OGH 8Ob605/86

OGH8Ob605/8612.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei SÜD-E*** UND S*** G*** M.B.H., Marie-Curie-Straße 11, D-6085 Nauheim, BRD, vertreten durch Dr.Kurt Görlich und Dr.Elisabeth Görlich, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei

E*** M.B.H. N*** KG, Schönburgstraße 27, 1040 Wien, vertreten durch Dr. Fritz Czerwenka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (S 105.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. April 1986, GZ. 2 R 53/86-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 10. Dezember 1985, GZ. 32 Cg 151/85-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 514,35, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin stellte zuletzt (ON 11 S 41) das Begehren, es werde festgestellt, daß die Beklagte ihr gegenüber aus der Haftungsübernahmserklärung vom 6.11.1984, FS Nr. 3448/HI, und nach dem Inhalt dieser für Ansprüche und/oder Reklamationen, die vom Kunden der Klägerin (FIRMA B*** INC.) aus irgendwelchen Mängeln erhoben werden, die im 1 A ziehfähigen Qualitätswalzdraht festgestellt werden, welcher mit Rechnungen Nr. 4211/84, 4212/84 und 4213/84 von der Beklagten an die Klägerin verkauft und geliefert und von der Klägerin an die FIRMA B*** INC. weiterverkauft und weitergeliefert wurde, wenn dieser nicht der unberuhigten Stahlqualität D 9-1 nach Din 17140 und den Toleranzen nach Din 59110 entspricht und wenn Ansprüche und/oder Reklamationen von der FIRMA B*** INC. an die Klägerin innerhalb von 60 Tagen ab dem Ankunftsdatum der Schiffe im Endbestimmungshafen per Fernschreiben oder Brief geltend gemacht werden, haftet.

Die Klägerin stützte dieses Begehren im wesentlichen darauf, daß sie von der Beklagten Walzdraht gekauft und geliefert erhalten und die Ware in der Folge an die FIRMA B*** INC. weiterverkauft habe, wobei dieses Geschäft mit der Beklagten bis in das kleinste Detail abgestimmt worden sei. Aus diesem Grund habe die Klägerin mit Telex vom 5.11.1984 den Text der von der FIRMA B*** INC. als Voraussetzung für die Akkreditivbestätigung verlangten Haftungsfreistellungserklärung an die Beklagte weitergeleitet. Mit Telex vom 6.11.1984 habe die Beklagte erklärt, für Schadenersatz- und sonstige Ansprüche, die durch den Kunden der Klägerin dieser gegenüber geltend gemacht würden, die Haftung zu übernehmen, und zwar für Mängel jeder Art, die in dem 1 A Qualitätswalzdraht festgestellt würden, wenn dieser nicht der unberuhigten Stahlqualität D 9-1 gemäß Din 17140 und den Toleranzen gemäß Din 49110 entspreche.

Die FIRMA B*** INC. habe mittlerweile bei der American Arbitration Association in New York aus diesem Geschäft Ansprüche gegen die Klägerin geltend gemacht. Da es nicht ausgeschlossen sei, daß die Klägerin zur Deckung von Schadenersatzansprüchen, für welche die Beklagte mit dem Telex vom 6.11.1984 die Haftungsübernahme erklärt habe, durch die FIRMA B*** INC. herangezogen werde, habe die Klägerin die Beklagte mehrfach zur Abgabe der Erklärung aufgefordert, daß die Haftungsübernahmserklärung als unbefristet anerkannt werde. Dies sei von der Beklagten jedoch abgelehnt worden. Die Klägerin habe daher ein rechtliches Interesse an der verlangten Feststellung, um eine möglicherweise drohende Verjährung zu unterbrechen.

Das Telex vom 6.11.1984 habe keinesfalls bloß den Zweck verfolgt, die Zahlung zu erleichtern. Vielmehr sollten mit dieser Haftungsübernahmserklärung Ansprüche der FIRMA B*** INC. gegenüber der Klägerin laut Inhalt des Telex vom 5.11.1984 haftungsmäßig durch die Beklagte gedeckt werden. Es handle sich nicht um Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten. Dies ergebe sich schon daraus, daß die Lieferung der Ware seitens der Beklagten an die Klägerin bereits im Juli 1984 erfolgt sei, beide Parteien Kaufleute seien und eine Mängelrüge daher umgehend hätte erfolgen müssen. Tatsächlich sei die Haftungsübernahmserklärung erst im November 1984 abgegeben worden. Eine Leistungsklage sei noch nicht möglich, weil die Klägerin ihrerseits der FIRMA B*** INC. gegenüber noch zu keiner Leistung aus deren Ansprüchen laut dem Telex vom 5.11.1984 verpflichtet worden sei und auch noch nicht beurteilt werden könne, ob bzw. wann von der Klägerin Leistungsansprüche auf Grund der Fernschreiben vom 5. und 6.11.1984 geltend gemacht werden könnten.

Die Beklagte brachte vor, daß die Klägerin von ihr 1 A Walzdraht Güte D 9-1 nach Din 17140/1962 normal warm gewalzt gekauft und übernommen habe und die Ware vom 26. bis 29.7.1984 verschifft worden und bis spätestens 31.7.1984 bei der Klägerin eingetroffen sei. Die Bezeichnung der Qualität der Ware habe ihrer tatsächlichen Beschaffenheit entsprochen und diese Beschaffenheit sei von der Beklagten in der Folge mit Fernschreiben vom 6.11.1984 bestätigt worden. Die Klägerin habe weder Mängelrüge erhoben noch die Klage innerhalb der Gewährleistungsfrist eingebracht. Daher sei ihr Recht zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen durch Zeitablauf erloschen.

Niemals, auch nicht mit Fernschreiben vom 6.11.1984, habe sich die Beklagte verpflichtet, für Schadenersatz oder sonstige Ansprüche, die durch den Kunden der Klägerin (FIRMA B*** INC.) geltend gemacht würden, die Haftung zu übernehmen. Die Beklagte habe nicht gewußt, an wen und unter welchen Bedingungen die Klägerin weiterverkaufen würde. Die Behauptung, die Klägerin habe ihr Geschäft mit der FIRMA B*** INC. bis ins kleinste Detail mit der Beklagten abgestimmt, sei unzutreffend. Nur die Tatsache des Weiterverkaufes sei der Beklagten bekannt gewesen. Diese habe das Fernschreiben vom 6.11.1984 lediglich auf Grund der Behauptung der Klägerin, zwecks Dokumentation des Akkreditives eine nochmalige Erklärung über die Qualität der gelieferten Ware für ihren Kunden zu benötigen, abgesetzt. Mit diesem Fernschreiben sei bloß die Qualität bestätigt worden, die schon in den Rechnungen ausdrücklich angegeben und durch Werkatteste bestätigt worden sei. Der Beklagten sei insbesondere nicht bekannt gewesen, unter welchen Konditionen und Qualitätsvereinbarungen die Ware von der Klägerin weiterveräußert worden sei. Ob und warum der Kunde der Klägerin gegen diese Ansprüche erheben könne, entziehe sich der Beurteilung der Beklagten. Diese habe eine Haftungsübernahmeerklärung weder befristet noch unbefristet abgegeben; sie hafte lediglich nach den gesetzlichen Bestimmungen, doch sei die Frist für die klageweise Geltendmachung solcher Ansprüche bereits verstrichen. Irgendein Verschulden der Beklagten liege nicht vor.

Die im Fernschreiben vom 6.11.1984 abgegebene Erklärung bedeute keine wie immer geartete Ausweitung oder Änderung der bereits bis dahin bestandenen gesetzlichen oder vertraglichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte, sondern nur die Wiederholung bereits bestandener Verbindlichkeiten. Die von der Klägerin formulierte Erklärung sei nur auf deren ausdrücklichen Wunsch zur Erleichterung der Zahlung des Kaufpreises abgegeben worden. Der Klägerin wäre es offengestanden, eine genaue sachliche und zeitliche Abgrenzung einer erweiterten Haftung zu umschreiben. Eine bloße Schad- und Klagloserklärung sei nicht der Inhalt dieses Fernschreibens, weil der Beklagten der genaue Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und ihrem Kunden nicht bekannt gewesen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Parteien vereinbarten, daß österreichisches materielles Recht zur Anwendung kommt.

Die Klägerin hat von der Beklagten insgesamt 1,237.700 kg Walzdraht, Güte D 9-1 nach Din 17140/1962, gekauft und übernommen. Die Ware wurde vom 26. bis 29.7.1984 verschifft und ist bis 31.7.1984 bei der Klägerin eingetroffen. Jeweils am Tag der Verschiffung wurden die Rechnungen Nr. 4211/84, 4212/84 und 4213/84 über insgesamt US-$ 285.900,- ausgefertigt und der Klägerin zugestellt.

Die Klägerin verkaufte als Zwischenhändler die Ware in weiterer Folge an die FIRMA B*** INC. in die USA weiter.

Klaus Dieter H***, Geschäftsführer der Klägerin, besprach telefonisch mit Dipl.Ing. K***, Kommanditist der Beklagten, daß die Klägerin als Voraussetzung für die Akkreditivbestätigung über Verlangen ihres Kunden, der F*** B*** INC., eine Haftungserklärung der Beklagten benötige, wie sie im Telex vom 5.11.1984 wiedergegeben wurde.

Die Bedingungen, unter denen die Klägerin die Ware an B*** INC. weiterverkaufte, waren der Beklagten dem Umfang nach insoweit klar ersichtlich, als aus dem Text des genannten Fernschreibens klar erkennbar ist, welche Qualität die Klägerin der FIRMA B*** INC. zu liefern hatte, nämlich Güte D 9-1 gemäß Din 17140 innerhalb der Toleranzen gemäß Din 59110. Die Klägerin ersuchte mit Telex vom 5.11.1984 um folgende Haftungserklärung (übersetzt aus der englischen Sprache):

"(Der Kunde verlangt ... folgendes Dokument:)

Ein Schreiben auf Firmenpapier des Begünstigten, urschriftlich gefertigt von einem hiezu befugten Organ, gerichtet an den Antragsteller, worin erklärt wird, daß SÜD-E*** UND S*** G*** M.B.H., Marie Curie-Straße 11, Postfach 1333,

D-6085 Nauheim, BRD, die volle Verantwortung, dem Antragsteller Entschädigung zu leisten, wie folgt übernimmt:

a) für Ansprüche und/oder Reklamationen, die vom Kunden aus irgendwelchen Mängeln erhoben werden, die im ziehfähigen 1 A Qualitätswalzdraht festgestellt werden, wenn dieser nicht der unberuhigten Stahlqualität D 9-1 nach Din 17140 und den Toleranzen nach Din 59110 entspricht.

Ansprüche und/oder Reklamationen vom Kunden an die SÜD-E*** UND S*** G*** M.B.H., Marie-Curie-Straße 11, Postfach 1333, D-6085 Nauheim, BRD, sind innerhalb von 60 (in Worten: Sechzig) Tagen ab dem Ankunftsdatum der Schiffe im Endbestimmungshafen per Fernschreiben oder Brief geltend zu machen.

b) daß sich SÜD-E*** UND S*** G*** M.B.H. an die im Bundesstaat New York geltende Schiedsgerichtsordnung halten wird."

Im letzten Absatz dieses Telex forderte die Klägerin die Beklagte auf:

"Bitte geben Sie uns, soweit auch direkt an Paribas, Zürich, Herrn Staub (Telex Nr. 045/55110) eine Bestätigung, daß sie im Falle einer tatsächlich auftretenden Reklamation, deren Ursache vereinbart ist mit vorgenanntem Text, ebenfalls volle Verantwortung gegenüber uns übernehmen. Bitte verwenden Sie gleichen Text."

Die Beklagte antwortete mit Telex vom 6.11.1984 und entsprach dem Wunsch der Klägerin insofern, als sie die Haftungserklärung (Absatz a) wie gewünscht wörtlich in englischer Sprache übernahm, nicht jedoch die Schiedsgerichtsklausel (b). Weiters bestätigte sie in diesem Telex, daß sie der Klägerin gegenüber für Reklamationen, die aus vorgenanntem Bestätigungsschreiben der Klägerin gegenüber aufgemacht werden, die Haftung übernimmt.

Die Ware ging Ende Dezember 1984 in Cleveland, Ohio, ein. Am 14.1.1984 meldete die FIRMA B*** INC. mit Telex Reklamationen an die Klägerin, die diese mit Telex vom 15.1.1985 - somit innerhalb von 60 Tagen ab Ankunft der Schiffe im Endbestimmungshafen - an die Beklagte weiterleitete.

Am 18.1.1985 trug die Klägerin die Reklamationsgründe wortgetreu der Beklagten vor. Die Beklagte antwortete und empfahl der Klägerin, die Reklamationen nicht anzuerkennen. Nachdem das Schiedsgerichtsverfahren im Staate New York eingeleitet worden war, forderte die Beklagte die Klägerin mit Fernschreiben vom 12. und 13.4.1985 als Vorsichtsmaßnahme auf, auf die Einrede der Verjährung, Verwirkung und überhaupt auf jede Art von Verfristung für die Geltendmachung von Ansprüchen zu verzichten. Dr. K*** lehnte dies im Namen der Beklagten mit Fernschreiben vom 18. und 30.4.1985 ab.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, die Beklagte habe sich mit Telex vom 6.11.1984 verpflichtet, für die darin näher beschriebene Qualität der gelieferten Ware einzustehen, sofern Qualitätsmängel binnen 60 Tagen ab Ankunft der Schiffe im Endbestimmungshafen per Fernschreiben oder Brief der Beklagten gegenüber geltend gemacht würden. Eine zeitlich unbegrenzte Haftung sei dem Text des Fernschreibens nicht zu entnehmen und würde auch den kaufmännischen Gepflogenheiten widersprechen. Da weitere Mängelanzeigen im Hinblick auf den Ablauf der dafür vereinbarten 60tägigen Frist nicht zu erwarten seien, hätte die Klägerin bereits mit einer Leistungsklage vorgehen können. Es sei unbeachtlich, welchen Anspruch die FIRMA B*** INC. in welcher Höhe der Klägerin gegenüber im Schiedsgerichtsverfahren geltend mache, weil die Beklagte an jenem Verfahren nicht als Partei beteiligt sei. Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab, wobei es dem Urteilsspruch folgende Fassung gab:

"Es wird festgestellt, daß die beklagte Partei der klagenden Partei gegenüber auf Grund der Haftungsübernahmserklärung vom 6.11.1984, Fernschreiben Nr. 3448-HI, für Ansprüche aus Reklamationen, die vom Kunden der klagenden Partei (FIRMA B*** INC.) aus irgendwelchen Mängeln erhoben werden, die im 1 A ziehfähigen Qualitätswalzdraht festgestellt werden, welcher mit Rechnungen Nr. 4211/84, 4212/84 und 4213/84 von der beklagten Partei an die klagende Partei verkauft und geliefert und von der klagenden Partei an die FIRMA B*** INC. weiterverkauft und weitergeliefert wurde, wenn dieser nicht der unberuhigten Stahlqualität D 9-1 nach Din 17140 und den Toleranzen nach Din 59110 entspricht, insoweit haftet, als Ansprüche und/oder Reklamationen von der FIRMA B*** INC. an die klagende Partei innerhalb von 60 Tagen ab dem Ankunftsdatum der Schiffe im Endbestimmungshafen per Fernschreiben oder Brief geltend gemacht wurden".

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,-, nicht jedoch S 300.000,- übersteigt und daß die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, die Rechtsausführungen des Erstgerichtes ließen erkennen, daß das Erstgericht die mit Telex vom 6.11.1984 von der Beklagten abgegebene "Haftungsübernahmeerklärung" offenbar als eine sogenannte Garantiezusage qualifiziert habe. Darunter verstehe man besonders in Kaufverträgen häufig vorkommende Gewährleistungsabreden, in denen gewöhnlich nicht mehr als die ausdrückliche Übernahme der an sich wirksamen Gewährleistungspflichten oder deren Erweiterung oder Verlängerung erblickt werde. Durch eine derartige Zusicherung (unechter Garantievertrag) werde die Rügepflicht des § 377 HGB nicht beseitigt).

Im Gegensatz dazu handle es sich bei einem echten Garantievertrag um einen Vertrag, durch den sich jemand einem anderen gegenüber (beschränkt oder unbeschränkt) verpflichte, für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entstehe, aufzukommen. Der Garantievertrag sei ein einseitig verbindlicher Vertrag und verpflichte nur den Gewährleistungsübernehmer, der im Zweifel für den ganzen Ausfall oder Schaden einzutreten habe. Er bewirke die Begründung einer selbständigen Schuld, die von der Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängig sei.

Die Klägerin habe mit Fernschreiben vom 5.11.1984 von der Beklagten die Abgabe einer "Haftungsübernahmserklärung" mit bestimmtem Wortlaut verlangt. Indem die Beklagte diesem Begehren mit Telex vom 6.11.1984 entsprochen habe, habe sie diesen Antrag der Klägerin angenommen. Damit sei zwischen den Streitteilen eine Vereinbarung zustandegekommen, die als echter Garantievertrg zu qualifizieren sei.

Zunächst falle der zeitliche Abstand zwischen dem Abschluß des Kaufvertrages und der in Rede stehenden Übereinkunft auf. Diese sei mehr als drei Monate nach Ablieferung des von der Beklagten an die Klägerin verkauften Walzdrahtes getroffen worden. Abgesehen davon hätten beide Parteien im erstinstanzlichen Verfahren keinen Zweifel daran gelassen, daß die Klägerin nach ihrer Übernahme der Ware eine unverzügliche Mängelrüge unterlassen habe. Es seien auch keine Behauptungen betreffend das Vorliegen geheimer Mängel oder gar über arglistiges Verschweigen von Mängeln durch die Beklagte aufgestellt worden. Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Annahme des ihr zugegangenen Offertes der Klägerin betreffend die Übernahme der Haftung für Ansprüche, die sich aus bestimmten Sachmängeln der weiterverkauften Ware ergeben konnten, aus dem ursprünglichen Kaufvertrag für derartige Mängel gar nicht mehr gehaftet habe, weil die Ware bereits als mängelfrei genehmigt gegolten habe (§ 377 HGB). Die am 6.11.1984 zustandegekommene Vereinbarung habe somit die bloße Übernahme an sich wirksamer Gewährleistungspflichten oder eine Erweiterung oder Verlängerung derselben (was regelmäßig den Inhalt sogenannter Garantiezusagen bilde) gar nicht zum Gegenstand haben können.

Vielmehr sei die Beklagte damit (offenbar in dem Bestreben, die Zahlung des Kaufpreises zu beschleunigen) eine neue Verbindlichkeit eingegangen. Sie habe sich verpflichtet, der Klägerin für jene "Ansprüche und/oder Reklamationen" (gemeint sei offenbar für Ansprüche aus Reklamationen) einzustehen, welche gegen ihren Vertragspartner von der FIRMA B*** INC. aus den in der Übereinkunft näher umschriebenen Warenmängeln fristgerecht geltend gemacht würden und sich als berechtigt erweisen sollten. Die Haftung der Beklagten habe somit ihre Grundlage nicht in Warenmängeln an sich, sondern in einer Inanspruchnahme der Klägerin durch die FIRMA B*** INC. wegen des Vorliegens solcher Mängel. Daraus ergebe sich aber auch, daß die Ansprüche der Klägerin aus dieser Vereinbarung keine Gewährleistungsansprüche darstellten, sondern im Garantievertrag begründete Ersatzansprüche seien.

Die Beklagte habe im Prozeß das Zurechtbestehen eines Garantievertrages überhaupt verneint. Es sei daher ein rechtliches Interesse der Klägerin an der alsbaldigen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses schon deshalb, aber auch wegen der Auswirkung auf das weitere Vorgehen in dem von der FIRMA B*** INC. eingeleiteten Schiedsverfahren gegeben.

Den Haftungsgrund der Beklagten bilde ein Garantievertrag und keine einseitige Haftungsübernahmserklärung. Mit dem als "Haftungsübernahmserklärung" genannten Telex der Beklagten vom 6.11.1984 sei das im wesentlichen gleichlautende Anbot der Klägerin (Telex vom 5.11.1984) angenommen worden. Die Haftung der Beklagten ergebe sich somit nicht aus dieser "Haftungsübernamserklärung", sei jedoch dadurch begründet worden. Im Urteilsspruch sei daher zur Präzisierung der Ausdruck "aus der Haftungsübernahmserklärung" durch "auf Grund" derselben zu ersetzen. Mit der Übernahme der Haftung für "Ansprüche und/oder Reklamationen" könne nur eine solche für Ansprüche aus Reklamationen gemeint sein. Was schließlich die Formulierung des letzten Halbsatzes des Klagebegehrens betreffe, sei die Lieferung der Ware im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz bereits erfolgt und auch die 60tägige Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen und/oder Reklamationen verstrichen gewesen. Da demnach eine Haftung der Beklagten nur mehr im Rahmen bereits erhobener "Ansprüche und/oder Reklamationen" in Betracht komme, sei die Formulierung des Feststellungsbegehrens wie aus dem Spruch ersichtlich zu verdeutlichen gewesen. Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß zur Frage der Rechtsnatur einer nach Abschluß eines Kaufvertrages sowie Übernahme und (gemäß § 377 HGB fingierter) Genehmigung der Ware zustandegekommenen Vereinbarung über die Haftung des seinerzeitigen Verkäufers für Ansprüche aus Sachmängeln, die anläßlich der Weiterveräußerung festgestellt und beanstandet würden, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nicht vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft es aus dem Revisionsgrund der "unrichtigen rechtlichen Beurteilung" mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berfungsgericht angeführten Grund im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

Der sachliche Inhalt der zwischen den Streitteilen mit den Fernschreiben vom 5. und 6.11.1984 getroffenen Vereinbarung ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt dieser Urkunden (Beilagen 4 und 5):

Die Klägerin, die ihrem Kunden, der FIRMA B*** INC., bestimmte Eigenschaften der verkauften Ware zusagte und mit ihm eine bestimmte Frist zur Geltendmachung allfälliger Ansprüche aus dieser Zusage vereinbarte, ersuchte die Beklagte um die Erklärung, daß diese die Klägerin schadlos halten werde, wenn die Klägerin von ihrem Kunden aus dieser ihm gegebenen Zusage in Anspruch genommen werde. Die Beklagte gab diese gewünschte Erklärung gegenüber der Klägerin ab. Wenn das Berufungsgericht diese Vereinbarung als Garantievertrag qualifizierte, ist darin ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. In Lehre und Rechtsprechung wird der (echte) Garantievertrag als Vertrag definiert, durch den sich jemand einem anderen gegenüber (beschränkt oder unbeschränkt) verpflichtet, für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, aufzukommen. Dieser Vertrag bewirkt die Begründung einer selbständigen Schuld, die von der Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängig ist. Von diesem (echten) Garantievertrag zu unterscheiden ist die besonders in Kaufverträgen häufig vorkommende sogenannte Garantiezusage (der unechte Garantievertrag), worunter bloße Gewährleistungsabreden verstanden werden, die Teile des Hauptvertrages sind (Ohmeyer-Klang in Klang 2 VI 203; Koziol-Welser, Grundriß 7 I 240 f; Koziol, Der Garantievertrag 3; SZ 50/93; SZ 53/164 ua.).

Bei dem hier in Frage stehenden Vertrag handelte es sich nun keinesfalls darum, daß die Beklagte mit der Klägerin im Rahmen des mit ihr geschlossenen Kaufvertrages irgendwelche Abreden über ihr aus diesem Vertragsverhältnis einzuräumende Gewährleistungsansprüche getroffen hätte. Das Berufungsgericht hat durchaus zutreffend darauf hingewiesen, daß im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung im Verhältnis zwischen den Streitteilen die verkaufte Ware im Sinne des § 377 HGB als mangelfrei genehmigt anzusehen war, sodaß gar kein Anlaß für irgendeine Erweiterung der zwischen den Parteien bestandenen Gewährleistungspflichten bestand. Darüber hinaus erscheint aber entscheidend, daß die Parteien mit dem hier zu beurteilenden Vertrag nicht vereinbarten, daß die Beklagte der Klägerin für irgendwelche Mängel der ihr verkauften Ware einzustehen habe, sondern daß die Beklagte der Klägerin dafür einzustehen habe, wenn diese von ihrem Kunden, dem sie die ihr von der Beklagten verkaufte Ware bereits weiterverkauft hatte, aus bestimmten Gründen und unter bestimmten Voraussetzungen wegen bestehender Mängel der Ware berechtigt in Anspruch genommen werden sollte. Es handelte sich also nicht um die Regelung von Gewährleistungsansprüchen zwischen den Parteien, sondern um die Zusicherung eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolges durch die Beklagte gegenüber der Klägerin. Die Beklagte verpflichtete sich sinngemäß gegenüber der Klägerin, dafür aufzukommen, wenn diese infolge des Vorliegens bestimmter Mängel in der von der Klägerin der FIRMA B*** INC. verkauften Ware nicht den ansonsten aus diesem Rechtsgeschäft resultierenden wirtschaftlichen Erfolg haben sollte. Dieses Einstehen für einen bestimmten wirtschaftlichen Erfolg eines anderen erscheint aber geradezu typisch für die Annahme eines echten Garantievertrages. Gegen die Gültigkeit eines derartigen Vertrages zwischen den Streitteilen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Er ist weder als abstrakt noch als unentgeltlich anzusehen (siehe dazu Koziol aaO 27 ff). Ein Garantievertrag ist kein abstraktes Schuldverhältnis; er ist auf einen Sicherungszweck, den Eintritt des in der Garantie umschriebenen Garantiefalles, bezogen (vgl. Canaris in Großkommentar HGB 3 III/3, 2. Bearbeitung, Rdz. 1125 und 1129; 1 Ob 686/82). Im übrigen regelte der zwischen den Streitteilen geschlossene Garantievertrag zwar, wie bereits oben ausgeführt, nicht das zwischen ihnen bestandene Kaufvertragsverhältnis, hatte aber in diesem seine Grundlage. Wirtschaftlich gesehen hatte die Garantieübernahme durch die Beklagte ganz offensichtlich den Zweck, den Verkauf der Ware durch die Klägerin an ihren Kunden zu ermöglichen und damit in den Besitz des von der Klägerin an die Beklagte zu entrichtenden Kaufpreises zu kommen. Dabei trat die Beklagte aber gegenüber der Klägerin nur für eine Beschaffenheit der von der Klägerin an die FIRMA B*** INC. verkauften Ware ein, die der Beschaffenheit der Ware entsprach, die die Beklagte an die Klägerin auf Grund des mit dieser geschlossenen Kaufvertrages geliefert hatte. Unter diesen Umständen hatte die von der Beklagten gegenüber der Klägerin übernommene Garantie ihre Grundlage eindeutig in dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Kaufvertrag und kann von einer unentgeltlichen Garantieübernahme nicht gesprochen werden, weil die Beklagte aus diesem Kaufvertrag Entgeltforderungen gegen die Klägerin hatte.

Der Einwand der Beklagten, sie wäre im Falle der Annahme eines Garantievertrages gezwungen, alle Qualitätsreklamationen des Kunden der Klägerin ohne Möglichkeit der Prüfung ihrer Berechtigung anzuerkennen, ist unzutreffend, weil sich die von ihr übernommene Garantie bei zutreffender Auslegung des Vertrages im Sinne des § 914 ABGB nur auf wirtschaftliche Verluste der Klägerin beziehen kann, die diese infolge berechtigter Mängelrügen ihres Kunden erleidet.

Die Revisionsausführungen über die zeitliche Begrenzung der Garantieverpflichtung der Beklagten sind nicht recht verständlich. Aus dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag ergibt sich eindeutig, daß die Beklagte der Klägerin nur für solche wirtschaftliche Verluste einzustehen hat, die diese aus den im einzelnen umschriebenen Qualitätsmängeln der Ware erleidet, wenn diese innerhalb von 60 Tagen ab dem Ankunftsdatum der Schiffe im Endbestimmungshafen gegenüber der Klägerin geltend gemacht wurden. Weitere Fragen nach dem zeitlichen Geltungsbereich der Garantieverpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin stellen sich in diesem Rechtsstreit nicht, insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit der Beurteilung des Feststellungsinteresses der Klägerin im Sinne des § 228 ZPO. Denn dieses ist, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, schon deswegen zu bejahen, weil die Beklagte das Bestehen des von der Klägerin behaupteten Rechtsverhältnisses im vorliegenden Rechtsstreit bestritt. Die Möglichkeit einer Leistungsklage gegen die Beklagte hat die Klägerin derzeit nicht, weil ja noch gar nicht feststeht, ob die von ihrem Kunden gegen sie erhobenen Gewährleistungsansprüche berechtigt sind oder nicht.

Entgegen den Revisionsausführungen hat das Berufungsgericht durch seine Fassung des Urteilsspruches nicht gegen § 405 ZPO verstoßen, sondern nur dem Begehren der Klägerin eine deutlichere Fassung gegeben, wozu es ohne weiteres berechtigt war (SZ 53/171 uva.).

Die Beklagte vermag somit mit ihrer Revision einen dem Berufungsgericht unterlaufenen Rechtsirrtum nicht aufzuzeigen; diesem Rechtsmittel mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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