Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen der A***- und
T*** Gesellschaft m.b.H. & Co KG wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 9.August 1984 zu S 51/84 der Konkurs eröffnet.
Der Masseverwalter begehrte mit der vorliegenden Klage vom Beklagten, dem Inhaber eines Mischfutterwerkes, die Bezahlung von S 60.500 s.A. Er brachte vor, der Beklagte habe mit Konktrakt Nr 933 vom 11.Mai 1984 bei der Gemeinschuldnerin 100 t deutschen Sojaschrot einer bestimmten handelsüblichen Qualität zum Preis von S 500 pro 100 kg mit einer Lieferzeit November 1984 bis Februar 1985 je 25 t monatlich bestellt. Nach den Bestimmungen des "§ 22 b KO" (gemeint § 22 Abs 2 KO) und den Bestimmungen über den Geschäftsverkehr an der Börse für landwirtschaftliche Produkte seien derartige Kontrakte in der Form abzurechnen, daß der vereinbarte Kaufpreis dem Markt- und Börsenpreis des zweiten Werktages nach Konkurseröffnung gegenüberzustellen sei. Diese Abrechnung ergebe unter Heranziehung des Tagespreises von S 445 pro 100 kg einen Differenzbetrag von S 55.000, was mit 10 % Mehrwertsteuer den Klagsbetrag von S 60.500 ergebe.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Er wendete ein, daß kein Fixgeschäft vorliege und daher § 21 KO anzuwenden sei. Der Masseverwalter habe bisher keine Erklärung im Sinne dieser Gesetzesstelle abgegeben. Die Ware sei zur Lagerung bzw Weiterverarbeitung im Betrieb des Beklagten bestimmt gewesen. Ein bestimmter Liefertermin sei für den Beklagten nicht wesentlich gewesen. Der Beklagte hätte auch einen späteren Lieferzeitpunkt akzeptiert. In der Branche seien Lieferverzögerungen durchaus üblich. Es bestehe auch kein Börsen- oder Marktpreis. Selbst wenn ein Fixgeschäft vorliegen sollte sei das Klagebegehren nicht berechtigt, weil ein Anspruch nach § 22 KO nur dem vertragstreuen Teil gegenüber dem vertragsbrüchigen Teil zustehe. Da die Gemeinschuldnerin innerhalb der vorgesehenen Frist nicht geliefert habe, stehe ein Schadenersatzanspruch nur dem Beklagten, nicht aber dem Masseverwalter zu.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Gemeinschuldnerin stand bis zur Eröffnung des Konkurses in ständiger Geschäftsverbindung mit dem Beklagten. Im Jahresdurchschnitt gab es etwa zehn Geschäftsfälle. Im Zuge dieser Geschäftsverbindung wurde am 11.Mai 1984 der Kontrakt Nr 0933 DTS über den Verkauf von ca 100 t deutschem Sojaschrot, 49 % Protein und Fett kombiniert HP-Ware, gesund und handelsüblich von der Gemeinschuldnerin an den Beklagten von beiden Geschäftsteilen unterzeichnet. Der Kaufpreis betrug per 100 kg S 500 verzollt, Basis Normalwasser, DM-Basis 704,42. Als Lieferzeit wurde November 1984 bis Februar 1985 je ca 25 t im Vertrag festgehalten, wobei die Disposition über die Anlieferung und Abnahme im wesentlichen vom Bedarf und der Transportkapazität abhängig war. Es bestand keine Vereinbarung, daß der Käufer vom Vertrag zurücktrete, falls der Veräußerer die Ware nicht rechtzeitig liefert. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1985 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung der Klagsforderung bis längstens 14.August 1985 auf, was der Beklagte ablehnte.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, die vereinbarte Lieferfrist "November 1984 bis Februar 1985 ca 25 t" sei nicht als fest bestimmte Frist im Sinne eines Fixgeschäftes anzusehen. Darüber hinaus liege weder eine ausdrückliche Rücktrittsvereinbarung für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung vor noch ergäben sich Ansätze für eine schlüssige stillschweigende derartige Vereinbarung. Es sei daher § 21 KO anzuwenden. Der Masseverwalter sei mit seiner Zahlungsaufforderung vom 31.Oktober 1984 vom Kaufvertrag zurückgetreten. Schadenersatzansprüche könne in diesem Fall nur der andere Teil, nicht aber der Masseverwalter stellen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Masseverwalters nicht Folge und sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Ansicht, daß kein Fixgeschäft vorliege. Weder aus der Natur des Geschäftes noch aus dem Vertrag selbst ergebe sich im konkreten Fall die für die Annahme eines Fixgeschäftes notwendige Rücktrittserklärung, so daß dem Kläger dieser Beweis nicht gelungen sei. Daß der Beklagte auch im Falle eines Verzuges noch an der Erfüllung des Vertrages interessiert gewesen sei, ergebe sich aus dem Vorbringen des Beklagten, wonach die Ware zur Lagerung bzw Weiterverarbeitung im Betrieb des Beklagten bestimmt und ein bestimmter Liefertermin für den Beklagten nicht wesentlich gewesen sei. Der Beklagte wäre durchaus bereit gewesen, einen späteren Lieferzeitpunkt als im Vertrag vorgesehen zu akzeptieren. Im übrigen sei es in der Branche durchaus üblich, daß Lieferverzögerungen vorkämen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision des Masseverwalters aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, das Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil es zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Geschäfte der vorliegenden Art Fixgeschäfte sind - soweit überblickbar - an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt und auch nicht erkennbar ist, daß es sich um die Auslegung eines ganz speziell formulierten Vertrages handelt, der nur für den Einzelfall Bedeutung zukommen könnte.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß sich der Begriff des Fixgeschäftes im § 22 KO mit jenem nach § 376 HGB deckt (Bartsch-Pollak 3 Anm 6 zu
§ 22 KO, Lehmann Kommentar zur KO 155; Petschek-Reimer-Schiemer 280; ebenso für das deutsche Recht Jaeger Großkommentar zur KO 8 Rz 9 zu
§ 18 d KO).
Ein Fixgeschäft liegt nur vor, wenn die Leistung des einen Teiles genau zu einer fest bestimmten Zeit oder innerhalb einer fest bestimmten Zeit bewirkt werden soll und der Wille der Parteien überdies darauf gerichtet ist, daß für eine außerhalb der vereinbarten Erfüllungszeit erfolgende Leistung kein Interesse bestehe und eine solche Leistung daher nicht als Erfüllung angesehen werde (HS 10.852, 10.853 uva). Die Lieferfrist muß dabei so festgelegt sein, daß kein Spielraum für eine Lieferung außerhalb derselben offen bleibt (Rz 1985/37). Der Fixcharakter ergibt sich entweder aus einer ausdrücklichen Fixklausel oder aus der Natur des Geschäftes (Holzhammer Handelsrecht 2 I 102; Schlegelberger 5 Rz 5 zu § 376 HGB). Sie kann sich aber auch nach Handelsgewohnheiten ergeben (Schlegelberger aaO; Würdinger/Röhricht in Großkommentar HGB 3 Anm 10 zu § 376).
Eine ausdrückliche Fixklausel liegt nach den bisherigen Feststellungen nicht vor.
Aus dem vorgelegten Kontrakt ergibt sich nur, daß die bestellte Ware in gewissen Monaten ausgeliefert werden sollte. Daß für eine außerhalb der vereinbarten Erfüllungszeit erfolgende Leistung für die beklagte Partei kein Interesse bestehe, ist daraus nicht zu entnehmen. Daß sich der Fixcharakter des Geschäftes etwa aus den Geschäftsbedingungen oder den "Öhlmühlenbedingungen", auf die in der Vereinbarung hingewiesen wird, ergebe, wurde von der klagenden Partei nicht behauptet. Es kann auch nicht gesagt werden, daß schon nach der Natur des abgeschlossenen Geschäftes ein Fixgeschäft vorliege, handelt es sich doch um die Lieferung an ein Mischfutterwerk zur Weiterverarbeitung und es wurde von den Vorinstanzen festgestellt, daß die Disposition über die Anlieferung und Abnahme im wesentlichen vom Bedarf und der Transportkapazität abhängig war. Da die beklagte Partei zur Erzeugung des Mischfutters zweifellos laufend derartige Rohstoffe benötigt, ist aus der Natur des Geschäftes der Fixcharakter nicht abzuleiten. Für das Bestehen einer Handelsgewohnheit wäre aber die klagende Partei behauptungs- und beweispflichtig gewesen (SZ 42/171 ua). Sie hat dazu nichts vorgebracht. Der Hinweis, derartige Kontrakte seien nach den Bestimmungen über den Geschäftsverkehr an der Börse für landwirtschaftliche Produkte in der Form abzurechnen, daß der vereinbarte Kaufpreis dem Markt- und Börsenpreis des zweiten Werktages nach Konkurseröffnung gegenüberzustellen sei, genügt dazu nicht, da kein Börsengeschäft vorliegt und sich aus diesem Vorbringen keine Behauptung ableiten läßt, auch nicht an der Börse geschlossenen Geschäften dieser Art käme nach Handelsbrauch Fixcharakter zu. Mangels Vorliegens eines Fixgeschäftes wurde daher das Klagebegehren von den Vorinstanzen mit Recht abgewiesen. Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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