OGH 13Os166/86

OGH13Os166/8622.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Aumann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald K*** wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 f. StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 6.Oktober 1986, GZ. 2 d Vr 6950/86-71, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Stöger, und des Verteidigers Dr. Stöhr, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 8.Oktober 1949 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Harald K*** (auch K***) wurde des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z. 1 und 2 StGB (A) sowie der Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (B), der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C) und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (D) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 15.Dezember 1985 in Krems dem Franz B*** durch Einbruch in dessen Bierlokal "P***" sowie durch Aufbrechen eines Behältnisses Bargeld zu stehlen getrachtet (A), am 15. April 1986 in Wien die Anna H*** durch die Ankündigung, er werde ihr die Zähne einschlagen, wenn sie ihm nicht das Losungswort für das Sparbuch der Z*** und K*** W***,

Konto-Nr. 136.057.668 (mit einem Einlagestand von damals 35.202,63 S), nenne, wobei er gleichzeitig eine Hand zur Faust ballte und diese gegen ihren Mund richtete, zur Bekanntgabe des Losungsworts zu nötigen getrachtet (C), sodann Anna H*** durch Abhebungen mit diesem Sparbuch am 17. und 21.April 1986 in Wien und St. Johann im Pongau um insgesamt 34.000 S betrügerisch geschädigt (B) und vom Dezember 1983 bis November 1984 und vom September 1985 bis 28.Mai 1986 in Wien und anderen Orten Österreichs seine Unterhaltspflicht gegenüber seinem mj. Sohn Harald N*** gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß dessen Unterhalt ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet war (D).

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten richtet sich nur gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Nötigung (C). Er reklamiert für sich den seiner Meinung nach durch die Verfahrensergebnisse indizierten Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB). Darnach wäre es ihm bei dem Vorfall am 15.April 1986 noch offengestanden, Anna H*** durch den Einsatz weiterer (wirksamerer) Nötigungsmittel zur Preisgabe des Losungsworts zu veranlassen. Die freiwillige Abstandnahme von weiteren Maßnahmen gegenüber dem Opfer sei als strafaufhebender Rücktritt vom Versuch der Nötigung zu beurteilen.

Der Nichtigkeitswerber übersieht, daß er sein Ziel mittels der Drohung, der geistig schwer behinderten Frau die Zähne einzuschlagen, die er mit der gegen ihren Mund gerichteten geballten Faust noch unterstrich, also mit einem durchaus geeigneten Mittel dennoch nicht erreicht hat und daß dieses Ziel für ihn nur durch einen - auf einem weiteren (gesonderten) Willensentschluß beruhenden - neuen Versuch (unter Einsatz anderer, wirksamerer Mittel) erreichbar gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat sonach keineswegs "freiwillig die Ausführung" (der Drohung mit dem Einschlagen der Zähne) "aufgegeben" (§ 16 Abs 1 StGB). Mithin liegt ein beendeter, und zwar ein bereits gescheiterter Versuch der Willensbeugung vor, bei dem ein Rücktritt im Sinn des § 16 Abs 1 StGB begrifflich nicht in Betracht kommt.

Der im Rahmen der Berufungsausführung zum Schuldspruch wegen Betrugs (B) vorgebrachte, auf Konsumtion abzielende Einwand stellt sich der Sache nach als eine irrig rubrizierte Rechtsrüge (Z. 9 lit a) dar. Sie versagt, weil die Erlistung der Zustimmung der Anna H*** (S. 399) zur Abhebung von 12.000 S und die Täuschung der Sparkassenbeamten über die Ermächtigung zur Abhebung eines weiteren Betrags von 22.000 S auf ein jeweils verschiedenes Schadenssubstrat bezogen waren und deshalb realkonkurrierend nebeneinander bestehen können.

Die Nichtigkeitsbeschwerde mußte daher verworfen werden. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 129 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Dabei waren erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, der Betrug an einer geistig schwer Behinderten und die zahlreichen einschlägigen und rückfallbegründenden Vorstrafen, mildernd hingegen das Teilgeständnis und, daß es teilweise (A und C) beim Versuch geblieben war.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine weitgehende Herabsetzung der über ihn verhängten Strafe an, ohne daß er dafür stichhältige Gründe anführt. Nach der abschlägigen Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde kommt es nicht zum Wegfall der versuchten Nötigung (C). Die Strafe hat ihr Maß auch nicht an "der tatsächlich eingetretenen Schädigung" (S. 415), sondern an der Schuld des Täters zu nehmen (§§ 4, 32 Abs 1 StGB). Diese ist aber, wie der Schöffensenat zu Recht hervorhebt, besonders beim Betrug zum Nachteil der geistig schwer behinderten Anna H*** (B), wohl aber auch bei der an ihr versuchten Nötigung (C) besonders hoch (S. 404). Angesichts des sehr getrübten Vorlebens des Angeklagten und seines raschen Rückfalls (letzter Strafvollzug bis 12.Mai 1985; Tatzeit danach zu D von September 1985 an, zu A am 15.Dezember 1985) ist die im Mittelbereich des Sanktionsrahmens geschöpfte Strafe keineswegs überhöht, sodaß auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben mußte.

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