Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.322,15 (darin S 1.200,-- Barauslagen und S 1.465,65 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die I***-Baugesellschaft m.b.H. erteilte mit Schreiben vom 17.6.1971 der Bauunternehmung Fritz N***, Telfs, den Auftrag für die schlüsselfertige Errichtung von acht Appartementhäusern in Kitzbühel/Lebenberg zum Gesamtpauschalfestpreis von S 21,000.000,-- und vereinbarte für die Dauer der zweijährigen Gewährleistungsfrist die Beistellung einer Bankgarantie, deren Höhe sich auf S 1,094.000,-- belief und die ursprünglich bis 1.4.1976 befristet war. Auf Grund des Einbringungsvertrages vom 6.12.1972 samt Nachtrag vom 2.4.1973 und sämtliche Rechte und Pflichten der I***-Baugesellschaft m. b.H. aus dem Auftrag auf die Klägerin übergegangen. Da die Eigentümer der Appartementhäuser nach Fertigstellung Mängel geltend machten, ein Beweissicherungsverfahren einleiteten und die Behebung der Mängel mit den zu C 582-610/75 (nunmehr 2 C 1502- 1530/82), alle Bezirksgericht Kitzbühel, eingebrachten Klagen verlangten, wurde zwischen der Klägerin und der Bauunternehmung Fritz N*** eine Verlängerung der Bankgarantie vereinbart, wobei die Klägerin im Hinblick auf die Ergebnisse des Beweissicherungsverfahrens mit einer Reduzierung der Bankgarantie auf S 600.000,-- einverstanden war. Die vorgenannten Verfahren vor dem Bezirksgericht Kitzbühel sind noch nicht abgeschlossen; eine Erledigung dieser Verfahren ist vorerst auch nicht abzusehen. Die Klägerin forderte von der Beklagten auf Grund der Bankgarantie die Bezahlung von S 600.000,-- s.A. und führte zur Begründung aus, die Verfahren der Eigentümer der Appartementhäuser gegen die Klägerin beim Bezirksgericht Kitzbühel seien bis zum heutigen Tage anhängig und noch nicht abgeschlossen, doch zeige sich, daß Gewährleistungsansprüche, zu deren Abdeckung die gegenständliche Bankgarantie ausgestellt worden sei, zu Recht bestünden. Die Klägerin sei daher berechtigt, die Zahlung der von der Beklagten garantierten Summe zu begehren.
Die Beklagte bestritt dieses Begehren, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein:
Der Haftbrief der Beklagten vom 30.3.1978 decke sich inhaltlich mit dem Schreiben vom 9.4.1976, allerdings mit der Maßgabe, daß die Haftung mit 1.4.1979 befristet worden sei. Diese Haftungserklärung sei dann auch von der Beklagten jeweils mit Schreiben zuletzt bis 30.9.1984 verlängert worden. Aus der Textierung des Haftbriefes vom 30.3.1978 ergebe sich jedoch eindeutig, daß es sich nicht um eine abstrakte Bankgarantie mit einer unbedingten Zahlungsverpflichtung handle, sondern daß die Bankhaftung für allfällige Forderungen gegenüber der Firma N*** aus dem Titel der Gewährleistung ausgestellt worden sei. Vor Auszahlung des Haftungsbetrages habe die Beklagte daher zu prüfen, ob derartige Forderungen gegenüber der Firma N*** überhaupt bestünden. Die Berechtigung dieser Forderungen werde von der Firma N*** bestritten, weshalb die Beklagte berechtigterweise die Zahlung des Haftungsbetrages verweigere. Außerdem seien derartige Ansprüche verjährt. Schließlich sei das Anbot der Beklagten von der Klägerin innerhalb der im Anbot gesetzten Frist und auch später nie angenommen worden, sodaß eine wirksame Verpflichtung der Beklagten überhaupt nicht zustande gekommen sei. Die Klägerin sei auch aus diesem Grunde zur Klagsführung nicht berechtigt.
Diesen Einwendungen hielt die Klägerin entgegen, daß sich die Verlängerungen nicht ausdrücklich auf das Schreiben vom 30.3.1978 bezögen. Der Verjährungseinwand der Beklagten sei sittenwidrig, da die Klägerin mit der Bauunternehmung N*** zumindest bis Mai 1984 Verhandlungen zur Mängelbehebung geführt habe und somit auch die Mängel anerkannt worden seien.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen außer den eingangs angeführten von folgenden weiteren Feststellungen ausging:
Im Auftrag der Bauunternehmung Fritz N*** übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 9.4.1976 der Klägerin das Anbot einer Bankgarantie nachstehenden Inhalts:
"Wir haben zur Kenntnis genommen, daß die Firma Fritz N***, Bauunternehmen, 6410 Telfs, Saglweg, an Ihrem Bauobjekt "Kitzbühel Lebenberg I" die Generalunternehmerleistungen fertiggestellt hat. Die Firma N*** ist verpflichtet, bei Abrechnung einen Haftrücklaß in Höhe von S 600.000,-- für etwaige, später auftretende Mängel zu stellen.
Da Sie sich jedoch bereit erklärt haben, diesen Haftrücklaß nach Erbringung eines Bankhaftbriefes vorzeitig auszubezahlen, stellen wir Ihnen nachfolgendes Anbot:
Sie zahlen der Firma N*** diesen Haftrücklaß vorzeitig aus und wir verpflichten uns unwiderruflich, sollten gegen die Firma N*** Forderungen entstehen, welche aus obigem Haftrücklaß zu decken gewesen wären, den uns namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch S 600.000,-- (sechshunderttausend Schillinge), nach schriftlicher Aufforderung an Sie zu bezahlen.
Wir halten uns an dieses Anbot einen Monat lang unwiderruflich gebunden.
Die Haftung übernehmen wir rückwirkend ab 1.4.1976 und befristen sie mit 1.4.1977.
Diese Haftung tritt erst nach Ihrer schriftlichen Annahmeerklärung in Kraft." Die Annahme dieser Bankgarantie erfolgte mit Schreiben der Rechtsvertreter der Klägerin vom 4.5.1976, welches nachstehenden Wortlaut hat:
"Im Namen meiner Mandantschaft, der I*** Wohnungseigentumsges.m.b.H., nunmehr 1080 Wien, Josefstädterstraße 74, nehme ich Ihr Angebot vom 9.April 1976 an.
Sie werden auf Grund dieser Vereinbarung bis zu einem Betrag von S 600.000,-- Gewährleistungsforderungen meiner Mandantschaft gegen die Firma Fritz N*** & Co. aus dem Bauvorhaben Kitzbühel Lebenberg I nach schriftlicher Aufforderung durch meine Mandantschaft ohne Prüfung der Berechtigung dieser Forderung erfüllen". Am 22.3.1977 ersuchte die Klägerin die Firma Bauunternehmung Fritz N*** schriftlich unter Berufung auf die noch unerledigten und beim Bezirksgericht Kitzbühel anhängigen Gerichtsverfahren "über Mängel bei o.a. Objekt (Lebenberg)" um Verlängerung der Bankgarantie der Beklagten bis 1.4.1978. Die Beklagte stellte daraufhin am 10.5.1977 an die Klägerin ein Anbot auf Erteilung eines neuen Haftbriefes bis zum 1.4.1978 mit folgendem Wortlaut:
"Wir haben zur Kenntnis genommen, daß die Firma Fritz N***, Bauunternehmen, 6410 Telfs, Saglweg, an Ihrem Bauobjekt "Kitzbühel Lebenberg I" die Generalunternehmerleistungen fertiggestellt hat. Die Firma Fritz N*** ist verpflichtet, bei Abrechnung einen Haftrücklaß in Höhe von S 600.000,-- für etwaige, später auftretende Mängel zu stellen.
Da Sie sich jedoch bereit erklärt haben, diesen Haftrücklaß nach Erbringung eines Bankhaftbriefes vorzeitig auszubezahlen, stellen wir Ihnen nachfolgendes Anbot:
Sie zahlen der Firma N*** diesen Haftrücklaß vorzeitig aus und wir verpflichten uns unwiderruflich, sollten gegen die Firma N*** Forderungen entstehen, welche aus obigem Haftrücklaß zu decken gewesen wären, den uns namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch S 600.000,-- (sechshunderttausend Schilling), nach schriftlicher Aufforderung an Sie zu bezahlen.
Wir halten uns an dieses Anbot einen Monat lang unwiderruflich gebunden.
Die Haftung übernehmen wir rückwirkend vom 1.4.1976 bis 1.4.1978. Diese Haftung tritt erst nach Ihrer schriftlichen Annahmeerklärung in Kraft." Eine schriftliche Annahmeerklärung der Klägerin im Sinne des Schlußabsatzes des Haftbriefanbotes der Beklagten vom 10.5.1977 erfolgte weder innerhalb der im drittletzten Absatz enthaltenen einmonatigen Bindungsfrist noch in späterer Folge. Trotzdem teilte die Beklagte der Klägerin mit Fernschreiben vom 30.3.1978 mit, daß am selben Tag ein neuer Haftbrief mit Laufzeit bis 1.4.1979 an sie abgegangen sei. Dieser neue Haftbrief deckte sich inhaltlich wörtlich mit dem Anbot vom 10.5.1977, ausgenommen das Datum der Haftbefristung bis zum 1.4.1979; insbesondere findet sich hierin ein wörtlich gleichlautender Schlußpassus: "Diese Haftung tritt erst nach Ihrer schriftlichen Annahmeerklärung in Kraft." Am 26.3.1979 richtete die Beklagte folgendes Schreiben an die Klägerin:
"Wir nehmen Bezug auf Ihr FS vom 23.3.1979 und teilen Ihnen mit,daß wir im Einverständnis mit der Fa. N*** die Laufzeit des gegenständlichen Haftbriefes vom 1.4.1979 bis 1.4.1980 verlängert haben." Mit Schreiben vom 5.3.1980 bestätigte die Beklagte der Klägerin gegenüber erneut die Verlängerung der Laufzeit des "Haftbriefes vom 30.3.1978 über S 600.000,-- der Firma Fritz N***, Bauunternehmen, 6410 Telfs" bis 1.4.1981. Mit Fernschreiben vom 11.3.1981 teilte die Beklagte der Klägerin gegenüber eine neuerliche Verlängerung "unseres Haftbriefes" um ein weiteres halbes Jahr bis längstens 30.9.1981 mit.
Am 8.9.1981 richtete die Klägerin folgendes Fernschreiben an die Beklagte:
"aufgrund noch laufender prozessualer auseinandersetzungen ersuchen wir gemaess des o.a. haftbriefes mit laufzeit bis 30.9.1981 um anweisung des betrages von s 600.000,-- (schilling sechshunderttausend) auf unser konto bei der bank fuer arbeit und wirtschaft ag.konto nr. 07-42488-0. die auszahlung des garantiebetrages kann entfallen, wenn bis zum 20.9.1981 die verlaengerungsbestaetigung durch ihr institut des o.a. haftbriefes bis 30.9.1982 bei uns vorliegt. um eine schriftliche bestaetigung nach ruecksprache mit der firma N*** wird gebeten." Die Beklagte beantwortete dieses Fernschreiben mit Schreiben vom 14.9.1981 im Sinne des Ansuchens und verlängerte die Haftung "bis zum Betrag von S 600.000,-- für ein weiteres Jahr, also bis längstens 30.9.1982". Auch den weiteren fernschriftlichen Aufforderungen der Klägerin vom 9.9.1982 und 12.9.1983, die Haftung jeweils zu verlängern, entsprach die Beklagte, indem sie zunächst bis zum 30.9.1983 und sodann bis zum 30.9.1984 ihre Haftung aus dem Haftbrief vom 30.3.1978 bis zum Betrag von S 600.000,-- verlängerte.
Am 17.5.1984 richtete die Klägerin folgendes Schreiben an die Beklagte:
"Betrifft: Haftbrief für Haftrücklaß der Fa. Fritz N***,
Bauunternehmen, 6410 Telfs, Saglweg, v. 9.4.1976
Sehr geehrte Herren!
Aus gegebenem Grund sehen wir uns veranlaßt, die oben angeführte Bankhaftung zu kündigen, und ersuchen um Überweisung des Betrages von S 600.000,-- auf unser Konto bei der Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien, Filiale Josefstädterstraße, Konto-Nummer 611 232 406.
Wir erwarten die Überweisung innerhalb von 2 Wochen und verbleiben..." Die Klägerin nimmt spätestens seit 9.6.1984 einen Kredit in der den Klagsbetrag übersteigenden Höhe in Anspruch, den sie (einschließlich Überziehungsprovision und Manipulationsgebühr) mit zumindest 9,75 % p.a. zu verzinsen hat.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, die zwischen den Streitteilen bestehenden Beziehungen seien rechtlich als Garantievertrag, hier in der Sonderform einer sogenannten Bankgarantie, zu beurteilen. Auf den Inhalt dieses Vertrags träfen alle von der Lehre und Rechtsprechung aufgestellten Kriterien einer Bankgarantie zu. Besonders betont werde die Abstraktheit einer Garantie durch Worte wie "auf erstes Anfordern" und ähnliche Wendungen oder wie hier "ohne Prüfung der Berechtigung der Forderung". Es genüge dann die bloße Behauptung des Begünstigten, die geschuldete Leistung nicht erhalten zu haben. Einreden aus dem Grundgeschäft stünden der Bank zufolge der Abstraktheit der Bankgarantie nicht zu. Im vorliegenden Falle sei wohl der Zusatz "ohne Prüfung der Berechtigung dieser Forderung" im Annahmeschreiben der Klägerin enthalten gewesen, diese Formulierung von der Beklagten jedoch niemals gerügt worden, wozu sie auf Grund ihrer Kaufmannseigenschaft verpflichtet gewesen wäre, sodaß, zumal in der Folge immer wieder auf die seinerzeitige Anbot- und Annahmeerklärung verwiesen worden sei, dieser geänderte Vertragsinhalt Gegenstand der Bankgarantie gewesen sei. Auch der Umstand, daß entgegen der ausdrücklichen Anordnung im Anbot eine schriftliche Annahmeerklärung nicht erfolgt sei, hindere die erfolgreiche Geltendmachung des Klagsanspruches nicht, da aus dem gesamten Verhalten der Beklagten durch viele Jahre hindurch, insbesondere die fortlaufenden Verlängerungen um jeweils ein oder zwei Jahre unzweifelhaft zum Ausdruck gekommen sei, daß die Beklagte auch ohne formelle Annahme des Anbotes durch die Klägerin selbst davon ausging, daß ein rechtswirksamer Vertrag zustande gekommen sei. Daß die Bankgarantie rechtsmißbräuchlich in Anspruch genommen werde, sei von der Beklagten nicht eingewendet worden; es fänden sich hiefür auch keine Anhaltspunkte.
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos; ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes billigte das Berufungsgericht auch dessen rechtliche Beurteilung. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidung und Rückverweisung zur neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen; hilfsweise wird Abänderung im Sinne der Klagsabweisung beantragt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte führt in ihrem Rechtsmittel aus, bereits aus dem Inhalt des Haftbriefes der Beklagten aus dem Jahre 1976 ergebe sich, daß kein abstrakter Bankgarantievertrag geschlossen werden sollte, sondern daß ausdrücklich auf das der Haftungserklärung zugrundeliegende Rechtsgeschäft Bezug genommen worden sei. Die Beklagte habe den Haftbrief für und im Namen der Baufirma N*** ausgestellt und ausdrücklich festgehalten, daß sie (die Beklagte) sich unwiderruflich verpflichte, die im Haftbrief angeführte Summe an die Klägerin zu bezahlen, "sollten gegen die Fa. N*** Forderungen entstehen, welche aus dem Haftrücklaß zu decken gewesen wären". Nach Auffassung der Beklagten könne dieser Passus nur so ausgelegt werden, daß die Klägerin den Bankhaftbrief eben nur dann in Anspruch nehmen könne, wenn sie tatsächlich Forderungen gegen die Fa. N*** zu stellen habe, d.h. also, daß sie nachweisen müsse, daß derartige Forderungen überhaupt existent seien und in welcher Höhe. Nach Auffassung der Beklagten könne daher im gegenständlichen Fall von einer abstrakten Bankgarantie nicht gesprochen werden. Inhalt einer abstrakten Bankgarantie sei es ja geradezu, daß im Bankhaftbrief ausgeführt werde, daß die Garantiesumme ohne jede Prüfung ausbezahlt wird, während im gegenständlichen Fall die Beklagte den Haftbrief inhaltlich so gefaßt habe, daß auf das Grundgeschäft ausdrücklich Bezug genommen werde. Richtigerweise hätte daher sowohl Erst- wie auch Berufungsgericht den vorliegenden Haftbrief dahingehend rechtlich beurteilen müssen, daß wohl eine Bankhaftung vorläge, die Auszahlung des Haftbetrages aber davon abhängig sei, ob und wenn ja, in welcher Höhe tatsächlich Forderungen der Klägerin gegenüber der Baufirma N*** bestehen. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der zwischen den Parteien geschlossene Garantievertrag als abstrakte Bankgarantie zu beurteilen ist. Die Bankgarantie ist ein Sonderfall des allgemeinen Garantievertrages. Sie ist ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag, der in der Regel der Sicherung der Leistung eines Dritten, meist des Bankkunden, an den aus diesem Vertrag begünstigten Gläubiger in der Weise dienen soll, letzterem durch die Bank zu gewährleisten, daß er die Leistung bzw. sein vertraglich festgestelltes geldliches Interesse an dieser auf jeden Fall, und zwar nicht nur, wenn der Dritte die Leistung vertragswidrig unterläßt, sondern auch dann, wenn die Verbindlichkeit des Hauptschuldners nicht zum Entstehen kommt oder später weggefallen ist, erhält (Schinnerer-Avancini, Bankverträge 3 II 291; SZ 50/32 und 66; SZ 48/130). Die Unabhängigkeit der Garantieverpflichtung vom Grundgeschäft und demgemäß der Ausschluß von Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis zwischen der Bank und dem Garantieauftraggeber als auch von Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Garantieauftraggeber ist grundsätzlich allgemein anerkannt (SZ 50/66; SZ 48/130; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 880 a; Koziol, der Garantievertrag, 52 f.; Canaris in Großkomm. HGB 3 , III/2 827 f.). Eine Ausnahme wurde lediglich bei rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme der Garantie unter der Voraussetzung zugelassen, daß die rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme geradezu evident ist, wenn etwa die Bank liquide Beweismittel dafür hat, daß der Garantiefall nicht eingetreten ist oder der durch die Bankgarantie zu sichernde Anspruch dem Begünstigten rechtskräftig aberkannt wurde (EvBl 1982/23; SZ 50/66; Rummel, aaO). Die Selbständigkeit der Garantieverpflichtung schließt keineswegs Einwendungen gegen die Inanspruchnahme aus der Auslegung des Garantietextes (inhaltliche Einwendungen) aus (Schinnerer-Avancini, aaO 313 f.; vgl. auch Canaris aaO 828). Die Auslegung der Garantieerklärung hat nach den Auslegungsregeln der §§ 914, 915 ABGB zu erfolgen. Es ist somit, wie bei anderen Verträgen auch, vom Wortsinn auszugehen, wobei diesem jedoch nicht die entscheidende Bedeutung zukommt. Letztlich maßgebend ist der Wille der Parteien, die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden. Kann diese nicht eindeutig ermittelt werden, so ist der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (SZ 49/59; JBl 1978, 36 und 387; Koziol-Welser, Grundriß 7 85; Koziol, aaO 42). Die Unklarheitenregel ist erst dann heranzuziehen, wenn die Auslegung gemäß § 914 ABGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führt (Koziol, aaO).
Werden diese Grundsätze auf den vorliegend festgestellten Sachverhalt angewendet, ist dem Revisionswerber zunächst zwar zuzugeben, daß aus dem Text des Garantieanbotes der Beklagten vom 9.4.1976 allein die Unabhängigkeit der Garantieverpflichtung der Beklagten von der Entstehung von Gewährleistungsansprüchen der Klägerin gegen die Bauunternehmer N***, die aus dem Haftrücklaß zu decken gewesen wären, nicht zweifelsfrei abgeleitet werden kann. Indes erfolgte aber die Annahme dieses Anbotes durch die Klägerin mit Schreiben vom 4.5.1976 mit dem Beisatz: "Sie werden auf Grund dieser Vereinbarung bis zu einem Betrag von S 600.000,-- Gewährleistungsforderungen meiner Mandantschaft gegen die Firma Fritz N*** & Co. aus dem Bauvorhaben Kitzbühel Lebenberg I nach schriftlicher Aufforderung durch meine Mandantschaft ohne Prüfung der Berechtigung dieser Forderung erfüllen". Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, wäre die Beklagte, wollte sie ihren Bankhaftbrief nicht als abstrakte Verpflichtungserklärung verstanden wissen wollen und in dem Annahmeschreiben der Klägerin in Wahrheit ein ihr Anbot ablehnendes und sohin neues Anbot der Klägerin gesehen haben, verpflichtet gewesen, auf dieses Schreiben der Klägerin mit einer Ablehnung oder Richtigstellung zu erwidern. Ohne Rechtsirrtum ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß unter diesen Umständen dem Stillschweigen der Beklagten auf das genannte Annahmeschreiben die Bedeutung der Zustimmung beizulegen ist (vgl. SZ 44/90 ua.). Kam aber damit die Vereinbarung zwischen den Streitteilen mit dem Inhalt zustande, daß die Beklagte sich verpflichtete, Gewährleistungsforderungen der Klägerin gegen die Firma N*** ohne Prüfung der Berechtigung dieser Forderungen zu erfüllen, kann in der Qualifizierung dieses Garantievertrages als abstrakte Bankgarantie keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes erblickt werden (vgl. SZ 50/32 und 66 ua.). Die zutreffende Auffassung des Berufungsgerichtes, daß das Stillschweigen der Beklagten und die jeweilige Ausstellung eines neuen Haftbriefes über Aufforderung der Klägerin als Verzicht auf eine formelle schriftliche Annahmeerklärung seitens der Klägerin, wie sie in den Haftbriefanboten der Beklagten vorgesehen ist, zu werten ist, wird in der Revision nicht mehr bekämpft. Liegt somit aber eine abstrakte Bankgarantie vor, ist den in der Revision enthaltenen Einwendungen hinsichtlich der Abhängigkeit der Zahlungsverpflichtung der Beklagten vom Bestehen von Forderungen der Klägerin gegen die Firma N*** die Grundlage entzogen. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht die Zahlugnsverpflichtung der Beklagten bejaht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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