OGH 12Os138/86

OGH12Os138/864.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Oberste Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Harald S*** wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 erster Deliktsfall, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 28. Juli 1986, GZ 18 a Vr 18/85-126, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Tschulik, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Harald S*** und seines Verteidigers Dr. Renn zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie gegen die Punkte I/2/ bis 7/ und II/1/ des Urteilssatzes gerichtet ist, Folge gegeben und im übrigen, nämlich hinsichtlich der Punkte I/1/, II/2/ und III/ des Urteilssatzes, gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im (gesamten) Schuldspruch sowie im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird A/ hinsichtlich der Punkte I/1/, II/2/ und III/ gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Harald S*** wird von der Anklage,

I./ am 3.November 1982 in Dornbirn mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Österreichischen P*** und der B*** FÜR T*** UND V*** durch Verbergen hinter dem Schein eines zeichnungsberechtigten Vertreters der Firma J. Christian S*** KG mit der Befugnis über das Vermögen dieser Firma zu verfügen, zur Überweisung von 72.518 S vom Postscheckkonto Nr. 115.4694 auf das von ihm zuvor unbefugt errichtete Konto bei der B*** FÜR T*** UND V***, Zweigstelle Dornbirn, lautend auf die Firma J. Christian S***, um diesen Betrag sodann abheben zu können, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen zu verleiten versucht zu haben, welche diese oder andere am Vermögen schädigen sollten, wobei er in der Absicht handelte, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; II./ im Frühjahr 1983 als Bestimmungstäter (§ 12 zweite Alternative StGB) dadurch, daß er durch Auffordern und Versprechen von Geldzahlungen in den nachstehend genannten unmittelbaren Tätern den Willen zur Tatausführung teilweise erzeugte und teilweise zu erzeugen versuchte:

a/ vollendeter Diebstahls eines Altarkreuzes im Werte von 1.000 S Anfang Juni 1983 in Batschuns aus der dortigen Pfarrkirche zum Nachteil des Ferdinand H***, begangen durch die unmittelbaren Täter Christian G***, Stefan P***, Joannis K*** und Rene S*** in Gesellschaft als Beteiligte,

b/ vollendeter Diebstahl eines Holzkreuzes im Wert von 800 S Ende Mai 1983 in Dornbirn-Gütle aus der dortigen Kapelle Salzmann zum Nachteil des Jakob F***, begangen durch die unmittelbaren Täter Christian G*** und Thomas G*** in Gesellschaft als Beteiligte,

c/ vollendeter Diebstahl einer Holzplastik (kleine Agatha) im Wert von 35.000 S Ende Mai 1983 in Dornbirn-Gütle aus der dortigen Kapelle Salzmann zum Nachteil des Jakob F***, begangen durch die unmittelbaren Täter Christian G***, Stefan P***, Joannis K***, Rene S*** und Harald L*** in Gesellschaft als Beteiligte,

d/ versuchter (Einbruchs-)Diebstahl zweier Heiligenfiguren unbekannten Werts Ende Mai 1983 in Götzis aus der Kapelle St. Loy zum Nachteil des Herbert B***, begangen durch die unmittelbaren Täter Christian G***, Stefan P***, Joannis K*** und Rene S*** in Gesellschaft als Beteiligte,

e/ versuchter Diebstahl von Heiligenfiguren unbekannten Werts Ende Mai 1983 in Götzis aus der Kapelle St. Loy zum Nachteil des Herbert B***, begangen durch Christian G***, Stefan P***, Joannis K***, Rene S*** und Harald L*** in Gesellschaft als Beteiligte,

f/ im Frühjahr 1983 dadurch, daß er zu Christian G*** und einem weiteren unbekannten Burschen sagte, es gebe im Zillertal eine sehr wertvolle Madonna und er würde sie dorthin fahren, wobei er für die Verbringung der Madonna die Bezahlung von 80.000 S in Aussicht stellte, wobei es infolge Ablehnens der Erklärungsempfänger beim Bestimmungsversuch geblieben ist,

in Dornbirn fremde bewegliche Sachen anderen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen oder wegzunehmen versucht zu haben, er habe hiedurch das Verbrechen des versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2, 148 zweiter Deliktsfall StGB und das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls, teilweise durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, 129 Z 1, 12 und 15 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

B/ hinsichtlich der Punkte I/2/ bis 7/ und II/1/ die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie gegen die Punkte I/1/, II/2/ und III/ gerichtet ist, sowie mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die getroffenen Entscheidungen verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.Dezember 1941 geborene Kaufmann Harald S*** des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Deliktsfall, 15 StGB (I/), des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls - als Beteiligter gemäß § 12 zweiter Fall StGB - nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, 15 StGB (II/) und des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB (III/) schuldig erkannt. Bezüglich eines weiteren Betrugsfaktums erfolgte ein Freispruch gemäß § 259 Z 2 StPO.

Laut den zu den Punkten I/ und II/1/ getroffenen Urteilsfeststellungen war der Angeklagte als Kommanditist zu 20 % am Vermögen der J. Christian S*** KG, einem Stickereiunternehmen in Dornbirn, beteiligt. Alleiniger persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter der KG war sein Bruder Helmut S***, welcher am 31.Mai 1982 in Innsbruck verstorben ist. Laut Gesellschaftsvertrag sollte die Gesellschaft mit der Erbin, der minderjährigen ehelichen Tochter des Erblassers, Sandra S***, fortgesetzt werden, deren Mutter und gesetzlichen Vertreterin Gertraud S*** am 3.Dezember 1982 die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen wurde. Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 27.September 1982 riß der Angeklagte nun eigenmächtig die - zuletzt von einer Firma M*** interimistisch

ausgeübte - Geschäftsführung an sich und gab sich Dritten gegenüber als Geschäftsführer und Rechtsnachfolger aus. Auf diese Weise veranlaßte er unter mißbräuchlicher Verwendung einer Firmenstampiglie per 3.November 1982 die Umbuchung eines Betrages von 72.518 S durch die Österreichische P*** auf ein von ihm bei der B*** FÜR T*** UND V*** auf die Firma J. Christian S*** KG errichtetes Konto; als sich seine mangelnde Zeichnungsberechtigung herausstellte, wurde dieser Betrag wieder an die Österreichische P*** rücküberwiesen (I/1/). In der Folge eröffnete der Angeklagte bei der B*** FÜR T*** UND V*** ein auf seinen Namen lautendes Konto, ließ auf dieses von der Österreichischen P*** am 8. und 12.November 1982 15.000 S und 70.000 S überweisen und behob am 23.November 1982 80.000 S (I/2/). Am 1.November 1982 vermietete er die Eigentumswohnung seines verstorbenen Bruders in Dornbirn an Kurt S*** und ließ die Miete für November und Dezember 1982 sowie für Jänner und Februar 1983 im Gesamtbetrag von 13.200 S und eine Kaution von 2.000 S auf sein Konto bei der B*** FÜR T*** UND V*** überweisen (I/3/). Ende 1982 oder Anfang 1983 versuchte der Angeklagte, unter Verwendung eines Überweisungsauftrags, den er mißbräuchlich mit der Firmenstampiglie versehen und mit "H. S***" unterfertigt hatte, vom Bankkonto des Helmut S*** bei der D*** S*** 80.000 S auf sein bei der CA-BV in Dornbirn eröffnetes Konto zu überweisen, doch wurde diesem Auftrag nach Vergleich seiner Unterschrift mit der Unterschriftenprobe nicht entsprochen (I/4/). Auf dieses Konto ließ sich der Angeklagte im November 1982 vom Stickereiförderungsausschuß der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Unterstützungsbeträge für plombierte Stickmaschinen im Betrieb der Firma J. Christian S*** von insgesamt 77.870 S überweisen (I/5/). Ferner bezog der Angeklagte am 3.Jänner 1983 von der Firma R***-Heizöle Ges.m.b.H. auf Rechnung der Firma J. Christian S*** KG 2.000 l Heizöl leicht im Wert von 11.577 S, und zwar ausschließlich für die von ihm benützte Wohnung, ohne die Rechnung in der Folge zu bezahlen (I/6/). Gleichfalls auf Rechnung dieser Firma mietete er am 3.Juni 1983 in Vaduz, am 6.Juli 1983 ebenfalls in Vaduz, am 1.August 1983 in Bremen und am 31.August 1983 in Los Angeles unter Verwendung einer auf Helmut S*** ausgestellten "H***-Kreditkarte", die er zwecks mißbräuchlicher Verwendung aus den Betriebsräumlichkeiten widerrechtlich weggenommen hatte, bei Zweigniederlassungen der Firma H*** Autovermietung Ges.m.b.H. PKWs, wobei dieser Firma durch Nichtbezahlung der Rechnungen ein Schaden von 38.077 S erwuchs (I/7/). In den Monaten November und Dezember 1982 nahm der Angeklagte aus dem Betrieb diverse Souvenirartikel wie Strickrandkäppis, Taschentücher und Gürtel im Gesamtwert von mindestens 40.000 S unbefugt weg und verkaufte diese auf eigene Rechnung an verschiedene Kunden (II/1/).

Nach Annahme des Erstgerichtes handelte der Angeklagte mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz, sowie in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Laut den Punkten II/2/ und III/ des Schuldspruchs liegt dem Angeklagten zur Last, Ende Mai 1983 in Dornbirn ein Holzkreuz im Wert von 800 S, das andere aus einer Kapelle zum Nachteil des Jakob F*** gestohlen hatten, um ca. 300 S verkauft zu haben (III/), sowie in weiterer Folge durch Aufforderung und Versprechen von Geldzahlungen andere zur Ausführung von Diebstählen von Kunstgegenständen aus Kirchen oder Kapellen bestimmt (II/2/a/ bis d/) bzw. zu bestimmen versucht (II/2/e/) zu haben, wobei die Diebstähle in den erstgenannten Fällen zweimal vollendet wurden und zweimal im Versuchsstadium geblieben sind.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3, 5, 9 lit. a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Beschwerde war zunächst gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Urteil insofern mit einer nicht geltend gemachten Nichtigkeit gemäß der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist, als der Angeklagte Harald S*** wegen der in den Punkten I/1/, II/2/ und III/ näher umschriebenen Tathandlungen nicht an die Republik Österreich ausgeliefert worden ist und daher insoweit nicht hätte verfolgt und abgeurteilt werden dürfen. Laut Mitteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Bundesamt für Polizeiwesen, vom 7.Februar 1985 wurde die Auslieferung des Angeklagten aus der Schweiz nach Österreich zur Verfolgung der ihm im Haftbefehl des Landesgerichts Feldkirch vom 11.Jänner 1985 zur Last gelegten Straftaten bewilligt (vgl. Band I, S 379 dA). In diesem Haftbefehl sind jedoch nur die den Punkten I/2/ bis 7/ und II/1/ des Schuldspruchs zugrundeliegenden Deliktshandlungen, sowie ein weiteres Faktum (Punkt I/5/ der Anklage), in Ansehung dessen das Verfahren gemäß § 57 StPO ausgeschieden wurde, enthalten (vgl. Band I, S 345 ff, Band II, S 85 dA). Gemäß dem im Auslieferungsrecht geltenden Grundsatz der Spezialität (vgl. § 70 ARHG) war daher eine strafgerichtliche Verfolgung und Aburteilung des Angeklagten im Inland wegen anderer vor seiner Auslieferung begangener Straftaten unzulässig.

Daß der Angeklagte wegen der in den Punkten I/1/, II/2/ und III/ des Schuldspruchs bezeichneten Handlungen trotz Fehlens einer auch sie umfassenden Auslieferung hätte strafgerichtlich verfolgt und abgeurteilt werden dürfen, kann auch aus den Bestimmungen des § 70 Abs. 1 Z 1 ARHG und des Art. 14 Abs. 1 lit. b des im Verhältnis zur Schweiz bei einer Auslieferung - nach Maßgabe der beiderseitigen Vorhalte und Erklärungen, sowie unter Bedachtnahme auf den zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens und die Erleichterung seiner Anwendung vom 13.Juni 1972, BGBl. 1974/717 - anzuwendenden Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13.Dezember 1957, BGBl. 1969/320, nicht abgeleitet werden. Darnach steht die Spezialität der Auslieferung einer strafgerichtlichen Verfolgung und Bestrafung einer nach Österreich ausgelieferten Person wegen einer vor ihrer Übergabe begangenen Handlung, auf die sich die Auslieferungsbewilligung nicht erstreckt, (ua) dann nicht entgegen, wenn sich diese Person nach ihrer Freilassung länger als 45 Tage auf dem Gebiet der Republik Österreich aufhält, obwohl sie es verlassen konnte und durfte, bzw. das Hoheitsgebiet des Staates, dem sie ausgeliefert worden ist, innerhalb der genannten Frist nach ihrer endgültigen Freilassung - der laut Art. VIII Abs. 1 des zitierten Übereinkommens mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft die bedingte Freilassung ohne eine die Bewegungsfreiheit des Ausgelieferten einschränkende Anordnung gleichsteht - nicht verlassen hat, obwohl sie dazu die Möglichkeit hatte. Aus diesen Bestimmungen geht sohin - unter Berücksichtigung der vom schweizerischen Bundesrat zu Art. 14 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärten Vorbehalts (vgl. Linke-Epp-Dokupil-Felsenstein, Internationales Strafrecht, S 271) - klar hervor, daß das Verstreichen der Schutzfrist von 45 Tagen das Prinzip der Spezialität der Auslieferung nur dann durchbricht, wenn der Ausgelieferte die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hatte, Österreich zu verlassen. Diese Voraussetzung ist aber jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn dem Ausgelieferten durch gerichtliche Weisung, infolge eines Gelöbnisses oder durch eine auferlegte Kautionssumme die rechtliche Befugnis fehlt, Österreich zu verlassen (vgl. SSt. 52/49 = ÖJZ-LSK 1981/193 zu § 70 Abs. 1 Z 1 ARHG).

Im vorliegenden Fall wurde die über den Angeklagten Harald S*** nach seiner Auslieferung nach Österreich verhängte Untersuchungshaft am 9.Oktober 1985 aufgehoben. Er mußte dafür das Gelöbnis leisten, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens weder zu flüchten, noch sich verborgen zu halten, noch sich ohne Genehmigung des Untersuchungsrichters von seinem Aufenthaltsort zu entfernen, keinen Versuch zu unternehmen, die Untersuchung zu vereiteln, erhielt die Weisung, in Dornbirn, Thomas-Rhombergstraße 21 zu wohnen, mußte eine Sicherheitsleistung von 50.000 S erlegen und schließlich wurden ihm seine Reisepapiere vorübergehend abgenommen (vgl. Band I, ON 45 dA). Zufolge dieser seine Bewegungsfreiheit einschränkenden gerichtlichen Anordnungen anläßlich seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft mangelte es dem Angeklagten an der rechtlichen Möglichkeit, Österreich zu verlassen, sodaß der Ausnahmefall einer Durchbrechung des Grundsatzes der Spezialität der Auslieferung bei ihm nicht Platz greifen kann. Der ausliefernde Staat hat auch nicht auf die Einhaltung der Spezialität verzichtet (§ 70 Abs. 1 Z 3 ARHG) oder der Verfolgung von Tathandlungen, die von der Auslieferungsbewilligung nicht erfaßt sind, zugestimmt (Art. 14 Abs. 1 lit. a des Europäischen Auslieferungsübereinkommens). Wegen der aufgezeigten Verletzung des Prinzips der Spezialität der Auslieferung liegt sohin hinsichtlich jener strafbaren Handlungen, auf welche sich die seinerzeitige Auslieferungsbewilligung nicht erstreckt hat, ein sich aus den Bestimmungen über das internationale Strafrecht und aus den Prinzipien des Auslieferungsverkehrs ergebendes Verfolgungshindernis vor. Es war daher insoweit das Urteil aufzuheben und mangels eines auf Erwirkung einer nachträglichen Auslieferung oder einer Zustimmung der Schweizerischen Eidgenossenschaft gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. a des Europäischen Auslieferungsübereinkommens gerichteten Antrags des Staatsanwalts (§ 68 Abs. 1 ARHG) mit sofortigem Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO vorzugehen (vgl. abermals SSt. 52/49 = ÖJZ-LSK 1981/192 zu § 68 Abs. 1 ARHG), ohne daß auf das die Punkte I/1/, II/2/ und III/ des Schuldspruchs betreffende Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.

Als begründet erweist sich die Beschwerde des Angeklagten, soweit sie sich gegen die von einem Verfolgungshindernis nicht betroffenen übrigen Teile des Schuldspruchs richtet:

Der Beschwerdeführer hat sich dahin verantwortet, er habe sich als einziger überlebender Gesellschafter zur Weiterführung des Betriebs berechtigt gefühlt; die auf seinen Namen lautenden Konten überwiesenen Geldbeträge habe er für Firmenzwecke, sowie zur Abgeltung ihm gegen die Firma J. Christian S*** KG zustehender Ansprüche verwendet. Demgegenüber ist das Erstgericht davon ausgegangen, daß der Angeklagte diese Geldbeträge (und auch die unter II/1/ genannten Waren) mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, zum Schaden der genannten Firma bzw. des Nachlasses nach Helmut S*** zum überwiegenden Teil für sich und nur hinsichtlich eines Betrages von 49.248,35 S zum Vorteil der Firma J. Christian S*** KG verwendet hat (vgl. II S 102) und - soweit es beim Versuch geblieben ist - gleichfalls mit einem solchen Vorsatz gehandelt hat (vgl. II S 108). Zutreffend macht der Beschwerdeführer geltend, daß die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils eine im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO mängelfreie Begründung für diese Konstatierungen vermissen lassen. Das Erstgericht hat sich nämlich in keiner Weise mit den Behauptungen des Angeklagten, er habe außer den belegmäßig nachgewiesenen noch weitere Beträge für die Aufrechterhaltung und Weiterführung des Unternehmens eingesetzt, befaßt und diese ohne nähere Begründung, warum es den bezüglichen Darlegungen des Angeklagten keinen Glauben geschenkt hat, unter Hinweis auf das Gutachten des Buchsachverständigen Dr. Rudolf R***, die vernommenen Zeugen und die Erhebungen der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos Vorarlberg für widerlegt erachtet (vgl. Band II, S 105 und 107 dA). In diesem Zusammenhang hat der Angeklagte jedoch insoweit konkrete und daher einer Überprüfung zugängliche Angaben gemacht, als er sich auf Zahlungen an die Gebietskrankenkasse in Höhe von 258.999 S aus Firmenmitteln berief, welche nicht in der Buchhaltung aufschienen und vom Buchsachverständigen daher auch nicht berücksichtigt wurden (vgl. Band II, S 71, 82 und 83 dA).

Zum Vorbringen des Angeklagten, ihm stünde gegenüber der Firma J. Christian S*** KG ein Guthaben von ca. 492.000 S zu, begnügte sich das Schöffengericht mit der Bemerkung, es sei "mehr als fraglich", ob der Angeklagte angesichts der starken Verschuldung der Firma überhaupt Ansprüche an die KG stellen könne (vgl. Band II, S 110 dA). Mit Recht bemängelt der Beschwerdeführer, daß zur entscheidenden Frage, ob und in welchem Umfang solche Gegenforderungen (unter Berücksichtigung seiner Beteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens) tatsächlich bestanden haben oder er zumindest (wenn auch allenfalls irrig) annehmen konnte, daß ihm Ansprüche gegen die Verlassenschaft nach Helmut S*** zukommen, vom Erstgericht ausreichende Feststellungen nicht getroffen worden sind. In den Urteilsgründen wurde zudem darauf verwiesen, daß laut Gesellschaftsvertrag dem Angeklagten bei ausschließlicher hauptamtlicher Tätigkeit (was jedenfalls hier für die Zeit vom 27.September bis 3.Dezember 1982 zutreffen dürfte) eine monatliche Vergütung von 5.000 S (wertgesichert und 14-mal jährlich) zustehe.

Hinsichtlich der Urteilsfakten I/6/ und 7/ mangelt es im übrigen an einer plausiblen Begründung, warum eine Schädigung der Firma R***-Heizöl Ges.m.b.H. und der Firma H*** Autovermietung Ges.m.b.H. (anstatt einer solchen der Firma J. Christian S*** KG, auf deren Namen und Rechnung die Bestellung des Heizöls und die Anmietung von PKWs erfolgte) im Vorsatz des Angeklagten gelegen gewesen sein sollte. Daß es der Angeklagte schon bei den betreffenden Vertragsabschlüssen ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, weder er selbst, noch die Firma J. Christian S*** KG würden für die Rechnungen aufkommen, wurde im Urteil nicht festgestellt.

In diesem Umfang erweist sich daher eine Urteilsaufhebung und Verfahrenserneuerung als unumgänglich.

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