OGH 6Ob600/86

OGH6Ob600/8611.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Schobel und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max B***, Angestellter, 9020 Klagenfurt, Teichstraße 8, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Heinrich F***, Dentist, 4724 Neukirchen am Walde 102, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, und des Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei Helmut S***, Zahntechniker, 4070 Eferding, Paracelsusstraße 3, vertreten durch Dr. Hans Hochleitner und Dr. Josef Broinger, Rechtsanwälte in Eferding, wegen S 90.000,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20. Februar 1986, GZ 5 R 272/85-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 2. August 1985, GZ 7 c Cg 12/84-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte zuletzt vom Beklagten die Zahlung von S 90.000 samt Anhang als restlichen Kaufpreis für ein im Frühsommer 1982 um den vereinbarten Kaufpreis von S 180.000 verkauftes Motorboot.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, er habe das Boot gemeinsam mit dem Nebenintervenienten gekauft. Nach der Vereinbarung habe er nur die Hälfte des Kaufpreises zu leisten und den auf ihn entfallenden Teilbetrag von S 90.000 auch bereits bezahlt. Überdies sei eine allfällige Restforderung des Klägers nicht fällig, weil dieser die Behebung von Mängeln und Schäden am Motorboot zugesagt, die Leistungen aber trotz wiederholter Aufforderung nicht erbracht habe. Zur Wiederherstellung des bedungenen Zustandes sei ein Aufwand von S 130.000 erforderlich gewesen, welcher Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes und der Gewährleistung bis zur Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendet werde. Außerdem fehle dem Kläger die aktive Klagslegitimation, da an dem Boot eine Eigentumsgemeinschaft bestanden habe und der Kläger nur eine anteilige Kaufpreisforderung geltend machen könne. Der Kläger erwiderte, daß der Beklagte das Motorboot allein gekauft habe und der Nebenintervenient erst später in das Rechtsgeschäft eingetreten sei. Selbst wenn die Beiden gemeinsam als Käufer zu betrachten wären, würden sie zur ungeteilten Hand für die Kaufsumme haften. Das Boot sei in einwandfreiem Zustand übergeben worden, für allfällige spätere Schäden hafte der Kläger nicht. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Mit Kaufvertrag vom 15. Juni 1979 erwarb der Kläger von Dr. Alfred S*** das Motorboot "Glastron Bal Habor" um einen Kaufpreis von S 240.000. Das Boot wurde von Dr. Alfred S*** in Caorle an den Kläger übergeben. Der Beklagte und der Nebenintervenient interessierten sich für den Ankauf eines Motorbootes und kamen mit dem Kläger in Kontakt, der das Motorboot verkaufen wollte. Der Nebenintervenient bevollmächtigte den Beklagten mündlich, ihn als zweiten Käufer in einen allfälligen Kaufvertrag einzusetzen. Der Kaufpreis sollte vom Nebenintervenienten und vom Beklagten je zur Hälfte getragen werden. Der Beklagte stellte im Zuge der Verkaufsverhandlungen am 16. Mai 1982 in Lignano von Anfang an klar, daß er das Motorboot gemeinsam mit dem Nebenintervenienten erwerben wolle. Dem Kläger war bewußt, daß das Boot an zwei Personen verkauft wurde. Darüber, ob der Kaufpreis von beiden Käufern je zur Hälfte entrichtet werde, wurde mit dem Kläger nicht gesprochen. Nach erfolgter Einigung wurde ein handschriftlich verfaßter Kaufvertrag aufgesetzt, in dem als Verkäufer der Kläger, als Käufer der Beklagte und der Nebenintervenient aufschienen und als Kaufpreis der Betrag S 180.000, zahlbar bis 25. Mai 1982, eingesetzt wurde. Die Übergabe des Bootes mit Papieren sollte nach Bezahlung erfolgen. Der Kläger unterzeichnete eine Ausfertigung des handschriftlichen Kaufvertrages und übergab sie dem Beklagten. Die vom Beklagten unterschriebene Ausfertigung erhielt der Kläger. Nach seiner Rückkehr unterrichtete der Beklagte den Nebenintervenienten über das Ergebnis der Verkaufsverhandlungen und zeigte ihm auch den handschriftlichen Kaufvertrag. Der Nebenintervenient war damit einverstanden, erklärte aber, er wolle das Boot selbst einmal besichtigen, worauf ihm der Beklagte mitteilte, daß es in Lignano liege. Am 24. Mai 1982 überwies der Beklagte an den Kläger S 50.000. Am 26. Juni 1982 besuchte er den Kläger und übergab ihm weitere S 40.000. Der Kläger händigte dem Beklagten einen maschingeschriebenen Kaufvertrag aus, der in der Zwischenzeit an Hand des handgeschriebenen Kaufvertrages verfaßt worden war, weiters das Zertifikat über die Eintragung in das Schiffsregister, Unterlagen der Versicherung, den Generalprospekt des Bootes und den Zweitschlüssel. Ab dem genannten Zeitpunkt besaß der Kläger keinen Schlüssel mehr zum Boot. Ein Schlüssel hing in der Frachtagentur, die die Anliegeplätze im Hafen von Lignano vermietete. Dies war dem Beklagten auch bekannt. Ende Juli 1982 telefonierte der Nebenintervenient mit dem Kläger und vereinbarte mit diesem einen Termin für eine gemeinsame Besichtigung des Bootes. Bei dieser Gelegenheit sollte der Nebenintervenient vereinbarungsgemäß den Kaufpreisrest von S 90.000 bezahlen. Bei einer Probefahrt im August 1982 bemängelte der Nebenintervenient gegenüber dem Kläger, daß die Persenning des Bootes eingerissen sei und brachte auch die Startschwierigkeiten, die der Beklagte im Juni 1982 gehabt hatte, zur Sprache. Der Kläger gestand in diesem Zusammenhang zu, daß eine ihm bekannte Person das Boot unerlaubt in Betrieb genommen habe, und sagte den Austausch der Batterie gegen eine neue, österreichischen Fabrikates, zu. Nach der Probefahrt machte der Kläger den Vorschlag, der Nebenintervenient solle vom restlichen Kaufpreis S 10.000 zurückbehalten, bis die Persenning repariert und die Batterie ausgetauscht sei, und S 80.000 binnen kurzer Frist bezahlen. Der Nebenintervenient brachte demgegenüber vor, er wolle am Boot zuerst ein Service durchführen lassen. Nach Abzug der entsprechenden Kosten würde er den Restbetrag an den Kläger überweisen. Es konnte nicht festgestellt werden, ob es bei diesem Treffen zu einer Einigung zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten über diese Punkte kam. Im Frühjahr 1983 überführte der Nebenintervenient das Motorboot nach Österreich. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, der Kläger habe am Boot Eigentum erworben. Er sei daher zum Verkauf legitimiert gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger unter den gegebenen Umständen von einer Solidarhaftung des Beklagten und des Nebenintervenienten für den Kaufpreis habe ausgehen dürfen, zumal er nach den Feststellungen eine solche gar nicht angenommen habe. In dem Telefonat mit dem Nebenintervenienten vor dem vereinbarten Treffen in Lignano im August 1982 habe der Kläger die Bezahlung von S 90.000 von ihm gefordert und auch anläßlich der Besichtigung des Motorbootes auf die kurzfristige Bezahlung eines Betrages von S 80.000 gedrungen. Der Beklagte habe den seinem Miteigentumsanteil am Boot entsprechenden Teil des vereinbarten Kaufpreises von S 90.000 bereits bezahlt und es bestehe somit ihm gegenüber keine Forderung des Klägers mehr.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, soweit diese die Frage der passiven Klagslegitimation zum Gegenstand hatten, und vertrat die Rechtsansicht, es sei trotz der Auslandsbeziehung österreichisches Recht anzuwenden. Sämtliche Beteiligte seien österreichische Staatsbürger und hätten ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Die Anwendung österreichischen Rechtes sowohl auf die Frage der Stellvertretung wie die Frage des Kaufabschlusses entspreche daher nicht nur dem Grundsatz der stärksten Beziehung des § 1 IPR-Gesetz, sondern auch den Bestimmungen der §§ 11, 35, 36 und 49 IPR-Gesetz. Eine Solidarhaftung des Beklagten und des Nebenintervenienten für die Zahlung des Kaufpreises sei weder ausdrücklich vereinbart worden noch habe sie der Parteiabsicht oder der Verkehrssitte entsprochen. Sie sei auch nicht in der Natur des Geschäftes begründet. Diesbezügliche Behauptungen habe der Kläger gar nicht aufgestellt, sondern sich auf das Vorbringen beschränkt, daß beide Personen zur ungeteilten Hand für die Kaufpreissumme hafteten. Was die Natur des Geschäftes betreffe, so sei zwar das Boot selbst nicht, wohl aber der Gebrauch desselben teilbar. Auch hieraus lasse sich eine Solidarhaftung des Beklagten und des Nebenintervenienten nicht ableiten. Der Beklagte schulde daher nur die Hälfte des Kaufpreises und habe diese Schuld bereits zur Gänze erfüllt.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern.

Der Beklagte und der Nebenintervenient beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Auf die vom Erstgericht als gegeben erachtete Aktivlegitimation des Klägers, welche in den Berufungsbeantwortungen bekämpft wurde, ist das Berufungsgericht nicht eingegangen. Da die der Rechtsansicht des Erstgerichtes zugrunde liegenden Feststellungen im Rechtsmittelverfahren nicht bestritten wurden und der Beklagte und der Nebenintervenient in ihren Revisionsbeantwortungen die Frage der Aktivlegitimation nicht mehr aufrollen, kann diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichtes verwiesen werden. Auch die Anwendung des österreichischen Rechtes wird von keiner der Parteien bestritten, weshalb diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden kann. Den Vorinstanzen kann jedoch nicht beigepflichtet werden, soweit sie eine Solidarverpflichtung des Beklagten und des Nebenintervenienten verneint haben. Gemäß § 891 ABGB haftet jede einzelne Person für das Ganze, wenn mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungeteilten Hand dergestalt versprechen, daß sich einer für alle und alle für einen ausdrücklich verbinden. Gemäß § 889 ABGB haftet außer den in dem Gesetz bestimmten Fällen aus mehreren Mitschuldnern einer teilbaren Sache jeder nur für seinen Anteil. Im Zweifel bleibt es also nach dem Gesetz bei der Anteilshaftung. Nach Lehre und Rechtsprechung besteht jedoch eine Solidarverpflichtung immer dann, wenn dies eine Parteienabsicht oder der Verkehrssitte (dazu kritisch Rummel, Vertragsauslegung nach der Verkehrssitte 54 f.) entspricht oder in der Natur des Geschäftes begründet ist (Gamerith in Rummel, AGBGB, I Rz 4 zu § 891;

Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 284 f; vgl. auch Mayerhofer in Ehrenzweig, System 3 , Das Recht der Schuldverhältnisse 87 f.;

SZ 27/299, SZ 43/61, SZ 48/36 ua). Sie besteht nur dann nicht, wenn der Vertragspartner vernünftigerweise nicht annehmen konnte, daß die ihm gegenüberstehende mehrgliedrige Partei - insbesondere wegen der Vielzahl kleiner Anteile etwa von Wohnungseigentümern - solidarisch haften wollte. Solidarhaftung wurde daher etwa angenommen bei gemeinsamer Auftragserteilung durch mehrere zur Erbringung von Leistungen aufgrund einheitlichen Vertrages (Gamerith aaO Rz 7 mwN) und beim Preis für eine unteilbare Sache (Gschnitzer aaO 285; vgl. auch Gamerith aaO Rz 2 zu § 889).

Der Beklagte und der Nebenintervenient haben vom Kläger ein Motorboot um einen Gesamtpreis von S 180.000 gekauft. Schon aus der Natur des Geschäftes, nämlich dem gemeinsamen Kauf einer unteilbaren beweglichen Sache durch den Beklagten und den Nebenintervenienten, die beiden dienen sollte, wobei die Übergabe nach Bezahlung des Kaufpreises erfolgen sollte, ergibt sich nach Treu und Glauben im redlichen Geschäftsverkehr die Verpflichtung der Käufer, den Kaufpreis zur ungeteilten Hand zu entrichten. Auch Rummel, der gegen die Berufung auf die Verkehrssitte zur Begründung der Solidarhaftung Bedenken hat, lehrt, daß die Annahme der Solidarschuld bei gemeinsam getätigten Geschäften berechtigt sei (aaO 59). Es ist daher davon auszugehen, daß der Beklagte zusammen mit dem Nebenintervenienten solidarisch für die Kaufpreisschuld haftet. Da jedoch die Vorinstanzen keine Feststellungen zu den Einwendungen über bestehende Mängel und die Gegenforderung getroffen haben, erweist sich das bisherige Verfahren als ergänzungsbedürftig. In Stattgebung der Revision des Klägers waren daher die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht war eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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