OGH 9Os2/87

OGH9Os2/8721.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl G*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 29.September 1986, GZ 25 Vr 4932/85-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 42-jährige Karl G*** des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 10.Oktober 1985 in Innsbruck den Hermann W*** durch Versetzen eines Fausthiebes in das Gesicht, der den Bruch des Unterkiefers links und eine Rißquetschwunde am Hinterkopf, sohin eine an sich schwere Verletzung, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung nach sich zog, vorsätzlich am Körper verletzte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus den Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist teils offenbar unbegründet, teils entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

In seiner Verfahrensrüge (Z 4) moniert der Angeklagte die Abweisung des von ihm in der Hauptverhandlung am 29.September 1986 gestellten Antrages "auf Einholung des Lichtbildes aus dem Polizeiakt zum Beweis dafür, daß der Beschuldigte auf diesem Foto aus dem Jahr 1968 weitaus jünger aussah und er damit durch den Zeugen W*** nicht eindeutig erkannt werden konnte" (S 66 f.). Die Rüge geht fehl.

Hat doch der Schöffensenat durch die Begründung seines abweislichen Erkenntnisses - aus den Angaben des Gendarmeriebeamten P*** ergebe sich, daß W*** bei der Identifizierung des Angeklagten anhand eines Fotos nicht ganz sicher erschienen sei - und die damit im Kern übereinstimmende Urteilsbegründung (vgl. US 10 = AS 87) unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er ohnehin von der Richtigkeit des zu beweisenden Umstandes ausging, weshalb eine Schmälerung der Verteidigungsrechte des Angeklagten durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis ausgeschlossen werden kann. In seiner Mängelrüge (Z 5) wirft der Beschwerdeführer dem Urteil Aktenwidrigkeiten und Unvollständigkeiten vor, ohne jedoch formale Begründungsmängel der aufgezeigten Art dartun zu können. Denn wenn die Beschwerde unter Hinweis auf die den Angeklagten entlastenden Angaben des Zeugen W*** meint, die vom Erstgericht dennoch getroffene Konstatierung, der Angeklagte habe W*** vorsätzlich verletzt, sei "aktenwidrig", verkennt sie das Wesen eines derartigen Mangels, der nur dann gegeben ist, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 § 281 Z 5 Nr. 185 ff.). Davon kann aber vorliegend keine Rede sein, weil die Tatrichter die Täterschaft des Angeklagten aus einer Reihe von - in der Beschwerde unerwähnt gebliebenen - Indizien ableiteten, die im Rechtsmittel hervorgehobenen (die Täterschaft des Angeklagten bestreitenden) Angaben des Zeugen W*** aber (insoweit) ausdrücklich als unglaubwürdig erachteten (vgl. US 11 = AS 89 sowie US 9 = AS 85).

Eine Unvollständigkeit der Begründung erblickt die Beschwerde darin, daß auf die Erklärung des Zeugen W*** vor dem Untersuchungsrichter (ON 3), der Täter sei betrunken gewesen, nicht eingegangen worden sei. Hiebei übersieht das Rechtsmittel aber, daß - abgesehen von einer die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Berauschung, die vorliegend nicht zur Debatte steht - die Alkoholisierung des Täters keinen für die Lösung der Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache darstellt und daß andererseits das fragliche Protokoll in der Hauptverhandlung nicht verlesen wurde und daher im Sinne des § 258 Abs. 1 StPO überhaupt nicht als Beweismittel dienen konnte (Mayerhofer-Rieder aaO Nr. 75 f.). Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten (wegen Strafe; im Rechtsmittel ersichtlich irrtümlich als Schuldberufung bezeichnet) wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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