Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Beklagten aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Verlagsgesellschaft schloß mit dem beklagten Fotografen im April und Mai 1985 eine Reihe von Vereinbarungen über "fotografische Tätigkeit" in den Zeitschriften "R***-E***" und "B***" (Beilage A). Auf diese "rechtsgebühren-, lohnsteuer- und sozialversicherungsfreien Werkverträge gemäß § 1151 ABGB" sollten "sämtliche Rechtsvorschriften über den Dienstnehmerschutz, insbesondere für Krankheitsfälle" keine Anwendung finden; der - in den Betrieb der Klägerin organisatorisch nicht
eingebundene - Beklagte hatte für die Versteuerung seines Entgelts selbst zu sorgen. Für die "vom Verlag angenommenen" Fotos galt als vereinbart, daß "die ausschließlichen, sachlich, territorial und zeitlich unbeschränkten Werknutzungsrechte" der Klägerin eingeräumt wurden.
In einer Zusatzvereinbarung vom 19.4.1985 (Beilage B) wurde dem Beklagten ein Einspruchsrecht gegen die Veröffentlichung seiner fotografischen Werke für jene Veröffentlichungsfälle eingeräumt, die vom Verlag mit Dritten für verlagsfremde Objekte vereinbart würden; der Beklagte sollte an den für solche Veröffentlichungen geleisteten Zahlungen zu 50 % beteiligt sein. Im übrigen erhielt der Beklagte "das Recht des jederzeitigen Zugriffs auf Fotos, die aus diesem Werkverhältnis hervorgehen bzw. hervorgingen und im R***-E***-Archiv archiviert sind, zum Zwecke der Herstellung von Abzügen oder Duplikaten für die Weitergabe an Dritte", sofern es sich bei letzteren nicht um Konkurrenten der Klägerin handle. Abschließend wurde festgehalten, daß sich die "im Werkvertrag in dieser Vereinbarung genannten Urheberrechts- und Copyrightvereinbarungen" ausschließlich auf jene fotografischen Tätigkeiten bezögen, "die im Rahmen des Werkverhältnisses beauftragt und abgerechnet werden bzw. wurden".
Mit der Behauptung, daß der Beklagte bei der Beendigung seiner Zusammenarbeit mit der Klägerin im Juni 1985 alle im Rahmen der Werkverträge von ihm belichteten Originaldias und Schwarz-Weiß-Negativfilme "eigenmächtig und widerrechtlich der Klägerin entzogen" habe, seither die Herausgabe dieses Filmmaterials verweigere und dadurch schuldhaft die Ausnützung der der Klägerin vertraglich eingeräumten Werknutzungsbewilligung verhindere, beantragt die Klägerin, zur Sicherung eines inhaltsgleichen - auch auf das Eigentumsrecht der Klägerin und deren stärkeren Besitztitel gestützten - Herausgabeanspruches dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung die sofortige Ausfolgung des im Spruch näher bezeichneten Film- und Fotomaterials an sie aufzutragen. Das Sicherungsbegehren wird ausschließlich auf die der Klägerin vertraglich eingeräumte Werknutzungsbewilligung gestützt. Durch die Weigerung des Beklagten, die Filme herauszugeben, drohe der Klägerin ein unwiederbringlicher Schaden: Da es sich um Film- und Fotomaterial über derzeit aktuelle Musiker, Musikgruppen und andere aktuelle Themen des politischen und gesellschaftlichen Lebens handle, sei eine sinnvolle Ausnützung der Werknutzungsbewilligung nur während des Fortbestehens dieser Aktualität möglich; gleichwertiger Ersatz könne weder durch neuerliche Beauftragung von Fotografen noch durch Bezug von Material bei Agenturen beschafft werden. Im übrigen werde die Wahrscheinlichkeit, daß der Beklagte das zurückbehaltene Material an Dritte weitergebe und damit das Erstveröffentlichungsrecht der Klägerin beeinträchtige, immer größer.
Der Beklagte hat sich gegen den Sicherungsantrag ausgesprochen. Das zu sichernde Herausgabebegehren sei schon deshalb verfehlt, weil die Klägerin nicht für alle in der Klage genannten Filme, sondern nur an den von ihr angenommenen und honorierten Fotos ein Werknutzungsrecht erworben haben könnte. Der Beklagte habe die in Rede stehenden Werkverträge nur deshalb unterschrieben, weil ihm die Klägerin die Auszahlung bereits fälliger Honorare verweigert und so einen sachlich und rechtlich nicht gerechtfertigten Druck auf ihn ausgeübt habe. Die von der Klägerin begehrten Filme befänden sich zum Teil nicht mehr im Besitz des Beklagten. Gegenstand des Sicherungsantrages sei im übrigen eine in Geld zu bemessende Schadenersatzforderung, welche nur nach § 379 Abs 3 EO, nicht aber durch eine der in § 382 EO aufgezählten Maßnahmen gesichert werden könne. Davon abgesehen, fehle es auch an der von § 381 Z 2 EO geforderten "Gefahr eines drohenden unwiederbringlichen Schadens". Das Erstgericht erkannte im Sinne des Sicherungsbegehrens und trug der Klägerin auf, für alle ihrem Gegner durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von S 50.000,-- Sicherheit zu leisten. Es nahm folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an:
Die Klägerin schickte den Beklagten - meist zusammen mit einem Redakteur - zu den verschiedenen Personen, über die er eine Fotoreportage zu machen hatte. Auch dann, wenn der Beklagte die betreffenden Personen allein aufsuchte, wurde der Zeitpunkt seines Erscheinens von der Klägerin festgelegt. Das notwendige Fotomaterial erhielt der Beklagte von der Klägerin, die belichteten Filme wurden von der Klägerin entwickelt und dann bei ihr gelagert. Nachdem die vom Beklagten gelieferten Filme - unter Berücksichtigung des Aufwandes für seine gesamte fotografische Arbeit - zunächst einzeln abgerechnet worden waren, wurden die Ansprüche des Beklagten in der Folge seit Februar 1985 pauschal abgegolten.
Bei der Beendigung seiner Tätigkeit für die Klägerin nahm der Beklagte die im Spruch der einstweiligen Verfügung angeführten Filme mit. Sein Vertreter erklärte, daß der Beklagte nur gegen Zahlung von S 50.000,-- zur Herausgabe des Filmmaterials bereit sei. Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Bilder weisen vielfach Exklusivcharakter auf; unter ihnen befinden sich Konzert- und Privatfotos, die "absolut unwiederbringlich" sind. Mit Rücksicht auf die Personen der abgebildeten Künstler ist es nicht möglich, sie ohne weiteres wieder privat zu fotografieren; auch handelt es sich vielfach um englische Gruppen, die zur Zeit, als sie vom Beklagten fotografiert wurden, gerade auf Tournee waren. Im übrigen verlieren die Fotos durch das Verstreichen der Zeit an Aktualität.
Rechtlich meinte das Erstgericht, daß der Beklagte die den Gegenstand des Sicherungsbegehrens bildenden Filme entgegen den getroffenen Vereinbarungen und damit rechtswidrig an sich genommen habe. Da der Klägerin wegen der rasch wechselnden Aktualität im Zeitungsgeschäft unwiederbringlicher Schaden iS des § 381 Z 2 EO drohe, wenn ihr das strittige Material nicht ehestens ausgefolgt werde, sei die einstweilige Verfügung antragsgemäß zu erlassen, zugleich aber gemäß § 390 EO der Klägerin eine entsprechende Sicherheitsleistung aufzuerlegen gewesen.
Infolge Rekurses des Beklagten wies das Rekursgericht den Sicherungsantrag ab; den Rekurs der Klägerin gegen die ihr auferlegte Sicherheitsleistung verwies es auf diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens (§ 381 Z 2 EO) sei (ua) die Behauptung und Bescheinigung einer konkreten Gefährdung des zu sichernden Anspruches. Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben: Es sei nicht einzusehen, warum ein allfälliger Schaden, den die Klägerin durch das Vorenthalten des Fotomaterials möglicherweise erleide, nicht durch Geldzahlungen ausgeglichen werden könnte. Im übrigen sei die Aktualität der hier strittigen, jedenfalls mehr als 6 Monate alten Filme ohnehin nur noch in eingeschränktem Ausmaß gegeben. Eine Veröffentlichung unmittelbar nach dem aktuellen Ereignis komme nicht mehr in Frage; für die Verwendung als Archivmaterial könne aber - unter Aufwendung entsprechender Kosten - Ersatzmaterial beschafft werden. Daß die Gefahr bestünde, der Beklagte werde das strittige Material an Dritte weitergeben und damit das Erstveröffentlichungsrecht der Klägerin verletzen, habe die Klägerin selbst nicht behauptet. Da das Sicherungsbegehren somit schon mangels Behauptung und Bescheinigung einer konkreten Anspruchsgefährdung abzuweisen sei, brauche auf den - nach Ansicht des Rekursgerichtes gleichfalls nicht ausreichend bescheinigten - Anspruch der Klägerin nicht mehr eingegangen zu werden.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung der ersten Instanz wiederherzustellen und dem Rekurs gegen die der Klägerin auferlegte Sicherheitsleistung im Rahmen dieser einstweiligen Verfügung Folge zu geben, hilfsweise die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Zur Sicherung eines Herausgabeanspruches, wie er von der Klägerin erhoben wird, kann gemäß § 381 Z 2 EO eine einstweilige Verfügung ua. dann erlassen werden, wenn sie "zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig" erscheint (die übrigen Fälle des § 381 EO kommen hier nicht in Betracht).
"Unwiederbringlich" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist aber ein der gefährdeten Partei drohender Schaden dann, wenn die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich ist und Geldersatz entweder nicht geleistet werden kann oder dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (SZ 49/11 mit weiteren Nachweisen; JBl 1985, 423; ebenso Heller-Berger-Stix, Komm.z.EO 4 III 2724). Gerade im vorliegenden Fall ist aber die Möglichkeit eines adäquaten Geldersatzes entgegen der Meinung des Rekursgerichtes auszuschließen: Daß die durch die Heranziehung weiterer Fotografen und die Beschaffung von Ersatzmaterial verursachten Kosten durch Geldzahlungen ausgeglichen werden könnten, bedarf keiner weiteren Begründung; mit Recht verweist aber die Klägerin darauf, daß die durch den jeweils aktuellen Anlaß und die Person der abgebildeten Künstler begründete Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit zahlreicher Fotos eine vollkommen gleichwertige Reproduktion durch einen anderen Fotografen schlechthin unmöglich macht; auch die Beschaffung geeigneten Ersatzmaterials von in- oder ausländischen Agenturen kann hier naturgemäß nicht in allen Fällen adäquaten Ersatz bieten. Wird überdies berücksichtigt, daß jede Einbuße an Aktualität und Originalität der Berichterstattung gerade für die von der Klägerin herausgegebenen Zeitschriften mit einer nachhaltigen, in Geld, wenn überhaupt, nur schwer zu veranschlagenden Schädigung ihres Ansehens und damit naturgemäß auch ihrer Absatzmöglichkeiten verbunden ist, dann ist unter Berücksichtigung all dieser Umstände die in § 381 Z 2 EO vorausgesetzte Gefahr eines drohenden unwiederbringlichen Schadens als glaubhaft gemacht anzusehen.
Was aber den zu sichernden Anspruch selbst anlangt, so hat das Erstgericht als bescheinigt angenommen, daß der Beklagte bei Beendigung seiner Tätigkeit für die Klägerin die im Spruch der einstweiligen Verfügung angeführten Filme mitgenommen hat und zur Herausgabe dieses Materials nur gegen Zahlung von S 50.000,-- bereit ist. Auf die dagegen im Rekurs der Beklagten zulässigerweise (ÖBl. 1980, 40 mwN; ebenso ÖBl. 1980, 138; ÖBl. 1983, 74 ua.) erhobene Beweisrüge ist das Rekursgericht nicht näher eingegangen; es hat überdies auch jede Auseinandersetzung mit der vom Beklagten schon in erster Instanz aufgestellten Behauptung unterlassen, wonach das zur Begründung des Herausgabeanspruches angeführte Werknutzungsrecht der Klägerin nur einen Teil dieses Filmmaterials - nämlich nur die von ihr "angenommenen" und honorierten Aufnahmen - umfaßt habe. Der nicht näher konkretisierte Hinweis des Rekursgerichtes, daß es "insbesondere an einer Bescheinigung für den Umfang der vom Beklagten angeblich widerrechtlich entzogenen Sachen" fehle, kann eine solche Auseinandersetzung mit der Beweisrüge des Rekurses nicht ersetzen, läßt er doch keineswegs zweifelsfrei erkennen, ob und in welchem Umfang das Rekursgericht den von der Klägerin behaupteten und vom Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt als nicht bescheinigt ansieht.
Zur Behebung dieses Verfahrensmangels war demnach der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Beklagten aufzutragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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