Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen der Angeklagten Herbert F***, Johann P*** und Hubert L*** wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird der Berufung der Angeklagten Josefa P*** Folge gegeben und über die Genannte unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 120 (einhundertzwanzig) Tagessätzen verhängt, wobei der Tagessatz mit 20 (zwanzig) S bestimmt und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 60 (sechzig) Tagen festgesetzt wird; gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Viehhändler Herbert F*** (zu 2.) des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligter nach §§ 12 (zweiter Fall), 302 Abs. 1 StGB und (zu 4.) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB, die Landwirte Johann P*** und Hubert L*** (zu 1.) des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB sowie die Pensionistin Josefa P*** (zu 3.) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 1, 224 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben in Gai (zu 1.) Johann P*** und Hubert L*** im Dezember 1984 als behördlich bestellte Viehbeschauer bzw Tierpaßaussteller, somit als Beamte, mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf Bestrafung des Herbert F*** wegen Verstoßes gegen das Tierseuchengesetz zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze, und zwar des Tierseuchengesetzes, Amtsgeschäfte vorzunehmen, nämlich Viehbeschauzettel bzw Tierpässe auszustellen, dadurch, daß für eine Kuh und ein Kalb, welche von Herbert F***
am 3.Dezember 1985 (richtig: 1984) in Kalwang abgeholt und nach Frauental gebracht wurden, nach diesem Zeitpunkt, und zwar an einem nicht genau bekannten Tag zwischen dem 20. und dem 28.Dezember 1984, Johann P*** ohne Beschau der Tiere und ohne daß sie sich in der Gemeinde Gai befunden hätten, einen auf 3.Dezember 1984 rückdatierten Viehbeschauzettel ausstellte und Hubert L*** dadurch, daß er an einem nicht genau bekannten Tag zwischen dem 20. und dem 28.Dezember 1984 einen auf 3.Dezember 1984 rückdatierten Viehpaß ausstellte, wissentlich mißbraucht;
(zu 2.) Herbert F*** im Dezember 1984 Johann P*** und Hubert L*** durch die Aufforderung, einen auf 3.Dezember 1984
rückdatierten Viehbeschauzettel bzw Viehpaß auszustellen, die Genannten zu der unter 1. angeführten Tat bestimmt; (zu 3.) Josefa P*** am 25.Oktober 1984 einen Viehbeschauzettel für ein Rind, mithin eine inländische öffentliche Urkunde, durch Fälschung der Unterschrift des Johann P*** mit dem Vorsatz hergestellt, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich der ordnungsgemäßen Beschau des Rindes durch einen amtlich bestellten Viehbeschauer, gebraucht werde;
(zu 4.) Herbert F*** im Oktober 1984 die unter 3. angeführte gefälschte öffentliche Urkunde durch Vorweisen an die kontrollierenden Organe zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Beschau des Rindes durch einen ordnungsgemäß bestellten Viehbeschauer, gebraucht.
Die gegen sie ergangenen Schuldsprüche bekämpfen die genannten Angeklagten mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, wobei Herbert F*** die Z 4, 5 und 9 lit a, Johann P*** die Z 5 und 9 lit a, der Sache nach auch Z 9 lit b, Hubert L*** die Z 4, 5 und 9 lit a sowie Josefa P*** die Z 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO geltend machen.
Als Verfahrensmangel (Z 4) rügen die Angeklagten Herbert F*** und Hubert L*** die Abweisung (S 188) der von ihnen (durch ihre Verteidiger) in der Hauptverhandlung am 21.April 1986 gestellten (bzw wiederholten) Beweisanträge; dies indes zu Unrecht:
Die auf den Nachweis, daß (nach der Durchführungsverordnung zu § 8 TiersG ausgestellten) Viehbeschauzetteln und Tierpässen kein Urkundencharakter im Sinne des Strafgesetzbuches zukomme, abzielenden Anträge des Angeklagten F*** (auf Einvernahme von Zeugen und Anhörung von Sachverständigen) sowie der Antrag, beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft darüber anzufragen, daß wegen der nicht mehr bestehenden Sinnhaftigkeit einer Ausstellung von Viehbeschauzetteln und Tierpässen deren Abschaffung in Aussicht genommen sei (vgl S 156, 157 in Verbindung mit S 187), konnten deshalb ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden, weil es einerseits auf die (zur Tatzeit) bestehende (und nicht eine allfällige künftige) Rechtslage ankommt und andererseits Beweise nur über (rechtserhebliche) Tatsachen (vgl § 254 StPO), nicht aber über Rechtsfragen - hier die Frage, ob bestimmten schriftlichen Aufzeichnungen Urkundencharakter zukommt - aufzunehmen sind (ÖJZ-LSK 1984/52; 9 Os 7/86;
12 Os 71/86 ua).
Aber auch der Antrag des Angeklagten L*** (dem sich ua der Angeklagte F*** angeschlossen hat), Zeugen zum Beweis darüber zu hören, daß die Kundmachung des Gemeindeamtes Gai vom 25.Feber 1986 (vgl hiezu S 175, 176) "auch schon der Rechtslage" bzw der Übung vor diesem Zeitpunkt entsprochen habe und daß es "zulässig und auch üblich war und ist, Tierpässe für Tiertransporte nachzureichen" (vgl S 187), wurde zu Recht abgewiesen, zielte er doch, soweit er die Rechtslage vor Erlassung der Kundmachung und die Zulässigkeit des Nachreichens von Tierpässen betrifft, auf die Beantwortung von Rechtsfragen und nicht auf die Aufklärung beweisbedürftiger Tatsachen ab, während zum anderen die Frage, ob das Nachreichen von Tierpässen üblich war, vorliegend nicht entscheidungswesentlich ist, weil es nicht darauf, sondern auf das Ausstellen von Tierpässen ohne vorangegangene Beschau ankommt, worauf sich der Antrag aber nicht bezieht.
Im Rahmen seiner den Schuldspruch wegen §§ 12 (zweiter Fall), 302 Abs. 1 StGB betreffenden Mängelrüge (Z 5) wendet sich der Angeklagte F*** zunächst dagegen, daß er im angefochtenen Urteil (im Zusammenhang mit seiner leugnenden Verantwortung vor der Gendarmerie) als "präpotent" bezeichnet werde (vgl S 200), womit er aber nach Inhalt und Zielsetzung seiner bezüglichen Ausführungen - von der Frage, ob es sich dabei um eine entscheidende Tatsache im Sinne des reklamierten Nichtigkeitsgrundes handelt, ganz abgesehen - nur die im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile jeder Anfechtung entzogene Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes (in Ansehung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers) bekämpft. Im übrigen hat sich das Erstgericht den Beschwerdebehauptungen zuwider im Urteil mit der Verantwortung des Angeklagten F*** in durchaus zureichender Weise auseinandergesetzt. Dabei erwähnte es auch die von ihm geäußerte Ansicht, er sei nicht verpflichtet, Tierpässe aufzuheben und er hätte somit auch am 20.Dezember 1984 vor dem Gendarmeriepostenkommando Mautern sagen können, er habe den Tierpaß weggeworfen (vgl S 201). Allerdings brauchte das Erstgericht angesichts des gesetzlichen Gebotes (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), die Urteilsgründe in gedrängter Darstellung abzufassen, nicht alle Details der Darstellung dieses Angeklagten zu erörtern, weswegen insbesondere in dem Umstand, daß im Urteil die (beim Untersuchungsrichter aufgestellte) Behauptung des Beschwerdeführers, am 20.Dezember 1984 bei der Gendarmerie erklärt zu haben, der Tierpaß befinde sich in einem anderen als dem damals von ihm benützten Fahrzeug (vgl S 44), nicht ausdrücklich erwähnt wird, keine Unvollständigkeit erblickt werden kann, zumal die wesentliche - im Urteil ohnedies wiedergegebene (vgl S 200) - Verantwortung des Angeklagten F*** dahin ging, jedenfalls bereits am 3.Dezember 1984 einen Viehpaß gelöst zu haben.
Daß F*** aufgrund einer Stallmiete bei Johann P*** (die auch nach dem Vorbringen in den Nichtigkeitsbeschwerden über die Tatzeit hinaus zumindest bis Ende 1984 andauerte) zu P*** in einem wirtschaftlichen Naheverhältnis stand (vgl S 206), ist eine durchaus logische, mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Einklang stehende Schlußfolgerung. Lediglich dieses Naheverhältnis, nicht auch - wie insbesondere der Beschwerdeführer Johann P*** in seiner Mängelrüge (Z 5) vermeint - ein ersichtlich nur vermutetes (arg.: "offenbar", vgl S 206) wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis des Johann P*** von Herbert F*** hat das Erstgericht beweiswürdigend ua als Argument für seine Annahme gewertet, Johann P*** habe gewußt, daß F*** am 20.Dezember 1984 vom Gendarmeriepostenkommando Mautern aufgefordert worden war, einen Tierpaß nachzubringen. Um einen im Nichtigkeitsverfahren unbekämpfbaren Akt freier Beweiswürdigung handelt es sich aber auch bei der - vom Beschwerdeführer F*** als "aktenwidrig" bezeichneten - Wertung der vom Angeklagten P*** bei der Gendarmerie gemachten Angaben, den Beschauzettel sicher nach dem 3.Dezember 1984 ausgestellt zu haben (vgl S 12), welche die Tatrichter für glaubwürdiger hielten als die spätere leugnende Verantwortung dieses Angeklagten. Von einer Aktenwidrigkeit kann in diesem Zusammenhang schon deshalb keine Rede sein, weil eine solche nur vorläge, wenn in den Entscheidungsgründen (was vom Beschwerdeführer aber gar nicht behauptet wird) der Inhalt einer Aussage, einer Urkunde oder eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergegeben worden wäre (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , § 281 Z 5, ENr 185 ff).
Eine Aktenwidrigkeit in diesem Sinn macht der Beschwerdeführer F*** allerdings geltend, wenn er vorbringt, der Zeuge Hermann R*** habe den Urteilsausführungen zuwider, wonach er bestätigte, "daß bereits bei den ersten Erhebungen Johann P*** am 13.Jänner 1985 zugab, daß er den Beschauzettel für eine Kuh sicher erst nach dem 3.Dezember 1984 ausgestellt habe" (vgl S 203), in der Hauptverhandlung am 21. April 1986 (im Gegenteil) ausgesagt, daß P*** bei seiner ersten Einvernahme erklärte, F*** sei vor dem 3.Dezember 1984 zu ihm gekommen und habe einen Viehbeschauzettel wollen (vgl S 184). Abgesehen davon, daß es für die Schuldfrage ohne entscheidende Bedeutung ist, ob P*** die Ausstellung eines rückdatierten Viehbeschauzettels bei seiner ersten oder erst bei seiner zweiten Einvernahme zugegeben hat, wird auch mit diesen Ausführungen der in Rede stehende Anfechtungsgrund nicht dargetan, weil die Urteilsbegründung, die eine wörtliche Zitierung der Angaben des Zeugen R*** nicht enthält, den Ausdruck "erste Einvernahme" gar nicht verwendet, sondern stattdessen - in mit der Aussage dieses Zeugen durchaus vereinbarer Weise - davon spricht, Johann P*** habe das erwähnte Zugeständnis bei den "ersten Erhebungen" gemacht. Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer F*** mit dem Einwand, das Erstgericht hätte die Bekundungen des Zeugen R*** in der (vertagten) Hauptverhandlung am 17.Februar 1986 darüber, was Johann P*** seinerzeit hinsichtlich des Zeitpunktes der Ausstellung des strittigen Viehbeschauzettels zugegeben hat, einer genaueren Erörterung unterziehen müssen, einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Waren doch die erwähnten Angaben (S 155, 156) nicht Gegenstand der (gemäß § 276 a StPO) neu durchgeführten Hauptverhandlung (S 173) vom 21.April 1986, in welcher auch der Zeuge R*** neuerlich vernommen und auf seine Aussage in der Hauptverhandlung vom 17.Feber 1986 nicht Bezug genommen worden ist (vgl S 183). Im übrigen trifft es aber nicht zu, daß der "sinngemäßen" Wiedergabe der (seinerzeitigen) Rechtfertigung P*** ein "unlösbarer Verstoß gegen die Denkgesetze" innewohnt. Denn die Erklärung P***, (mangels entsprechender Aufzeichnungen) nicht zu wissen, wann er den strittigen Beschauzettel ausgestellt hat, kann neben seinem Zugeständnis, dies sei sicher nach dem 3. Dezember 1984 gewesen (vgl S 12), durchaus bestehen, wenn diese Erklärung (was naheliegt) so gemeint war, daß er sich bloß nicht mehr an das genaue Ausstellungsdatum erinnerte.
Ausschließlich als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes stellen sich jene Beschwerdeausführungen (aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO) dar, mit denen sich einerseits der Angeklagte F*** gegen die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Mitangeklagten L*** wendet und mit denen andererseits der Angeklagte L*** die Urteilsannahme bekämpft, daß er Kenntnis von den Erhebungen des Gendarmeriepostenkommandos Mautern gegen F***
und von der Möglichkeit einer Bestrafung dieses Angeklagten nach dem Tierseuchengesetz hatte. Auf das - in der Rüge des Beschwerdeführers F*** betonte - genaue Datum, wann L*** über Verlangen des F*** einen Viehpaß ausstellte, kommt es nicht an, zumal L***
immer (auch bei seiner in der Nichtigkeitsbeschwerde des F*** erwähnten Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter) zugab, den Viehpaß rückdatiert zu haben.
Zutreffend zeigt der Angeklagte L*** in seiner Mängelrüge lediglich auf, daß im Urteil (S 202) im Zuge der Wiedergabe seiner Verantwortung unrichtig ausgeführt wird, er (L***) habe die (in Wahrheit von Johann P*** stammende) Bestätigung laut Seite 51 d.A verfaßt. Diese auf einer offensichtlichen Verwechslung beruhende Urteilsannahme betrifft jedoch keine entscheidende Tatsache, zumal das Erstgericht daraus keinerlei für den Beschwerdeführer nachteiligen Schlußfolgerungen gezogen hat.
Der Angeklagte F*** bekämpft aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO schließlich auch noch die Feststellung, daß er die im 75. Lebensjahr stehende Mutter des Johann P***, die Angeklagte Josefa P***, überredete, auf einem Viehbeschauzettel die Unterschrift ihres Sohnes Johann P*** zu fälschen (vgl S 199, 200), sowie jene Urteilspassage, wonach Josefa P*** zugab, einen solchen Beschauzettel auf den Namen ihres Sohnes Johann P*** ausgestellt zu haben, "wobei Herbert F*** sie ausdrücklich darum ersucht habe" (S 202). Auch diese Beschwerdeausführungen erschöpfen sich jedoch nur in einem unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne daß damit ein formaler Begründungsmangel aufgezeigt wird. Denn aus dem Sinngehalt der - im Urteil nicht wörtlich, geschweige denn aktenwidrig zitierten - Angaben der Josefa P*** (vgl S 82, 180, 181) in ihrem Zusammenhang lassen sich die gerügten Schlußfolgerungen ungeachtet des Umstandes, daß Josefa P*** nicht ausdrücklich betonte, von Herbert F*** gerade zur Unterschriftsfälschung (die aber mit ihrer Vorgangsweise notwendig verbunden war) aufgefordert worden zu sein, durchaus zwanglos ableiten.
Auch die Mängelrügen sind daher nicht berechtigt.
In ihren auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gestützten Rechtsrügen wenden sowohl der Angeklagte F*** als auch die Angeklagten Johann P*** und Hubert L*** ein, das ihnen laut den Punkten 1. und 2. des Urteilssatzes angelastete Verhalten sei rechtsrichtig (nur) der Bestimmung des § 63 Abs. 1 lit b (allenfalls § 63 Abs. 2) TiersG zu unterstellen, wonach (lediglich) eine Verwaltungsübertretung begeht, wer vorsätzlich (oder fahrlässig) bei Ausstellung von Tierpässen oder Ursprungsbescheinigungen die Unwahrheit bezeugt. Hiebei übersehen die Beschwerdeführer jedoch, daß die Vorschriften der §§ 63 und 64 TiersG gemäß der Subsidiaritätsklausel des § 68 Abs. 2 TiersG nicht anzuwenden sind, wenn die Tat eine von den Gerichten zu verfolgende strafbare Handlung begründet. Entgegen der vom Verteidiger des Erstangeklagten im Gerichtstag vorgetragenen Rechtsmeinung sind daher die in Rede stehenden Verwaltungsstrafbestimmungen im Verhältnis zu gerichtlichen Straftatbeständen nicht leges speciales; sie normieren vielmehr subsidiäre Tatbestände, die immer dann zurückzutreten haben, wenn die Tat gerichtlich strafbar ist (vgl hiezu 9 Os 93/86). Eine Beurteilung nach § 63 TiersG käme im vorliegenden Fall demnach nur dann in Betracht, wenn der Staat durch das inkriminierte Verhalten bloß in dem Recht auf Überwachung von Viehtransporten schlechthin und in keinem darüber hinausgehenden (konkreten) Recht (vgl EvBl 1964/458 sowie EvBl 1972/14) geschädigt worden wäre oder geschädigt werden sollte. Eben dies war aber nach dem Urteilssachverhalt nicht der Fall. Darnach haben Johann P*** und Hubert L*** vielmehr, ihre bezüglichen amtlichen Befugnisse wissentlich mißbrauchend, den von Herbert F*** verlangten Tierpaß (P*** den zugehörigen Viehbeschauzettel) mit einem falschen Datum versehen, um F*** eine Anzeige nach dem Tierseuchengesetz zu ersparen (vgl S 199) und somit den Staat in seinem konkreten Recht auf Bestrafung des Herbert F*** wegen Verstoßes gegen das Tierseuchengesetz zu schädigen (vgl S 206, 207).
Soweit in den Nichtigkeitsbeschwerden diese - insbesondere die Wissentlichkeit des Befugnismißbrauchs, das Wissen um die gegen F*** wegen Verdachtes des Zuwiderhandelns gegen die Vorschriften des Tierseuchengesetzes geführten Gendarmerieerhebungen sowie den Vorsatz der Angeklagten Johann P*** und Hubert L*** betreffenden - Feststellungen in Zweifel gezogen bzw überhaupt negiert werden, sind die Rechtsrügen nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie nicht an den Konstatierungen des Urteils festhalten und solcherart nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleichen.
Jene Einwände hinwieder, in denen betont wird, geschütztes Rechtsgut (nach dem Tierseuchengesetz) sei nicht das Recht des Staates auf Bestrafung, sondern das staatliche Recht auf Überwachung von Viehtransporten (Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P***) bzw es sei bereits im vorsätzlich erfüllten Tatbestand des § 63 TiersG "impliziert", daß dessen Begehung den Anspruch des Staates auf Bestrafung verhindern solle (Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten F***), gehen deshalb ins Leere, weil es im vorliegenden Fall gerade nicht auf die (bloß) nach dem Tierseuchengesetz unter Strafe gestellte Gesetzwidrigkeit, sondern - wie bereits erwähnt - darauf ankommt, daß die Angeklagten P*** und L*** - wenn auch zugleich gegen die Bestimmungen des Tierseuchengesetzes verstoßend - mit dem darüber hinausgehenden Vorsatz handelten, den Staat in einem anderen als dem bloß in der Überwachung von Viehtransporten schlechthin gelegenen Recht, nämlich in dem konkreten Recht auf Verfolgung und Bestrafung einer anderen Person (Herbert F***) zu schädigen. In dieser Beziehung wird in den Rechtsrügen der Angeklagten P*** und F*** allerdings vorgebracht, letzterer sei nicht verpflichtet gewesen, einen allfälligen Tierpaß nach durchgeführtem Tiertransport aufzuheben; die seitens der Gendarmerie an ihn gerichtete Aufforderung, den Tierpaß nachzubringen, stelle daher einen unzulässigen Übergriff der Behörde dar, die demnach gar nicht (mehr) berechtigt gewesen wäre, ihn im gegebenen Zusammenhang zu verfolgen. Dabei wird jedoch übersehen, daß eine Bestrafung des Herbert F*** doch nicht wegen Nichtbefolgung der Aufforderung, einen allfälligen Tierpaß nachzubringen, sondern deswegen drohte, weil der Verdacht bestand, daß er entgegen den Vorschriften des § 8 TiersG einen Viehtransport ohne Ausstellung eines Tierpasses durchgeführt hatte. Das Nachbringen eines (seinerzeit) gelösten Tierpasses hätte nur dem Nachweis seiner Unschuld gedient. Ob den Vorschriften des Tierseuchengesetzes durch (rechtzeitige) Ausstellung eines Tierpasses entsprochen worden war, hätte aber auch auf andere Weise (Einsicht in die bezüglichen Unterlagen der Gemeinde) geklärt werden können. Von einem überhaupt mangelnden Strafanspruch deshalb, weil die Gendarmerie nicht berechtigt gewesen sei, nachträglich die Vorlage des Tierpasses zu verlangen, und damit von einem unzulässigen behördlichen Einschreiten kann daher keine Rede sein. Hiezu kommt, daß der Angeklagte Johann P*** mit der Aussstellung eines (rückdatierten) Viehbeschauzettels und der Angeklagte Hubert L*** mit der Ausstellung des entsprechenden Tierpasses die Seuchenfreiheit eines Tieres bestätigt haben, das keiner von ihnen je gesehen hatte. Der Staat wurde daher (letztlich) nicht nur in seinem Recht auf Bestrafung des Herbert F*** (wegen Durchführung eines Viehtransportes ohne Tierpaß), sondern auch und vor allem in seinem Recht, durch Viehbeschau und Ausstellung entsprechender Viehbeschauzettel und Tierpässe sicherzustellen, daß nur seuchenfreie Tiere den ständigen Aufenthaltsort wechseln und über den Bereich einer Ortsgemeinde hinausbefördert werden können, beeinträchtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte Johann P*** bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch nach § 302 Abs. 1 StGB schließlich auch mit der Begründung, im Tatzeitpunkt nicht Beamter gewesen zu sein, weil er die Tätigkeit als Viehbeschauer mangels (formeller) Bestellung ohne rechtliche Grundlage nur de facto ausgeübt habe. Der Umstand, daß er von der Gemeinde Gai tatsächlich erst am 21.Februar 1986 in dieser Funktion "offiziell bestätigt" wurde (vgl S 198), ändert jedoch nichts daran, daß er mit Zustimmung der Gemeinde Gai (vgl S 206) als deren Organ seit 14 Jahren die Amtsgeschäfte als Viehbeschauer besorgte und solcherart - mag auch die formelle Bestätigung erst am 21. Feber 1986 erfolgt sein - auch schon zur Tatzeit jedenfalls mit Aufgaben der den Gemeinden übertragenen (mittelbaren) Bundesverwaltung betraut, mithin Beamter im Sinne des § 74 Z 4 (zweiter Fall) StGB war, zumal hiefür ausschließlich die namens und mit Willen des Rechtsträgers erfolgende Ausübung der Funktion, nicht aber ein (bloß) formeller Ernennungsakt entscheidend ist (vgl ÖJZ-LSK 1977/377 = EvBl 1978/72). Als Viehbeschauer wurde er ohne Zweifel im Bereich der Hoheitsverwaltung tätig (vgl hiezu etwa ÖJZ-LSK 1984/68 und Leukauf-Steininger, Kommentar 2 § 302 RN 12 ff), wobei er das inkriminierte Tatverhalten in Ausübung (und als Ausfluß) einer ihm zustehenden Befugnis, namens des Rechtsträgers als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte in der Bedeutung des § 302 Abs. 1 StGB vorzunehmen, gesetzt hat, sodaß sein Verhalten in einem engen (äußeren und inneren) Zusammenhang mit der von ihm (als Organ des Rechtsträgers) zu besorgenden Aufgabe stand. Auch unter dem relevierten Aspekt haftet daher dem Schuldspruch nach § 302 Abs. 1 StGB ein Rechtsirrtum nicht an.
Aus dem Gesagten folgt aber auch, daß ein Viehbeschauzettel, der somit von einem Beamten innerhalb seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form errichtet wird, um eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung (Untersuchung und Unbedenklichkeit im Sinne von Seuchenfreiheit des untersuchten Tieres) zu beweisen (§ 74 Z 7 StGB), entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Josefa P*** mit Beziehung auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO vertretenen Ansicht nicht nur eine Urkunde, sondern darüber hinaus eine öffentliche Urkunde (vgl hiezu Leukauf-Steininger, aaO, § 224 RN 3 ff; Kienapfel in WK § 224 Rz 11 ff; JBl 1983, 386, mit Anm Kienapfel) darstellt und für dessen Beurteilung als (bloßes) Beweismittel im Sinne des § 293 StGB kein Raum ist. Schließlich kann im Hinblick auf die bereits erwähnte Subsidiaritätsklausel des § 68 Abs. 2 TiersG den Rechtsrügen (Z 9 lit a) der Angeklagten Herbert F*** und Josefa P*** auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie vermeinen, die ihnen zu den Punkten 3. und 4. des Urteilssatzes angelasteten - den Tatbestand des Vergehens nach §§ 223, 224 StGB erfüllenden - Tathandlungen (Herstellung und Gebrauch eines Viehbeschauzettels auf dem die Unterschrift des Johann P*** gefälscht worden war) seien ausschließlich nach den Bestimmungen des Tierseuchengesetzes (§ 63) zu beurteilen. Mit Rücksicht auf das zu Recht bejahte Vorliegen der Qualifikation des § 224 StGB kommt eine - von Josefa P*** aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO reklamierte - Anwendung der Bestimmung des § 42 StGB schon wegen der ein Jahr Freiheitsstrafe übersteigenden Strafdrohung nicht in Betracht. Das gilt gleichermaßen auch für den nach § 302 Abs. 1 StGB schuldig gesprochenen Angeklagten Johann P***, der im Rahmen seiner Berufungsausführungen (der Sache nach damit ebenfalls eine Nichtigkeit nach der Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO relevierend) vermeint, der geringe Unrechtsgehalt seiner Tat hätte "sogar die Anwendung des § 42 StGB gerechtfertigt".
Sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden erweisen sich demnach als nicht berechtigt, weshalb sie zu verwerfen waren.
Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten Herbert F***, Johann P*** und Hubert L*** nach § 302 Abs. 1 StGB, den Erstgenannten unter Bedachtnahme auf § 28 StGB, die beiden Letztgenannten unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 Abs. 1 Z 5 StGB, sowie die Angeklagte Josefa P*** nach § 224 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar Herbert F*** zu 8
(acht) Monaten, Johann P*** und Hubert L*** zu je 4 (vier) Monaten und Josefa P*** zu 2 (zwei) Monaten, wobei es diese Strafen bei allen vier Angeklagten gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachsah.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend beim Angeklagten Herbert F*** die Verleitung von drei Personen zur Verübung von strafbaren Handlungen, bei den übrigen Angeklagten hingegen keinen Umstand; als mildernd hielt es allen vier Angeklagten die Unbescholtenheit, den Angeklagten Johann P*** und Hubert L*** überdies die Verleitung und Beeinflussung durch den Angeklagten F*** und der Angeklagten Josefa P*** das Geständnis sowie ebenfalls die Verleitung durch F*** zugute.
Mit ihren Berufungen begehren alle vier Angeklagten die Herabsetzung der Freiheitsstrafen, Herbert F*** unter Anwendung des § 41 StGB, Josefa P*** überdies eventualiter die Verhängung einer bedingten Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe.
Lediglich der Berufung der Angeklagten Josefa P*** kommt insoweit, als sie die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe anstrebt, Berechtigung zu; die Berufungen der übrigen Angeklagten sind hingegen nicht begründet.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe hinsichtlich aller vier Berufungswerber im wesentlichen zutreffend festgestellt; zu ergänzen ist lediglich, daß beim Angeklagten Herbert F*** das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art als weiterer Erschwerungsgrund hinzukommt, während dem Angeklagten Hubert L*** zusätzlich als mildernd zugute zu halten ist, daß er durch seine Angaben (im Vor- und im Hauptverfahren) wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.
Wird bei der Gewichtung der Schuld des Angeklagten F*** entsprechend berücksichtigt, daß er der Initiator der strafbaren Handlungen war und die Mitangeklagten zu deren Begehung verführt hat und daß seine Tathandlungen insgesamt ersichtlich auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten (bewußt) ablehnende Einstellung zurückzuführen sind (§ 32 Abs. 2 StGB), so erweist sich die über ihn in erster Instanz verhängte Strafe als durchaus schuldangemessen, und zwar auch unter Bedachtnahme darauf, daß er zwischenzeitig (vom Bezirksgericht Kindberg am 12.Juni 1986 zu U 1/86) wegen einer Vortat (§ 31 StGB) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (im Nichteinbringungsfall 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt wurde. Somit kann seinem Begehren um Reduzierung der Strafe kein Erfolg beschieden sein. Für die von ihm reklamierte Anwendung des § 41 StGB fehlt es (schon) an einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe; davon abgesehen kann - entgegen seinem bezüglichen Vorbringen - nach dem Urteilssachverhalt keine Rede davon sein, daß es sich bei seinen Straftaten bloß um Bagatellverfehlungen gehandelt habe.
Bei den Angeklagten Johann P*** und Hubert L*** hat das Erstgericht von der Möglichkeit der außerordentlichen Strafmilderung Gebrauch gemacht und die Strafen daher unter dem maßgebenden gesetzlichen Mindestmaß ausgemessen. Zu einer weiteren Herabsetzung der Strafen besteht - auch unter Berücksichtigung des dem Angeklagten L*** zugute zu haltenden weiteren Milderungsgrundes - kein Anlaß, sodaß auch ihren Berufungen (die lediglich auf eine Reduzierung der Freiheitsstrafe, nicht aber auf eine Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB abzielen) keine Berechtigung zukommt.
Bei der Angeklagten Josefa P*** sind hingegen die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 StGB gegeben, zumal angesichts der bisherigen Unbescholtenheit dieser bereits betagten Angeklagten, ihrer Verleitung durch den Erstangeklagten und ihrer nach den Umständen des Falles relativ geringen Schuld die Verhängung einer Freiheitsstrafe spezialpräventiv nicht erforderlich ist und auch Belange der Generalprävention die Verhängung einer solchen Strafe fallbezogen nicht gebieten. Der vom ERstgericht für die Nichtanwendung des § 37 StGB allein ins Treffen geführte Umstand, daß Josefa P*** in amtsbekannt schlechten finanziellen Verhältnissen lebt (S 210), vermag die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe keineswegs auszuschließen; maßgebend ist vielmehr, ob die (formellen und materiellen) Voraussetzungen der in Rede stehenden Strafzumessungsvorschrift gegeben sind oder nicht, während die wirtschaftliche Situation des Rechtsbrechers (erst) bei der Bestimmung der Höhe des Tagessatzes ins Spiel kommen darf. In Stattgebung der Berufung dieser Angeklagten war demnach über sie gemäß § 37 StGB eine Geldstrafe zu verhängen, die mit 120 Tagessätzen schuldangemessen ist. Die Höhe des Tagessatzes war mit dem gesetzlichen Mindestbetrag festzusetzen; das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe folgt aus § 19 Abs. 3 StGB.
Angesichts der besonderen Lagerung des vorliegenden Falles erachtete der Oberste Gerichtshof in Ansehung der verhängten Geldstrafe aber auch die Voraussetzungen der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB für gegeben, weshalb die Strafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probzeit bedingt nachgesehen wurde.
Über sämtliche Rechtsmittel war somit spruchgemäß zu erkennen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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