OGH 1Ob704/86

OGH1Ob704/8614.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Herbert W***, Zivilingenieur für Bauwesen, Wien 8., Wickenburggasse 19, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei G*** W*** "A***" Aktiengesellschaft, Maria Enzersdorf, Südstadtzentrum 4, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Rechtsanwalt in Wien, wegen 910.014,22 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1.September 1986, GZ 4 R 120/86-53, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 3.März 1986, GZ 12 Cg 51/83-48, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 20.489,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 1.535,40 S Umsatzsteuer und 3.600 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 28. Februar 1978 übertrug die Republik Österreich dem Kläger und Dipl.Ing. Werner S*** die statische und konstruktive Bearbeitung des Neubaus des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien 2., Schiffamtsgasse 1-3. Mit Vertrag vom 14. Februar 1980 trat die beklagte Partei anstelle der Republik Österreich in diesen Vertrag ein, was vom Kläger mit Schreiben vom 26. März 1980 zur Kenntnis genommen wurde. Da mehrere Anbieter eine vom Amtsvorschlag abweichende Variante für die Baugrubenumschließung (sogenannte Schlitzwandvariante) vorgeschlagen hatten, wurde der Kläger mit Schreiben der beklagten Partei vom 9. Mai 1980 ersucht, für drei angebotene Varianten ein Expose über die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten im Rahmen des ihm (von der Republik Österreich) seinerzeit erteilten Statikerauftrages zu erstellen. Der Kläger stellte mit dem an die beklagte Partei gerichteten Schreiben vom 12.Mai 1980 fest, daß diese Arbeit nicht von seinem Vertrag umfaßt werde, und ersuchte um Erteilung eines schriftlichen Auftrages; gemäß Punkt VII des mit der Republik Österreich abgeschlossenen Vertrages sei eine solche Arbeit nur nach Erhalt eines schriftlichen Zusatzauftrages durchzuführen und dann gesondert zu honorieren. Zur schriftlichen Auftragserteilung kam es nicht, doch wurde dem Kläger vom Vorstandsmitglied der beklagten Partei Josef K*** ein entsprechender Auftrag mündlich erteilt. Da zwei der drei Schlitzwandvarianten aus formellen Gründen ausgeschieden worden waren, erarbeitete der Kläger in der Zeit vom 23.Mai bis 28. Mai 1980 ein Gutachten über die von der Bietergemeinschaft Allgemeine Baugesellschaft A. P*** AG und Ed. A*** & Co Baugesellschaft mbH angebotene Variante. Am 6. August 1980 übersandte der Kläger von Herstellungskosten in der Höhe von 233,172.000 S ausgehend, eine erste Teilhonorarnote über 1,009.903,01 S.

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei den Betrag von 1,009.103,01 S sA als das nach der Gebührenordnung angemessene Honorar für die von ihm im Auftrag der beklagten Partei erbrachte Leistung.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, ein Honorar gebühre nicht, weil der Kläger das von ihm erarbeitete Expose als Nebenleistung im Rahmen des ihm erteilten Statikerauftrages zu erbringen hatte. Der von ihm behauptete Zusatzauftrag sei nicht erteilt worden, die Höhe des Honorars entspreche nicht den Grundsätzen der Gebührenordnung der Ziviltechniker für das Bauwesen, weil verschiedene darin genannte Berechnungsfaktoren unrichtig angewendet worden seien. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Teilbetrag von 99.888,79 S sA statt und wies das darüber hinausgehende Begehren auf Zahlung von weiteren 910.014,22 S ab. Es stellte fest, die vom Kläger erbrachte Leistung sei nach den Grundsätzen der Gebührenordnung der Ziviltechniker für das Bauwesen (GOB), Besonderer Teil für statische und konstruktive Bearbeitung von Hoch-, Industrie-, Wasser- und Sonderbauten (GOB-S), nicht als Nebenleistung im Rahemn des dem Kläger ursprünglich erteilten Statikerauftrages zu beurteilen. Unter Zugrundelegung des Schwierigkeitsfaktors 4, des Teilleistungsfaktors 0,155, eines Gebührensatzes von 7,8365 %, der fiktiven Kosten der Schlitzwand von 5,245.517,50 S und Verrechnung eines Zuschlages gemäß § 10 Abs. 3 GOB-S von 50 % betrage das Honorar des Klägers nach den Grundsätzen der vorerwähnten Gebührenordnung einschließlich 8 % Umsatzsteuer 99.888,79 S. In rechtlicher Hinsicht ging der Erstrichter davon aus, daß die beklagte Partei dem Kläger einen Auftrag zur Erbringung der in Rede stehenden Leistung erteilt habe; von der Einhaltung des Formerfordernisses gemäß Punkt VII des mit der Republik Österreich abgeschlossenen Statikervertrages, in den die beklagte Partei eingetreten sei, sei einvernehmlich Abstand genommen worden. Da ein Honorar für die vom Kläger erbrachte Leistung nicht vereinbart worden sei, gebühre gemäß § 1152 ABGB angemessene Entlohnung nach den Grundsätzen der Gebührenordnung für Bauwesen, Besonderer Teil (GOB-S). Das angemessene Entgelt betrage 99.888,70 S. Das Berufungsgericht gab der gegen den das Klagebegehren abweisenden Teil der Entscheidung des Erstgerichtes erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Klägers kommt Berechtigung nicht zu.

Die Ausführungen zu den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).

Der Rechtsrüge kommt Berechtigung nicht zu. Die nach § 31 IKG von der Bundes-Ingenieurkammer erlassene Gebührenordnung bindet die Vertragspartner nicht. Wurde ein bestimmtes Entgelt für die Erbringung eines Werks durch einen Ziviltechniker nicht vereinbart, ist gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt zu leisten. Beide Teile gehen zutreffend davon aus, daß auch bei Prüfung der Angemessenheit die Gebührenordnung der Ziviltechniker für das Bauwesen (GOB), insbesondere deren besonderer Teil für statische und konstruktive Bearbeitung von Hoch-, Industrie-, Wasser- und Sonderbauten (GOB-S), als Richtlinie zu gelten hat (vgl. EvBl. 1977/204). Der Revisionswerber wendet sich gegen die auf die Ausführungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl.Ing. Fritz M*** (S 149 dA) und des der Ingenieurkammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland erstatteten Gebührengutachtens des Dipl.Ing. Dr. techn. Stephan F*** und des Dipl.Ing. Karl H*** (S 135 ff dA) gegründete Feststellung, daß im vorliegenden Fall der Berechnung des angemessenen Entgelts gemäß § 1152 ABGB im Hinblick auf den Umfang der vom Kläger erbrachten Leistung nur die Herstellungskosten der Streifenfundierung, die von Dipl.Ing. Fritz M*** mit 5,245.517,50 S ermittelt wurden, und nicht die Herstellungskosten des Gesamtgebäudes zugrundezulegen sind. Nach Ansicht des Klägers seien der Gebührenbemessung die Herstellungskosten des Gesamtgebäudes zugrundezulegen, weil die Auswirkungen der zu prüfenden Schlitzwandvariante auf das gesamte Gebäude zu prüfen gewesen seien.

Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre ist eine Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen des Gutachtens eines gerichtlich beeideten Sachverständigen und der vom Sachverständigen angewendeten Regeln der Wissenschaft und Sachkunde unter dem Revisiongsrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nur möglich, wenn der Sachverständige bei seinen Schlußfolgerungen gegen zwingende Denkgesetze oder gegen objektiv überprüfbare Gesetze sprachlichen Ausdrucks verstoßen hat (EvBl. 1959/160; EvBl. 1956/258; SZ 22/126 ua; Fasching, Komm IV 335, 336; Fasching, Lehr- und Handbuch Rz 1926). Einen solchen Verstoß zeigt die Revision nicht auf. Die Frage aber, welche gebührenpflichtigen Kosten iS des § 3 GOB-S der Gebührenermittlung (§ 2 GOB-S) der Berechnung des Entgelts des Klägers im Hinblick auf den Umfang der von ihm erbrachten Leistung zugrundezulegen sind, stellt eine vom Sachverständigen auf Grund seiner Sachkunde zu beurteilende Frage dar. An die von den Vorinstanzen hiezu getroffenen Tatsachenfeststellungen ist der Oberste Gerichtshof, da ein Fall ausnahmsweiser Überprüfbarkeit des Sachverständigengutachtens und der darauf gegründeten Feststellungen nicht vorliegt, gebunden. Daraus ergibt sich die Höhe des dem Kläger gebührenden angemessenen Entgelts mit dem Betrag von 99.888,70 S, so daß der Revision Berechtigung nicht zukommt.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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