schuldfrage sehr bedeutsame Umstand wird in den sich in (größtenteils unwesentlichen und zusammenhanglos betrachteten) Details verlierenden Beschwerdeausführungen übergangen.
Die Mängelrüge erfuhr mithin keine prozeßordnungsgemäße Ausführung, weil sie, wie schon einleitend festgehalten und vorstehend dargelegt, keinen formalen Begründungsmangel aufzeigt. Schließlich ist auch der Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO), in welcher der Beschwerdeführer Feststellungen zur (abstrakten) Gefährdung im Sinn des § 12 SuchtgiftG a.F. vermißt, ein Erfolg nicht beschieden.
Betrachtet man Urteilsspruch und -gründe als Einheit, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß das Landesgericht konstatierte, der Beschwerdeführer habe als Bandenmitglied 2.100 g reinstes Heroin aus- und eingeführt, welche Tat - auch nach seinem
Vorsatz - geeignet war, in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (s. V. Band S 196 bis 202). Indem der Beschwerdeführer diese - wie schon erwähnt, mängelfrei, ausführlich und auf der Grundlage der Verfahrensergebnisse denkrichtig begründeten - Konstatierungen übergeht, bringt er auch die Rechtsrüge nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.
Aus den angeführten Gründen war die Nichtigkeitsbeschwerde zum Teil als unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) und zum Teil als nicht der Prozeßordnung entsprechend ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 i. V.m. § 285 a Z 2 StPO) zurückzuweisen.
Über die beiderseitigen Berufungen wird bei einem mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).
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