Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.April 1930 geborene derzeit beschäftigungslose Kaufmann Georg U*** des Verbrechens des Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB sowie des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt, weil er in Wien
I./ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich bzw. die von ihm als Geschäftsführer vertretene "Ö*** Z***, Z***- & Z***-Gesellschaft mbH"
unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorspiegelung seiner eigenen Zahlungsfähigkeit und -willigkeit bzw. der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit angeblicher Geldgeber seiner Hintermänner, auch im Zusammenhang mit der "Ö*** Z***,
Z***- & Z***-Gesellschaft mbH" im November und Dezember 1981 Verfügungsberechtigte der Firma "K*** AG" zur Lieferung einer Mehrzahl von Fernsehgeräten, Videorecordern und Farb-TV-Kameras im Gesamtwert von 328.340 S (Faktum 1), von Dezember 1981 bis Februar 1982 Verfügungsberechtigte der Firma "I*** F*** & Co" sowie der Firma "ITT S*** L***" zur Lieferung von Fernsehgeräten, Videorecordern und Videokameras samt Zubehör im Gesamtwert von über 2 Mio S (Faktum 2) und im Jänner 1982 Verfügungsberechtigte der Firma "K*** GesmbH" zur Ausfolgung von Filmmaterialien im Gesamtwert von 25.174,53 (Faktum 3), und sohin zu Handlungen verleitet hat, welche diese bzw. die von ihnen vertretenen Firmen insgesamt um mehrere Millionen Schilling am Vermögen schädigten, sowie
II./ in der zweiten Hälfte des Jahres 1981 ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, nämlich das ihm von Wilhelm K*** als Sicherung für eine zu erwartende Eigentumswohnung in Lignano, Italien, übergebenes Überbringersparbuch der E*** Ö*** S***, Nr. 270703020, über einen Betrag von rund 120.000 S, somit ein Gut im Wert von mehr als 100.000 S dadurch, daß er es der Hausverwaltung "F***" zur Sicherung von Mietzinsforderungen gegen die "Ö*** Z***,
Z***- & Z***-Gesellschaft mbH" verpfändete, sich
mit dem Vorsatz zugeeignet hat, sich bzw. die von ihm als
Geschäftsführer vertretene "Ö*** Z***,
Z***- & Z***-Gesellschaft mbH" unrechtmäßig zu
bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 1, 3, 4, 5, 8 und 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund führt der Angeklagte aus, er habe am 12.Jänner 1986 in einem schriftlichen Ablehnungsantrag, der in der Hauptverhandlung am 20.Jänner 1986 wiederholt wurde (vgl. IV S 439), die zeugenschaftliche Vernehmung des Vorsitzenden des Schöffensenates "zum Faktum § 198 StGB" beantragt. Weil dieser Richter dessenungeachtet die Hauptverhandlung geleitet habe (der Ablehnungsantrag wurde, nachdem sich der Vorsitzende für nicht befangen erklärt hatte, in der Hauptverhandlung vom 20.Jänner 1986 mit Senatsbeschluß abgewiesen), liege ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 68 Abs 1 Z 1 StPO vor und sei damit der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 1 StPO verwirklicht. Die abweisende Entscheidung über den Beweisantrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des Vorsitzenden des Schöffensenates sei weder mündlich noch in der schriftlichen Urteilsausfertigung begründet worden. Diese Vorgangsweise lasse das angefochtene Urteil überdies auch mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO behaftet erscheinen.
Diesem Beschwerdevorbringen ist folgendes zu entgegnen:
Der Angeklagte hat am 12.Jänner 1986 in einem an den Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gerichteten Ablehnungsantrag vorgebracht, daß er den Vorsitzenden des Schöffensenates, Richter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien Dr. Dieter B*** im Sinne des § "68 Abs 1 Z 1 und 3 sowie Abs 2" StPO "als Zeuge im gegenständlichen Verfahren zu den Fakten der Anklage führen" werde, und zwar "über seine Wahrnehmungen außerhalb seiner Amtsgeschäfte". Nachdem diesem Antrag mit Beschluß des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. Jänner 1986, Jv 591-16a/86 nicht Folge gegeben wurde (Bd. V/ON 278), wiederholte er diesen am Beginn der Hauptverhandlung vom 20.Jänner 1986 (Band IV S 439) und fügte bei, daß er Dr. B*** als Zeuge "in Sache J***" führen möchte, da dieser mit den Zeugen P*** und Z*** telefonisch gesprochen habe.
In Ansehung des Senatsvorsitzenden lag aber weder der Ausschließungsgrund nach § 68 Abs 1 Z 1 letzter (dritter) Fall StPO vor (Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 1 StPO), noch kann insoweit der Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO verwirklicht worden sein, weil das sogenannte "Faktum J***" (vgl. ursprüngliche Anklageschrift vom 22.Mai 1980, Ablichtung hievon Band II/ON 21), bei welchem es sich um ein aus einem früheren Verfahren ausgeschiedenes und nun weiterverhandeltes (vgl. Erklärung der Staatsanwaltschaft vom 16.Juli 1985, S 3 t, Punkt 3) Betrugsfaktum handelt, auf welche sich die Aussagen der Zeugen P*** und Z*** nach der Aktenlage ausschließlich beziehen sollten (vgl. neuerlich Band IV/ON 229), bzw. bezogen haben (vgl. Band V/S 112 ff), unmittelbar vor der Urteilsfällung entgegen den Beschwerdedarlegungen gemäß § 57 StPO aus dem gegenständlichen Verfahren ausgeschieden wurde. Der Schuldspruch bezieht sich (demnach) hierauf nicht, weshalb die Beschwerde schon aus diesem Grund ins Leere geht.
Im übrigen liegt auch eine Verletzung der Vorschrift des § 68 Abs 1, erster Fall StPO deshalb nicht vor, weil weder aus der Aktenlage ersichtlich ist, noch vom Beschwerdeführer in seinem Antrag dargelegt wurde, inwieweit der Vorsitzende des erkennenden Senates außerhalb seiner Dienstverrichtungen "Zeuge der in Frage stehenden Handlung" gewesen sein soll, zumal das in ON 229 erwähnte Telefongespräch mit dem Zeugen P*** schon seinem Inhalt nach jedenfalls dienstlicher Natur war und darüber hinaus von vornherein nicht dazu führen konnte, daß der Vorsitzende hiedurch "Zeuge" der nach den Anklageschriften in den Jahren 1976, 1981 und 1982 (Band II/ON 21 und Band III/ON 174) begangenen Straftaten des Angeklagten wurde. Von einem Vorliegen der Ausschließungsgründe des § 68 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Z 3 und Abs 2 StPO kann vollends keine Rede sein.
Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO rügt der Angeklagte zunächst, daß die Bestimmungen des § 221 Abs 1 StPO dadurch verletzt worden seien, weil die Beigebung eines Verteidigers mit Zustellung des Bestellungsdekretes an denselben erst am 16. Jänner 1986 wirksam wurde, das Ende der dreitägigen Frist (19.Jänner 1986) auf einen Sonntag gefallen sei und sich daher zwar bis zum 20.Jänner 1986 verlängert habe, an welchem Tag aber bereits die Hauptverhandlung begonnen habe.
Die Rüge versagt, weil die Fristen des § 221 StPO nur für den Angeklagten selbst, nicht aber auch für seinen Verteidiger gelten (KH 1178, 1678, SSt. 26/38, ÖJZ-LSK 1979/181 zu § 221 StPO; siehe hiezu Foregger-Serini StPO 3 , Erl. I zu § 221) und die relevierte Gesetzesverletzung somit nicht vorliegt.
In seinen weiteren Ausführungen zu diesem Nichtigkeitsgrund macht der Angeklagte an sich zutreffend geltend, daß der Zeuge Daniel Z*** in der Hauptverhandlung vom 24.Jänner 1986 (Band V/S 112 ff) ohne Belehrung über sein Entschlagungsrecht (im Sinne des § 152 Abs 1 Z 1 StPO) als Zeuge vernommen wurde - aus seinen Angaben zur Person (Band V/S 112) ergibt sich nämlich, daß Eva-Maria U*** seine Mutter ist, der Angeklagte der zweite Ehemann seiner Mutter war - und er damit als "Angehöriger" des Angeklagten im Sinne des § 72 Abs 1 tGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StPO anzusehen ist, wobei die inzwischen erfolgte Scheidung der Ehe zwischen Georg U*** und seiner Frau Eva-Maria in bezug auf die Anwendbarkeit des § 152 StPO nichts am Angehörigenverhältnis geändert hat (§ 152 Abs 1 Z 1 StPO). Das Versäumnis des Erstgerichtes, diesen Zeugen nicht vor seiner Vernehmung zur Sache über sein Entschlagungsrecht belehrt zu haben, kann aber deshalb nicht zum Vorteil des Angeklagten geltend gemacht werden, weil unzweifelhaft erkennbar ist, daß die Formverletzung (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO) auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO): Denn der Zeuge Daniel Z*** wurde ausschließlich zum Faktum "Bruno J***" (Wechselbetrug zum Nachteil des Genannten; vgl. Punkt 1 der Anklageschrift vom 22. Mai 1980, Band II ON 21, S 327) vernommen, welches vor Urteilsverkündung aber aus dem gegenständlichen Verfahren gemäß § 57 StPO ausgeschieden wurde und folglich gar nicht Gegenstand des vorliegenden Urteiles gewesen ist.
Zum Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO ist dem Angeklagten vorweg auf seine in der Rechtsmittelausführung wiederholt vorgebrachte Beschwerde, das Gericht habe ihn zwar aufgefordert, die Begründung seiner Beweisanträge kurz zu halten, ihn aber nicht darüber belehrt, in welcher Form er Beweisanträge zu stellen habe und daß die Beweisthemen zu präzisieren seien, zu antworten, daß es Sache des rechtskundigen Verteidigers des Angeklagten ist, für prozeßordnungsmäßige Beweisanträge Sorge zu tragen; eine Manuduktionspflicht des Schöffengerichtes im nunmehr reklamierten Ausmaß besteht diesfalls nicht.
Was die Vielzahl der Beweisanträge anlangt, durch deren Abweisung oder Nichterledigung sich der Angeklagte beschwert erachtet, genügt es zunächst, auf die zutreffenden und sehr ausführlichen Darlegungen des Erstgerichtes in den Gründen seines Urteils (Band VI ON 297, S 54 bis 64) zu verweisen. In der Tat leiden alle diese Anträge - ohne daß hier auf alle Details eingegangen zu werden braucht - daran, daß sie teils überhaupt der Angabe eines Beweisthemas oder aber jedenfalls eines entsprechend präzisierten Beweisthemas ermangeln (etwa Beweisanträge, welche auf Beiziehung eines Sachverständigen und Beischaffung von Zivilakten gerichtet waren), teils keine relevanten Umstände betreffen (etwa die Frage einer Zwischenlandung des Flugzeuges in Drittstaaten bei der Auslieferung des Angeklagten; ferner die Überprüfung von angeblichen Firmenbeteiligungen oder auch die Klärung dessen, was der Angeklagte selbst seinerzeit dem Wirtschaftstreuhänder Dr. B*** gegenüber behauptet hat, ebenso die Beischaffung bestimmter weiterer Zivilakten und die Vernehmung des Notars Dr. H***), teils keine Präzisierung bezüglich der Beweismittel selbst aufweisen (keine konkrete Bezeichnung der beizuschaffenden schriftlichen Geschäftsunterlagen, Bankauszüge und Zahlungsbelege), teils nicht zielführend sein konnten (so etwa die Vernehmung eines informierten Vertreters der E*** Ö*** S*** zum Faktum "K***"), sich die beantragten Beweise teils aber auch schon deshalb als überflüssig erwiesen, weil die betreffenden Fragen bereits durch im Akt erliegende amtliche in- und ausländische Schriftstücke geklärt sind, und in einem Fall der beantragte Zeuge für das Gericht nicht greifbar war (Jean Jacques P*** vgl. Band IV/ON 236; vgl. hiezu auch Mayerhofer-Rieder StPO 2 , ENr. 16, 18, 19, 21 zu § 281 Z 4).
Im übrigen ist der Angeklagte auf die zutreffende (vgl. die im Urteil angeführten Aktenstellen) Feststellung des Erstgerichtes zu verweisen, wonach er mehrmals im Rahmen seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung auf bestimmte Fragen des Gerichtes erwiderte, daß er diese zwar beantworten könne, aber nicht wolle, und sich mit dem Hinweis auf die gestellten Beweisanträge begnügte. Ein Angeklagter, der sich weigert, an der Wahrheitsfindung mitzuwirken, wird aber durch die Nichtaufnahme von Beweisen, die nur im Falle seiner Mitwirkung - hier durch klare Behauptungen von bestimmten Tatsachen, die dann allenfalls als Beweisthema für zu stellende Beweisanträge dienen hätten können - Aussicht auf zusätzliche Klärung des Sachverhaltes erwarten lassen, in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt (vgl. Mayerhofer-Rieder, aaO, ENr. 39 zu § 281 Z 4). Die Verfahrensrüge des Angeklagten ist demnach unbegründet. Soweit der Angeklagte unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO behauptet, daß das Erstgericht "in seinen Feststellungen zu entscheidungswesentlichen Fragen dunkel und unbestimmt geblieben" sei, ist die Rüge mangels hinreichender Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich. Was sein Beschwerdevorbringen anlangt, die Feststellungen des Schöffengerichtes zum Tatzeitpunkt seien widersprüchlich und die vorgelegten Urkunden stünden im Widerspruch mit der Urteilsannahme, der Angeklagte habe selbst alle Bestellungen durchgeführt, was wiederum "im Hinblick auf § 12 StGB entscheidungswesentlich" sei, ist er auf die grundsätzliche rechtliche Gleichwertigkeit aller in § 12 StGB genannten Begehungsformen ("Einheitstäterschaft"; vgl. Kienapfel AT E 2 RN 46) und darauf zu verweisen, daß dem Tatzeitpunkt vorliegend keine Relevanz zukommt.
Eine Widersprüchlichkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO liegt auch nicht schon deshalb vor, weil nach einer von der Firma K*** vorgelegten zivilgerichtlichen Urteilsausfertigung (vgl. Beilagenmappe zu Band V/ON 290) ein (wesentlich) geringerer Betrag als er nunmehr Gegenstand des Privatbeteiligtenanschlusses war, im Zivilrechtsweg eingeklagt und zuerkannt worden ist, zumal Klage nur hinsichtlich eines Teiles der gelieferten Geräte geführt wurde und sich daraus nicht ergibt, inwieweit weitere Forderungen der Firma K*** bestehen.
Schließlich steht entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch die Feststellung, daß der Angeklagte möglicherweise eigenes Geld in die Firma ("Ö*** Z***,
Z***- & Z***-Gesellschaft mbH") investiert
hatte, der Annahme nicht entgegen, daß er zum Zeitpunkt der ihm angelasteten Betrugshandlungen nicht liquid, dh nicht zahlungsfähig und im übrigen auch nicht zahlungswillig war, weshalb auch zwischen diesen beiden Feststellungen des Erstgerichtes kein Widerspruch im Sinne des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO besteht. Auch die Mängelrüge des Angeklagten erweist sich demnach als unbegründet.
Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 281 Abs 1 StPO (richtig: Z 9 lit b der genannten Gesetzesstelle, zumal Anklagekonform entschieden wurde, der Sache nach aber vom Beschwerdeführer ein Verfolgungshindernis geltend gemacht wird) bringt der Angeklagte vor, daß in Ansehung des Faktums II des Schuldspruches (Veruntreuung eines Überbringersparbuches mit einer Einlage von rund 120.000 S zum Nachteil des Wilhelm K***) der Grundsatz der Spezialität der Auslieferung verletzt worden sei, zumal insoweit die Erwirkung der Auslieferung allein auf die Bestimmungen der §§ 146 f StGB gestützt gewesen sei und die Tat nicht rechtlich anders - nämlich als Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB - hätte beurteilt werden dürfen.
Die Rüge geht fehl.
Die ausgelieferte Person kann zwar nicht wegen einer Tat verfolgt und bestraft werden, die nicht Gegenstand der Auslieferungsbewilligung ist. Das Verbot bezieht sich aber nur auf den Sachverhalt, nicht aber auf eine Änderung der rechtlichen Würdigung, sofern dadurch nicht die Tat den Charakter der Auslieferungsfähigkeit verliert (Liebscher, WK, Vorbem. zu §§ 62-66 StGB, RZ 50). Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers war damit eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durchaus zulässig. Daß die Identität des in Rede stehenden Sachverhaltskomplexes im Auslieferungshaftbefehl, in der Auslieferungsbewilligung und im Urteil gewahrt ist, ergibt sich aus Band III/ON 100 (insbesondere S 97), Band III/ON 169, Band IV/ON 183 und 188 und schließlich Band VI/ON 297.
Da die beim Akt erliegenden schriftlichen Unterlagen völlig ausreichten, um die vorerwähnte Frage im bejahenden Sinne zu lösen (die Sachverhaltsschilderung im Auslieferungshaftbefehl, dessen Inhalt von der Auslieferungsbewilligung gedeckt ist, umfaßt auch die zweckwidrige Verwendung des Sparbuches des Wilhelm K*** zur Sicherstellung von Forderungen gegen den Angeklagten, also sachverhaltsmäßig auch die diesem letztlich vorgeworfene Veruntreuungshandlung), bleibt auch unerfindlich, welche sonstigen "Dokumente, die den marokkanischen Behörden vorgewiesen wurden", noch hätten beigeschafft werden sollen. Durch die Nichtentsprechung eines diesbezüglichen Beweisantrages wurde der Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO somit nicht verwirklicht.
Aus dem Grunde der Z 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO wird schließlich geltend gemacht, daß - dies im Widerspruch zu den Ausführungen zum vorher behandelten Nichtigkeitsgrund - zwar das Schöffengericht berechtigt gewesen wäre, eine rechtliche Umqualifizierung von Betrug auf Veruntreuung in Ansehung des Faktums "K***" vorzunehmen, wenn die Anklage entsprechend der Auslieferungsbewilligung auf das Verbrechen des Betruges gelautet hätte, die Anklagebehörde aber ihrerseits nicht befugt gewesen sei, diese Umqualifizierung schon in der Anklage (mündliche Ausdehnung der Anklageschrift in der Hauptverhandlung) vorzunehmen, weshalb hierin eine Überschreitung der Anklagebefugnis zu erblicken sei. Auch diese Rechtsmeinung ist verfehlt. Der Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO betrifft nur das Verhältnis der öffentlichen zur Privatanklage, setzt also voraus, daß das Gericht zufolge einer unrichtigen Beurteilung der unter Anklage gestellten Tat zu deren Verfolgung mit Unrecht eine öffentliche oder eine Privatanklage als notwendig oder überflüssig erkannt hat (vgl. Mayerhofer-Rieder, aaO, ENr. 1, 3, 4, 5 zu § 281 Z 9 c). Der relevierte Nichtigkeitsgrund liegt hier schon mangels (Behauptung und) Zutreffens dieser Voraussetzungen nicht vor. Dem sei der Vollständigkeit halber noch beigefügt, daß es auch nicht einzusehen wäre, warum es dem zuständigen Ankläger verwehrt sein sollte, in jenen Fällen, in welchen nach der bereits zitierten Bestimmung des § 70 Abs 2 ARHG eine rechtliche Umqualifizierung zulässig ist, diese bereits in der Anklageschrift oder anläßlich einer Anklageausdehnung in der Hauptverhandlung vorzunehmen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war zur Gänze als unbegründet zu verwerfen.
Auf die handschriftliche Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde durch den Angeklagten selbst (ON 334/Band VI) war ebenso wie auf seine Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur zur Nichtigkeitsbeschwerde nicht Bedacht zu nehmen, weil das Gesetz nur eine Ausführung des Rechtsmittels kennt (vgl. Foregger-Serini, Erl. I zu § 285 StPO).
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