Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Oktober 1956 geborene polnische Staatsangehörige Janusz D*** schuldig erkannt, er habe am 17. und 18.Juni 1986 in Wien in insgesamt zwei Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, anderen durch Einbruch in deren Wohnung weggenommen oder wegzunehmen versucht und hiedurch das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 15 StGB begangen. Hiebei handelt es sich um zwei vollendete Einbruchsdiebstähle (A 1 und 2) am 17.Juni 1986 im Haus Wien 1., Wallnerstraße 2, zum Nachteil der Elisabeth W*** (Wert der gestohlenen Gegenstände 198.000 S) und der Dr. Anna K*** (Wert der Diebsbeute laut Urteilsspruch 399.000 S, laut Urteilsbegründung 336.500 S) sowie um einen am folgenden Tag im Haus Wien 1., Spiegelgasse 23, unter Mitnahme von Einbruchswerkzeug unternommenen Versuch, bei welchem der Angeklagte sein Vorhaben, eine von ihm für geeignet befundene Wohnungstür (sogleich) aufzubrechen, unmittelbar vor Begehung der Tat aufgab, als er Stimmen in der Wohnung anwesender Personen vernahm (B).
Dieses Urteil ficht der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte (Z 4) erblickt der Angeklagte in der Abweisung seines am Schluß der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf "polizeiliche Erhebung des (gemeint: im) gegenständlichen Haus(es) Wallnerstraße 2, Tür 25 und 25 a, zum Beweis dafür, ob bei den Wohnungen 25 und 25 a in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten mit den gleichen Lacken die Anstriche auf den Außentüren durchgeführt wurde(n)" (S 174). Schon aus der Formulierung dieses Antrags ergibt sich, daß die verlangte Beweisaufnahme nicht etwa der Verifizierung einer dem Angeklagten bekannten, zu seiner Entlastung geeigneten Tatsache, sondern bloß der Klärung dienen sollte, ob überhaupt Beweismittel auffindbar wären, welche die Richtigkeit des ihn belastenden Gutachtens des chemischen Sachverständigen Ing. Reinhard B*** (ON 34, in der Hauptverhandlung aufrechterhalten und ergänzt - S 168 bis 173) über die Übereinstimmung von im sichergestellten, zum Transport der Einbruchswerkzeuge verwendeten Werkzeugköcher und an den Handschuhen des Angeklagten vorgefundenen Lackspuren mit dem Lackanstrich der Wohnungstüren Nr. 25 und 25 a im Haus Wallnerstraße 2 (Elisabeth W*** bzw. Dr. Anna K***) in Frage stellen könnten. Der Antrag war also auf die Vornahme eines unzulässigen Erkundungsbeweises gerichtet (Mayerhofer-Rieder 2 E 88-90 zu § 281 Abs 1 Z 4 StPO). Bedenken gegen die Schlüssigkeit des auf kriminaltechnischen Untersuchungsergebnissen (AS 121 bis 137) aufbauenden Gutachtens, die dessen weitere Überprüfung erforderlich gemacht hätten (§§ 125, 126 StPO), wurden konkret nicht einmal behauptet.
Der Sachverständige Ing. B*** bestätigte auch, daß zwischen den Lackierungen der beiden Türen keine Unterschiede feststellbar gewesen seien (S 170 unten), sodaß - entgegen der Mängelrüge (Z 5) - kein erörterungsbedürftiges Beweisergebnis, das für eine verschiedenartige Lackierung zu verschiedenen Zeiten sprechen könnte, vorliegt.
Bei den übrigen auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Beschwerdeeinwänden verkennt der Angeklagte vor allem, daß das Gericht gemäß dem § 258 Abs 2 StPO Tatsachenfeststellungen nicht allein auf Grund zwingender Schlußfolgerungen, sondern auch anhand von Wahrscheinlichkeitsschlüssen treffen kann und muß, sofern diese Schlüsse nicht den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen widersprechen (Mayerhofer-Rieder 2 , E 148-150 zur letzterwähnten Gesetzesstelle). Durch solche Wahrscheinlichkeitsschlüsse gelangte aber das Erstgericht zur Annahme der Täterschaft des Angeklagten bei den im Haus Wallnerstraße 2 verübten Einbruchsdiebstählen. Zu diesen Schlußfolgerungen steht der in der Beschwerde hervorgekehrte Umstand, daß es sich bei den beim Angeklagten sichergestellten Werkzeugen um Massenware handle, in keinem logischen Widerspruch; denn er ändert nichts an der auffälligen Paßgenauigkeit der Kerbspuren an den Wohnungstüren des erwähnten Hauses zu den betreffenden Werkzeugen (Schraubenzieher und Stemmeisen), die in den verschiedensten Größen und Ausführungen verbreitet sind und deren Anwendung daher keineswegs stets völlig gleichartige Spuren hinterläßt. Im übrigen stellt der damit bekämpfte Hinweis der Urteilsbegründung auf die absolute Paßgenauigkeit der Werkzeuge zu den Einbruchsspuren (S 123 oben) nur eines von mehreren Indizien dar, welche das Erstgericht in ihrem Zusammenhalt von der Täterschaft des Angeklagten überzeugten (S 183, 184), konnte sich das Gericht doch auf die beweiskräftigen Ergebnisse der bereits erwähnten Lackanalysen stützen. Diese Überlegungen werden durch den Hinweis der Mängelrüge auf die theoretische Möglichkeit zufälliger Übereinstimmung umso weniger als denkgesetzwidrig entkräftet, als der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, er könnte bei der Ausübung seines Berufes als Fenstermonteur mehrmals auf gleichartige Lackierungen gestoßen sein, seine eigenen, vom Erstgericht beweiswürdigend (mit-)verwerteten (S 186) Einlassungen negiert, den sichergestellten und untersuchten Werkzeugköcher, in welchem entsprechende Lacksplitter gefunden wurden, nicht für seine Arbeit verwendet zu haben (S 43, 44, 168). Der vom Schöffensenat gezogene Wahrscheinlichkeitsschluß auf die Herkunft beim Angeklagten sichergestellter Lacksplitter von den beiden Wohnungseinbrüchen (A des Urteilsspruches) findet - der abschließenden Behauptung der Mängelrüge zuwider - sohin aktenmäßige Deckung in den übereinstimmenden Ergebnissen der kriminaltechnischen Untersuchung und der Begutachtung durch den chemischen Sachverständigen. Eines einschränkenden Hinweises darauf, daß nur zwischen einem Teil der im Werkzeugköcher des Angeklagten vorgefundenen Lacksplitter und den von den Türen genommenen Proben Übereinstimmung bestand, bedurfte es nicht, weil dieser Umstand an der Auffälligkeit dieser Übereinstimmung nichts zu ändern vermag, mithin nicht den Kern der erstgerichtlichen Argumentation berührt. Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus vorbringt, der Sachverständige habe nicht sagen können, ob die photometrische Ausmessung der Färbung von beiden Wohnungstüren überhaupt ident sei, bezieht er sich ersichtlich auf jene Äußerungen des Sachverständigen Ing. B***, mit welchen er Mutmaßungen darüber, wann und von wem beide Türen lackiert worden sind, ablehnte (S 173), unterstellt jedoch diesen Äußerungen einen ihnen nach Wortlaut und Sinnzusammenhang des Gutachtens nicht zukommenden Inhalt.
In der auf den § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Rechtsrüge vertritt der Angeklagte die Ansicht, sein Verhalten im Haus Spiegelgasse 23 (Urteilstat B) habe mangels räumlicher und zeitlicher Tatnähe das Stadium der straflosen Vorbereitungshandlung noch nicht überschritten gehabt und sei daher zu Unrecht als Versuch des Einbruchsdiebstahls beurteilt worden, zumal er nicht die geringste Ausführungshandlung gesetzt habe und nicht bereits am Tatort verhaftet worden sei. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß nach der Legaldefinition des § 15 Abs 2 StGB die Tat nicht erst etwa mit Beginn der Ausführung, sondern schon dann versucht ist, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Es kommt sohin in objektiver Hinsicht darauf an, daß das Verhalten des Täters (nach dessen Vorstellungen) sowohl aktions- als auch zeitmäßig zumindest im unmittelbaren Vorfeld des Tatbildes liegt, von der Ausführung sohin nicht mehr durch dazwischengeschaltete örtliche, zeitliche oder manipulative Etappen getrennt ist; in subjektiver Hinsicht muß das deliktische Vorhaben bereits in jenes Stadium getreten sein, in dem anzunehmen ist, daß der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung schon überwunden hat (Leukauf-Steininger 2 , RN 6 bis 11 zu § 15 StGB). Nach den einschlägigen Urteilsfeststellungen kann die Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht in Zweifel gezogen werden; ging doch das Erstgericht davon aus, daß der Angeklagte bereits in "Diebstahlsabsicht" mit Einbruchswerkzeug das Haus Spiegelgasse 23 betrat und eine ihm für den geplanten Einbruch geeignet erscheinende Wohnungstüre aufsuchte, aber unmittelbar vor der Begehung der Tat von seinem Diebstahlsvorhaben Abstand nehmen mußte, weil sich die Anwesenheit von Personen in der betreffenden Wohnung herausstellte. Wäre dieses Hindernis nicht aufgetreten, so würde als unmittelbar nächste Handlung des Angeklagten bereits eine Ausführungshandlung zum intendierten Diebstahl gefolgt sein, welcher keine zeitlichen, örtlichen oder manipulativen Zwischenetappen mehr vorausgegangen wären (S 183). Daß es vor der Tatausführung etwa noch der Überwindung der entscheidenden Hemmschwelle bedurft hätte, ist bei dieser Sachlage nicht anzunehmen und wird nicht einmal vom Beschwerdeführer selbst behauptet.
Von diesen das Vernehmen von Stimmen in der Wohnung anwesender Personen ausdrücklich als Hindernis für die geplante Straftat bezeichnenden Feststellungen hätte der Angeklagte aber auch bei Ausführung seiner Rechtsrüge nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO, in welcher er Aufhebung der Strafbarkeit der Tat zufolge Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) behauptet, ausgehen müssen; denn die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrunds besteht im Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem Gesetz. Der Angeklagte stützt seine Rechtsrüge aber auf die urteilsfremde Annahme, er habe es noch gar nicht auf den Einbruch in eine bestimmte Wohnung abgesehen gehabt, sondern lediglich irgendeine Wohnung auskundschaften wollen, und er wäre ohne weiteres in der Lage gewesen, sein Vorhaben (bei einer anderen Wohnung des Hauses) zu verwirklichen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte Janusz D*** nach dem § 128 Abs 2 StGB zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe und wertete die (drei) einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen als erschwerend, während es als mildernd das Teilgeständnis und die Tatsache, daß es (beim zugestandenen Schuldspruchfaktum B) beim Versuch blieb, berücksichtigte.
Mit seiner Berufung beantragt der Angeklagte die tat- und schuldangemessene Herabsetzung der Strafe.
Dem Berufungswerber ist durchaus einzuräumen, daß er, nachdem er zufolge des Hinweises eines aufmerksamen Passanten als des Diebstahls verdächtig festgenommen worden war (S 23 bis 27), angab, an diesem Tag (18.Juni 1986) erstmalig ausgerüstet mit Einbruchswerkzeug auf der Suche nach günstigen Gelegenheiten zum Wohnungseinbruch gewesen zu sein (S 38). Dies ändert aber nichts daran, daß er die schwerwiegenden vollendeten Wohnungseinbrüche, die er am Tag vorher begangen hatte, bis zuletzt leugnete, sodaß ihm eben nur ein Teilgeständnis zugutegehalten werden konnte. Daß er mit vorgefaßtem einheitlichem Tatvorsatz zuwerke ging, kann den in der Wiederholung der strafbaren Handlungen derselben Art gelegenen Erschwerungsumstand (§ 33 Z 1 StGB) auch unter dem Gesichtspunkt der Strafzumessungsvorschrift des § 29 StGB nicht entkräften. Der Angeklagte vermag somit mit diesem Vorbringen seine Behauptung, die Strafzumessungsgründe seien unrichtig gewichtet worden, nicht zu belegen.
Zieht man aber die ebenso aus den Vorstrafakten wie aus der vom Berufungswerber selbst dargelegten Motivation zur Begehung von Wohnungseinbrüchen hervorleuchtende Neigung zur Begehung immer schwererwiegender und gewinnträchtigerer Diebstähle ins Kalkül (§ 32 Abs 2 StGB) und würdigt man des weiteren die reifliche und sorgfältige Planung der Taten und die Größe des Schadens (§ 32 Abs 3 StGB), kann die im unteren Drittel des bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmens ausgemessene Unrechtsfolge nicht als überhöht betrachtet werden.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)