OGH 7Ob632/86

OGH7Ob632/8611.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Hedwig I***, Pensionistin in Wien 16., Seeböckgasse 26/1/14, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Josef I***, Pensionist in Wien 14., Leyserstraße 3/2/18, vertreten durch Dr. Ernst Karner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7. Mai 1986, GZ 47 R 332/86-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 15. Jänner 1986, GZ 3 F 2/85-21, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird in der Hauptsache dahin abgeändert, daß die Zahlungspflicht der Antragstellerin an den Antragsgegner (Pkt.6 des erstgerichtlichen Beschlusses) auf 50.000 S samt 4 % Zinsen seit 14.6.1985 (binnen 14 Tagen) herabgesetzt wird, und im übrigen bestätigt.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin 1/4 ihrer mit 13.457,90 S bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz, somit den Betrag von 3.364,50 S (darin 18,-- S Barauslagen und 304,23 S Ust.) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Nach Scheidung der am 18.10.1967 eingegangenen Ehe am 19.11.1984 gemäß § 55 Abs 1 EheG mit dem Ausspruch des Alleinverschuldens des Mannes begehrte die Antragstellerin die Übertragung der Hauptmietrechte an der Ehewohnung samt dem Hausrat. Der Mann stellte den Gegenantrag, ihm aus ehelichen Ersparnissen im Besitze der Frau eine Hälfte im Betrag von 156.900 S zuzuweisen und die Einrichtung der Ehewohnung aufzuteilen, und bot der Frau anstelle der Übertragung der Hauptmiete an der Ehewohnung eine Ersatzwohnung in Wien 16., Seeböckgasse 26, an. Diese Wohnung wurde während des Verfahrens im Einvernehmen zwischen den Parteien für die Antragstellerin angemietet, wofür der Antragsgegner eine Ablöse von 40.000 S und eine Vermittlungsgebühr von 5.000 S bezahlte. Die Erstrichterin wies den Antrag der Frau auf Übertragung der Hauptmietrechte an der Ehewohnung ab und verpflichtete sie zu deren Räumung, teilte die Einrichtung der Ehewohnung auf beide Parteien auf und verpflichtete die Antragstellerin, dem Antragsgegner 108.000 S samt 4 % Zinsen seit 14.6.1985 binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Beschlusses zu bezahlen.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß in dem allein angefochtenen Umfang der Abweisung des Antrages der Frau auf Zuweisung der Ehewohnung und Auferlegung der Zahlung von 108.000 S samt Anhang.

Beide Vorinstanzen gingen davon aus, daß die Ehewohnung vom Mann stammte, 86 m 2 groß ist und der Mietzins monatlich 1.448 S beträgt, während die Ersatzwohnung in der Seeböckgasse rund 50 m 2 groß ist, im Gegensatz zur Ehewohnung das WC am Gang hat, (nur) die dortige finstere Küche der Antragstellerin nicht gefalle und der Mietzins 800 S monatlich beträgt. Die Antragstellerin verfügt nur über eine Invaliditätspension von 3.254,60 S monatlich, während der Antragsgegner eine monatliche Invaliditäts- und Alterspension von zusammen 10.315 S erhält. Ein Unterhaltsstreit der Parteien ist anhängig. Durch sparsame Lebensführung und finanzielle Großzügigkeit des Antragsgegners konnte die Antragstellerin während der Ehe einschließlich eines von ihr selbst in die Ehe eingebrachten Betrages von 62.000 S Ersparnisse von 423.058 S ansammeln, während der Antragsgegner 50.000 S sparte und nach zehnjähriger Laufzeit im Jänner 1985 eine Lebensversicherungssumme von weiteren 50.000 S ausbezahlt erhielt. Die Vorinstanzen hielten den Antrag der Frau auf Zuweisung der Ehewohnung mit Rücksicht auf die ihr zur Verfügung gestellte zwar kleinere, aber billigere und damit ihren Einkommensverhältnissen angemessenere Ersatzwohnung in der Seeböckgasse für unberechtigt, das Zahlungsbegehren des Mannes hingegen mit dem Teilbetrag von 108.000 S für gerechtfertigt, der sich aus der gleichteiligen Aufteilung der beiderseitigen Ersparnisse unter Abzug des in die Ehe Eingebrachten, bezogen auf den Zeitpunkt der Auflösung der Ehegemeinschaft ergebe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist teilweise berechtigt.

Die Rekurswerberin hält daran fest, daß ihr die Ehewohnung zugewiesen werden solle, zumal der Antragsgegner diese Wohnung im Jahre 1981 gegen den Willen der Antragstellerin verlassen habe und eine als Übergangslösung gedachte 30 m 2 große Zimmer-Küche-Wohnung in Wien 15. bezogen habe, die Ehe aus seinem Verschulden geschieden worden sei und in der ihr angebotenen Ersatzwohnung die Küche finster sei.

Der Antragsgegner bringt dagegen vor, die Antragstellerin sei noch vor der Erhebung des Revisionsrekurses in die inzwischen von ihm mit weiteren Aufwendungen von rund 43.000 S hergerichtete Ersatzwohnung umgezogen und er selbst habe die Ehewohnung wieder bezogen. Das Vorbringen des Rekursgegners muß als unzulässige Neuerung unberücksichtigt bleiben. Dennoch bestehen gegen die Entscheidung der Vorinstanzen über die Ehewohnung keine Bedenken: Die Verweisung der Antragstellerin auf die vom Mann angebotene und während des Verfahrens angemietete Ersatzwohnung erscheint nach den Umständen des Falles gerechtfertigt, weil die Ehewohnung vom Mann herrührt und die Ersatzwohnung zwar kleiner, aber den Bedürfnissen der Antragstellerin angemessen ist, von ihr nur wegen der finstereren Küche abgelehnt wird, beide Nachteile aber durch den geringeren Mietzins ausgeglichen werden, der bei dem wesentlich geringeren Einkommen der Frau als erheblicher Vorteil ins Gewicht fällt. Die Aufteilung der ehelichen Geld-Ersparnisse nach dem Verhältnis 1 : 1 entspricht hingegen nicht dem Gebot der Billigkeit. Auf der einen Seite verweist die Rekurswerberin mit Recht darauf, daß sie nun in eine mindere Ersatzwohnung ziehen muß und dem Antragsgegner die bessere Ehewohnung bleibt. Auch wenn die Ersatzwohnung billiger ist, ist die Frau damit benachteiligt. Daran ändert es auch nichts, daß der Mann für diese Wohnung Aufwendungen machen mußte, weil ohne die Beistellung dieser Ersatzwohnung die Ehewohnung wohl der Frau zu belassen gewesen wäre. Auf der anderen Seite fällt zugunsten der Rekurswerberin noch ins Gewicht, daß sie in Hinkunft mit einem weitaus geringeren Einkommen als der Mann das Auslangen wird finden müssen, sodaß sie für ihren Lebensunterhalt zum Teil auf die Ersparnisse aus der Zeit der Ehe angewiesen sein wird. Da diese Ersparnisse auch auf ihre Sparsamkeit während der Ehe zurückgehen, der Ehemann aber in Zukunft durch seine eigene Pension besser abgesichert sein wird und die Ersparnisse daher nicht so dringend benötigt, erscheint es - am Rande auch unter Mitberücksichtigung seines Alleinverschuldens an der Ehescheidung - angemessen, die ehelichen Ersparnisse insgesamt im Verhältnis 2 : 1 zugunsten der Frau aufzuteilen. Damit ergibt sich eine auf rund 50.000 S verminderte Zahlungspflicht der Rekurswerberin. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Antragstellerin demnach mit rund 63 % obsiegt (106.900 S gegen 50.000 S und Wohnung mit Streitwert 12.000 S; die Einrichtung wurde verteilt). Daher waren ihr 1/4 ihrer Verfahrenskosten zuzusprechen (§ 43 Abs 1 ZPO; der Streitwert des Zahlungsbegehrens betrug nur 156.900 S); im Rechtsmittelverfahren waren beide Parteien etwa gleich erfolgreich. Eine gegenseitige Kostenaufhebung entspricht insofern auch der Billigkeit, zumal der Streit über die Ehewohnung nach der einverständlichen Anmietung der Ersatzwohnung für die Frau überflüssig war.

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